Der erste Eindruck
Der Gedanke, nur mit dem HDMIX im Flightcase zu einer Veranstaltung zu fahren und sich dort an die PA zu stöpseln, ohne die sonst übliche Verkabelung von Turntables, Timecodes, CDJs, Controllern und Laptop, sollte so manchen DJ aufhorchen lassen. Daher war die Neugier entsprechend groß, als das Paket im fünften Stock des fahrstuhllosen Hauses eintraf. Der bunte Karton bewarb das Gerät als “Compact, Portable and Expandable DJ-System”. Mit 7 kg Lebendgewicht und einer Größe von 460 x 300 x 130 mm, was ungefähr den Maßen eines Technics SL-1210 MKII Plattenspieler entspricht, passt es jedenfalls nicht mehr ins stabile Controller-Backpack.
Das HDMIX-Chassis ist solide verarbeitet, hat weder Schnittkanten noch Grate, sämtliche Ecken sind abgerundet und es steht sanft auf vier gummierten, schwingungsdämpfenden Füßen. Die Verarbeitung hat mich positiv überrascht. Die Konsole ist übersichtlich und klar strukturiert aufgebaut und hinterlässt einen kompakten, robusten Eindruck. Farben sind immer ein wenig Geschmackssache, mit schwarzem Gehäuse und vornehmlich silbernen Bedienelementen liegt man zumeist richtig, hier wirken die Knöpfe allerdings etwas plastiklastig.
Software – Es geht auch mal ohne
Grundsätzlich wird zum Betrieb des HDMIX keine Software benötigt, die Analyse des eingespielten Audiomaterials kann bequem am Gerät vollzogen werden. Alternativ untersucht Numarks kostenlose Librarian-Software die benötigten Dateien mithilfe des PCs. Einmal ausgewertet verkürzen sich die Ladezeiten der Tracks von etwa acht Sekunden auf einen Sekundenbruchteil. Zudem wird für jeden Track ein grafisches Profil angelegt, das bei Bedarf im Display visualisiert werden kann, bei weitem jedoch nicht mit der Darstellung einer Wellenform konkurriert.
Audiointerface – Des Pudels Kern liegt im Bauch des Walfischs
An der Vorderseite des Probanden befindet sich neben dem abschließbaren Wechselplatteneinschub noch das Multiformat-Laufwerk und jeweils ein 6,5 mm und 3,5 mm Kopfhörerausgang. Die Backpanel bringt zwei symmetrische XLR-Ausgänge, zwei getrennt regelbare Stereo-Chinch-Ausgänge für Master und Zone, zwei Mikrofoneingänge über 6,3 mm Klinkenbuchsen und drei Paar Stereo-Chinch-Buchsen mit, von denen zwei über eine Masseschraube zum Anschluß von Plattenspielern verfügen. Die Soundqualität überzeugt sowohl auf dem Kopfhörer als auch an der angeschlossenen Aktiv-Anlage. Satte Bässe, ausgewogene Mitten und transparente Höhen lassen keine weiteren Fragen offen.
Die Bedienelemente – Welches Schweinderl hättn´s denn gern?
Um den DJ während des Sets mit den nötigen Songinformationen zu versorgen, hat Numark dem HDMIX ein 100 x 60 mm großes, hintergrundbeleuchtetes Farbdisplay spendiert. Es lässt sich auf den üblichen halben Meter Abstand gut lesen, zur Navigation stehen sechs gummierte Schaltflächen und ein Endlosdrehregler mit Klickfunktion, der sogenannte Push-Select-Button, bereit. Vier Knöpfe, welche Direktzugriff auf die Songs, Einstellungen und Funktionen zulassen, flankieren den Screen.
Für dich ausgesucht
Numarks HD-System besitzt zwei Laufwerke mit etwas leichtgängigen 3-Zoll-Jogdials zum Steuern der internen Player. Die Ausstattung der Deck-Sektion ist, verglichen mit manchem CDJ oder MIDI-Controller, nicht gerade üppig, aber zweckdienlich. Die griffigen Jogs können wahlweise im Search- oder Scratch-Modus betrieben werden. Für mehr als gelegentliches Ein-Finger-Scratchen sind sie allerdings nicht geeignet, denn man bleibt immer wieder am Pitchfader hängen. Sie sind für meinen Geschmack etwas zu klein geraten und nicht optimal plaziert. Ein kurzer Druck auf den darunterliegenden Play-Button startet den Song, durch mehrfaches Betätigen erzielt man einen Stottereffekt. CUE pausiert den laufenden Track zunächst am Startpunkt. Soll die Sprungmarke an einen anderen Zeitpunkt verschoben werden, genügt es, den Track zu stoppen und mit dem Jog-Dial an die gewünschte Position zu navigieren. Der neue Cuepunkt wird durch Pressen der Abspieltaste automatisch gespeichert. Eine Sprungmarke lässt sich aber auch im laufenden Song setzen. Unser Testkandidat besitzt nämlich eine nahtlose Loopfunktion mit Reloop. Da diese allerdings nicht quantisiert wird, gehört eine gehörige Portion Übung dazu, um die Schleifen live zu setzen. Laut Handbuch kann man mit ihnen im Handumdrehen Remixe erstellen – eine gewagte Aussage, wie ich finde. Zumindest kann man mit Loop-In, was ja eigentlich zunächst nichts anderes als ein Cue-In ist, eine Sprungmarke on-the-fly setzen. Erst wenn man LOOP-OUT aktiviert, startet die Schleife. RELOOP holt sie zurück, wenn der Track normal weiterspielt.
Die Gummibuttons der Decksektion sind in ihrem Druckpunkt zwar etwas schwammig, aber ausreichend groß und zudem beleuchtet, wenn sie aktiv sind. Für Tempoanpassungen sind 60-mm-Pitchfader zuständig, die sich präzise steuern lassen und in der kleinsten Auflösung Werte von 0,01 Prozent erreichen. Mittels einer Schaltfläche auf Zwölf-Uhr-Position lässt sich der Wirkungsgrad vierstufig regulieren. Die Spanne reicht von +/- 6 % bis +/-25 %, mit einer zusätzlichen Einstellung von +25/-100 %. Wird der Knopf länger als zwei Sekunden festgehalten, schaltet sich der Keylock ein. Nun kann das Tempo des Songs geändert werden, ohne dass die Tonhöhe beeinflusst wird. Die Keylock-Funktion bringt leider nur in einem Wertebereich von 2-3% befriedigende klangliche Ergebnisse. Darüber hinaus sind klar hörbare Artefakte auszumachen, so daß dieses Feature leider nur bedingt einsetzbar ist.
Den aktuellen Pitch- oder Keywert kann man im Display ablesen, auch die Beats per Minute werden dynamisch mit einer Nachkommastelle angepasst. Stimmt der angezeigte BPM-Wert nicht, steht ein TAP-Button parat, mit dem das Tempo durch manuelles, taktgenaues Antippen ermittelt wird.
Eine weitere Mixhilfe ist der Beatkeeper. Er analysiert den Song anhand von Frequenzen und Rhythmik und liefert zudem ein optisches Feedback der Beatsynchronität in Form von drei LED-Ketten. Die linke und rechte Kette repräsentieren die jeweiligen Decks, der mittlere Zug leuchtet blau, wenn der Downbeat beider Tracks gleichzeitig erfolgt. Sollte die Beatkeeper-Auswertung nicht mit dem tatsächlichen Downbeat übereinstimmen, navigiert man zu der betreffenden Stelle und betätigt die TAP-Taste, um ihn manuell zu setzen. Aber Vorsicht, wird die Schaltfläche länger als eine Sekunde gedrückt, wird der vorhandene Wert gelöscht und die BPM werden neu berechnet.
Die Schaltflächen VIEW und UTILITY bringen erweiterte Ansichts- und Gerätefunktionen, zum Beispiel Firmwareupdate oder Systemwiederherstellung. LIBRARY und CRATE öffnen die Musikbibliothek und die virtuelle Plattenkiste. Numarks All-in-One-Konsole bietet fünf Abspielmodi, angefangen mit der rein manuellen bis hin zur vollautomatischen, kontinuierlichen Wiedergabe. Auch Fader-Starts sind mit dem internen Mischpult mit der Standard 5V-Impuls Methode möglich.
Mixersektion – Was einem so zwischen die Finger kommt
Zum Mischen der intern und extern zugespielten Signalquellen bringt unser Testgerät drei vollständige Kanalzüge mit Volume-Fadern, 3-Band-EQ und Trim mit. Die Klangregelung erfolgt in einem Arbeitsbereich von +/-15 dB mit Ausnahme der Mikrofonaussteuerung und der Trim-Potis, die mit einem Boost/Cut von +/- 10 dB auskommen. Über die CUE-Buttons gelangen die Signale zum Vorhören auf den Kopfhörerausgang.
Zur besseren Unterscheidung wurde die Master Sektion räumlich von der mit Split-Schaltung ausgestatteten Vorhör-Sektion getrennt. Beim Monitoring ermöglicht sie zudem, den Baß und den Hochtonbereich per Poti anzupassen, um den Sound den akustischen Gegebenheiten anzugleichen. Die 45-mm Channel-Fader haben geringfügig Spiel und sind, wie ich finde, etwas kurz geraten, aber dafür angenehm leichtgängig ohne zu kratzen.
Auch ein Crossfader darf nicht fehlen. Er besitzt zwar keine Kurvenanpassung, ist aber dafür abschaltbar. Bei den Potis ist, trotz ihres Plastik-Looks, ein gewisser Andruck beim Drehen nötig, da sie sonst dazu neigen zu verspringen oder zu haken. Ferner haben nicht alle Potis des vorliegenden Testexemplares den gleichen Widerstand. So ist die Mikrofoneinheit schwergängiger als die Line- oder Deck-Sektion und die Bässe besitzen mehr Gegendruck als die Höhen. Als Pegelmeter dienen blaue Flüssigkristall-Anzeigen, die zwar ganz nett aussehen, aber nicht unbedingt angenehm abzulesen sind.