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Native Instruments Maschine Mikro Test

DETAILS

An diesem verregneten Morgen erwartete ich den fröhlichen Menschen vom Zustellservice besonders freudig. Wohl wissend, dass ich zwei Pakete aus dem Hause Native Instruments in Empfang nehmen durfte, von denen eines meinen heutigen Testkandidaten enthalten sollte. Und schon beim Anblick des Kartons wird klar: Der Name „Mikro“ ist Programm. Tatsächlich ist die aktuelle Umverpackung nur noch halb so groß wie jene, die mir vor mehr als zwei Jahren ins Friedrichshainer Studio zugestellt wurde. Aus dem Inneren fördere ich neben der Kontrolleinheit eine Installer-CD mit der Software Version 1.7 zu Tage. Ferner enthält die Box ein USB-Kabel, einen Satz Aufkleber und eine Komplete Elements 8-DVD nebst Lizenz, die gerade Neuankömmlingen im NI-Makrokosmos interessante Werkzeuge für die ersten In-the-Box-Produktionen stellen sollte – aber auch für den Profi einige leckere Sounds und Effekte bereithält. Ein gedrucktes Benutzerhandbuch konnte ich nicht ausfindig machen, stattdessen ist eine Schnellstart-Anleitung im Paket.

Der Inhalt des Machine Mikro Pakets
Der Inhalt des Machine Mikro Pakets

Ersteindruck
Die Verarbeitung der Konsole ist ausgesprochen hochwertig. Keine Grate, keine Ungenauigkeiten. Die Fertigung der Gehäuseteile, Pads und Buttons ist präzise und wie aus einem Guss. Der schmale Apparat wiegt knapp 1200 Gramm und sollte in jedem noch so kleinen Projektstudio oder Bühnen-Setup, im Rucksack und auch in den schmalsten Kanzeln der Republik noch ein Plätzchen finden. Dicke Gummifüße sorgen auch bei impulsivem Sample-Gehämmer für die nötige Standfestigkeit. Sämtliche Tasten zeigen praxistaugliche Ausmaße und Abstände und verfügen zudem über eine regulierbare Grundbeleuchtung, die auch im allerdunkelsten Verlies eine treffsichere Umgebung auf die Netzhaut projiziert. Ich habe bis hierhin nichts auszusetzen.
Im Gegensatz zum großen Bruder setzt der ultraportable Trommelheimer auf einen Master-Encoder, der die angestammten Funktionen der acht Drehregler übernimmt. Ferner verzichten die Entwickler auf den Gruppenblock, einige Funktionstasten und ein Anzeigeelement. Daher empfiehlt sich die Maschine wohl eher für Anwender, die nicht danach verlangen, jeden Parameter von der Hardware aus steuern zu können, sondern auch gern in Mal der DAW direkt arbeiten. Auf einer Oberfläche von 32 x 19,5 Zentimeter tummeln sich insgesamt 28 Buttons, ein Encoder und ein Display, die sich via MIDI-Mode auch berufen fühlen, die Software eines Drittherstellers zu kommandieren. Kontakt zur Bit-gepowerten Außenwelt erlangt man über eine  USB-Buchse Typ-B. Ferner sehe ich am rechten hinteren Anschlussfeld noch eine Ausfräsung für eine Kensington Diebstahlschutz. Gegenüber hat das Company-Branding seinen Platz gefunden. Standard-MIDI-Schnittstellen zur Synchronisation mit weiterem Studioequipment fielen erwartungsgemäß dem Rotstift zum Opfer.

Fotostrecke: 2 Bilder Chef im Ring…

Software
Im Maschinen-Imperium arbeitet man Clip- und Pattern-orientiert. Das Pattern darf eine beliebige Länge vorweisen. Bis zu 64 Pattern auf vier Bänken sind in einer von acht Gruppen (A-H) zusammengefasst, welche ihrerseits aus bis zu 16 Instrumenten bestehen und eine Szene bilden können. Die maximale Anzahl von Szenen in einem Projekt ist 64. Patterns und Szenen laufen gleichzeitig ab und können sowohl unterschiedliche Längen als auch ungerade Takte vorweisen. Für den Master, für jede separate Gruppe und auch für jeden einzelnen Sound kann der Anwender Audio-Routings (16 In/Out) bestimmen, Effekt-Verschaltungen vornehmen und eine individuelle Swingrate festlegen.

Audio Samples
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808 Beat 808 Swing on Snare & Hihat

An oberster Stelle auf dem Screen ist die Kopfzeile platziert, deren Hauptparameter über die Transportsektion der Hardware (Abspielsteuerung, Recording, Signatur) und deren Main-Modus (Tempo, Swing, Volume) zugänglich sind. Hier lässt sich auch die CPU-Auslastung überwachen, das Dateimenü aufrufen etc. . Darunter folgt auf der rechten Seite der Browser. Mittels Disc-Button öffnet sich der Verzeichnisbaum des Computers nebst Partitions-Auswahl, wodurch das Importieren und Kategorisieren eigener Sound-Bibliotheken mit wenigen Klicks erledigt ist. Rechts davon symbolisieren sieben unterschiedliche Icons die verschiedenen Dateitypen innerhalb Maschine (Projekte-, Groups-, Sounds-, Pattern-, Instrument-, FX- und Sample-Dateien). Mit der Auswahl eines Symbols weist die nachgelagerte Kategorie-Liste zugeordnete Dateien aus, die sich dann über Filter feiner eingrenzen lassen (Bsp: Samples/Drums/Clap/Acoustic/meineClap). Obendrein ermöglicht das kontextsensitive Suchfeld den gezielten Auswahlvorgang eines bestimmten Sounds. Wer eigene Samples in die Library importiert, kann sie im Editor den vorgegebenen oder selbst erstellten Kategorien zuordnen oder bestehende Tags nachträglich bearbeiten. Darunter ist eine kleine Vorhörabteilung integriert, die leider nicht wahlfrei auf einen der 16 Ausgänge geroutet werden kann, was gerade für die Improvisation während einer Live-Performance schon ein wenig schade ist. Workaround: Samples auf ein Preview-Pad laden und dieses einzeln ausgeben.
Das Zentrum teilt sich von Nord nach Süd in drei Panels auf: Der nördliche „Arranger“ enthält die Songstruktur des Projektes und besteht aus maximal 64 Szenen, die von acht Gruppen bespielt werden. Die Länge einer Szene ist identisch mit dem längsten Pattern einer enthaltenen Group. Das Arrangement spielt linear nacheinander ab. Einzeln angewählte Szenen hingegen werden als Loop wiedergegeben, welcher per Multiselektion auf angrenzende Szenen ausgeweitet werden kann. Clips, Scenes, Sounds und Samples können individuell benannt werden.
Darunter folgt der Soundmodul-Kontrollbereich mit Master, Gruppen und Sound-Tabulatoren, wo die Audio-Verschaltungen, Effekte und PlugIns zur Verfügung stehen. „Master“ nimmt sich des Sounds am Hauptausgang an, „Group“ hat sich dem Klang der Gruppen A-H verschrieben und „Sound“ bedient die einzelnen Module, PlugIns und Samples. Jeder dieser Ebenen sind maximal vier Einheiten zugeordnet, die Instrumente (intern, extern), Sampler oder Effekte aufnehmen. Mögliche Kombinationen bei voller Belegung sind 4 FX, Sampler + 3 FX, Instrument + 3 FX sowie Input und MIDI-Out. Der Signalfluss erfolgt pyramidenförmig, bedeutet ein Mastereffekt hat Auswirkungen auf Gruppen und Sounds, der Gruppeneffekt auf die zugehörigen Sounds und die Sounds nur auf sich selbst. Maschine selbst ist kein Klangerzeuger, sondern arbeitet rein Sample-basiert.
Der Pattern-Sequencer beansprucht den größten Screen-Anteil für sich. Links befinden sich 16 Soundslots, die Zeitleiste auf der rechten Seite enthält Taktangaben und ist für jeden der maximal 64 Pattern-Slots in ihrer Länge frei skalierbar, so dass auch ungerade Rhythmen erstellt werden können. Noten-Events werden anhand kleiner Rechtecke dargestellt. Die Auflösung recht von 1 -1/128 (1/1T bis 1/64T) Schritte. Die Quantisierung der Eingaben ist im gleichen Rahmen möglich. Automationen, Anschlagstärke und weitere Modulatoren sind über das nachgelagerte Panel einzusehen – selbst bei sehr kleinen Grids kommt die Umsetzung positiv zum Tragen, da man ziemlich stark ins Raster hinein zoomen kann und so nicht Gefahr läuft, aus Versehen einen angrenzenden Parameter zu editieren. Auch das manuelle Einzeichnen lässt sich im praxisgerechten Rahmen vornehmen, obschon es einer Werteskala (zum Ablesen des Velocity-Levels etwa) mangelt. Der Patternsequenzer enthält zudem noch die Register Piano-Roll und Sampler.

Fotostrecke: 3 Bilder Das Fenster des Pattern-Sequenzers

Maschine Hardware
Auch die Maschine Hardware ist im Wesentlichen in drei Hauptbereiche aufgeteilt. Links unten im Transportbereich finden sich analog zum Geschwistermodell die Tasten zum Abspielen, Neustarten, Aufzeichnen, Ersetzen und Löschen von Eingaben. Zwei Befehle für das Metronom samt Counter dürfen natürlich nicht fehlen.

Fernsteuerung für Abspiel- und Recordingvorgänge
Fernsteuerung für Abspiel- und Recordingvorgänge

Links oben ist der Kontrollbereich arrangiert, der mit einer monochromen Punkt-Matrix Anzeige ausgestattet ist. Das Display ist mit einer Auflösung von 128 x 64 Pixel (wie bei der Elektron Machinedrum zum Beispiel) etwas klein geraten, aber selbst aus spitzesten Winkeln gut ablesbar und kann über den Controller-Editor in seiner Helligkeit und im Kontrast optimal an die Umgebung angepasst werden.

Etwas niedrig aufgelöst, aber dennoch gut abzulesen präsentiert sich das Display
Etwas niedrig aufgelöst, aber dennoch gut abzulesen präsentiert sich das Display

„Main“ schaltet zwischen Main- und Control-Mode um. Der Hauptmodus legt Lautstärke, Swingrate und Tempo des aktuellen Projektes fest. „Control“ gewährt Zugriff auf die Seiten Master, Group und Sound. Die einzelnen Reiter werden über die Tasten F1-F3 angewählt. Durch die Tabs Source, Groove, Macro und Out von Master, Gruppen oder Einzelsounds schaltet „Nav“ in Kombination mit der oberen Pad-Horizontalen – genauso wie durch die einzelnen Module, respektive Effektslots. Kryptisch? – Nee! Vielleicht nicht so intuitiv wie beim Maxicontroller, aber gangbar und schnell adaptiert. Die Pfeiltasten und der Encoder übernehmen die Feinarbeit, also Auswahl von Kenngrößen und Einstellen derer Werte. Die nachgelagerte Horizontale übernimmt einige Funktionen beim Browsen und Sampling sowie bei der Modul- und Gruppenauswahl. Ferner sehe ich hier die Taste NOTE-Repeat.

Fotostrecke: 3 Bilder Dieser Button…

Fast die Hälfte des Controllers nimmt der PAD-Bereich ein – seines Zeichens ausgestattet mit 16 anschlagdynamischen, aftertouch-fähigen Triggern, die MPC-typisch in vier Zeilen arrangiert wurden. Sie reagieren sehr schnell und sind obendrein beleuchtet. Mit ihrer Hilfe lassen sich komplexe Grooves live einspielen – aber auch Freunde der gepflegten Lauflichtprogrammierung kommen dank Step-Sequencer auf ihre Kosten, wenngleich Puristen vielleicht eher mit einer Horizontalen im Stile einer 909 arbeiten wollten. Die Pads bergen zudem eine Vielzahl unterschiedlicher Zweit- und Drittbelegungen und ermöglichen so Copy & Paste, Halbton- und Oktavenshifting, Post-Recording-Quantisierung oder auch den Zugriff auf die acht Groups von der Hardware. Prima. In der Mitte der nachtschwarzen Berliner Kommandozentrale ist eine vertikale Tastenreihe angeordnet, die von oben nach unten zur Anwahl der Szenen oder Patterns eines Projektes dient, sowie den Pad-Modus zum Auswählen einzelner Samples der aktiven Gruppe oder zum Einspielen eines Sounds oder VST-Instrumentes. View schaltet die Ansichten der grafischen Benutzeroberfläche um, blättert durch den Arranger und ermöglicht Zoom-Vorgänge, was gerade beim Sample-Editing notwendig ist. Duplicate dupliziert Szenen, Patterns, Szenen und Sounds mit zwei Tastenhieben. Mute und Solo sind für Stummschaltung und Soloplay von Gruppen oder Instrumenten verantwortlich. Alle Tasten sind klar beschriftet und melden Status, sodass man während einer Performance stets den nötigen Durchblick behält. Nur schade, dass sich Mutes und Solos nicht aufzeichnen und abspeichern lassen.

Fotostrecke: 2 Bilder Die Vertikale ist identisch mit Maxi-Maschine

Effekte
Maschine verfügt über 22 interne Effekte, die allesamt auf hohem Niveau spielen. Für die  Dynamikeffekte stehen Kompressor, Gater, Limiter und Maximizer. Dazu gesellen sich ein Vierband-EQ und ein Filter (Notch, Hoch-, Band- oder Tiefpass) mit regelbarer Grenzfrequenz und Resonanz, wobei sich die Filterfrequenz mit einem LFO modulieren lässt oder durch einen Hüllkurvenverfolger. Modulationseffekte sind in Form von Chorus, Flanger, FM, Freqshifter und Phaser vertreten. Hallprogramme mit Reverb, Reflex und Metaverb sowie ICE, das aus einer Reihe selbstoszillierender Filter besteht. Gelungen zeigt sich auch die Auswahl der Delays, mit dem tempo-synchronisierbaren Beat-Delay, dem ziemlich spacig zerhackenden Grain-Delay, dem Granularsynthese Grain-Stretch und dem Resochord, der das Signal über sechs aufeinander abgestimmte Kammfilter zieht. Zu guter Letzt bilden Distortion, LOFI und Saturator die Verzerrer-Abteilung.

Audio Samples
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808 FX Beat Delay-Split-Snare 808 FX CloneKic Resochord 808 FX GrainStretch Snare
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