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Neumann BCM 705 Test

Praxis

Es muss halt nicht immer ein Kondenser sein

Wie zu erwarten, ist das Neumann BCM 705 ist absolut hervorragend verarbeitet. Alles andere würde auch verwundern. Spannender ist da schon die Frage nach den Klangeigenschaften. Natürlich gibt es bei einem Mikrofon, an dessen Membran eine im Verhältnis ziemlich schwere Spule aus Metall hängt, weniger fein aufgelöste Höhen und hohe Pegel im zweistelligen Kilohertzbereich.
“Wozu auch?” wird so mancher jetzt einwerfen – und hat da Recht: Gerade bei Sprache gibt es dort oben keine zwingend notwendigen Anteile im Stimmensignal, wenngleich in Deutschland, dem “Land des Kondensatormikrofons” Stimmen gerne mit (übertrieben) vielen Höhen zu hören sind. Das Umschalten auf amerikanischen Originalton bei Hollywoodproduktionen oder das Hören von Podcasts oder Radiostationen von dort zeigt schnell, dass auch die weicheren, wärmeren Tauchspulenmikrofone und auch Bändchen ihren Charme haben. Klingt das BCM 705 deswegen “amerikanisch”, gar kernig wie ein SM7B? Nein, denn Neumann ist es gelungen, das BCM 705 geschickt zu positionieren; es klingt nicht kantig und klar wie typische Kondenser, sondern schickt einen zwar im Vergleich runderen und gewissermaßen stimmoptimierten, aber im Bass vorsichtigen Klang auf die Reise durch das XLR-Kabel.

Neumann_BCM_705_dynamisches_Broadcast_Mikrofon_Test-4 Bild

Das Presonus PD-70 ist, obwohl ebenfalls eine Tauchspule, um Längen britzeliger und höhenreicher, das EV RE20 verhaltener und neutraler, das Shure SM7B wolliger und mit mehr Brustton. Dadurch ist das Neumann ein für viele Stimmen sehr gut passendes Mikrofon, das sich mit seinem angenehmen Stimmenklang auch ohne tiefgreifende Bearbeitung gut einsetzen lässt. Problemzonen sehe ich keine, doch wird es natürlich auch Stimmen und Anwendungsfelder geben, denen die Klangeigenschaften nicht zusagen.

Im Video ist das Neumann BCM 705 mit acht weitern Broadcast-Mikros im Direktvergleich zu sehen und zu hören:
(0:33 Distanzmikrofonierung, 3:58 Nahmikrofonierung)

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Pattern wirklich sehr stabil

Die Stabilität der Richtcharakterisitik ist nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Praxis gut, selbstverständlich setzen Änderungen im Frequenzgang schon bei kleineren Winkeln ein als etwa bei den Nierenmikrofonen RE20 oder SM7B. Die Poppempfindlichkeit ist auch ohne Poppfilter gering, ein Windschutz, eine gute Dispziplin oder eine leicht schräge Ausrichtung sind aber sicherer. Den Nahbesprechungseffekt kann man auch bei geringen Abständen gut steuern.

Auch als Gesangsmikrofon macht das Neumann BCM705 eine gute Figur… klanglich: Es sieht zugegebenermaßen etwas ungewohnt aus, das Mikro verkehrt herum zu betreiben, aber klassische, schwere Galgenstative wie der Starbird sind dafür natürlich gut geeignet (kosten aber mehr als das Mikro…). Die Aufnahmen mit unserem Haus-und-Hof-Sänger Chul-Min zeigen, dass ein angenehmes, weil nicht zu eckiges, aber dennoch ausreichend detailliertes und ausgewogenes Signal entsteht, wenn in das BCM705 hineingesungen wird. Ausprobieren sollten das Mikro auch Rapper!Ebenfalls ein Tipp zum Ausprobieren: BCM705 am Gitarrenamp, besonders im Nahbereich! Und weil das auch für die Snare gilt (obwohl ein wenig klobig für viele Positionen), Toms und Blechbläser, scheue ich nicht davor, das Mikrofon entgegen der beworbenen Eignung für die Sprechstimme als Allrounder zu bezeichnen.

Audio Samples
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Vocals, 2 cm Vocals, 30 cm, 0 Grad Vocals, 30 cm, 45 Grad Vocals, 30 cm, 90 Grad Vocals, 70 cm
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