PRAXIS
Neumann MT48 Handling
Das Neumann MT48 macht eine tolle Figur: flach, leicht angewinkelt, große Buttons, hochwertiges Display, Touch-Bedienung und für das Feingefühl ist immer der große Encoder zur Stelle. Grundsätzlich verbindet sich das MT48 Class-Compliant und funktioniert auch mit dem iPad und iPhone.
Mit spezifischen Treibern verbessert sich die Low-Latency aber nochmal (ca. – 2.3ms) und der Zugang zu den FW-Updates und dem Mixer im Browser wird frei. Die Remote Control App gleicht dem Bildschirm des MT 48 optisch, nur dass sie eben viel größer ist.
Unkomplizierter dank USB
Das war mit dem Anubis und dem exklusiven AoIP-Konzept nicht ganz so einfach. Stichwort Aneman für das Management der „Networked Audio Devices“. Hier hingegen heißt es anstecken und los! Da hat Neumann guten Einfluss gehabt – die Zielgruppe anspruchsvoller Musiker ohne IT-Studium wird es danken, genau wie diese ein simple ADAT-Erweiterung schätzen werden. Ich persönlich hätte AES besser gefunden, aber nun gut.
Mit dem MT48 hat man meines Erachtens dennoch aktuell die beste Wahl: USB oder AoIP, oder bald auch einfach beides! Der Netzwerkanschluss bietet sich aktuell zum einfachen Kaskadieren an, was als Peering bezeichnet wird und exklusive Vorteile für Merging und Neumann Produkte bietet: einfach zwei MT 48 per Netzwerkkabel verbinden und los geht es! Selbstverständlich können auch Mergings HAPI und HORUS angeschlossen werden, Computerverbindung mit VAD sind indes ohne weiteres noch nicht möglich.
Der MT48 dient somit nicht nur als eleganter Netzwerkzugang via USB oder als High-End-Break-Out-Box am Künstler, sondern auch als netzwerkfähiger Monitor-Controller. Mittels Switch können so auch reichlich Neuman-AES67-Lautsprecher immersiv eingebunden werden. Der Anubis hielt dafür verschiedene Bedienoberflächen, sogenannte Missions, bereit.
Der Neumann kennt allerdings aktuell nur die optimierte Version der Stereo-Music-Mission. Farben sind ruhiger, das Layout organisierter, die Funktionen sortierter bzw. weniger umständlich – siehe Boost/Pad.
Ob eine Art Monitoring-Mission für das MT48 kommt oder ob die Music-Mission immersiv wird, das ist ungewiss. Somit bleibt es spannend, wie sich das Netzwerk-Speaker-Konzept von Neumann entwickelt. Sonarworks Profile unterstützt er hier jedenfalls – im Gegensatz zum Anubis – nicht.
Speaker, Speaker an der Wand
Mit Hinblick auf Neumanns eigenes Speaker-Management mit Kalibrierung, dem „Automatic Monitor Alignment MA 1“, dürfte das nicht weiter überraschen – die Multichannel-Variante dürfte dann aber auch gern bald kommen – sowie Laufzeitausgleich, Bass-Management und Crossover-Funktionalität im Interface. Aber hey, die Nerds kaufen eh den Anubis, oder?
Man bedenke: Mit Ravenna sind grundsätzlich bis zu 256 Kanäle möglich! Und somit können wir uns wohl sehr bald an ein Bild gewöhnen, das unseren Laptop zusammen mit dem MT 48 via USB verbunden zeigt und bei dem das komplette 7.1.4-System nur über ein einziges Netzwerkkabel an den Subwoofer/Switch angebunden ist.
Schön wären für das MT 48 auch die optionalen Plugins für den Monitoring-Mixer, die Merging gerade beim Anubis einführt – Blackhole als Reverb beispielsweise oder noch besser: Auto-Tune! Die einfachste Anubis Variante, und zwar die mit nur einem RJ-45, wird übrigens eingestellt, sodass es künftig nur noch die Anubis SPS Variante mit zwei Buchsen gibt, da im Broadcast-Bereich ohnehin immer Redundanz gefordert ist. Außerdem spart man sich den Switch. Und den SPS gibt es dann noch mit und ohne DSD/DXD Support (Premium).
Einziger Kritikpunkt: Das Display lagged bei der Bedienung hin und wieder ein wenig. Es ist nicht wirklich schlimm, aber mit iPad und iPhone ist es eben nicht vergleichbar. Das Webinterface hingegen ist total flink, und auch der Monitor-Mix selbst ruckelt überhaupt nicht, ganz im Gegenteil: Mit den richtigen Filter-Settings im Wandler erreicht man hier nahezu analoges Feeling ohne „gefühlte Latenz“ beim Monitoring. Viele Interfaces behaupten das zwar auch über ihr digitales Direct-Monitoring, nur stimmt das in den wenigsten Fällen so wie hier. Anspruchsvolle Künstler werden es dem MT 48 mit tighten Grooves danken!
Klang des MT48: präzise, weich & edel
Das Neumann MT 48 klingt wie der Anubis: Die Preamps und A/Ds sind eine Einheit und als solche äußerst fein aufgelöst, mit absolut authentischen Mitten sowie einem sehr tiefen Klang, der aber kein bisschen aufgesetzt wirkt. Selbst die High-Gain-Beispiele auf den dünnsten Saiten offenbaren tiefsten Druck.
Im Höhenbereich zeigt sich ebenfalls eine tolle Präzision, die beeindruckend detailliert und natürlich offen ist, aber dennoch nicht aufgesetzt wirkt, und schon gar nicht betont bzw. spitz/hart wirkt. Im Gegenteil der Klang ist immer seidig, fein, weich und sehr edel.
Was wir hören sind tatsächlich nur die Charaktere der Mics, die schon teils auch ordentlich rauschen – aber wann zieht man ein SM57 bitte schon mal 74 dB Gain ?! Ich bin jedenfalls beeindruckt, so präzise hat mein SM57 bisher nicht gezeichnet.
Im D/A-Bereich sind für mich die Merging Wandler einfach Referenz – egal welche Musikrichtung man hört: der Wandler fällt immer durch seine Transparenz positiv auf und liefert jede Menge Details, wird dabei aber nie überanalytisch, zu fokussiert oder überkritisch. Er “passt” einfach immer.
Meine Apogee Symphony mk2 beispielsweise löst ähnlich sauber auf, hat aber immer den dicken Ami-Bass – was meiner Musik durchweg gut tut, bei filigraner Geschichten aber im Vergleich auch etwas “prollig” wirken kann. Das Neumann MT 48 ist somit wieder der perfekte Mittelweg: nie zu viel, aber auch nie zu wenig.
Was denn sonst?
Schauen wir uns doch mal die „Alternativen“ an:
Apogee Symphony Desktop – top Wandler, keine Frage! Die Preamps sind ebenfalls sehr gut. Die Verarbeitung ist allerdings nicht so kompromisslos wie beim MT 48. ADAT haben beide – allerdings gibt es bei Apogee jeweils nur ein Stereo-Out und -In sowie auch nur einen HP-Amp.
Für 500 Euro mehr gibt es hier beim MT 48 schon auch das Doppelte: zwei Stereo-Outs, vier Mono-Ins und vor allem ZWEI richtig geile HP-Amps. Ach ja, und eine Erweiterung mit AES67 gibt es am Apogee ebenfalls nicht, genauso wenig wie MIDI.
Prism Lyra 2 – Prism ist auch sehr geil. Das Lyra 2 ist anschlussmäßig sogar in etwa vergleichbar, hat aber auch nur ein HP-Out und ist dabei 700 Euro teurer! Und es gibt es kein fettes Display, kein ergonomisches Desktop-Design, kein AES67, kein MIDI …
Neve 88M – Fette Preamps mit Colour dank Übertrager – richtig gut! Aber: sehr einfaches Monitoring, keine Effekte, kein Mixer, kein MIDI, kein Display, kein zweiter HP-Amp und auch leider keine Übertrager im Ausgang. Das Neve 88M ist für mich eher sehr guter Charakter-Preamp mit einfachem USB-Interface. Es kostet aber auch 800 Euro weniger als das MT 48. Wer nur solo unterwegs ist, fährt damit schon richtig gut!
Neumann MT 48 Test | Apogee Symphony Desktop | Prism Lyra 2 | Neve 88M | |
Analoge I/OS | 4-In/4-Out | 2-In/2-Out | 4-In/4-Out | 2-In/2-Out |
Kopfhörer-Ausgänge | 2 | 1 | 1 | 1 |
ADAT I/O | Ja | Ja | Ja | Ja |
MIDI I/O | Ja | Nein | Nein | Nein |
Other I/Os | AES67 | USB-Port | WC-I/O | Inserts |
Preamp | 2(+2) | 2 | 2 | 2 |
Gain | 78 dB | 75 dB | 65 dB | 68 dB |
Input EIN (A-gew.) | -128 dBuA | -122 dBA | -127,8 dBA | -125 dBA |
Preis/Thomann | 1995,- | 1492,- | 2699,- | 1199,- |
Kevin sagt:
#1 - 09.07.2023 um 13:19 Uhr
Danke für den tollen Testbericht. Ich selbst besitze eine Apogee Symphony Desktop und bin extrem zufrieden damit. Meine Frage wäre, ob das MT 48 bezüglich der DA Konversion und Soundqualität wirklich hörbar besser ist. Du schreibst ja transparenter als die Symphony mk2. Aber mich wundert beim Marketing vom MT48 schon ziemlich warum nirgends außer in den Produktdetails von der Dynamic Range und THD+N der DA Konversion gesprochen wird. Diese ist nämlich im Vergleich zu allen anderen großen Namen wie Apogee, UA, Antelope, etc. um einiges schlechter. Klar, letztlich sind das nur Werte, aber gleichzeitig wirbt Neumann mit ihren Spitzenwerten bei der AD Wandlung, die ja anscheinend einen Rekord aufstellt, bei der DA Wandlung hingegen siehts ziemlich mau aus und keiner spricht davon und ich habe viele Testberichte gesehen. Daher macht mich das ein wenig stutzig. Vielleicht kannst du mich aufklären. :)
Felix Klostermann sagt:
#1.1 - 11.07.2023 um 15:14 Uhr
Grüß dich Kevin, die Werksangaben verschiedener Hersteller sind leider schwer vergleichbar. Ich wette, dass da jeder praktisch anders misst und somit immer andere Zahlen rauskommen. Nervig. Der goldene Spruch der Messtechnik lautete nicht ohne Grund: "Wer misst, misst Mist." Praktisch sind Unterschiede jenseits der 100 dB Marken für mich nicht mehr direkt hörbar und von nachfolgenden Geräten maßgeblicher beeinflusst. Dennoch höre ich Unterschiede in den Wandlern – insbesondere auch bei den DAs – und da sind Sachen dabei, die mir außerdem schwerfallen würden in Zahlen zu bemessen. Bei Merging habe ich beispielsweise allerfeinste Räume auf Hintergrund-Instrumenten gehört, die sonst nirgends erkenntlich waren. Verzerrungen im Promillebereich und Dynamikumfang hingegen sind Parameter die für meine Ohren überhaupt nicht übersetzbar sind, Kurz und knackig: Keiner von beiden – Apogee oder Neumann – klingt wirklich besser, sind klingen einfach nur minimal "anders" – obwohl sie beide äußerst transparent und musikalisch sind. MT sicherlich noch puristischer und einen Ticken feingeistiger im Ansatz, aber eben das ist auch wieder nur Geschmackssache. Beide stechen aber im Gesamtumfeld mit anderen Bewerbern meiner Meinung nach besonders gut hervor. Der größte Unterschied liegt bei diesen beiden allerdings im Handling: Währen bei MT/Neumann fast alles geht und super flexibel ist, neigt es zum Umständlichen und Komplizierten – Apogee hingegen ist recht idiotensicher, teils sehr slick, aber hinsichtlich nur etwas "anspruchsvolleren Workflows" ziemlich dumm. 100% – sie existieren leider noch nicht. Mehr kann ich dir da leider nicht helfen und so bleibt nur wieder zu sagen: Versuch macht klug. :-) LG; Felix
Antwort auf #1 von Kevin
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenKevin sagt:
#1.1.1 - 15.07.2023 um 11:26 Uhr
Danke dir für die ausführliche Antwort. Ich denke, ich werde es interessehalber mal antesten und schauen, was meinem Gehörkanal besser schmeckt :D
Antwort auf #1.1 von Felix Klostermann
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenFelix Klostermann sagt:
#1.1.1.1 - 15.07.2023 um 14:26 Uhr
Bon Appétit! :-)
Antwort auf #1.1.1 von Kevin
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenPeter Muller sagt:
#1.2 - 11.05.2024 um 08:21 Uhr
Das Apogee Symphony Desktop hat ebenfalls zwei Kopfhöreranschlüsse. Der zweite ist hinten am Gehäuse mit Miniklinke ausgeführt und kann ein unabhängiges Mix bereitstellen. Die Info hier im Test ist somit falsch. Das Mt48 ist sicher interessant, aber wenn man bereits ein Apogee Symphony Desktop hat, bringt ein Wechsel keine wirklichen Verbesserungen.
Antwort auf #1 von Kevin
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenGiselher Punaske sagt:
#2 - 24.03.2024 um 09:52 Uhr
ich versteh die ganze fusionsgeschichte im ersten absatz nicht - ist neumann mit sennheiser fusioniert, oder nur MT? und wessen consumersparte ist da verkauft worden, die von sennheiser selbst, oder hatte neumann auch eine? (die von K+H wahrscheinlich nicht, die haben sie ja wohl schon in den 70ern eingestellt...) leider alles sehr unpräzise formuliert, wäre aber interessant gewesen.
Nick Mavridis sagt:
#2.1 - 25.03.2024 um 08:26 Uhr
Hallo Giselher, es gibt die Sennheiser Group, zu der die "Profi"-Sparte Sennheiser gehört, die wir hier kennen (also Mikrofone, Profi-Kopfhörer, Funken und so weiter), der aber auch Neumann angehört. Und diese Sennheiser Group hat Merging Technologies gekauft. Die Consumerspare Sennheisers (Consumer-Kopfhörer, Soundbars und so weiter) wurde an ein Unternehmen aus der Schweiz verkauft, die Sonova. https://www.bonedo.de/artikel/sennheiser-an-sonova-verkauft/ https://www.bonedo.de/artikel/sennheiser-expandiert-wieder-neumann-und-merging-technologies-ab-sofort-unter-einem-dach/ Unter https://www.sennheiser.com/de-de/uber-uns/unsere-geschichte kann man die Firmengeschichte genauer nachlesen, besser aber unter https://de.wikipedia.org/wiki/Sennheiser. Hoffe, das bringt etwas Licht ins Dunkel! Beste Grüße, Nick Mavridis (Redaktion Recording)
Antwort auf #2 von Giselher Punaske
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