PRAXIS
Die neuen Amps Kommen wir am besten gleich zu dem, was Guitar Rig nun mal ausmacht, seinen Verstärkern.
Van 51
Der Van 51 ist anscheinend dem Peavey 5150 nachempfunden, an dessen Entwicklung seinerzeit der Tapping-Pionier Eddie Van Halen beteiligt war, daher die Vorsilbe “Van”. Die Stärken dieses Amps sind meiner Meinung nach der Crunch-Sound und der etwas ins Härtere gehende Lead-Sound, hier darf natürlich auch ein Tapping-Lick nicht fehlen.
Hot Solo+
Auch der Hot Solo+ trägt, wie alle Amps von Guitar Rig, einen mehr oder minder versteckten Hinweis auf das nachgebildete Original im Namen. Hier handelt es sich allem Anschein nach um den Soldano Hot Rod, auch ein eher modernerer High-Gain Rock-Amp. Der Hot Solo+ ist ein recht flexibler Verstärker, dessen cleane und angezerrte Sounds sich auch hören lassen können, so richtig zu Hause ist dieser Amp aber im High-Gain-Bereich. Es folgen ein paar saftige Happen solider Rockgitarren-Sounds:
In der Metal-Abteilung macht er sich ebenfalls gut, im zweiten Beispiel habe ich noch einen “Screamer” vor den Amp geschaltet, was dem Sound noch etwas Metal-mäßiger macht.
Control Room Pro
Der Control Room war schon in Guitar Rig 4 enthalten und wird in dieser Version um ein vielfaches aufgeblasen. Control Room wurde mit Hilfe von Peter Weihe, einem der absoluten Spitzen-Studiogitarristen Deutschlands, entwickelt. Der gute Mann hat in seinem Studio verschiedenste Speaker fest mikrofoniert und kann dann sehr komfortabel von seinem Mischpult aus die verschiedenen Signale nach Herzenslust mischen. Dasselbe kann man jetzt mit dem Control Room in Guitar Rig tun.
Es stehen, wie bei Herrn Weihe, bis zu acht Signale mit den typischen Funktionen wie Pan, Mute, Solo und natürlich dem Volumenfader eines Mischpultkanalzuges zur Verfügung. Acht sehr unterschiedliche Mikros und sechs frei wählbare Cabinets ließen eigentlich kaum noch Wünsche offen, doch in Guitar Rig 5 werden diese, mehr denn je, mit dem Control Room Pro erfüllt.
In dieser Pro-Version kann man nun an jedem einzelnen Kanalzug Hand anlegen und sich seine Traum-Cabinet- und Mikrofon-Kombinationen selbst zusammenschrauben. Frei wähl- und kombinierbar sind pro Signal 28 Cabinets, wovon eines eine DI-Box ist und zehn andere Mikrofone. Außerdem kann man in jedem Kanal den virtuellen Tonassistenten im wahrscheinlich höllisch lauten Cabinet-Raum die Mikrofonpositionen vor dem Speaker (Cap, Cone oder Cap Edge) ändern lassen sowie den Raumanteil, also die oftmals geliebten “Early Reflections” dazugeben lassen.
Um Phasenschweinereien zu erkennen und/oder zu beseitigen, wurde noch ein weiterer Schieberegler in jedem Zug untergebracht. Eigentlich handelt es sich bei diesem Regler um ein Phasendelay, was bedeuten soll, dass alle Frequenzen um exakt den gleichen Wert verschoben werden. Ein Phase-Invert-Schalter darf hier natürlich auch nicht fehlen. Die Möglichkeiten, mit diesem Tool seinen eigenen Sound zu erschaffen, sind scheinbar endlos, andererseits kann man mit ein paar Handgriffen auch seine zwei favorisierten Cabinet-Mikrofon-Kombinationen zusammenstellen.
Man könnte bei einer solchen Komplexität erwarten, dass der User durch einen Haufen Presets vorgeführt bekommt, was der Control Room Pro alles zu Stande bringen kann, aber weit gefehlt! Presets gibt es für den Control Room Pro, im Gegensatz zu dem “alten Control Room”, nur für die einzelnen Kanäle, nicht aber für mehrere kombinierte Signale. Seine eigenen mehrkanaligen Presets kann man dann allerdings doch abspeichern.
Zusammengefasst kann man sagen, dass die Pro-Version vor allem für User gedacht ist, die an ihrem eigenen Sounds herumbasteln wollen. Möchte man schnell gut klingende und aufwändige Mehrkanal-Presets aufrufen können, ist man mit dem Control Room ohne Pro sogar besser dran. Zum Glück sind in Guitar Rig 5 beide Möglichkeiten enthalten.
Hier kommt dasselbe Beispiel aus dem Hot Solo+ jetzt durch den Control Room Pro. Ich habe vier unterschiedliche Cabinets und Mikros benutzt und jeweils noch einen Raumanteil dazugegeben, das Ergebnis ist im Vergleich etwas breiter, aber auch etwas weniger bissig. Man könnte mit dem Control Room Pro noch ewig herumschrauben, aber ich glaube, man muss ihn vor allem selber ausprobieren.
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Vintage Verb und Little Reflektor
Mit dem Vintage Verb und dem Little Reflektor sind gleich zwei neue Hallgeräte zu den ohnehin schon vorhandenen IceVerb, Octaverb, Spring Reverb und Studio Reverb, hinzugekommen. Was bringen sie also neues?
Der Little Reflektor stellt die kleine Version des Faltungshall-Plugins Reflektor von Native Instruments dar und ist sehr einfach, aber effektiv aufgebaut. Acht Impulsantworten stehen hier auf Knopfdruck zur Verfügung, jeweils zwei mit den Längen Short, Medium, Long und XXL. Eine weitere Bearbeitung ist nur durch Decay , Lowcut und den Dry/Wet-Regler gegeben.
Hier folgt ein Beispiel mit der Variante A im Long-Modus und im direkten Vergleich das gleiche Beispiel mit Variante B Long. Zum Einsatz kam hier übrigens eine Telecaster und der sehr schöne Guitar Rig Amp “Tweed Delight”.
Der Vintage Verb bietet ebenfalls acht Varianten an klassischem Hall, genauer gesagt vier Plate und vier Spring Reverbs und hebt sich damit – zusammen mit dem Little Reflektor – von seinen älteren Guitar Rig eigenen Konkurrenten ab, welche meist nur einen Hall bieten. Der Vintage Verb ist aber ebenfalls sehr puristisch aufgebaut. Die verschiedenen Hall-Settings haben eine vorgegebene Länge, und es gibt auch nur den Dry/Wet- bzw. Mix-Regler zum weiteren Bearbeiten. Ich habe wieder das gleiche Audiomaterial verwendet, nur diesmal durch den Studio Spring Reverb und anschließend durch den Gold Plate in der langen Version gejagt:
Jetzt kommen wir zu den neuen, etwas spezielleren Effekten in Guitar Rig 5. Da wäre zunächst die Filterbank, welche aus acht Schiebereglern, hinter denen jeweils zwei Bandpass-Filter stecken, besteht. Der Stretch- und der Shift-Regler haben entsprechend Einfluss auf die Frequenz-Breite bzw. -Mittelpunkte der Filter. Spannend wird eine solche Filtergeschichte meistens dann, wenn Bewegung ins Spiel kommt. Man kann die Filter zum Beispiel durch einen LFO ansteuern, wie das die Kollegen aus der Synthesizerabteilung gerne tun, oder aber auch durch ein Expressionpedal. Hier kommt nun endlich Rig Kontrol ins Spiel. Wenn man im Guitar Rig Fenster die Kontrol-Ansicht öffnet, findet man ein kleines Symbol unter der Output-Anzeige, womit man dem Pedal wie auch allen anderen Schaltern bequem per “drag and drop” verschiedene Funktionen zuweisen kann. Ich habe in dem nun folgenden Audio-Beispiel einfach mal gleich vier Regler der Filterbank mit dem Pedal angesteuert und noch zusätzlich ein Delay dahinter geschnallt:
Und so klingt die Filterbank mit einem LFO angesteuert:
Resochord
Der neue Effekt Resochord ist aus der Maschine von NI entliehen und ist für Gitarristen wohl nur selten zu gebrauchen, hat aber seinen Reiz. Der Resochord ist ebenfalls eine Filterbank, wobei die Filter dem eingehenden Signal ihre eigenen Resonanzen aufdrücken.
Man kann entweder einen Akkord auswählen, der dann immer angetriggert wird, wenn man etwas spielt, oder einen einzelnen Ton. Da die Gitarre meistens melodiös oder zumindest tonal einsetzt, macht ein fester Akkord über jedem gespielten Signal oft keinen musikalischen Sinn. Aber wer weiß, was den Herren Gitarristen noch so alles an Einsatzmöglichkeiten einfallen wird.
Im Gitarreneinsatz noch am besten einzusetzen, fand ich das Preset Resoverb, welches der Gitarre einen irgendwie kranken Hall-artigen Nachklang zufügt. Um den Stereo-Effekt noch etwas zu erhöhen, habe ich an das Ende der Signalkette einen Stereo-Spreader, den ebenfalls neuen “Stereo Tune”, gesetzt.
Richtig toll klingt der Resochord zum Beispiel mit einem Beat und automatisierten Akkorden. Hier stellt Guitar Rig mal wieder unter Beweis, dass sich die Software auch für viele gitarrenfremde, eher im Sounddesign liegende Aufgaben eignet. Für allerlei Verfremdungen eignet sich die immer größer werdende Sammlung von Effekten und Plugins gar vorzüglich. Dementsprechend passt auch die Neuerung, alle Kompressoren in Guitar Rig nun auch side-chainen zu können, prima in das Gesamtbild.
Container
Hat man sehr viele Effekte hintereinander geschaltet, kann man diese in einen Container packen. Der Container ist ein weiteres, neues, kleines Tool aus der Version 5. Er schafft vor allem Übersicht, hat aber auch sehr praktische, durch “drag and drop” frei zuweisbare Makro-Controller auf seiner Oberfläche. Es kann sinnvoll und praktisch sein, sich aus einer stattlichen Effekt-Kette nur die Funktionen ins Blickfeld zu legen, die man auch wirklich nutzen will und deshalb schnell greifbar haben möchte, seien es nun z.B. LFO-Rate, Delay Wet/Dry, Overdrive oder was auch immer. Vor allem für die Live-Anwendung von Guitar Rig kann dies extrem praktisch sein.
Rig Kontrol
Für Gitarristen, die Guitar Rig voll ausnutzen und spezielle, abgefahrene Sounds erschaffen möchten, ist das Rig Kontrol sehr zu empfehlen. Die beiden Eingänge für externe Expressionpedale lassen das Sounddesigninferno sogar noch flexibler gestalten. Über die MIDI-Schnittstelle kann man natürlich auch jeden beliebigen anderen MIDI-Controller anschließen. Insgesamt macht das Interface einen wirklich stabilen und hochwertigen Eindruck, und auch das Pedal lässt sich angenehm spielen. Einzig einen Mikrofon-Vorverstärker vermisse ich an dem Pedal.