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Music Man HD 130 R Top und 412 GS Cabinet Test

Praxis

Das Gespann habe ich mit einem SM 57 abgenommen, das einen TubeTech Mikrofon Preamp füttert und direkt mit einem AVID HD I/O verbunden ist. Es finden somit keinerlei klangliche Veränderung durch einen EQ oder Kompressor statt.
Beim Einschalten des Verstärkers ist ein leises Lüftersirren zu vernehmen, das aber nicht weiter stört. Als Gitarren verwende ich eine Strat für die cleanen und eine Music Man Reflex für die zerrigen Sounds.
Los geht es im ersten Kanal.
Der Volumenregler steht auf 4, der einzige Unterschied zwischen den beiden Einstellungen ist der Bright-Schalter, der im zweiten Beispiel aktiviert ist.

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Kanal 1 Funk Strat Schalterposition Normal Kanal 1 Funk Strat Schalterposition Bright

Die Amp/Boxen-Kombination weiß auf Anhieb zu gefallen. Satte, schmatzende Cleansounds selbst bei hohen Lautstärken sind überhaupt kein Problem. Und der Amp geht trotz Solid-State-Vorstufe mit einer Direktheit zu Werke, die man eigentlich bei Vollröhren-Amps erwartet. Der Bright-Schalter öffnet in der Tat das Klangbild ganz gehörig und kann auch zum Zerren verwendet werden, wie man im nächsten Beispiel hören kann.
Ich drehe das Volume-Poti auf 6, genau wie den Bassregler, Bright bleibt weiterhin aktiviert.

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Kanal 1 Dirty Strat

Ein dreckiger Stratsound ist das Ergebnis, der mir ausgesprochen gut gefällt. Er geht in Richtung Texas Blues und kachelt ganz ordentlich.
Wir kommen jetzt in die rockigeren Gefilde, Volume zeigt auf 7, Bright bleibt an, dafür steht der Power-Schalter jetzt auf LO.

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Kanal 1 Crunch Riff
Box und Head passen gut zusammen
Box und Head passen gut zusammen

Die Music Man mit ihren Humbuckern erzeugt einen toll klingenden Crunchsound, der mit genügend Höhen, aber auch klar definierten Mitten aufwartet. Hier wird ebenfalls deutlich, wie antrittsschnell das Duett zusammenspielt.
Bevor wir den ersten Kanal verlassen, drehe ich Volume jetzt ganz auf und schalte zwischen Normal und Bright.

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Kanal 1 Crunch mit Schalterposition Normal Kanal 1 Crunch mit Schalterposition Bright

Der Unterschied ist dabei nicht mehr so deutlich herauszuhören, aber die Umschaltung bewirkt ein anderes Spielgefühl, was sich natürlich auch auf die Aufnahme auswirkt.
Wie versprochen, wende ich mich jetzt dem zweiten Kanal zu und drehe den Reverb-Regler vorsichtshalber erst einmal ganz auf.

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Kanal 2 mit Reverb-Regler auf Maximum

Dieses “Platschen” kennt man vom Federhall und es beweist, mit welcher Akribie der Hersteller an das Thema herangegangen ist. Ein satter Hall wird erzeugt, der eine authentische Tiefenstaffelung besitzt, um zum Beispiel die beliebten Spaghettiwestern-Sounds zu erzeugen.
Nun zum Tremolo. Im ersten Beispiel steht der Intensity-Regler auf 2, im nächsten auf 6.
Hall darf natürlich auch nicht fehlen, diesmal aber etwas moderater, das Poti steht auf 5.

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Kanal 2 mit Tremolo Intensity auf 2, Reverb auf 5 Kanal 2 mit Tremolo Intensity auf 6, Reverb auf 5

Hier wird der Unterschied zwischen den weiter oben genannten Tremolo-Arten deutlich. Auch diese Einstellung überzeugt und liefert den beliebten pulsierenden Effekt.
Abschließend ein kleines Rockriff im zweiten Kanal mit einer Prise Hall, der Reverb-Regler steht auf 1, der Volume-Regler ist ganz aufgedreht.

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Kanal 2 Crunch Sound mit Volume auf Maximum

Das Reverb erzeugt eine gewisse Breite im Klangbild und weniger einen hörbaren Halleffekt. Auch diese Herausforderung meistert das HD130 R mit Bravour. Die Klangregelung des Topteils ist eher unauffällig und weniger Soundmacher als vor allem Optimierer, zumal sie recht unauffällig arbeitet.
Ein Wort zum Schluss: Mein persönlicher Eindruck der Kombination Music Man HD 130 R und 412 GS fällt relativ gemischt aus. Zwar bietet sie – wie die Originale in den Siebzigern und Achtzigern – im Clean- und Crunch-Spektrum bemerkenswerte Qualitäten und einen großartigen Ton, aber ohne zusätzliche Pedale oder sonstige Elektronik nur dort und kaum in anderen Bereichen. Fehlende Ausstattungsmerkmale wie eine Kanalumschaltung oder ein Effekt-Einschleifweg knabbern ebenfalls an der 2015er Praxistauglichkeit und machen vor allem den Amp zum Spezialisten für ganz bestimmte Genres oder Einsätze. Dazu kommt, dass die unverbindliche Preisempfehlung für die Kombination bei knapp 3000 Euro liegt! Und wer sich bei der fehlenden Ausstattung auf die Originale beruft und Authentizität einfordert – meiner Meinung nach hätten Neodym-Lautsprecher und Leichtbaugehäuse bei der Box durchaus auch den Stilbruch einer Kanalumschaltung und eines Einschleifwegs beim Amp gerechtfertigt. Vielleicht hätte das auch der Anfang einer aktuellen Music Man Verstärker-Ära bedeuten können.

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Profilbild von IbanezArtistMusicmanRD65_1984

IbanezArtistMusicmanRD65_1984 sagt:

#1 - 01.06.2017 um 13:48 Uhr

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Als glücklicher Besitzer eines Musicman RD65 von 1984 kann ich nur sagen, dass die Einschränkung auf Clean / Crunch korrekt ist, ich aber diesen Verstärker nie verkaufen würde. Diverse Distortion-Sounds bekomme ich über einen alten H&K-Tubeman, bzw. diverse Boss-Pedale. Und in meinen Ohren klingt das alles "amtlich".
Der Clean-Sound ist mit einer Ibanez Artist 300 von 1982 sehr voll, geht schon in Richtung Jazz-Ton, aber mit viiiieeeel Sustain.
Für einen Combo kommt auch recht viel Bass-Druck. Das reicht auch für Metal-Sounds (wenn man nicht meint, mit dem Gitarren-Verstärker den Schlagzeuger und die PA überbrüllen zu müssen).Im Übrigen waren schon andere Leute (gerade, wenn man den Verstärker etwas lauter spielen kann) der Überzeugung, ich würde einen Vollröhrenverstärker spielen.Die 65 Watt sind übrigens extrem laut, ich habe nie Leistungsreserven vermisst.Die Preise für die neuen Teile sind allerdings Phantasiepreise. Manchmal taucht ein alter Musicman-Verstärker bei eBay um die 1200 EUR auf. Ich würde mir eher einen solchen gebrauchten Verstärker kaufen. Die Elektronik ist relativ simpel und sehr solide aufgebaut. Um so einen Verstärker kaputt zu bekommen, muss man schon brachiale Gewalt anwenden.
Also von meiner Seite klare Kaufempfehlung für einen gebrauchten Musicman-Verstärker!

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