Praxis
Traktor DJ 2 in Aktion
Native Instruments hat Traktor DJ 2 so gestaltet, dass man sich sehr schnell damit zurechtfindet, ganz gleich ob man Einsteiger oder Fortgeschrittener ist. Etwas schade ist es trotzdem, dass es keine Dokumentation gibt, aber vielleicht wird diese ja noch ergänzt. Der Songspeicher der Software bietet Importoptionen für Songs und Ordner, einen direkten Zugriff auf iTunes erlaubt die Computerlösung nicht. Interessant ist allerdings, dass Traktor DJ 2 im Gegensatz zur Profilösung Traktor Pro 3 SoundCloud unterstützt und wohl zukünftig auch Spotify.
Möchte man das sehr große und breit gefächerte Portfolio von SoundCloud nutzen, benötig man einen kostenpflichtigen SoundCloud Go+ Account, der 9,99 Euro pro Monat kostet. Die Song-Selektion erfolgt über die SoundCloud Website durch das Vergeben von „Likes“ und das Anlegen und Füllen von Playlisten. Wird die Internetverbindung gekappt, hat man leider keinen Zugriff mehr auf die Songs – das sollte man gegebenenfalls beachten.
Per Suche in Traktor DJ 2 kann der komplette Song-Bestand durchforstet werden und eine Vorschlagsfunktion blendet mögliche Mix-Tracks ein. In meinem Test waren die Vorschläge in der Regel brauchbar, Native Instruments nutzt zum Füllen des Vorschlagssystems maschinelles Lernen, das den Klangcharakter, das Tempo und die Tonart analysiert. Um spontane Mix-Ideen festzuhalten, gibt es eine temporäre Liste (Queue), die sich selbständig leert, nachdem die Tracks gespielt wurden.
Traktor DJ 2 analysiert die Tracks beim ersten Laden in ein Deck und arbeitet hier auch bei komplexen Drum’n’Bass-Tracks mit einer sehr hohen Trefferquote. Manuelle Korrekturen am Beatgrid sind nur bedingt möglich, hier kann eine Halbierung oder Verdoppelung des Tempos vorgenommen oder der Downbeat neu gesetzt werden.
Das Mixen der Songs gelingt mit den Bordmitteln der Software sehr gut, hier kann man die (Sync-) Automatikfunktion nutzen oder ein manuelles Beatmatching mit Pitchfader-Anpassungen vornehmen. Die Pitchfader erlauben Tempomodifikationen im Nachkommastellenbereich und kleinere Abweichungen lassen sich mit den Pitchbend-Tastern beheben.
Die EQs greifen ordentlich in das Klangbild ein, genauere technische Angaben zu den Frequenzbereichen und Stärke der Absendungen etc. gibt es nicht und auch auf verschiedene EQ-Modelle hat Native Instruments verzichtet. Letzteres ist aber akzeptabel, da es sich um ein Einsteigerprodukt handelt. Die vier Effekte haben mir gut gefallen, hier wurde ebenfalls auf einen einfachen Workflow geachtet. Die Auswahl kann deckspezifisch erfolgen und die Kontrolle gelingt mittels eines Drehreglers. Dreht man diesen nach rechts, wird der gewählte Effekt inklusive eines Hochpassfilters aktiviert, dreht man diesen nach links, so wird ein Tiefpassfilter mit dem Effekt kombiniert.
Das Setzen und Triggern der Cue-Punkte sowie die Aktivierung der Loops erfolgt stets passgenau, da eine permanent aktive Quantifizierungsfunktion unterstützend eingreift, für Einsteiger ein echtes Plus. Aktiviert man zusätzlich die Flux-Funktion, ist es nahezu unmöglich, einen Mix zu „versauen“, da die Song-Wiedergabe im Hintergrund fortgesetzt wird, ganz gleich ob Loops gesetzt oder Hotcues getriggert werden. Kleine Mixtricks wie Backspins lassen sich mit der Computermaus ebenfalls ausführen, aber wirklich dauerhaft praxistauglich ist das meiner Meinung nach nicht.
Traktor DJ 2 Controller-Steuerung
Wer mit Traktor DJ 2 eine Party beschallen oder kreatives Mixen möchte, sollte sich einen der beiden aktuell unterstützten Controller besorgen, zumal es auch keine Tastatursteuerung für das Programm gibt. Für den Praxistest habe ich den Traktor Kontrol S2 MK3 verwendet, der ohne weiteres Zutun erkannt wird und einsatzbereit ist. Einzig das Audiointerface sowie die Master- und Monitorausgänge können gewählt werden, einen Controller-Editor etc. gibt es nicht.
Mit dem Controller können die Funktionen der Software einfach und ohne merkbare Verzögerung gesteuert werden. Songs lassen sich in die Decks laden und beatmatchen und Cue-Punkte können mit den Pads schnell getriggert werden. Mit den Jogwheels sind Scratch-Manöver und Backspins ausführbar. Die Bedienung ist intuitiv, sodass Neulinge nach kurzer Einarbeitungszeit passgenaue Mixe anfertigen können.
Interessant ist, dass die Controller-Steuerung zusätzlich exklusive Funktionen bietet. Mit dem Controller ist es möglich, Songs rückwärts wiederzugeben und zudem lässt sich auch die Quantisierungsfunktion deaktivieren, damit Cue-Punkte frei platzierbar sind. Die in der Software frei selektierbaren Effekte lassen sich mit dem Controller leider nur gemeinsam auswählen, sodass es beispielsweise nicht möglich ist, einen Delay-Effekt in einem Kanal mit einem Hall-Effekt in einem anderen Kanal zu kombinieren.
Traktor DJ 2 iPad-Version
Die iPad-Version von Traktor DJ 2 arbeitet ausschließlich im Landscape-Modus und beschränkt sich auf die zwei GUIs Jogwheel und Waveform zum Auflegen von Tracks. Ich denke mal, dass man aus (Bildschirm-) Platzgründen das Classic GUI gestrichen hat.
Jogwheel GUI
Das Jogwheel GUI blendet zwei horizontale Wellenformen und zwei Decks ein. In den zoombaren Wellenformeinblendungen befinden sich Freeze-Taster, mit denen man Song-Abschnitte einfrieren und für Mixtricks mit Fingern anstoßen kann. Diese Funktion gibt es in der Computersoftware nicht. In der Mitte der App werden Song-Informationen eingeblendet und die Sync- sowie Flux-Funktionen lassen sich ein- und ausschalten. Darüber hinaus ist in diesem Bereich auch die Tonhöhenkorrektur aktivierbar und auch das Beatgrid lässt sich modifizieren.
Die beiden Decks sind mit Transport-, Cue- und Loop-Tastern ausgestattet und zeigen per Umschaltfunktion virtuelle Plattenteller, Pitchfader und Pitchbend-Taster oder acht Speicherplätze für Hotcues und Loops. Zwischen den beiden Decks ist die Mixersektion angeordnet, die Kanal-Fader sowie einen Crossfader bietet. Auch in der Mixersektion passen nicht alle Bedienelemente gleichzeitig auf den Bildschirm, sodass zwischen Dreiband-EQs und der Effektsteuerung umgeschaltet werden muss. Die App Traktor DJ 2 ist mit den vier Effekten Filter, Reverb, Delay und Gater ausgestattet, bietet also die gleiche Auswahl wie die Computerlösung.
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Waveform GUI
Das Waveform GUI besteht aus zwei, nahezu Bildschirm-füllenden Wellenformen (Decks) und Transportsteuerungen mit Loop-Tastern und einem Crossfader im unteren Bereich. In den Decks befinden sich Pitchfader sowie Pitchbend-, Sync- und Flux-Taster sowie Aktivierungsmöglichkeiten für die Freeze-Funktion. Optional lassen sich acht Hotcue-/Loop-Speicher-Pads darstellen sowie ein Kanalzug mit Fader und EQ-/Effekt-Kontrollen. Zwischen den beiden GUIs kann per Wischbewegung jederzeit umgeschaltet werden, die App blendet hierzu eine kleine Markierung ein.
In the Mix
Für meinen Praxistest habe ich die App Traktor DJ 2 auf einem iPad der sechsten Generation installiert, das eine Bildschirmdiagonale von 9,7 Zoll und eine Auflösung von 2048 x 1536 Bildpunkten hat. Die Darstellung der Funktionssteuerung empfinde ich hier weitestgehend als praxisgerecht, klar muss man in einigen Bereichen mit Umschaltfunktionen leben, aber das stört nicht.
Der Song-Bestand in der App lässt sich via iTunes organisieren – da Apple dieses Produkt gerade umbaut, muss man beobachten, wie es zukünftig hier weitergeht. Ich gehe aber mal davon aus, dass es eine entsprechend geeignete Nachfolgelösung geben wird. Alternativ zu den lokal gespeicherten Songs unterstützt die App ebenfalls SoundCloud. Ein Zugriff ist aber auch hier nur bei aktiver Internetverbindung und zahlungspflichtigem SoundCloud Go+ Abo möglich. Die App verfügt ebenfalls über das gut funktionierende Song-Vorschlagssystem und bietet eine temporäre Queue-Playliste.
Das Laden der Songs erfolgt per Drag&Drop und die Songanalyse arbeitet auch in der App mit einer sehr hohen Trefferquote. Sollte es zu Abweichungen kommen, sind Nachbearbeitungen des Beatgrids möglich. Die Songs lassen sich durch Gestensteuerung auf dem Touchscreen des iPads steuern, hier kann man entweder direkt auf der Wellenform arbeiten oder im Bereich des virtuellen Plattentellers eingreifen. Die Anpassung der Song-Geschwindigkeiten sowie das Übereinanderlegen der Beats gelingt mit der automatischen Sync-Funktion perfekt, mit den manuellen Steuerungen bin ich hingegen nicht sonderlich gut zurecht gekommen, das war mir zu fummelig, zumal wenn man mehrere Parameter gleichzeitig steuern möchte.
Mit dem Mixer lassen sich Songs gut überblenden und die gewünschten Frequenzen entsprechend bearbeiten. Gain-Regler für individuelle Anpassungen gibt es nicht, ich gehe aber mal davon aus, dass die App den Pegelhub der Tracks selbständig anpasst, da mir keine großen Pegelunterschiede aufgefallen sind, selbst wenn die Ausgangsfiles nicht die gleiche Lautstärke hatten.
Wer kreativ arbeiten möchte, greift auf die Effekte zurück, die auch hier wieder in Kombination mit einem Hoch-/Tiefpass-Filter ausgeführt sind und sich per virtuellem Fader mit oder ohne Hold-Funktion aktivieren lassen. Gut gelungen sind auch die Loop-Funktion, die sich nach Aktivierung auf der Wellenform verschieben lässt und die Freeze-Funktion, die schon aus der ersten Umsetzung von Traktor DJ bekannt ist. Letztere erlaubt das Anfertigen von Echtzeit-Remixen durch virtuoses Triggern von Songparts in der Wellenform. Am einfachsten gelingt dieses in der großen Wellenformdarstellung, da man so am meisten Platz zum Arbeiten hat.
Controller-Steuerung
Die Steuerung der App per Touchpad gelingt ordentlich und eignet sich vor allem für mobile Einsätze, sodass man beispielweise DJ-Mixe im Zug oder Flugzeug bequem und ohne großes Equipment vorbereiten kann. Wer eine Party oder andere etwas größere private Feste mit der App beschallen möchte, sollte auf einen Controller zur Steuerung zurückgreifen. Um den Traktor Kontrol S2 MK3 an ein iPad anschließen zu können, muss dieser mit Strom versorgt werden. Das funktioniert per USB-Kabel in Verbindung mit einem Ladegerät oder einer Powerbank oder alternativ mit dem Netzteil. Die Kommunikation zwischen beiden Geräte erfolgt per Lightning-Kabel, das an eine dedizierte iPad-Buchse des Controllers angeschlossen wird. Traktor DJ 2 identifiziert den angeschlossenen Controller selbsttätig und ein Einsatz kann unmittelbar erfolgen.
Die Controller-Steuerung hat mit sehr gut gefallen, denn sie ist intuitiv und umfangreich. Songs lassen sich bequem in die Decks laden und ohne merkbare Verzögerung kontrollieren. Das manuelle Beatmatching gelingt per Controller genauso problemlos wie die automatische Synchronisation. Die Jogwheels eignen sich für sporadische Scratch-Manöver und für Backspins, sodass man auch mit der App kreativ arbeiten kann. Genau wie in der Software-Umsetzung verfügt der Controller auch in Kombination mit der App zusätzliche Funktionen wie die Rückwärtswiedergabe und eine Deaktivierungsmöglichkeit für die Quantisierungsfunktion. Im Bereich der Effekte muss man aber auch wieder mit der Einschränkung leben, dass per Selektionstaster die gleichen Effekte für beide Decks selektiert werden.