Mit großem technischem Aufwand und viel Liebe zum Detail haben die Kollegen von Drumeo Phil Collins interviewt und daraus eine zweistündige, frei verfügbare YouTube-Dokumentation gemacht: „Phil Collins: Drummer First“.
Man muss nicht unbedingt im Kaffeesatz lesen um herauszufinden, dass der Fokus des Gesprächs und damit des kompletten Films auf Collins’ Selbstverständnis als „Schlagzeuger, der auch ein wenig singt“ liegt. Schließlich ist dieser zentrale Aspekt von Collins’ Biografie oft hintenüber gefallen. Beleuchtet werden also die Anfänge seiner Karriere zunächst als Schauspieler, dann als Schlagzeuger bei Genesis mit Peter Gabriel als Frontmann, dann als alleiniger Frontmann von Genesis, dann als Solokünstler und prägende Figur vor allem des Popgeschäfts der Achtzigerjahre.
Interviewt wird Phil Collins dazu von seinem Sohn Nic, der unlängst die letzte Tour von Genesis gespielt und seinen Vater als 16-Jähriger bereits auf dessen letzter Solotour „Not Dead Yet“ am Drumset begleitet hat – nachdem Collins selber aufgrund gesundheitlicher Probleme nicht mehr Schlagzeug spielen kann.
Es ist ein sichtlich gealterter Collins, den man auf den Aufnahmen aus dem Jahr 2022 zu sehen bekommt, aber gleichzeitig einer, dessen Feuer und Humor auch bei allen sichtbaren Einschränkungen keineswegs verloschen sind. Freimütig und unprätentiös gibt er zu allem Auskunft und nimmt sogar einmal kurz selbst hinter seinem Drumset Platz. Emotional zu erleben ist, wie Collins während großer Teile des Gesprächs seine Drumsticks fest in der Hand hält.
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Viele Weggefährten von Phil Collins kommen im Laufe des Films zu Wort
Im Verlauf des Films kommen Musikerkollegen wie Darryl Stuermer, Jordan Rudess, Leland Sklar sowie Chad Smith, der zwischenzeitlich verstorbene Dom Famularo, Billy Cobham, Mike Portnoy und viele, viele andere zu Wort, um Collins’ wegweisendes Drumming zu charakterisieren und einzuordnen. In dessen Zentrum steht in der breiten Öffentlichkeit natürlich das (!) Fill aus „In The Air Tonight“, aber dieses ist alles andere als der einzige Fußabdruck, den Phil Collins in die Welt des Drummings gesetzt hat. Da gibt es so viel mehr. Die Beispiele werden von Nic Collins getrommelt. Zu sehen gibt es zudem private Filmaufnahmen.
Einzig bei der manchmal etwas melodramatischen musikalischen Hintergrunduntermalung des Films sind die Pferde mit den Machern durchgegangen. Da hätte man sich etwas mehr Musik von Collins selbst wünschen dürfen, die leider kaum zu hören ist. Dennoch bleibt der Film fesselnd – und man hat am Ende nicht gemerkt, dass zwei Stunden vergangen sind.