Details
Impressionen
TSD wird im blauen NI-typischen Karton geliefert. Sein Inhalt ist angemessen rutschsicher untergebracht, um nicht während des Transports in Mitleidenschaft gezogen zu werden. Das hab ich auch schon anders erlebt, daher möchte ich diesen Umstand hier gern einmal positiv erwähnen. Die obere Lage der Verpackung bringt zwei Control-Discs, die Programm-DVD, diverse Faltblätter (Quickstart, Troubleshooting, Werbung) und einen Voucher für Kore-Soundpack zum Vorschein. Im unteren Teil des Kartons verbergen sich die benötigten Anschlusskabel nebst Audio4 DJ-Interface und zwei Steuer Vinyls.
Neulich an der Weiche.
Was mir an TSD besonders gut gefällt, sind die Multicore-Kabel. Dem Paket liegen zwei dieser NI- entwickelten Kabelpeitschen bei, von denen jede Seite über vier Chinch-Stecker, das Mixer-Ende zusätzlich über zwei Buchsen zum Anschluss der Plattenspieler verfügt. Sie sind ordentlich isoliert und ermöglichen auch dem Anfänger durch unmissverständliche Farbcodierung (rot/schwarz und gelb/weiß) eine problemlose Verkabelung, da auch die Anschlussbuchsen am Interface der gleichen Farbgebung unterliegen. Für harte Fälle, fortgeschrittene Stunden oder Zeitgenossen mit Farbphobie haben die Entwickler sämtliche Enden zusätzlich beschriftet. Sehr gut gelöst! Ein weiterer großer Vorteil des Kabelkonzeptes ist der Y-Split des Phono-Signals. Es liegt also immer ein Signal an Mischpult und Interface an. Folglich kann bei einem System- oder Hardwareabsturz mit Schallplatten weitergespielt werden, ohne dass eine aufwendige Neuverkabelung notwendig wäre. Auch beim Battle-Mix mit dem vinylbestückten DJ-Kollegen kann jederzeit bequem am Mischpult auf den Phono-Eingang umgeschaltet werden. Viele Systeme schleifen das Schallplattensignal ausschließlich softwareseitig durch. Je nach Soundkarte ist dieser Prozess mit mehr oder weniger großen Qualitätsverlusten verbunden. Bei einem Absturz hilft nur noch der Worst-Case-iPod. Mit Traktor Scratch Duo und einigen Notfall-Platten sollte indes das nötige Rüstzeug für einen relativ behüteten Club-Abend vorliegen.
Audio4-DJ
Audio4-DJ arbeitet mit einer maximalen Abtastrate von 96 kHz bei einer Auflösung von 24 Bit und verwendet die gleichen Cirrus-Logic AD/DA Wandler wie der große Bruder. Dank seines aus Aluminium gefertigten Mantels ist es besonders robust, aber an manchen Stellen für meinen Geschmack ein wenig zu scharfkantig und sollte daher in einer gepolsterten Tasche transportiert werden. Vorderseitige Anschlüsse fehlen unserem Testkandidaten, bis auf den regelbaren Kopfhörerausgang, gänzlich. Diesem liegt das gleiche Signal an wie den Ausgängen 3/4 der Rückseite. Der Mix kann also sowohl über den Kopfhörerausgang als auch über die Line-Outs abgehört werden. Im internen Modus belegt das Mastersignal die Kanäle 1/2. Beim externen Setup liefert der Kopfhörerausgang keine Möglichkeit zum Vorhören, sondern klont wiederum das Signal auf drei/vier, wo aber nun ein einzelnes Deck anliegt. Der DJ nutzt das angeschlossene Mischpult zum Vorhören.
Warum das vorliegende Interface Audio4 DJ heißt, erkennt man spätestens beim Blick auf das Backpanel. Dort warten vier farbcodierte Phono/Line-Eingänge und vier Chinch-Ausgänge, so dass beim Anstöpseln der Multicore-Kabel nichts schiefgehen sollte. In der Praxis werden die meisten Nutzer ein Standard-Setup aus zwei Turntables oder CDJs mit externem Mischpult benutzen. Alle Anschlusskabel werden dann rückseitig ausgeführt, ein aufgeräumtes Arbeitsumfeld ist die Konsequenz. Acht Status-LEDs auf der Oberfläche der Soundbox geben jederzeit eine optische Rückmeldung über den Signalfluss der Ein- und Ausgangskanäle. Im Software-Tool von Audio4 kann der Eingangspegel auf Wunsch geändert werden, um ein besseres Ergebnis bei der Audio-Aufnahme oder Interpretation des Timecodes zu erzielen. Da es keinen Anschluss für ein externes Netzteil gibt, muss die USB 2.0-Schnittstelle für den nötigen Saft sorgen. Das ist schade, denn bei manchen Notebooks treten Probleme auf, wenn Soundinterface und mehrere MIDI-Controller zeitgleich Power aus den USB-Ports ziehen. Ein Wort noch zur Kompatibilität – mit ASIO, Core-Audio- und Direct-Sound-Unterstützung steht einer Verwendung mit anderen Programmen zumeist nichts im Wege. Beim ersten Mix mit A4DJ war ich schon überrascht, was für einen Klang die wirklich guten Cirrus-Logic Wandler liefern. Der Sound ist transparent und druckvoll. Zudem liefert Audio 4 einen sehr hohen Pegel.
Das Design gefällt mir persönlich sehr gut. Sollte die optische Signal-Flusskontrolle auch bei anderen DJ-Interfaces zum Standard avancieren, das wäre schon klasse – von meiner Seite gibt’s am Audio4 DJ bei diesem Preis absolut nix zu meckern. Das Interface rockt.
Inbetriebnahme
Die Software-Installation könnte man als relativ unkompliziert bezeichnen. Innerhalb weniger Klicks ist das gesamte Paket inklusive der Hardware-Treiber auf die Festplatte geschaufelt. Nach der Online-Aktivierung könnte es meinetwegen losgehen, doch zunächst müssen Audio-Interface und Timecodes eingerichtet werden, was jedoch recht zügig gelingt: TSD öffnen, Interface aktivieren, Latenz einstellen, Ein- und Ausgänge entsprechend der Verkabelung mit dem Mischpult auswählen – fertig. Mit „low latency“, was einer Verzögerungszeit von 3,5 Millisekunden entspricht, sollte unser Praxistest-Setup gut zurechtkommen.
Noch bevor es ans Einmessen der Timecodes geht, wird bei laufendem Steuer-Vinyl durch blaue Pegelmeter visualisiert, ob überhaupt ein verwertbares Signal anliegt. Ist das Ergebnis der automatischen Timecode-Kalibrierung nicht ausreichend, lässt sich der Eingangspegel in der Interface-Software in vier Schritten anheben (0dB, 6dB, 12dB, 18dB).
Programmoberfläche
Traktor Scratch Duo besitzt die gleiche aufgeräumte und kontraststarke Oberfläche wie TS Pro. Das Master-Panel bietet bei Verwendung des internen Mixers Einstellmöglichkeiten für die Haupt-, Kopfhörer- und Mixlautstärke. Bei der Verwendung mit einem externen Mischpult (external Mode) entfallen die Kopfhörer-Optionen naturgemäß. Zwei Buttons schalten das Metronom oder CRUISE ein. CRUISE spielt automatisch immer das nachfolgende Lied der Playlist inklusive Überblendung ab. Somit hat der DJ die Möglichkeit, seine Plattenteller kurzzeitig zu verlassen. Die aus Traktor-Pro bekannten Panels für Clock-, Deck- und MIDI-Synchronisation, Audio-Recording und Broadcast sind in dieser Version nicht vorhanden. Geblieben sind zwei Effekteinheiten, die jeweils maximal drei der implementierten sechs Effekte in Reihe schalten. DRY/WET regelt den Mix aus Original und dem Daisy-Chain Signal. Die Effekte selbst können in ihrer Intensität durch jeweils einen Regler beeinflusst werden. SNAPSHOT speichert den momentanen Zustand der Unit ab, um diesen bei einem Neustart des Programms wieder aufzurufen. Wermutstropfen: Die Effektsektionen lassen sich den Kanälen nicht frei zuweisen – Einheit eins ist fest an den ersten Kanal und Einheit zwei an den zweiten Kanal gebunden. Außerdem sind die Effekte nicht im Detail regelbar. Der erweiterte Modus fehlt. Dies trifft vor allem DJs, die eher auf die Tiefenwirkung eines Effekts setzen als auf ein verkettet abgefeuertes Stakkato.
Die interne Mixersimulation „Classic“ im Zentrum der Benutzeroberfläche ist nicht austauschbar und bietet einen 3-Band-EQ mit Killswitches, der ein Cut-/Boost von +12 bis -20 dB kontrolliert. Er ist in der Lage, den gesamten Frequenzbereich ohne hörbare Soundrückstände zu „cutten“. Jeder Kanalzug verfügt zudem über einen soliden bipolaren Kanalfilter, den ich schon nach kurzer Zeit ungern missen möchte, der aber zur sinnvollen Verwendung entweder einen MIDI-Controller oder ein MIDI-fähiges Mischpult erfordert. GAIN, CUE, KEY und PAN werden ihrem Namen gerecht. Die LED-Ketten der Channel-Fader liefern eine optische Anzeige der Aussteuerung. Allerdings verwenden die Designer ein futuristisches Hellblau statt der üblichen Ampelfarben, daher ist eine Übersteuerung am Kanal schwer abzulesen. Stattdessen orientiert sich der DJ an der Masteranzeige im Header, der auch CPU-Auslastungsanzeige und Akku-Indikator beherbergt. Im externen Modus wird jedes Traktor-Deck über einen Stereo-Ausgang der Soundkarte mit dem Stereo-Eingang des Mischpultes verbunden und die Klangregelung erfolgt außerhalb. Daher entfällt ein Großteil der Regler, erhalten bleiben lediglich GAIN, FX, CUE, FILTER und KEY.
Digitales Herz trifft analoge Seele
Traktors virtuelle Decks unterstützen die Formate AAC, AIFF, FLAC, MP3, OGG, WAV und WM und sollten in dieser Hinsicht den meisten Ansprüchen genügen. Im oberen Drittel des Fensters erscheinen Cover-Art, Titelinformationen, Laufzeitinfos und BPM-Wert. Per Download gekaufte Songs werden oftmals mit Artwork geliefert, aber nicht immer deckt sich das Cover eines digital erworbenen Tracks mit dem Originalbild in der Vinylsammlung. Da hilft nur selbst fotografieren. Wer dafür nichts über hat, kann Coverart auch abschalten.
SYNC (-LOCK) gleicht Tempo und Takt der beiden Decks automatisch an und soll verhindern, dass diese aus dem Ruder laufen, falls sich der DJ gerade anderweitig kreativ auslässt. Das Phasenmeter dient dabei als zusätzliche optische Kontrollmöglichkeit. Damit das Publikum nichts vom Angleichungsprozess mitbekommt, entkoppelt der KEY-LOCK die Tonhöhe von der Abspielgeschwindigkeit und verhindert somit hörbare Schwankungen bis zu fünf Prozent nahezu artefaktfrei. Danach ertönen Glitches. Hier ist er in Aktion:
Die Wellenformen lassen sich drei-stufig skalieren und zeigen einen Ausschnitt des laufenden Audiomaterials. Feine weiße Linien kennzeichnen die Beats und bilden somit das Beatgrid, das sich bei Fehlern der internen Analyse von Hand anpassen lässt. Darunter bildet die graue Wellenübersicht den kompletten Song ab und zeigt zusätzlich vorhandene Cuepunkte und Loops an. Auch sie ist von feinen Streifen durchzogen, die jeweils einen Zeitraum von einer Minute kennzeichnen. Im Screenshot erkennt man sehr gut, dass der fast zwölf Minuten lange Track elf volle Segmente und ein bisschen mehr aufweist. Die einzelnen Unterteilungen lassen sich anhand der Zonen auf dem Steuervinyl gezielt anspringen. Um in die Mitte des ersten Breaks zu gelangen, braucht der User also nur die Nadel in entsprechender Position aufzusetzen.
Drei Schaltflächen im unteren Abschnitt des Fensters zeigen den aktuellen Abspielmodus an. Der kleine Pfeil auf der rechten Seite öffnet die Floating Panels mit erweiterten Grid-, Cue- und Move-Funktionen. TSD unterscheidet fünf Punkt-Typen, die CUE-, LOAD-, FADE IN/OUT-, LOOP-IN- und BEATMARKER repräsentieren können.
Trackverwaltung
Eine effiziente Arbeitsweise im Umgang mit der Musikbibliothek kann den Arbeitsalltag eines Disc-Jockeys ungemein erleichtern. Die sehr übersichtlich gegliederte Trackverwaltung nimmt fast die gesamte untere Hälfte des Laptopbildschirms ein. Mithilfe des Browser-Verzeichnisses auf der linken Seite navigiert man zügig in der Kollektion, den Playlisten, Dateipfaden oder der iTunes-Bibliothek. Wird ein Ordner oder eine Liste ausgewählt, erscheinen die Informationen übersichtlich im nebenstehenden Fenster und lassen sich nach allerlei Kriterien sortieren. Traktor bietet 28, zum Großteil editierbare Tags an und ist somit der ungekrönte König dieser Disziplin. Zum Vergleich: SSL zeigt 19, Deckadance sechs und Mixvibes 24 an. Neben den Standard-Kennzeichnungen haben mir Import Date, Play-Count, Last-Played und Key gute Dienste erwiesen.
MP3-Player werden als Laufwerk gemountet, wenn sie vom System als solches erkannt werden. Die Apple Produkte iPod Touch und iPhone bleiben außen vor, bei den anderen iPod-Modellen werden Bibliothek und Playlisten komplett eingelesen. Eine inkrementelle Suchfunktion hilft zügig beim Auffinden von Songs, die über ein eigenständiges Preview-Deck vorgehört werden können. Abspielstatistiken bleiben dann unberührt. Die Leiste am unteren Bildschirmrand gibt Status- und Fehlermeldungen aus, zum Beispiel wenn Tracks nicht gefunden werden. Hier hilft Check-Consistency, verschobene Dateien aufzustöbern. Eine ähnlich wirkungsvolle automatische Suchfunktion ist mir momentan nicht bekannt.
TSD unterstützt verschiedene Abspielvarianten. Im absoluten Modus werden Richtung, Geschwindigkeit und die Nadelposition ausgelesen, was einen physischen Needle-Drop erlaubt. Sollte ein Song vor seinem eigenen Ende bereits das Ende des Vinyls erreichen, schaltet Traktor in den relativen Modus. Im relativen Modus werden ausschließlich Richtung und Tempo der Plattenteller an ihre virtuellen Gegenstücke übermittelt, ein Versetzen der Plattenspielernadel hat keine Auswirkungen auf das Abspielverhalten. Setzt der DJ einen Loop/Cue, schaltet TSD immer automatisch in den relativen Modus.
Vertrauen ist gut – Control-Vinyl ist besser
Scratch Control Vinyl arbeitet sowohl mit Duo als auch mit Pro zusammen, der Aufbau der Scheiben ist identisch. Jede Seite verfügt über einen LEAD IN-Abschnitt. Setzt man die Nadel in diesen, aktiviert TSD den absoluten Zeit-Modus und die Nadelposition entspricht der Songposition. Dies hat natürlich zur Folge, dass der Song wieder von vorn abspielt. Wechselt der DJ manuell mittels Maus, Keyboard oder MIDI-Controller, führt dies wiederum zu einem Sprung im Track an die momentane Nadelposition. Daher eignet sich der absolute Modus zwar zum Suchen einer bestimmten Songstelle, ein Wechsel aus dem relativen Modus macht jedoch wenig Sinn.
Am Ende des Steuer-Vinyls befindet sich die Scrollzone. Sie ermöglicht, die nächsten Musikstücke aus der Playlist durch simples Vor- oder Zurückdrehen der Schallplatte ins Deck zu laden. Der Track wird durch Aufsetzen der Nadel auf der Platte an seinem äquivalenten Zeitpunkt im absoluten Modus gestartet. Ein weiteres praktisches Feature ist der Flip-Mode. Wendet der DJ die Platte, spielt der nächste Track in der Playlist ab. Klasse.
Die vorliegenden 123 g schweren Scratch Pro Vinyls sind im One-Minute-Split-Verfahren geschnitten. Diese Technik ermöglicht es dem DJ, einen bestimmten Zeitpunkt im Track ziemlich genau anzuspringen, da jede Rille exakt eine Minute repräsentiert und zusätzlich in der Wellenform angezeigt wird. Seite A ist mit zehn Abspiel-Rillen ohne Scrollzone zehn Minuten lang, Seite B hat mit 15 Segmenten eine Spieldauer von 15 Minuten. Der Stoppuhrtest hat dies bestätigt. Mit zwei kHz besitzen TSD-Vinyls ein höher aufgelöstes Signal als die gängigen Timecodes der Mitbewerber. Zum Vergleich bietet der MS Pinky Timecode ein Signal von 1,0 kHz, Finalscratch hat 1,2 kHz, Mixvibes spielt mit 1,3 kHz und Serato Scratch bringt es auf 1,0 kHz. Durch das 2-kHz-Verfahren ist die Platte nicht nur leiser, NI kann dadurch auch doppelt so viele Informationen zur Position in ein Zeitintervall packen als die Konkurrenten. Dieser Umstand führt gerade bei Scratcheinlagen zu einer verbesserten Genauigkeit.