Praxis
Man hat im Grunde genommen drei Möglichkeiten, mit dem Mini Vent zu arbeiten. Die erste Möglichkeit sieht vor, das Gerät live oder im Studio direkt stereo mit dem Audiointerface bzw. dem Mischpult zu verbinden. Live sehe ich diese Variante am ehesten bei Organisten, die ohne (Kühlschrank)-Leslie angereist sind und die interne Speakersimulation des Mini Vent dazu nutzen, einen fetten und bei Bedarf angezerrten Lesliesound zu Verfügung zu haben. Bei meinen ersten Versuchen habe ich das Gerät zwischen Gitarre und Apogee Wandler angeschlossen und einige Soundbeispiele in Stereo aufgenommen. Beide Presets liefern sehr gute Ergebnisse, wobei sich die beiden Sounds vor allem in ihrer Direktheit unterscheiden. Preset A arbeitet ohne Speakersimulation und liefert einen sehr weichen, chorusartigen Cleansound.
Während man mit dem ersten Preset einen sehr weichen Sound erhält, bietet die Speakersimulation von Preset B das Gefühl, über ein mikrofoniertes Lesliekabinett zu spielen. Der Sound ist eckiger und hat diesen röhrigen, knurrigen Lesliesound. Im folgenden Audiobeispiel habe ich den internen Jumper auf Low Gain gestellt, wodurch das Pedal meiner Meinung nach insgesamt weicher klingt.
Im High Gain Setting legt der Mini Vent eine Schippe mehr Schmutz auf die Waage, auch da zeigt sich der Sound immer noch sehr authentisch. Eine wirklich böse Verzerrung bekommt man übrigens nicht hin, schließlich ist auch ein richtiges Leslie keine Metal-Schleuder, sondern geht über AC 30 Anzerrungen nicht hinaus.
Die zweite Möglichkeit, den Mini Vent zu nutzen, liegt im Einschleifweg des Gitarrenverstärkers. Hier sollte man die Speakersimulation weglassen und Preset A aktivieren, weil es sonst zu indirekt und muffig klingt. Obwohl das Pedal dabei im Mono-Modus arbeitet, klingt es immer noch nach Leslie und nicht nach Vibe. Im Gegensatz zum Vibe eignet sich der Mini Vent besser hinter der Verzerrung, weil der Sound so natürlicher klingt, denn auch bei einem echten Leslie wird die Verzerrung durch die integrierte Röhrenendstufe erzeugt und nicht durch die Speaker. Im nächsten Audiobeispiel hört ihr einen cleanen Amp mit eingeschleiftem Mini Vent.
Selbst mit High Gain Einstellungen bleibt der Ton immer klassisch und tendiert nie zum Metal. Mich hat der Sound irgendwie an Peter Frampton erinnert, denn neben Legenden wie David Gilmour und Eric Clapton hat auch er meist ein Leslie mit auf der Bühne.
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Die dritte Möglichkeit ist das Vorschalten des Mini Vent vor den Gitarrenverstärker. Dort gefällt mir der Sound besonders gut mit einem leicht angezerrten Amp, es bleibt sehr authentisch, obwohl der Klang etwas von seiner dreidimensionalen Tiefe einbüßt. Er eignet sich gut für Gilmour-artige Pickings, die sich fast schon wie ein Mantra anhören. Man muss aber aufpassen, dass man hier nicht zu viel Verzerrung in die Vorstufe des Amps dreht, sonst wird das Ganze zu kratzig.
Im letzten Audiobeispiel habe ich den Mini Vent vor den stark verzerrten Gitarrenamp gehängt. Die hohe Verzerrung bekommt in dieser Konstellation einen leicht glasigen Charakter und erinnert an ein Zwischending von Phaser, Flanger und Leslie. Der Sound wirkt wild und unberechenbar, was man gut bei experimentellen und leicht kaputten Soli einsetzen kann. Obwohl mir diese Variante am wenigsten gefällt, dürfte sie für alle, die auf der Suche nach neuen Sounds sind, sehr interessant sein.
Kajot sagt:
#1 - 17.08.2016 um 16:17 Uhr
Das Teil scheint allen anderen Leslie-Simulationen tatsächlich deutlich überlegen zu sein, ersetzen kann sie es aber nicht. Erstens ist es ein gewaltiger Unterschied, ob das Orgelsignal mit der Simulation über eine Stereo-Abhöre läuft oder über ein richtiges Leslie, das - Achtung: Keyboarder (!) - gefälligst auf der Bühne zu stehen hat, damit man den Sound genießen kann. Wenn der FOH-Mann dann sagt, dass es hinter die Bühne muss, da das immer so gemacht wird, schlagt ihm vor, den Drummer und Sänger auch gleich dahin zu versetzen, denn auch deren akustische Existenz ist von Mikros abhängig. Und wenn er dann die Basstrommel mit 1 Mikro, womöglich noch einem Kickdrum-Mikro abnehmen will, dann erzählt ihm, dass gerade da unten bis 800 Hz der Sound gemacht wird und dass eine Mono-Abnahme nicht in Frage kommt. - Mit anderen Worten: Kauft Euch selbst 4 gute Mikros und fertig. - Der zweite Punkt sind die originalen Leslie-Lautsprecher. Die sind alles andere als hochwertig, aber sie können aus jedem mittelprächtigen Hammond-Imitat eine sehr gut klingende Orgel machen. Ich bezweifle, ob der Ventilator das auch kann. Eine Berücksichtigung im Test wäre vorteilhaft gewesen. - Konkrete Kritipukte am Ventilator: Wenn ein originales Leslie von Stop auf Slow geht, scheinen die Obertöne irgendwie geboostet zu werden. Das fehlt hier. Und dann läuft er mir bei Fast zu schnell und das Hochlaufen auf Fast geht mir auch zu schnell, da das eigentlich der reizvollste Effekt ist. Da man das bei dem Mini nicht einstellen kann. würde ich ihm einen Minuspunkt geben und den kleinen Mehrpreis auf den großen Bruder ignorieren. - Tipp an den Autor: Man kann die Geschwindigkeit zwar nur in 3 Stufen variieren, aber man kann das Horn so beschweren, dass das Hochfahren länger dauert. Ich habe mal ein Leslie gesehen, bei dem der Besitzer die beiden Horn-Diffusoren mit Gips vollgepappt hat und diese Einlage mit Gaffa vorne abgeklebt hat. So weit würde ich allerdings nicht gehen ....
Irfan Oeksuez sagt:
#2 - 07.09.2018 um 06:14 Uhr
Hallo,
vielen Dank für diesen Test! Ich habe nach diesem Test und speziell, nachdem ich die Audiofiles gehört hatte, den minivent II gekauft. Aber ich bin ernüchtert: Den Sound, den ihr in euren Audiofiles aus dem Pedal heraus bekommt, habe ich nicht nachbilden können. Speziell der fantastische Klang im Slow/Lo-Modus in euren Audiofiles kann ich partout nicht herauskitzeln. MEINE BITTE: Könntet ihr die Parametereinstellungen mitteilen, damit ich auch die Einstellung in eurem Test nachbilden kann. Das waere mir sehr wichtig. Wenn ihr die Zeit und Musse habt, bitte an irfanoksu@gmail.com.
Vielen herzlichen Dank im Voraus!
Irfan Oeksuez sagt:
#3 - 07.09.2018 um 06:15 Uhr
Sorry, ich habe meine E-Mail-Adresse falsch angegeben, es muss heissen:
irfanoksuz@gmail.com