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Mehr InformationenMit Guitar Rig 6 veröffentlicht die Berliner Company Native Instruments eine Neuversion ihrer Erfolgssoftware, die so einigen Gitarristen bereits das heimische Recording erleichtert und bereichert hat. Schon die Vorgängerversion wusste durch den Einsatz von Impulsantworten zu brillieren. Doch die die aktuelle Version, die übrigens auch Teil des neuen Komplete 13 Bundles ist, legt nun noch eine Schippe oben drauf und erweitert das Amp-, Cabinet- und Effektsortiment durch weitere Modelle. Der Einsatz von Drittanbieter-IRs von Sigma Audio und Ownhammer sowie das neue “Intelligent Circuit Modelling” (ICM) versprechen deutliche Verbesserungen der Klangergebnisse. Das Ganze wird für User auch noch durch Artist Presets von Künstlern wie Pete Thorn oder Vernon Reid garniert und kommt mit einem neuen optischen Design daher.
Die zusätzlich erhältlichen Amp-Modelling-Softwares von Native Instruments selbst (oder auch anderen Herstellern wie Universal Audio, Positive Grid oder Overloud) haben in den letzten Jahren einen gewaltigen Satz nach vorne gemacht und daher lautet auch hier die Gretchenfrage: Wie klingt das Ganze? Und genau das wollen wir hier, primär aus gitarristischer Sicht, herausfinden.
Details
Konzept
Für die Newbies in der Welt der virtuellen Gitarreneffekte sei nochmal kurz zusammengefasst, womit wir es bei Guitar Rig zu tun haben: Hier handelt es sich um eine Software, die neben den digitalen Simulationen von real existierenden Gitarren- und Bassverstärkern eine Fülle an Speakersimulationen auf Basis von Impulsantworten (IRs) sowie eine breite Palette aller klassischen Pedal- oder Studioeffekte bietet. Somit dürfte die Software sicherlich nicht nur für Gitarristen interessant sein. Guitar Rig läuft sowohl als Stand-alone als auch als Plugin für MacOS und Windows im VST/AU/AAX-Standard.
GUI Übersicht
Die Installation von Guitar Rig 6 (im folgenden GR6 genannt) und das Aktivieren der Lizenz läuft vollkommen problemlos über die zusätzliche Installation des Aktivierungstools “Native Access”, das das vormalige “Service Center” abgelöst hat.
Möchte man Guitar Rig als Stand-alone nutzen, öffnet man die App, legt die Ein- und Ausgangskanäle in den Preferences, die im Header der Benutzeroberfläche zu finden sind, fest und schon kann es losgehen. Im Falle der Plugin-Verwendung verhält sich Guitar Rig wie ein Effekt, der in der DAW auf die Spur gelegt wird.
Beim Öffnen von Guitar Rig fällt mir sofort die neue und sehr ansprechende grafische Benutzeroberfläche (GUI) ins Auge, die in drei verschiedene Zonen unterteilt ist, nämlich in Header, Rack und Browser.
Der Header in der oberen Zeile enthält die wichtigsten Steuerelemente und Anzeigen, wie etwa die CPU-Auslastung, den Inputselector oder die Input- und Output-Pegel. Eine Neuerung zur Vorgängerversion ist die Größenskalierbarkeit der GUI zwischen 75% und 200% – das ist sowohl in der Headerzeile als auch über einen Icon im Fenster unten rechts möglich. Dort ist auch der Button für den Ausgangs-Limiter angebracht, mit dem Pegelspitzen abgefangen werden können. Dazu gesellt sich der Gate-Button, der ein Input-Noisegate aktiviert, um Rauschen oder Nebengeräusche in Spielpausen zu unterdrücken. Links außen lässt sich die Browseransicht über die drei vertikalen Striche entfernen. Die drei Punkte führen hingegen zum Hauptmenü, in dem Presets geladen, neu erstellt und abgespeichert werden können. Hier gelangt man auch zu den “Preferences”, in denen sich die In- und Outputs konfigurieren lassen.
Das Rackfeld rechts zeigt die eingesetzten Amp- und Effektmodelle. In der oberen Zeile befindet sich die Toolbar, die den Presetnamen anzeigt und in der man durch die Presets blättern und sie abspeichern kann. Links findet man eine Reihe von Icons, hinter denen sich ein paar sehr sinnvolle Features verbergen: Zum einen die Macros-Funktion, mit der einzelne Parameter zugewiesen und gesteuert werden können. Hier lassen sich z. B. der Reverb Mix oder der Gain Button des Amps zentral ablegen, sodass wichtige Parameter sehr schön übersichtlich in Reih und Glied versammelt sind. Die Zuweisung erfolgt kinderleicht via Drag-and-drop.
Das “Tape Deck Pre” bietet quasi eine Art Looper, mit der sich kurze Riffs aufnehmen lassen, die jedoch hinsichtlich ihrer Tonhöhe und Geschwindigkeit variiert werden können. Ein kleiner Button an der linken Seite ermöglicht es nun, festzulegen, ob das Signal “at Input” oder “at Output” abgegriffen wird, d. h. ob das Signal direkt “dry” oder bereits “wet” durch die Ampmodelle erklingt. Letzteres Setting ist vor allem hilfreich, wenn man seine Sounds tweaken will, ohne dabei das Instrument in der Hand halten zu müssen. Einfach einen Loop recorden, dann in Endlosschleife abspielen und sich ans Programmieren der Sounds machen.
Selbstverständlich sind auch hier wieder ein Tuner und Metronom an Bord, die ebenfalls ausreichend Settings und Optionen bieten. Seitlich erscheint bei einigen Rackkomponenten noch das Symbol einer Schlitzschraube. Dahinter verbirgt sich das Expert Panel, das tiefere Informationen und Funktionen bereitstellt.
Auch die “Preset Volume”-Funktion ist ein durchdachtes Feature und fungiert wie eine Art Blend-Regler, mit dem sich das Dry- und Wet-Signal stufenlos mischen lässt.
Bei Tapedeck Post hadnelt es sich ebenfalls um einen Audiorecorder, mit dem das Ausgangssignal des Racks aufgezeichnet werden kann, allerdings können hier auch Audiodateien importiert und abgespielt werden, wodurch sich beispielsweise gedoppelte Gitarrenriffs ausprobieren lassen.
Der Global Effects Block ermöglicht es, Effektkombinationen presetübergreifend abzulegen und sie abzuspeichern, wodurch es eine Auswahl aus diversen globalen Settings für verschiedene Studio- oder Liveszenarien gibt.
Über das Browserfeld links außen gelangt man nun entweder zu den abgespeicherten Presets oder zu den Komponenten, die man in seinem Effektrack verwenden möchte. Die große Fülle an Presets kann man in der Ansicht nun sowohl alphabetisch als auch nach Instrument, Effekttyp, Charakter, Ampmodell, Stilrichtung oder Künstler anordnen, um einen direkten und zielgerichteten Zugriff zu erhalten. Ein neues Feature in GR6 ist, dass man seine Presetfavoriten mit acht verschiedenen Farben markieren und anschließend gezielt nach der Farbgebung suchen kann. Das Importieren von alten Presets aus Guitar Rig 5 ist erfreulicherweise ebenfalls möglich.
Der Menüpunkt “Components” führt nun zu allen Amp- und Effektalgorithmen, die ich in meiner Signalkette anordnen will. Das kann über Doppelklick oder ganz bequem via Drag-and-drop geschehen. Auch das Verändern der Effektreihenfolge lässt sich per Maus intuitiv umsetzen – das Löschen eines Moduls kann einfach über die Delete-Taste realisiert werden.
Die Komponenten sind nun in 13 Überkategorien aufgegliedert, nämlich Amplifiers, Cabinets Delay und Echo, Distortion, Dynamics, EQ, Filters, Modifier, Modulation, Pitch, Reverb, Special FX und Tools.
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Amplifers
Hier zeigen sich 21 Ampmodelle – neu sind die Modelle “Chicago”, “Fire Breather” und “Bass Invader”. Chicago basiert auf einem seltenen Clean-Amp der 50er-Jahre und geht für mich klanglich, aber auch aufgrund der Potis in eine Fender-Tweed-Deluxe-Richtung, die von clean bis crunch alles abdeckt. Der Firebreather hat definitiv eher britische DNA und den typischen Charakter eines aufgebohrten Marshalls bzw. Friedmans. Der Bass Invader liefert laut Beschreibung den Rock- und Indiesound der späten 80er und 90er, was auf ein Gallien-Kruger-Modell hinweist, das z. B. auch von Flea (Red Hot Chili Peppers) genutzt wird.
Auch die Rammfire-Mesa-Boogie-Rectifier-Modelle des Rammstein-Gitarristen Richard Z. Kruspe sind nun fester Bestandteil von GR6. Laut Website kam bei den Ampmodellen das neue “Intelligent Circuit Modelling” zum Einsatz, was eine noch realistischere Emulation verheißt – allerdings ließ sich nicht genau eruieren, ob sich das auf alle Ampmodelle oder nur auf die Neuzugänge erstreckt. Das kleine ICM-Logo am unteren Rand der neuen Verstärkericons deutet aber darauf hin, dass eher letzteres der Fall ist.
Cabinets
Im Cabinet Block findet man vier Optionen, wie die Simulation von Box und Mike umgesetzt werden können: das altbekannte Matched Cabinet, Matched Cabinet Pro, den Control Room und den Control Room Pro. Bei den Control Rooms handelt es sich um Cabinet-Simulationen, die ebenfalls auf IR-Basis stattfinden. Dabei lassen sich neben den Cabs auch die Mikrofone mitsamt ihrer Position und ihrem Pegel individuell bestimmen. Die große Neuerung ist jedoch das Matched Cabinet Pro, das mit Impulsantworten von Sigma Audio und Ownhammer gefüttert wurde und mit dem pro Setting über das A/B-Icon auch noch eine alternative Speakersimulation angewählt werden kann.
Effekte und Neuerungen
Selbstverständlich sind bei GR6 alle Effekte an Bord, die man aus der Vorgängerversion kannte, und das sind so einige, denn mit sechs Delays, 15 Verzerrern, 12 Modulationseffekten, elf Reverbs und noch vielem mehr ist die Software extrem üppig ausgestattet. Da die Vorstellung aller Komponenten den Rahmen sprengen würde und die meisten davon dem einen oder anderen bereits aus Vorgängerversionen vertraut sind, beschränke ich mich hier auf die neuen Features und Effektpackages, die bisher einzeln erhältlich waren, von nun an aber als fester Bestandteil in GR 6 integriert wurden.
Dies sind zum einen das “Crushpack”, bestehend aus den Komponenten “Dirt”, “Bite” und “Freak” (ein Verzerrer, ein Bitcrusher und ein Modulations/Oszillationseffekt), sowie das “Modpack”, bestehend aus einem Chorus, Phaser und Flanger-Modul.
Auch in der Reverb-Abteilung gibt es drei neue Gesellen, nämlich den RC24 und den RC48 aus dem Hause Softube sowie den RAUM-Reverb und den Reflektor-Faltungshall. Ebenfalls von Softube sind die neue integrierte Vintage Compressor Suite (VC) und die Solid-Mix-Serie, bestehend aus dem Solid EQ, dem Solid Bus Comp und dem Solid Dynamics Modul.
Die meisten Kompressore sowie Freak, Autofilter und Modifier erlauben natürlich auch Sidechaining – so, wie man es in einer Studioumgebung mit solchen Effekten auch im echten Leben erwarten würde. Die 12 TRAKTOR-Delays, -Reverbs und -Filter aus dem Traktor’s 12 Bundle wurden genauso wie der Transient Master integriert.
Tools
Unter den Tools befinden sich diverse Komponenten, die sich primär auf den Signalfluss beziehen und dadurch ein sehr individuelles Rack-Setup mit kreativen Effektketten, Splittings und weiteren praktischen Routinglösungen ermöglichen.
Im “Container”-Modul können mehrere Komponenten zu Multieffekten kombiniert werden, die ebenfalls über Macros steuerbar sind. Hierdurch wird das Rack in seiner Struktur wesentlich übersichtlicher und man kann seine Lieblingseffektkombinationen in diversen Presets oder Rigs benutzen.
Bei Freq Crossover handelt es sich um einen Splitter, der das Frequenzspektrum in zwei Bänder unterteilt, die getrennt voneinander mit Effekten belegt werden können. So können etwa den Hochfrequenzen andere Effekte als den tiefen Frequenzen zugeordnet werden, wobei die Trennfrequenz frei wählbar ist und jede Frequenzhälfte im Stereobild gepannt werden kann.
Split Mix ist ein klassischer Splitter, der das Signal in zwei parallele Effektwege aufteilt, die getrennt belegt werden können. Die Effekte können sowohl im Panning als auch im Mischverhältnis gesteuert werden und auch der Einsatz von mehreren Split-Mix-Komponenten ist möglich.
M/S-Balance ist ebenfalls eine Splitter-Komponente, die jedoch das Centersignal von den links bzw. rechts angeordneten Signalen trennt und mit der sich diese unabhängig voneinander mit Effekten belegen lassen.
Modifier
Der Begriff “Modifier” dürfte den Synth-Experten bereits vertraut sein. In der Gitarrenwelt findet man den Begriff jedoch erst seit dem Zeitalter der komplexeren Multieffekte. Prinzipiell handelt es sich dabei schlichtweg um eine Sound- oder Modulationsquelle, in der Regel LFOs, Filter oder Sequencer, mit der man andere Parameter ansteuern kann. Der Modifier-Block liefert hier fünf Komponenten, und die Zuweisung läuft kinderleicht über das kleine linksseitig angeordnete Icon, das per Drag-and-drop auf das Poti gezogen wird, dessen Parameter verändert werden soll.
Selbstverständlich bietet GR6 die externe Steuerung diverser Parameter und Presetwechsel über Automation in der DAW sowie die Steuerung über MIDI mit externer Hardware wie Footcontrollern oder Keyboards an.
Trotz des gitarristischen Namens qualifiziert sich Guitar Rig für weitaus mehr als nur den Einsatzbereich Gitarre und Bass. Es bietet für sämtliche Instrumente, für Gesang und das Mixing eine wahre Spielwiese mit interessanten Komponenten.
Das englischsprachige Manual steht auf der Website zum Download bereit und liefert mit 154 Seiten umfangreiche Informationen.