Bereits auf der BPM 2011 angekündigt, ist der Numark N4 nun seit kurzer Zeit im Handel erhältlich. Als preisgünstiger Vierkanal-DJ-Controller mit eigenständiger Mischpult-Funktion wendet er sich in erster Linie an budgetorientierte Discjockeys, die eine gewisse Flexibilität schätzen. Sein integriertes USB-Audio-Interface und zwei analoge Eingänge für CD-Player oder Turntables ermöglichen den Einsatz unterschiedlicher Tonträgermedien. Ferner hat der N4 zwei Mikrofonbuchsen an Bord und ist mit symmetrischen XLR-Ausgängen für die Profi-PA bestückt. Seine berührungsempfindlichen, großen Jogwheels, eine vollständige Mixersektion und eine stattliche Anzahl an Bedienelementen prädestinieren ihn weiterhin zur Steuerung von bis zu vier Softwaredecks sowie deren Loop-, Video- und Effektsektionen.
Im Datenträgermix wechselt der DJ on the fly zwischen externen Geräten und PC-Player. Zusätzlich kann er Timecode-Signale an die virtuellen Decks weiterleiten. Gleich zwei DJ-Programme renommierter Softwarehäuser, nämlich Virtual DJ LE und Serato DJ Intro, liegen dem Paket bei. Inwieweit diese nun das numarksche Einsteiger-Flaggschiff ausreizen können und was man mit dem N4 noch so anstellen kann, soll dieser Erfahrungsbericht aufzeigen.
Wer nach Lesen dieses Artikels geneigt ist, den Kandidaten einer näheren persönlichen Betrachtung zu unterziehen, sollte noch wissen: Mein heutiger Studiogast schlägt mit einer unverbindlichen Empfehlung von 479 Euro im Handel auf und ist somit zum Testzeitpunkt neben American Audios VMS4 (UVP 479 Euro) das preiswerteste Modell dieser Produktklasse.
INTRO
Ausgepackt
Die erste Überraschung erlebe ich gleich beim Auspacken, denn der N4 ist mit 3,2 Kilogramm Kampfgewicht ein ziemlich leichter Geselle, was dem mobilen Einsatz zunächst einmal zuträglich ist. Sein Chassis ist komplett aus silberfarbenem Kunststoff gefertigt, daher ist er sicherlich nicht so robust wie manch stählerner Konkurrent und kann sich eines gewissen Plastik-Looks nicht erwehren. Doch ich finde, dass der Spagat zwischen Portabilität und Traglast recht gut gelungen ist. Die anthrazitfarbene Bedienoberfläche wurde mit einer glänzenden Plexiglasscheibe bedacht, die dem Ganzen einen coolen Touch verpasst. Der Autor greift ergo vor der anstehenden Foto-Session zu Giottos Rocket-Blower, der sauberkeitsfanatische Wander-DJ packt sicherheitshalber Poliertücher in seine Gigbag. Klar passt der Proband bei Maßen von 57 x 30 x 6 Zentimetern nicht mehr in den Standard-Rucksack, jedoch hat der Hersteller bereits eine passende, gepolsterte Transporttasche für die hauseigenen Gerätschaften N4, 4Trak, NS6 und iDJ-Pro angekündigt. Einmal aufgebaut, steht die Konsole auch bei impulsiveren Handlungen rutschfest auf vier kreisrunden Gummilfüßen, die an der Unterseite befestigt sind. Es kann also ordentlich zur Sache gehen.
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Vorder- und Rückseite
An der Vorderseite finden maximal zwei Mikrofone mit 6,3-Millimeter-Klinken Anschluss. Ein praktischer Schalter trennt die Signale von der Summe, so dass es nicht zwingend nötig ist, sie nach jeder Moderation oder Karaoke-Darbietung (ich erinnere hier gleich einmal an die Videofunktion von VDJ!) neu einzustellen. – dabei tritt jedoch ein leichtes Knacksen auf. Jedes Mikrofon bekommt einen separaten Drehregler zum Einpegeln. Den nachgelagerten Zweiband-Equalizer (Treble und Bass) müssen sie sich allerdings teilen. Leider ist es nicht möglich, den Klang im Vorfeld auf dem Kopfhörer zu prüfen. Für Moderationszwecke ist die Qualität definitiv als ausreichend zu bewerten. Eine Talkover-Option vermisse ich trotzdem.
Als Nächstes folgen zwei Schalter, die den Betriebszustand der beiden äußeren Mischpult-Kanäle auf PC oder Line umschalten, darüber hinaus ein Switch für die Crossfader-Kurve mit den Positionen „Scratch“ oder „Normal“. Damit auch DJ-Teams adäquat mit dem N4 arbeiten können oder der Akteur im Falle eines vergessenen Kopfhörer-Adapters nicht gleich die Flinte ins Korn werfen muss, spendieren die Konstrukteure je einen Ausgang als 6,3mm- und Mini-Klinke. Einen Pegelabfall beim Simultanbetrieb zweier Einheiten konnte ich nicht feststellen, der Kopfhörerausgang ist angemessen laut. Ihm mangelt es für meinen Geschmack jedoch etwas an Brillanz und er beginnt auf den höheren Einstellung ein wenig zu zerren.
Ein Blick auf das rückseitige Anschlussfeld zeigt von rechts nach links zunächst zwei vergoldete Stereo-Cinch-Eingänge für externe Zuspieler, die unabhängig voneinander auf Phono- oder Line-Betrieb geschaltet werden können. Daneben folgen Master- und Booth-Out gleichen Formates sowie zwei XLR-Buchsen, die den Anschluss an professionelles Beschallungsequipment gewährleisten. Warum nun die Rändelschraube zur Aufnahme der Plattenspieler-Massekabel gerade zwischen den Ausgängen statt an den zugehörigen Phono-Eingängen platziert wurde, ist mir ein wenig rätselhaft. Jedoch ist dies im Betrieb nicht hinderlich, also Schwamm drüber. Ein weiterer Hebel bestimmt, ob der N4 im Timecode- oder Record-Modus operieren soll. Bleiben noch die USB-Buchse Typ-B zur Verbindung mit dem Computer, ein Kabelhalter, eine Netzstecker-Buchse und ein schutzumrandeter Einschaltknopf, die unseren Ausflug über das Backpanel beenden und uns zum Benutzer-Interface führen.
Der Wolf im Schafspelz?
Numarks Bedienoberfläche orientiert sich am charakteristischen Layout für DJ-MIDI-Controller. Die Bauteile der Decksektionen sind spiegelsymmetrisch angeordnet (mit Ausnahme der Beschriftung der Kreativ-Abteilungen). Die Pitchfader sitzen an den oberen äußeren Flanken und in der Mitte strahlt uns der Mixer entgegen. Ein Kanalzug ist wie folgt aufgebaut: An oberster Stelle sitzt der Gain-Regler, welcher sich für die Lautstärke des einzupegelnden Signals verantwortlich zeigt. Darunter tritt ein Dreiband-EQ in Erscheinung – mit seitengeriffelten, leicht konisch zulaufenden Poti-Kappen, denen allerdings ein gewisses Low-Budget-Feeling anhaftet. Allen Beteiligten fehlt es an einer eindeutigen grafischen Einteilung, denn es sind mit “min” und “max” nur die Anschläge bezeichnet. Unter dem Aspekt, dass der Pitchfader wahlfrei in seiner Auflösung skalierbar ist, dass nur zwei Busse analog operieren und Software-EQs von Programm zu Programm einen unterschiedlichen Wirkungsgrad besitzen, ergibt das aber auch definitiv einen Sinn. Das beigelegte Handbuch macht keine weiteren Angaben zum „analogen“ Cut/Boost, was wiederum schade ist. Während der Mixsession stellt sich heraus, dass sowohl die Soft- als auch die Hardware-EQs eine Kill-Funktion innehaben. Für meinen Geschmack packen die Equalizer jedoch etwas zu hart zu.
Die Bedienelemente für die Haupt- und Booth-Lautstärke sind leicht versetzt über den Kanälen drei und vier arrangiert – in gebührendem Abstand zum Rest der Truppe. Auf der anderen Seite bilden ein Lautstärkeregler für den Kopfhörer und ein weiterer, der stufenlos zwischen Master und Vorhörsignal blendet, die Cuemix-Abteilung. Auf Zwölf-Uhr-Position thront der Browser-Encoder. Er navigiert im Softwarebetrieb durch den Datenbestand des PCs. Vier separate Ladetasten nehmen sich der Befüllung der Softwaredecks an. Cue schickt den gewünschten Kanal in angestammter Manier auf den Kopfhörer, selbstverständlich auch in Mehrfachselektion.
Den Linefadern kann ich ein ansprechendes Gleitverhalten auf ihren 45 Millimetern Regelweg attestieren. Zwei Lämpchen unter den Kanälen drei und vier liefern ein optisches Feedback darüber, ob aktuell der PC-Modus oder der Phono/Line-Mode ausgewählt ist. Der Crossfader ist naturgemäß etwas leichtgängiger und öffnet gemäß seiner Direktive in Scratch-Position recht flott innerhalb der ersten beiden Millimeter. Schön. In Kombination mit den großen Jogwheels sollte er also auch bei gelegentlichen Scratch-Einlagen gute Dienste verrichten, wenngleich Profis sicherlich Kontour-Regler, Transform- und Reverse-Schalter vermissen. Hartgesottene Scratcher werden wohl auch eher zu einem NS6 (Test hier) oder NS7 (Test hier) greifen wollen, wenn das Budget es zulässt. Wir machen einen Schwenk nach links und werfen einen näheren Blick auf die Teller.
Mit 155 Millimetern im Durchmesser und einer berührungssensitiven Auflage mit 65er-Radius empfehlen sich die üppig ausgefallenen Räder für Nudge, Scratch und Search-Aktionen. Ähnlich der NS6-Modelle zeigen sie an den Seiten kleine Einkerbungen, die als Fingerführung dienen. In der Mitte springt mir ein Ornament ins Auge, das an eine Arretier-Vorrichtung für Seven-Inches erinnert – landläufig auch Stern genannt. Die Dial-Oberfläche ist beim N4 jedoch angeraut und bietet selbst bei feuchten Fingern ordentlich Grip. Unterm Strich eine gelungene Konstruktion mit angenehmer Haptik und praxisgerechtem Widerstand (auch wenn der Rundlauf bei dem vorliegenden Sample nicht zu 100 Prozent exakt ist, sondern eher zu 99 Prozent). Direkt unter dem Teller sind mit gut gewähltem Abstand und standesgemäßer Beleuchtung zwei große Tasten für Cue und Play/Pause platziert. Sie bestehen aus halbtransparentem Hartplastik und ihr Schaltpunkt ist gut zu ertasten.
Links neben den Rädern sehe ich von unten nach oben die Tasten Pitchbend (+/-), Sync und TAP, womit manuelle und automatische Synchronisation anhand des Beatcounters oder per Hand eingetippter Werte sichergestellt ist. Sehr schön. Nicht so schön: Diese Buttons sind trotz Player-Zugehörigkeit leider von der zuvor erwähnten Farbcodierung ausgenommen. Scratch schaltet die gleichnamige Funktion ein, Keylock startet den Time-Stretch-Algorithmus unter SDI und VDJ. Somit kann der DJ nach Harmonic-Mixing-Regeln (Artikel hier) in der ursprünglichen Tonart eines Titels verweilen, selbst wenn er mit dem Tempofader die Geschwindigkeit erhöht oder verringert. Allerdings arbeitet dieser trotz seiner imposanten Länge von 100 Millimetern nicht im Hundertstel-Bereich, sondern zehntelgenau. Im Test konnte ich mich manuell immer auf ein bis zwei Hundertstel an den Nachbartrack heran pitchen. Ich bin zwar kein Nostradamus, doch ich denke, der überwiegende Teil der anvisierten Zielgruppe wird damit sicher leben können.
Verharrt der Pitchfader in Nullstellung, leuchtet ein gelbes Lämpchen auf. Von dort aus ist in jede Richtung eine halbe Skaleneinteilung nicht sensiblen Bereiches festzustellen. An den Nord- und Südenden betragen diese sogenannten Deadzones mit fünf Millimetern knapp eine Unterteilung. Business as usual. Da die Kreativ-Werkzeuge (acht Buttons und vier Regler an der Zahl) softwarebedingte Funktionen auslösen, schauen wir ihnen im nachfolgenden Praxisteil unter Verwendung des jeweiligen DJ-Programms auf die Finger.
Alex sagt:
#1 - 29.05.2012 um 00:25 Uhr
Was mich bei diesem Test ein wenig irritiert ist die Angabe der (Un-)Genauigkeit der Pitchfader, ist das nicht ein Kommunikationsproblem zwischen Software und Controller und nicht von der Hardware des Faders abhängig? Bitte verbessert mich, falls ich falsch liegen sollte.
Auf dem DJ-Meeting in Dortmund hatte ich den N4 unter den Händen, der Rundlauf der Jogwheels war ok, kann es sein das Ihr ein Montagsgerät bekommen habt?
Viele Grüße
Alex
Peter sagt:
#2 - 01.06.2012 um 14:37 Uhr
Hi, bei unserem Messemodell (hatten wir im Text angegeben) war die Fertigungsqualitaet von Jogs und Fadern so wie beschrieben. Die Haptik der Jogs wurde ja auch als Pluspunkt bewertet ;) Das dies durchaus mal abweichen kann, möchte ich nicht ausschliessen.Gruß
Peter sagt:
#3 - 01.06.2012 um 16:25 Uhr
H Alex, die sofftware beginnt zu arbeiten, wenn sie einen Midi Wert vom Fader empfängt . Deadzones sind nicht ungewöhnlich, variieren aber von Hersteller zu Hersteller und über einzelne Produkttypen. Wir erwähnen daher natürlich das Ausmaß, machen aber nur einen Kontrapunkt daraus, wenns auffällig gross ist und die Arbeitsweise etwas stört. Gruß