Novation Twitch Test

DETAILS

Das Erste, was mir positiv auffällt, ist die allgemeine Verarbeitungsqualität. Keine Grate und Schnittkanten, passgenaue Ausstanzungen und eine anthrazitfarbene, gebürstete Aluminium-Oberfläche auf dem Kunststoff-Case – der Bursche sieht nicht nur stylish aus, sondern fühlt sich auch gut an. Die Potis und Encoder zeigen einen natürlichen Regelwiderstand und sind schön griffig gummiert. Fast alle Tasten sind beleuchtet, wurden in passenden Größen verbaut und zeigen praxistaugliche Druckpunkte. Allerdings könnten sie etwas heller illuminieren oder ein Software-Panel zum Einstellen der Intensität mitbringen, denn nicht nur bei Outdoor-Veranstaltungen mit Tageslichteinstrahlung mangelt es an ihnen an Leuchtkraft. Ein Zugeständnis an die Stromversorgung via USB? Da hätte es sich doch vielleicht gelohnt, einen optionalen Netzteilbetrieb zu ermöglichen. Wie dem auch sei. Sämtliche Buchsen sitzen fest im Gehäuse und die Verteilung der Anschlüsse überzeugt ebenfalls. Wenn man sich vor Augen führt, wie impulsiv eine Remix-Session ablaufen kann, wenn der Protagonist mal wieder wie wild an den Fadern zupft und auf die Tasten hämmert, dann verwundert es wahrscheinlich niemanden, dass der Testkandidat richtig große Standfüße mit Gummisohlen spendiert bekommen hat. Trotzdem ist er ein sehr kompakter Begleiter, denn er misst lediglich 35 x 26 x 5 Zentimeter. Er st also nicht nur der preiswerteste Serato-Itch Controller am Markt, sondern auch ein richtiger mobiler Zeitgenosse, wie geschaffen für den Rucksack.

Frontpanel
Gleich zwei Kopfhörerausgänge, eine im Standard- und eine im Miniklinken-Format sind in den rechten Sockel eingelassen. Toll, dann braucht man keinen Adapter mehr in die Tasche zu packen. Oder man kann den geneigten Kollegen ein bißchen die eigenen Mix-Techniken belauschen lassen oder man spielt als DJ-Team zusammen – wenngleich der Twitch hierfür etwas zu kompakt konzipiert sein könnte. Kommt ein zweiter Kopfhörer zum Einsatz, ist ein geringer Pegelabfall zu bemerken. Dennoch ist der Sound für einen DJ-Controller klar und laut genug ist er allemal.  
In den linken Fuß ist der regelbare 6,3 Millimeter Anschluss für dynamische Mikrofone eingelassen. Ihm und auch dem Aux-In stehen sehr kleine Gain-Regler zur Seite. Eine hardwareseitige Klangregelung lässt er vermissen. Sämtliche Einstellungen für den Dreibänder müssen stattdessen in der Softwareoberfläche vorgenommen werden. Vielleicht hätte man die Potis per Shift am Channel-EQ mappen können. Dies erfordert allerdings einen Pick-up-Mode für die ursprünglichen Fader-Werte, was die Handhabung der Konsole meiner Meinung nach unnötig komplizieren würde. Der Mikrofon Subgruppe oder dem AUX-In können die Effekte der Master-FX-Sektion zugemischt werden. Zudem gibt es latenzarmes Direkt-Monitoring, welche die Software umgeht. Prima.

Backpanel
Ausgangsseitig liegen ein symmetrischer 6,3-Millimeter-Master und ein Stereo-Cinch als Booth vor, wobei der Output-Switch für Booth ein paar Sonderpunkte einheimst. Er ermöglicht abhängig von seiner Stellung entweder den Master oder das Cue-Signal auszugeben. Wobei Master, Cue, Cuemix und Headphone-Volume eigenständige Regler auf der Bedienoberfläche spendiert bekommen haben. So kann der Deejay bei längeren Sets ohne Kopfhörer in der Kanzel mixen. Klasse, Novation.  
Auf der gegenüberliegenden Seite ist der regelbare Aux-Input zum Anschluss externer Geräte, wie MP3-Player, iPad und Co verbaut. Eine USB-Buchse Typ-B zum Anschluss an den Rechner und eine Aussparung für eine Kensington Diebstahlschutz-Vorrichtung beenden unseren Ausflug über die Rückseite.

Mixersektion
In einigen Baugruppen orientiert sich der Twitch am marktüblichen Layout. Zum Beispiel im Zentrum, wo sich das Mischpult mit zwei 60 Millimeter langen Linefadern und einem leichtgängigen 45-Millimeter-Crossfader präsentiert. Die Linefader sind leichtgängig, zeigen jedoch etwas seitliches Spiel. Zu ihrer ursprünglichen Überblendfunktion steuern sie die Fader-FX, also zum Beispiel die Cutoff-Frequenz eines Filters oder das Dry/Wet-Verhältnis beim Flanger. Das Timing wird über einen Encoder festgelegt, der über einen internen Button verfügt. Er schaltet durch die implementierten sieben Fader-FX Programme.  
Ebenfalls an zentraler Stelle finden wir den dreibandigen Equalizer samt Aufholverstärkung. Der Cut-/Boost ist in der Software einzustellen und beträgt entweder +/-6 dB oder +/-12 dB für alle Bänder. Nachstehend habe ich für euch die Absenkungen mit dem internen Interface aufgezeichnet, damit ihr euch selbst einen Eindruck machen könnt.

MasterFX_Itch_Novation_Twitch_23
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LowQ-Cut minus 6 LowQ-Cut minus 12 AllCut minus 6 AllCut minus 12

Navigation
Wie es sich gehört, finden wir am Controller genug Buttons und einen Push-Encoder, um ohne den Einsatz von Maus oder Tastatur durch die verschiedenen Serato-typischen Einteilungen der Musikbibliothek, der Playlisten und der Ordner auf dem Rechner zu navigieren. Mittels VIEW lassen sich Wellenformübersichten zugunsten einer vergrößerten Playlisten-Ansicht schrumpfen, was gerade auf kleineren Bildschirmen extrem von Vorteil ist. Komplett ausblenden kann man sie aktuell jedoch nicht. Ärgerlich. Hat man sich für den nächsten Track entschieden, gelangt dieser per LOAD A/B in das gewünschte Deck, wobei der Song bei aktiviertem Auto-Sync manchmal erst ganz kurz asynchron galoppiert, bevor die Beats korrekt übereinander gelegt werden. Das macht sich aber im Ablauf kaum negativ bemerkbar, es sei denn, man hat versehentlich die Fader oben gelassen.

Navigation_Novation_Twitch_22

Decksektion
Deejays, die auf der Suche nach einem MIDI-Controller sind, der im Grunde ein Standard-Set nachempfindet, werden beim ersten Anblick des Twitch sicherlich fragen, wie sie denn damit mixen sollen, so ganz ohne Jogwheel. Haben die Teller ihre Daseinsberechtigung in manchen Stilrichtungen tatsächlich verloren? Es wird zumindest wohl kein Scratcher jemals auf die Idee kommen, den Ribbon-Controller als non plus ultra Arbeitswerkzeug zu propagieren, oder? Sei es, wie es will. Novation stellt uns heute einen anderen Lösungsansatz zum Schubsen, Spulen und Matchen vor, und zwar den Touchstrip, der auch gleich noch die Pitchbend-Buttons in den Ruhestand schickt. Ob das mal gut geht?  
Das Ausmaß einer Twitch-Decksektion ist kleiner als das einer CD-Hülle und trotzdem tummelt sich hier so ziemlich alles, was man für eine zünftige Session benötigt. Nur setzen die Konstrukteure beim Pitch-Encoder oder Touchstrip auf eine unkonventionelle Form. Der Rest ist jedoch bekannt: Ich sehe Transporttasten, Keylock und Sync, zudem eine kleine Abteilung, die sich der Justierung des Beatgrids verschrieben hat, samt einer Shift-Taste für Zweitbelegungen. Und nicht zu vergessen, zwei Buttons für den Transport-Mode (Swipe/Drop) des Fingerstreifens.

Deck_Itch_Novation_Twitch_11

Der Touchstrip ist ein berührungsempfindlicher Streifen, der verschiedenste Aufgaben im Mix übernimmt. Und wenn ich es vorwegnehmen darf, dieser Novation-Streifen lässt mich das Jogwheel (zumindest für den Testzeitraum) kaum vermissen. Swipe schaltet die Nudge-Funktion ein, mit der sich ein Track wie mit einem Teller bremsen oder schubsen lässt, indem der Finger aufgelegt und in eine Richtung bewegt wird. Schnellere Bewegungen rufen größere Pitchbends hervor, eine optische Rückmeldung über den Grad der Tempoveränderung am Bildschirm erfolgt nicht. Im Pausenzustand erklingt statt eines Bends ein Scratch Sound.

Audio Samples
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Swipemode bei Play Swipemode bei Pause

Drop löst die Spulfunktion aus, welche die gesamte Wellenform auf den Touchstrip mappt. Mit Aufsetzen und Bewegen des Fingers navigiert man im Track. Von rechts- nach linksaußen gelangt der Handelnde also vom Startpunkt zum Endpunkt eines Titels. Dies lässt sich durchaus mit einem physischen Needledrop, also dem Auflegen einer Plattenspielernadel, vergleichen. Je länger ein Titel ist, umso schwieriger wird es zwar einen Zeitpunkt gezielt anzusteuern, doch in der Praxis funktioniert die Kombination aus Drop und Swipe gut, ähnlich wie die Hochgeschwindigkeitssuche mit dem Jogwheel eines CDJ. DROP aktivieren und nah ranfahren, SWIPE aktivieren und sich bis zum Beat vortasten. Dauert keine fünf Sekunden und man ist am Ziel. Und an dieser Stelle möchte ich auch noch herausstellen, dass der Touchstrip vielleicht nicht für Scratcher geeignet ist, aber er ist definitiv sehr fein aufgelöst! Ich hatte keinerlei Probleme, akkurate Hot-Cues direkt von der Maschine aus anzulegen.

Touchstrip_Novation_Twitch_20

Kann ich einem Backspin mit dem Touchstrip wohl durchaus etwas abgewinnen, muss ich persönlich beim Strip-Scratching passen. Das Feeling mit multiplen Fingern am Vinyl, die Techniken und die Präzision sind mit 1-Finger-Wischern weder zu erzielen noch zu vergleichen, dafür ist er aber meines Erachtens auch nicht konzipiert. Sein Fokus liegt auf der durchdachten Track-Navigation, Pitchbends und dem Slicecutting. Die Funktion ändert sich nach gewähltem Performance Mode, von denen vier an der Zahl implementiert wurden. Sie haben eine unmittelbare Auswirkung auf die Pad-Sektion (auch farblich), den Slider und die aufgerufenen Softwarefeatures. Dazu mehr im nachfolgenden Praxisteil.

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Backspin
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