PRAXIS
Out-of-the-Box ist ein gern genutztes Zauberwort im DJ-Fachjargon. Im Falle des Mixdeck Express bedeutet es, dass die amerikanische Kommandozentrale innerhalb weniger Sekunden gebootet ist, die Laufwerke startklar sind oder die Verbindung mit Serato hergestellt ist und die Konsole auf weitere Kommandos wartet. Der DJ muss lediglich Kopfhörer und PA anschließen und kann sofort loslegen.
Die beiden flotten Slot-in CD-Laufwerke lesen sowohl herkömmliche Audio-CDs als auch MP3-Silberlinge mit Root- oder Verzeichnisstruktur ein. Ferner steht jedem Player eine USB-Buchse vom Typus A zur Seite, die FAT, NTFS und sogar HFS+ formatierte Sticks ins Rennen schickt. Das ist sehr lobenswert und anwenderfreundlich. Nicht so großzügig ist die Unterstützung von Audio-Containern ausgefallen, weil die Player den Abspielvorgang von Formaten jenseits Audio/MP3 verweigern. Das Einlesen eines iOS Apple-Players gelang mir in diesem Zusammenhang nicht. Wer seine geliebten iTunes Schätzchen im AAC- oder M4A-Format vorliegen hat und in den Mix integrieren will, muss entweder per Hand konvertieren oder den Umweg über das Notebook wählen.
Eine Beleuchtung der CD-Schlitzeinschübe ist nicht vorhanden. Sollte euch der Lautstärken-geplagte Nachbar also in der Nacht überfallen, mitsamt der Gerätschaft in den Keller sperren und die Glühbirne rausdrehen, wird es schwierig mit Auflegen. Die nächste Afterhour-Poolparty oder Tante-Trudes Fünfzigsten (es sei denn, sie feiert im Tresor) kann man wohl bedenkenlos aus dieser Betrachtung herausnehmen. Aber Spaß beiseite, in dunklen Umgebungen wäre ein Lämpchen begrüßenswert.
Was die Lade- und Umschaltzeiten angeht, habe ich rein gar nichts zu beanstanden. Audio-CDs liegen im Schnitt etwa bei drei bis vier Sekunden, MP3-CDs benötigen je nach Verschachtelung etwas länger, im Test zwischen 8 und 20 Sekunden. Der 2-GB-USB-Stick war innerhalb von 10 Sekunden startklar, der 8-GB HFS+ Cruizer ebenfalls.
Ob die Unterstützung von MP3-Playern für den Käufer relevant ist, muss er selber entscheiden. Einer meiner Bekannten, der mich, während ich diese Zeilen schreibe, im Studio besucht, ließ es sich jedenfalls nicht nehmen, sein Android-Handy anzuklemmen, um mir seinen neuen Lieblingstitel vorzuspielen. Könnte sich als Killerfeature auf der nächsten Abi-Party erweisen – oder als horrible Nervenbelastung. Und falls es sich gerade jemand gefragt hat: Yip, das Mobiltelefon lud via USB auf.
Eine wichtige Bedeutung während der cross-medialen Mixsession kommt dem Source-Taster zu, denn er schaltet zwischen den Betriebsmodi CD, USB und MIDI um. Der Zugriff auf angeschlossene Wechseldatenträger ist von beiden Seiten aus unabhängig möglich, ergo auch gemeinsam. Zudem stellen die flinken Umschaltzeiten zwischen den einzelnen Datenträgern einen recht verzögerungsfreien Betrieb ohne nervige Wartezeiten sicher.
Für die Navigation auf dem Medium der Wahl hat Numark einen Push-Encoder verbaut, der in Kombination mit dem Folder-Button in die Verzeichnisstrukturen eindringt, sich aber auch durch Seratos Musikbibliothek hangelt. Ferner aktiviert er die Faderstart-Funktion, wenn die PROG-Taste niedergedrückt ist.
Tempobezogenes
Zu den Kernkompetenzen einer Rundum-Sorglos-Lösung für den DJ gehört sicherlich auch ein möglichst treffsicherer Beatcounter. Seine erste Prognose gibt er bei klaren Songstrukturen innerhalb von zwei Sekunden ab, wobei sich diese Einschätzung im Verlauf des Titels durchaus ändern kann, zum Beispiel wenn Schwankungen im Timing oder verschachtelte Rhythmen auftreten. Kommerzielle Dance, House, Pop oder Blackmusic ist hiervon meist weniger betroffen als live eingespielter Discofunk, Indie oder Rock. Ist der Wert zu weit vom originären Tempo entfernt, tippt man ein paarmal im Takt auf den TAP-Button und erhält die Durchschnittsgeschwindigkeit der manuellen Eingaben auf dem Display angezeigt, was dann hoffentlich dem tatsächlichen Tempo entspricht. Im technokratischen Mix stellte sich heraus, dass man sich durchaus „blind“ auf den BPM-Wert ranpitchen kann, um schließlich die letzten Feinheiten per Gehör abzustimmen. Der Pitchfader arbeitet am Expressdeck mit zwei Stellen hinter dem Komma. Statt einer Schnappvorrichtung auf halbem Regelweg leuchtet ein gelbes Lämpchen an der Nullstellung auf. Die Bends arbeiten unabhängig von der Pitch-Range und beugen das Tempo standesgemäß um 16 Prozent. Eine Keylock-Funktion ist nicht on Board.
Serato DJ-Intro
Für viele Deejays ziemlich überraschend kündigte Serato im September eine neue DJ-Software an, die kurz nach ihrer Auslieferung schon für frischen Wind in Sachen Beipacksoftware sorgt. Sie kommt nämlich nicht nur bei unserem Testkandidaten und den bereits erwähnten Quad und N4 zum Einsatz, sondern beglückt auch rückwirkend Numarks Mixdeck und Mixtrack Pro sowie Vestax´ VCI-100MK2 und Typhoon. Ein großer Unterschied zum Trecker ist allerdings, dass die Mixfunktion nicht zur Verfügung steht, wenn der zertifizierte Player nicht angeschlossen ist. Ein bekanntes Prozedere seitens Serato, kennt man es doch von Scratch-Live und Itch. Statt der Mixoberfläche kommt dann ein Preview-Player zum Vorschein, anhand dessen sich Songs vorbereiten oder Loops und Cue-Punkte unter Verwendung der Rechner-internen Soundkarte anlegen lassen. Ganze Playlisten können ebenfalls angelegt und abgespielt werden. Interessanter ist natürlich der Mixsession-View mit seinen beiden Decks samt Beatcounter, Tap-Funktion, Auto-Sync und den Serato-typischen bunten Wellenformen, die die einzelnen Frequenzspektren durch Farbcodierung visualisieren. Seinerzeit ein Alleinstellungsmerkmal von Scratch Live und Deckadance, wurde diese Darstellungsweise inzwischen auch von der Konkurrenz adaptiert. Die Softwareplayer verfügen über eine click-sensitive Wellenformanzeige und liefern sämtliche Tags und Infos, die man hier erwarten würde. Der Anwender kann auf ein horizontales oder vertikales Wellen-Layout zurückgreifen, die Bedienoberfläche wirkt in beiden Fällen sehr aufgeräumt und ist als kontraststark zu bewerten. Der Browser ist sehr intuitiv gestaltet, wenngleich er auf Cover-Art-Browsing in der Playlist selbst verzichtet und stattdessen ein Piktogramm unten links einblendet. Er gibt Zugriff auf den Dateibaum und die iTunes-Bibliothek, ermöglicht das Anlegen eigener Plattenkisten (Crates) und Prepare-Listen, stellt eine Vielzahl an Tag-Filtern sowie eine inkrementelle Suchfunktion zur Verfügung. So viel schon vorweg: Serato DJ-Intro ist eine angenehm schlanke, stabile und ressourcenschonend laufende Software. Zur Kreativabteilung:
Intro erlaubt das Anlegen von maximal fünf Cuepoints. Auto-Loops sind in vier Größen (1, 2, 4, 8) ohne Cutter vertreten. Diese Marker und Schleifen müssen offline gesetzt und gespeichert werden, sollen sie im Mix oder im Sample-Player Verwendung finden. Aktuell sind weder Cuepoint-Felder noch Autoloop-Buttons in der Softwareoberfläche zu finden. Auch die Hardware kann hier nicht in vollem Umfang weiterhelfen. Das nervt leider ein wenig.
Dazu gesellen sich sechs solide Effekte (HPF, LPF, Flanger, Phaser, Reverb und Echo) und ein nicht synchronisierter Sample-Player. Der Sampleplayer ist mit vier Slots ausgestattet, die Samples, Audio-Loops, Sound-Effekte oder auch ganze Tracks fassen können, die irritierenderweise auf beiden Channels simultan streamen und einer individuellen Routing-Option entbehren. Weder Samples noch Effekte lassen sich von der Hardware aus steuern. Einen Session-Rekorder zum Aufzeichnen der Darbietung suche ich vergebens. Die Synchronisation der Decks war aktuell noch nicht von der Hardware aus möglich – also muss ich entweder manuell abgleichen oder auf den Sync-Knopf in der Software drücken. Ich hoffe, hier wird in Bälde nachgebessert.
Vielleicht sind diese Restriktionen auch ein Anreiz für ein kostenpflichtiges Itch-Update oder eine Dongle-freie Fassung, denn es kann nicht im Interesse der Beteiligten sein, dass ein Intro-“Käufer“ seine Konsole bei erweiterten Feature-Ansprüchen verticken muss, um zu einer neuen Hardware zu greifen. Andererseits ist festzuhalten, dass die Software viele Basisfeatures stellt und durch bloße Anwesenheit natürlich einen Kaufanreiz darstellen kann.
Einstellungen bezüglich der Audiohardware werden im Preferences-Fenster vorgenommen. Getreu Ockhams Rasiermesser herrscht das Prinzip der Einfachheit, was letztlich der Einsteigerfreundlichkeit zugutekommt. Apropos Einsteigerfreundlichkeit. Die Inbetriebnahme unter Intro gestaltete sich as-easy-as-possible. Gerät anstöpseln, Software starten, fertig.
Besonders interessant ist der Gedanke, dass auch Besitzer eines betagteren kompatiblen Controllers, zum Beispiel den mittlerweile zwei Jahre alten Typhoon nachträglich und kostenlos in den Genuss von Intro kommen. Es ist zwar noch nicht abzusehen, inwieweit Serato die Unterstützung anderer älterer Kommandozentralen ausweiten wird, jedoch ist das natürlich ein Offensivschlag gegen bestehende Strukturen und definitiv auch eine Bereicherung für den Einsteigermarkt. Das ist im Übrigen auch das lernfähige, Timecode- und MIDI-kompatible, kostenlose Mixxx, falls ihr es noch nicht kennt. Bevor es nun ans Fazit geht, möchte ich Folgendes noch loswerden: Das Expressdeck ist auch im Traktor Setup-Wizard vertreten. Wer demnach bereits über eine Traktor-Version 2.11 verfügt, kann die Numark´sche Wollmilchsau ohne großen Konfigurationsaufwand ins Geschehen einbinden, was ich anhand eines Funktionstests bestätigen kann.