Praxis
So, jetzt aber genug der Theorie. Hören wir doch mal, wie Guitar Rig4 klingt.
Für den Test verwende ich einen Mac mit Logic 9. Natürlich werde ich unterschiedliche Gitarren bemühen, um herauszufinden, wie die Software auf verschiedene Signale reagiert.
Noch ein Wort in eigener Sache: Da Guitar Rig4 wirklich sehr umfangreich ist, wird es mir natürlich nicht möglich sein, alles anzuspielen was im Angebot ist. Ich werde aber dennoch versuchen, so viel wie möglich abzudecken. Den Schwerpunkt lege ich dabei auf die Basic- und Effekt-Sounds – so haben wir nachher (hoffentlich) einen repräsentativen Überblick. Beginnen möchte ich mit dem virtuellen Nachbau des Jazz Chorus, der in der realen Welt gerne für ultracleane Sounds verwendet wird. In unserem „nachgestellten Fall“ kommt eine Tele in Kombination mit einer Prise Chorus zum Einsatz.
Den Sound kennt man. Er kommt sehr direkt und erinnert dabei fast schon an ein DI-Signal. Sehr authentisch! Weiter geht´s mit dem Twin. Auch dieser Amp ist für Clean-Sounds prädestiniert, und besitzt eine unglaubliche Durchsetzungskraft. Aber hört selbst.
Im Gegensatz zum Jazz Chorus hat der Twin etwas twangigere Höhen, obwohl auch er sehr clean und direkt zur Sache geht. Optimal geeignet um Single-Coil noch mehr Schärfe zu verpassen.
Als Nächstes habe ich mir den Bassman vorgenommen. Mithilfe eines kurzen Delays kommt da direkt Western-Feeling auf.
Für dich ausgesucht
Beim gemodelten Bassman, der ebenfalls amtliche Cleansounds produziert, verschiebt sich das Klangbild entscheidend und der Sound wird insgesamt bauchiger und fetter. In Verbindung mit semiakustischen Gitarren, entstehen so authentische 50th Sounds – vor allem wenn man ein Delay mit kurzen Delay Zeiten in´s Spiel bringt.
Der Hiwatt steht da schon für eine etwas strammere Gangart. Das erste Beispiel habe ich mit einer Strat gespielt und den Hals-Tonabnehmer verwendet. Achtet einmal darauf, wie dreckig der Amp in dieser Kombination klingt.
Dann derselbe Amp, aber mit anderer Gitarre und leicht veränderter Einstellung. Diesmal habe ich eine Tom Anderson in der Halsposition verwendet, deren Pickup etwas runder und bauchiger klingt.
Als Nächstes steht ein weiterer Klassiker „Gewehr bei Fuß“ – ein Orange-Amp. Na, da greif ich doch noch einmal zur Les Paul Junior mit P90 am Steg. Schnell noch eine kleine Prise Reverb und schon kann drauflos “gerifft“ werden.
Der virtuelle Orange macht seinem Paten alle Ehre. Die Mitten treten in den Vordergrund und geben dem Sound die nötige Durchsetzungskraft. Jetzt packe ich einen Tubescreamer vor den Amp und greife zur Anderson, die einen Humbucker am Steg hat.
Kommen wir zum legendären Plexi. Ich schnappe mir wieder die Strat, schalte auf den Hals-PU, und das klingt dann so!
Na, das kennt man doch irgendwo her…!? Genau, der Plexi ist einfach die erste Wahl für diese Art Sounds. Aber er kann noch sooo viel mehr! In Verbindung mit einem Tubescreamer verändert sich seine Klangcharakteristik grundlegend. Hier mit einer Humbucker Strat.
Das haben Native Instruments wirklich sehr gut hinbekommen. Der nachgebaute Tube Screamer klingt in Verbindung mit dem gemodelten Plexi äußerst authentisch und interagiert tatsächlich so mit dem Gitarristen und seiner idividuellen Spielweise, wie man es vom Original her kennt.
Natürlich bietet Guitar Rig4 auch einen AC 30. Mithilfe eines Delays kommen da ganz schnell Erinnerungen an eine äußerst bekannte Band hoch.
Das typische Komprimieren und dabei trotzdem luftig- das schafft eigentlich nur der AC30. Doch auch das NI Double macht in dieser Hinsicht keine schlechte Figur.
Und auch mit einer Duesenberg in der Mittelstellung macht die virtuelle nachgeklöppelte Amp-Legende einen richtig guten Job.
Mit dem Spring Reverb bekommt der Amp eine gewisse Tiefe. Mir gefällt sehr gut, wie das Amp-Model mit der Gitarre interagiert und auf Dynamik und Spielweise eingeht.
Doch natürlich kann er auch rocken. Schließlich gehört der AC 30 nicht ohne Grund zu den am meisten verwendeten Amps im Studio.
Das Grollen im unteren Mittenbereich ist typisch für diesen Verstärker und gibt ihm seinen unverkennbaren Sound. Und auch hier zeigt sich wieder die große Erfahrung von Native Instruments im Modelieren von Gitarrenverstärkern.
Der JCM 800 ist mit Sicherheit DER Rock-Amp schlechthin. Unzählige Bands haben diesen Marshall verwendet und mit ihm Geschichte geschrieben. Hier zwei weitere Beispiele, die zeigen, was mit dem Amp so alles möglich ist. Beide Soundfiles wurden mit einer Les Paul eingespielt. Im zweiten Beispiel kamen lediglich ein EQ und eine Distortion-Box dazu.
Der Sound ist fett, rund und besitzt die nötige Transparenz, um sich im Mix durchzusetzen. Die Bässe schieben und im unteren Mittenbereich wird die Gitarre gepusht, genau richtig, um sich über der Bassgitarre zu etablieren. So entsteht das typische Rockbrett. Genau wie beim Original! Wer allerdings glaubt, der JCM 800 wäre ein reiner Classic-Rock-Amp, der sollte sich mal Slayer anhören. Der gute Herr King verwendet eben diesen Amp, um seine Metal-Riffs vorzutragen – und das hat definitiv nichts mit Classic-Rock zu tun.
Zu guter Letzt habe ich einen Amp verwendet, der sich Jump nennt und einen “aufgebohrten“ Marshall darstellen soll.
Aber nicht nur die Ampsimulationen sind hervorragend, sondern auch die Effekte, die Guitar Rig4 zu bieten hat. Ich habe dazu einige Files aufgenommen. Natürlich ist auch dies wieder nur ein kleiner Ausschnitt dessen, was möglich ist.
Auch die Effektsounds aus Guitar Rig sind aller Ehren wert. Die gebotene Vielfalt und die Klang-Qualität überzeugen und laden zum Experimentieren ein. Besonders hervorzuheben sind auch die Sequenzer Sounds, die, soweit ich weiß, auf Software Ebene einzigartig sind.