Praxis
Verwendungszweck
Der Neumann NDH 30 wird vom Hersteller konkret für die Verwendung beim professionellen Mixing und Mastering beworben. Betont wird außerdem die Eignung des Studiokopfhörers als Referenz zur Beurteilung von Mischungen für Kopfhörer, da Musik- und Audioproduktionen in den letzten Jahren verstärkt auf Kopfhörern konsumiert werden. Aufgrund seiner offenen Bauweise ist der NDH 30 übrigens nicht für die Verwendung bei übersprechungssensiblen Mikrofonierungen und in einer lauten Umgebung geeignet.
Testbedingungen
Der Neumann NDH 30 Test erfolgte an den Ausgängen eines Universal Audio Apollo X4, dem Kopfhörerverstärker SPL Phonitor mini und einem 2019er iPad. Zum Vergleich habe ich meine ebenfalls offenen Referenzkopfhörer Focal Clear Mg Professional und AKG K 812 eingesetzt.
Klang des Neumann NDH 30
Frequenzwiedergabe
Mein ersten Höreindrücke mit dem NDH 30 erfolgten vor dem eigentlichen Test eher stichprobenartig während anderer Studiotätigkeiten, bei denen der Neumann Kopfhörer allerdings schon am Kopfhörerausgang meines Interfaces angeschlossen war. Ich war etwas erstaunt über die auffallend milde Höhenwiedergabe. Ein anderes mal hat sich dieser Eindruck etwas relativiert.
Was ist der Grund für diese unterschiedlichen Klangeindrücke? Aufgrund der großen kreisrunden und sehr weichen Ohrmuscheln hat der Sitz der Muscheln über meinem Ohr einen überdurchschnittlich großen Spielraum. In Verbindung mit den offensichtlich angewinkelten Treibern kann die Frequenzwiedergabe – besonders die hohen Frequenzen – auffallend stark variieren. Derartige Sitz- und Klangabweichungen kann ich bei meinen Vergleichskopfhörern übrigens nicht ausmachen. Doch auch unabhängig davon, wie man den NDH 30 gerade aufsetzt, besitzt er innerhalb des vorliegenden Dreiergespanns die unaufgeregteste Höhenwiedergabe. Hierfür gibt es durchaus Pro-Argumente, wie die Vorbeugung einer Gehörermüdung. Subjektiv empfinde ich diese tatsächliche Tendenz zum Kaschieren störender Zischlaute und Schnittartefakte für professionelle Studioanwendungen aber nicht als optimal. Der NDH 30 wäre somit für derartige Arbeitsschritte nicht meine erste Wahl. Das war es dann aber auch schon mit meiner Kritik: Die Mitten offenbaren sich auf natürliche Weise einer tonalen und quantitative Bewertung und Bearbeitung.
Ebenso empfinde ich den Bassbereich als überragend. Die tiefen Frequenzen sind perfekt ausbalanciert und entziehen sich auch im Subbereich nicht der technischen und kreativen Bearbeitung. Wer also als Ergänzung zu seinen Studiomonitoren einen Kopfhörer zur professionellen Beurteilung der Basswiedergabe sucht, liegt mit dem Neumann NDH 30 richtig!
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Impulswiedergabe und Räumlichkeit
Der Wiedergabe des NDH 30 wirkt sehr aufgeräumt, bleibt aber stets unaufgeregt. Bei der Impuls- und Transientenabbildung besteht wieder einmal eine gewisse Abhängigkeit zur konkreten Position der Ohrmuschel über dem Ohr, die man sich dann gegebenenfalls zurechtrücken muss. Insgesamt ist die Impulswiedergabe nicht ganz so spritzig und lebendig wie beim meiner (immerhin doppelt so teuren) Focal-Referenz. Sie wird einer professionellen Beurteilung aber dennoch gerecht. Der gut aufgelöste Raumeindruck bietet in Breite und Tiefe einen analytischen Blick auf einzelne Mixbestandteile. Die Stereobühne klingt kopfhörertypisch etwas überbreit, was laut Hersteller aber beabsichtigt ist, um der inzwischen sehr weit verbreiteten Verwendung von Kopfhörern als Abhörmedium im Musik- und Audiokonsum und dem wachsenden Markt binauraler Produktionen Rechnung zu tragen.
Unterstützt wird diese Wirkung erwartungsgemäß durch die hohe Kanaltrennung des symmetrierten Kabels, wobei ich mangels einer herkömmlichen Kabelvariante keinen unmittelbaren Vergleich habe. Persönlich bevorzuge ich jedenfalls Kopfhörer mit einer lautsprecherähnlicheren Raumabbildung und verwende bei vielen Kopfhörern die Crossfeed-Funktion meines SPL Phonitor. Dieses Feature meines Kopfhörerverstärkers harmoniert hervorragend mit dem Neumann-Kopfhörer und resultiert in einer authentischeren Raumabbildung von Stereomixes.
Tragekomfort
Abgesehen von meiner subjektiven Anpassungsproblematik mit den großen kreisrunden Ohrmuscheln (Der Innendurchmesser der weichen Polster beträgt ca. 6 cm!) ist der Neumann NDH 30 ausgesprochen komfortabel und langzeittauglich! Der ausreichend gepolsterte Bügel passt sich meiner Schädelform exakt an und erzeugt keine Druckstellen. Die mit einem veloursartigen Stoff bezogenen Schaumstoffohrpolster vermitteln ein luftiges Tragegefühl und bieten (mehr als) genügend Platz für große Ohren. Möglicherweise relativiert sich bei Anwendern mit großen Ohrmuscheln auch das beschriebene Problem mit der Richtwirkung der Treiber und dem flexiblen Sitz der Ohrmuscheln.
Thomas Rosenfeld sagt:
#1 - 04.06.2022 um 16:22 Uhr
Für mich klingt der NDH 30 einfach völlig "bedämpft". Neumann wirbt mit der Kompatibilität zu ihren Studiomonitoren. Ich habe sowohl die KH 120 als auch die KH 310. Eine klangliche Ähnlichkeit zum NDH 30 konnte ich nicht feststellen. Auch im direkten Vergleich zum DT 1990 Pro schlug sich der NDH in meinen Ohren schlecht. Aber gut, jeder hört anders und vielleicht mag es für Andere besser passen.
Patrick sagt:
#1.1 - 16.06.2022 um 13:23 Uhr
Hast Du Deine Monitore mit dem MA1 System eingemessen? Ich finde den Klang der NDH 30 wirklich erstaunlich ähnlich zu meinem MA1 eingemessenen KH120/KH750 System…der DT 1990 Pro betont die Höhen sehr stark, für meinen Geschmack viel zu stark. Nach langer Suche habe ich mit dem NDH 30 endlich „meinen“ Kopfhörer gefunden, fürs Mischen und Mastern…
Antwort auf #1 von Thomas Rosenfeld
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenPeter Koenemann sagt:
#1.1.1 - 17.06.2022 um 11:01 Uhr
Ich arbeite sowohl mit eingemessenen (MA1) KH80 DSP als auch der MA1-Kombi aus KH120 und KH750 DSP. Je nachdem wie der Kopfhörer auf dem Kopf sitzt (wie im Review beschrieben) ist die Wiedergabe der Höhen im Vergleich deutlich reduzierter. BTW: Ein DT 1990 ist mir ebenfalls zu höhenbetont ...
Antwort auf #1.1 von Patrick
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