Praxis
Workflow
Bevor das Gerät im Praxistest seine Fähigkeiten unter Beweis stellen kann, ist zunächst die mitgelieferte Software VDL LE (V.7) zu installieren. Meldet sich der Controller schließlich einsatzbereit zum Dienst, nehmen die Jogwheels das Farbschema der ersten beiden VDJ-Decks an: links blau, rechts rot. Mit dem Browser-Encoder hangele ich mich durch Playlisten und Tree, wobei der Folder- oder File-Focus durch Niederdrücken des Reglers gesetzt wird. Die beiden Lade-Buttons befördern meine Auswahl in die zugehörigen Decks und im oberen Teil der Software bauen sich die entsprechend dem virtuellen Player monochromen Wellenformdarstellungen mit ihrem Beatraster sekundenschnell auf. Für die Analyse des gesamten Titels und den Aufbau des Gesamtüberblicks während der Laufzeit benötigt die Software etwa zehn Sekunden. Tempo- und Beatmatch-Anzeigen fungieren als visuelle Mixhilfen. Möchte ich auch die Player drei und vier befüllen, heißt es, auf den Layer-Button zu drücken, woraufhin die Farbe des milchtrüben Tellerkranzes von blau nach grün (links), respektive rot nach gelb wechselt. So ist jederzeit klar, welches Deck gerade bespielt wird. Allerdings ist das Wave-Panel im Hauptbildschirm etwas unübersichtlich. Im Scratch-Panel stehen ebenfalls nur je zwei Vertikale zur Verfügung und ich hoffe, dass beim in Kürze anstehenden Release Nr. 8 in dieser Hinsicht was passiert.
„Play“ bringt die Tracks ins Rollen, „Cue“, „Stutter“ und „Sync“ unterhalb des Jogwheels übernehmen ihre angestammten Aufgaben. Die automatische Beat-Synchronisation funktioniert wie erwartet. Der Hardware fehlt im Übrigen der Hinweis darauf, dass eine Kombination von „Shift + Sync“ das Master-Deck festlegt. Beim manuellen Beatmatchen mit dem Pitch-Fader, den Jogwheels und den Bend-Tastern stellt sich heraus, dass die Genauigkeit bei der Tempoanpassung des in vier Stufen betreibbaren , 40 Millimeter kurzen Faders von 0,1/0,2 Prozent (+/-6) bis 2,5 Prozent (+/-100) reicht. Vorsicht ist beim Umschalten nach einen Layer-Wechsel geboten, denn der Wert des Pitch springt spontan an dessen aktuelle Position, statt einen Pickup auszuführen.
Die geschmeidigen, flachen „Low-Profile-Jogwheels“ mit ihrer griffigen, gummierten Oberfläche liegen beim Schubsen und Bremsen gut unter den Fingern, sofern man mit dem im Vergleich zu einem S4 leichteren Lauf und der schmalen Bauhöhe zurechtkommt. Allerdings ist die Übersetzung in der Software nicht ganz exakt. Die Positionsanzeige im Ring, der in sechzehn unterschiedlichen Farbnuancen leuchten darf, nehmen wir wohlwollend zur Kenntnis. Sie läuft indes beim Drehen nicht mit dem Finger, sondern schneller als dieser (egal ob 45- oder 33-rpm-Emulation, die Jogsensensitivity darf nur in der Pro-Version per Schieberegler eingestellt werden). Aber das ist sicherlich „Jammern auf hohem Niveau“ und rechtfertigt meiner Meinung nach keinen Punktabzug. Ungeachtet dessen taugen die Teller auch für einfache Baby-Scratches, doch wäre Virtual DJ in dieser Hinsicht nicht meine erste Wahl. Obendrein verhält sich die Software bei Spins nicht so korrekt, wie man es gern hätte – festgehalten in einem Audiobeispiel. Hinzufügen möchte ich, dass ich die Flankensteilheit des leichtfüßigen Crossfaders ebenfalls nur in der kostenpflichtigen Pro-Version der Software regulieren darf, die zu diesem Zweck die Betriebsmodi „Scratch“, „Smoove“ und „Full“ sowie „Through“ anbietet.
Beim Vorhören der Decks kann ich zwischen Master- und Preview-Bus stufenlos überblenden, mehrfache „Cue“-Selektionen inbegriffen. Zu den virtuellen Equalizern der Software ist anzumerken, dass sie gegen den Uhrzeigersinn gedreht das gesamte jeweilige Frequenzband auslöschen, aber für meinen Geschmack ruhig graziler ins Geschehen eingreifen dürften. Eine softwareseitige Einstellung von Cut und Boost ist nicht möglich, allerdings jedoch die Festlegung der Grenzfrequenzen in VDJ-Pro. Die Potis stehen etwas eng beieinander und sind ziemlich schmal, weshalb das Regelgefühl nicht so toll rüberkommt, als wenn man einen Knopf mit sattem Durchmesser und „Beinfreiheit“ bedient. Bedauerlicherweise verzichtet der Mixtrack komplett auf „optische Pegelkontrolle“ – also Kanal- oder Output-Meter, Clipping-LEDs und dergleichen – wenngleich ich noch einmal den Straßenpreis von unter 300 Euro ins Gedächtnis rufen möchte, für den mancher Hersteller gerade mal reine MIDI-Hardware verkauft.
Effekte und Drum Pads
Visuelle und auch für die Performance interessante Highlights an diesem Gerät sind natürlich die Pad-Sektionen zum Abfeuern von Hotcues, Loops, Samples und Effekten, die eine gewisse Ähnlichkeit zu AKAIs LPD-Serie kaum verleugnen können und denen es herzlich egal ist, wo ihr sie trefft, solange dies mit einer gewissen Bestimmtheit erfolgt. Aftertouch- und Velocity konnte ich wohlgemerkt nicht ausmachen. Und so stellt sich das kunterbunte Handling für die untere Zeile wie folgt dar:
Blau: Manuelle Loops (aktiviert durch Shift+P1)
Die fange ich mit der unteren Pad-Zeile ein, klassisch besetzt mit „In“, „Out“ und „Reloop“, was zurück in die letzte aktive Wiederholschleife springt. Pad 4 verdoppelt und halbiert (+ „Shift“) den Audiozyklus in seiner Länge.
Pink: Sampler (aktiviert durch Shift+P2)
Das Abfeuern der Samples erfolgt mit Betätigung des Pads, das daraufhin pink blinkt. Ob der Audioschnipsel geloopt wird, als One-Shot spielt, ob er dem Tempo des Masterdecks angeglichen oder zum Takt (1, ½, ¼ Beat) synchronisiert wird, kann ich im nur im Sampler-Tab in der Software einstellen, wo auch die Lautstärke festzulegen wäre. Hier hätte eine Anschlagdynamik für die Pads sicherlich Sinn gemacht – oder vielleicht eine Kombination mit den Encodern. Die „Werkssamples“ (Sirene, Sax, …) braucht kein Mensch, aber es lassen sich Audios aus den Decks extrahieren. Eigene Samples laden ist nur in VDJ Pro vorgesehen.
Grün: Hotcues (aktiviert durch Shift+P3)
In diesem Modus nehmen die Pads 1-4 bis zu vier Hotcues auf. Aktuell werden die Schnellstartmarker noch nicht (auch nicht optional) auf den Beat platziert oder quantisiert abgespielt, sondern stattdessen exakt an Auslöseposition gesetzt und in Echtzeit wiedergegeben.
Rot: Delete (aktiviert durch Shift+P4)
Dient zum Löschen der Hotcues 1-4. Belegte Plätze blinken, gelöschte illuminieren dauerhaft rot. Irgendwie unkonventionell eine „Delete“-Bank aufzurufen und im Handling nicht so effektiv, wie ganz einfach per „Shift“-Pad zu löschen, da ja mehrere „Handgriffe“ nötig sind, um ans Löschen und wieder ans Abfeuern der Cue-Points zu kommen – aber gut, der „Shift“-Button hat hier konzeptionell andere Aufgaben. Nun ein Blick auf die obere Zeile.
Gelb: Auto Loops (aktiviert durch Shift)
Hier stehen mir beatgenaue Auto Loops in vier Größen (1, 2, 4, 16) zur Verfügung. Gesetzt werden diese durch Betätigen der Tasten P1-P4. Wie immer gilt auch für VDJ: Kein Autoloop läuft rund, wenn das Tempo nicht korrekt von der Software analysiert wurde
Türkis: Slip-Mode (Scratch + Shift)
Mittlerweile zum Quasi-Standard avanciert ist der Slip-Modus (auch Roll- oder Flux-Modus genannt), bei dem nach Anwendung eines Loops, Scratches und Cuejumps der Titel dort weiterspielt, wo er sich ohne Unterbrechung seitens des DJs eingefunden hätte. Schön, dass auch Atomix-Fans nun in den Genuss dieses „coolen Features“ kommen.
Nochmal Gelb: FX (Standard)
Zunächst gilt es, die drei Pads (Nummer 4 ist dem Filter vorbehalten) mit Effekten zu beladen, indem ich per „Shift + Encoder“ durch die FX-Auswahl navigiere und danach den Sound Schredder über das zugehörige Pad einschalte, welches in der Folge gelb aufleuchtet. Nun kann ich mit den ersten beiden Drehreglern die Parameter P1 und P2 steuern. Drei FX und der bipolare Filter, den ich grundsätzlich lieber besser aufgelöst als Knob im Kanal gesehen hätte, dürfen das Audiosignal simultan durch die Mangel drehen. Die Parameter-Controller orientieren sich immer am zuletzt ausgewählten Effekt. Dummerweise hat dies zur Folge, dass ich, wenn ich nach der Distorsion auf Pad 2 nun wieder am Wah Wah auf Platz eins schrauben möchte, den Effekt beim Berühren des Pads unweigerlich ausschalte. Workaround: Ich bewege den Select-Regler erneut vor und zurück auf Wah Wah – der Fokus ist gesetzt und die zuvor getroffenen Einstellungen bleiben erhalten. Selbst wenn nur zwei Regler im Deck angezeigt werden: Sollten auf der FX-Page mehr Attribute vorhanden sein, ist P3 ebenfalls beteiligt. P4 ist wie gesagt dem Filter vorbehalten, der durch Drehen des Encoders eingeschaltet wird und bei dem ein Tastendruck einen Reset ausführt. Autoloops oder Rolls, die ja als Zweit-/Drittfunktion auf den gleichen Tasten liegen, lassen sich im FX-Mode nicht „ablesen und umgekehrt.
Encoder?
Das Numark Encoder verbaut, deren Stellung im Gegensatz zu einem mittenmarkierten Drehregler (und natürlich dem Gehör) keinen Rückschluss auf die Intensität eines Klangverbiegers zulässt, ist ein zweischneidiges Schwert: Die 24-fache Rasterung, die sich für einen Beat-Encoder für das Effekttiming sicherlich anbietet, hat nämlich verschiedene Auswirkungen. Möchte ich einen Effekt in einer Umdrehung von null auf Hundert bringen, bedeutet dies, dass ich die betreffende Kenngröße nicht prozentgenau, sondern in Stufen von etwa 4 Prozent justieren würde. Nicht sehr filigran. Andererseits wäre es natürlich möglich, bei jedem Raster ein Prozent zuzulegen, was zur Folge hätte, das ganze vier Umdrehungen nötig wären, um beispielsweise VDJs Flanger Delay (P1) voll aufzureißen – tatsächlich sind aber „nur“ 21 Schritte (das trifft grundsätzlich auf die VDJ-FX-Parameter zu) und nicht eine volle Umdrehung nötig. Noch seltsamer wird es beim Kombifilter, denn dieses erreicht seine jeweilige Grenzstellung (Hipass, Lowpass) bereits nach 16 Encoder-Schritten. Gar nicht so einfach, einen Kompromiss zwischen praxistauglichem Regelweg und Detailtiefe zu finden. Einen Vorteil bei der Verwendung von Encodern im Zusammenhang mit „4-Deck-Controllern“ sollte ich hier vielleicht auch gleich mal anführen. Würden stattdessen Drehregler mit Mittenstrich verwendet, entspräche die Markierung beim Wechsel des Layers nicht der tatsächlichen Position des Softwarependants, was natürlich beim Encoder nicht der Fall ist. Auch Bedarf es hier keines Pick-Up-Modes zur Wertabholung.
Ein paar Worte noch zur Anzahl, Art und Klangqualität der Effekte: Die ist für mich im direkten Vergleich zu Traktor und Serato DJ als „unterdurchschnittlich“ zu bewerten. Ohnehin würde ich das Gerät – ohne Partei ergreifen zu wollen – mit einer anderen Software betreiben, da Virtual DJ LE mir persönlich zu restriktiv ist und wenn ich schon nen Hunni oder mehr für ein Upgrade locker machen soll, dann würde ich persönlich zu einem „musikalischeren“ Programm tendieren. An dieser Stelle möchte ich dennoch erwähnen, dass der DJ bei VDJ-Pro für das Generations-Update nicht noch einmal zur Kasse gebeten wird. Außerdem beinhaltet die Vollversion das Videomix-Feature. Dieses ist sowohl bei Serato (Download: 149 USD, Boxed: 213 Euro), als auch bei Mixvibes (Download: 79 Euro) extra zu bezahlen. Ebenfalls nicht verschweigen möchte ich die Netplay-Funktionen und die Content-Flatrates für Streaming-Inhalte, die zu besprechen allerdings den Rahmen dieses Artikels sprengen würden.
Bunt: Color Select (Shift + Layer)
Legt die Farbe des Jogwheels anhand der entsprechenden Farbtaste für das ausgewählte Deck ohne bidirektionale fest.
Für dich ausgesucht
Soviel zur Pad-Sektion. Das Handling geht schnell in Fleisch und Blut über, der ständige Wechsel zwischen den Performance-Modi ist aber vielleicht nicht jedermanns Sache, denn wenn auf allen vier Decks abgerockt wird und dabei Loops, Samples und FX ins Spiel kommen, dann kann es schnell mal unübersichtlich werden. Doch pro Deck 28 (!) Pads zu verbauen, um jedem Kreativwerkzeug ein eigenes Pad-Arsenal zu geben würde zulasten der Übersichtlichkeit, Kosten und Mobilität gehen. Hier herrscht sozusagen der „Goldene Schnitt“ und allein die Anzahl der zu bedienenden Features ist beim Numark doch recht hoch.
Geneigten Treckerfahrern, die eine kostengünstige 4-Deck-Alternative suchen, sei hinsichtlich der MIDI-Mappings gesagt, dass es aktuell noch keine Konfigurationsdatei für den Testkandidaten gibt und der Mixer und die globalen Layer-Switches auf MIDI-Channel1 funken, wohingegen die Decks inklusive Transport- und Pad-Sektionen auf den Kanälen 2-5 angesprochen werden. „Shift“ hingegen operiert im Stile eines „Modifiers“. Die MIDI-Charts fehlen dem Handbuch und dem Download-Bereich der Website. Laut Support-Aussagen ist ein Traktor-Mapping bereits in der Mache. Das könnte eine interessante Kombination werden. Vor dem Fazit möchte ich noch auf unsere Kickstart-Serie Digital-DJing hinweisen, wo ihr neben Workshops auch ausführliche Testberichte zu aktuellen DJ-Programmen findet.