Praxis
Scratch
Es ist schon toll, wenn ein CD-Player ein recht authentisches und latenzarmes Scratchgefühl vermitteln kann. Kommt dann noch ein großes Jogwheel mit angenehmer Haptik dazu, verstärkt es den Spaßfaktor ungemein. Aber warum sollte an dieser Stelle schon Schluss sein? Numark jedenfalls verpasst seinem Baby fünf innovative Scratchmodes, die sicherlich nicht nur Gelegenheitskratzer positiv ansprechen. Anfangs ist der Vinylmode eingestellt, der ein Schallplatten-ähnliches Handling ermöglicht. FORWARD hingegen setzt nur die Vorwärtsbewegungen um, so, als würde man einen Backspin cutten und beim Vordrehen wieder einpunchen. CUE versetzt den Song bei jeder Wheel-Berührung an den ersten Cuepunkt. So kann der DJ eine Stelle immer wieder scratchen. Der virtuelle Needledrop geschieht mit Aufsetzen der Hand auf das Jogdial. CUE FORWARD ist eine Mischung der vorausgegangenen Modi. BLEEP lässt den Tellerschubser normal scratchen, nimmt er jedoch die Hand vom Teller, spielt der Song an der Position weiter, wo er sich ohne Interaktion befunden hätte. BLEEP FORWARD spielt äquivalent nur die Forwardmoves ein.
Bleep Reverse
Und noch ein Hingucker: Der auffällige Kippschalter ist einigen Lesern sicher vom NS7 (Link) und V7 (Link) bekannt. Bringt man ihn in die einrastende Südposition, spielt der Song rückwärts ab. In Bleep-Stellung spielt er auch gegen die Laufrichtung, setzt aber losgelassen unmittelbar an der Stelle ein, wo er sich ohne Eingriff befunden hätte. Der Zwischenraum wird übersprungen. So kann der DJ schnell mal ein paar ungewollte explicit Lyrics zensieren oder interessante Reverse-Effekt-Kombinationen einsetzen – ohne im Mix mit einem zweiten Track aus dem Takt zu geraten. Klasse, Numark, jetzt noch Loop-Roll, und ich wäre so was wie platt.
Cues, Loops und Samples
Der Proband beherrscht Seamless-Looping. Das heißt, es entsteht eine nahtlose Audioschleife ohne Wiedergabeverzögerung, sobald der DJ-Start- und Endpunkt mit den Tasten IN und Out festgelegt hat. Um den Loop zu verlassen, betätigt er OUT ein zweites Mal, RELOOP reaktiviert die Schleifenwiedergabe. IN übernimmt im laufenden Zyklus die Stotterfunktion. In Kombination mit MODE kann man mit den Tasten eins bis drei einen zweiten Loop auf die gleiche Art definieren, falls man die Buttons nicht als Speicher für Hotcues einsetzen möchte. Sehr praktisch finde ich den federnden Kippschalter. Er halbiert oder verdoppelt die Länge eines Loops. Mit dem Fader-Switch macht das Cutten richtig Spaß. Das Intervall liegt bei 1/8 bis 16 Beats. Die Tasten 1,2 und 3 können statt Schleifen auch Samples aufnehmen. Ihnen stehen Lautstärkenanpassung und fünf Sekunden Audiopuffer zur Verfügung. Um ein Sample aufzunehmen, schaltet der DJ auf REC und startet die Aufnahme mit dem entsprechenden Pad. Entweder er stoppt sie mit einem Tastenhieb oder er wartet ab, bis der Samplepuffer voll ist. Abgefeuert wird über die Triggertasten als Insert oder Reverse. NDX-800 speichert auf Wunsch mehrere unterschiedliche Cuepunktsätze pro CD, “Store” schaufelt sie ins Langzeitgedächtnis. Dort werden sie durchnummeriert und können bei einem RECALL mit dem Parameterregler ausgewählt werden.
Effekte
Mit dem Einsatz digitaler Abspieleinheiten und der Implementierung unterschiedlicher Klangverformungs-Techniken gewinnt das DJ-Set an Individualität. Manch einer differenziert sich vornehmlich über eine Darbietung weitestgehend kleiner, verfremdeter Audioschnipsel. Aber auch, wer nicht so weit gehen möchte, weil er zurecht denken könnte, dass einzelne Auszüge seines Musikbestandes gut genug sind, um unverblümt vor Publikum gespielt zu werden, selbst der kann sich eines gelegentlichen Effekteinsatzes nicht erwehren. Der NDX-800 bietet sechs synchronisierbare DSP-Effekte und bringt zur Steuerung die Bedienteile seiner digitalen Brüdern NS7 und V7 mit. Als Erstes springt mir da gleich mal der kleine, aber prozentgenaue und sehr praktische Dry/Wet-Fader ins Auge. Er dirigiert das Mischungsverhältnis zwischen Originalsignal und Effektanteil. Mit dem FX-Select-Schalter wählt der DJ den Effekttyp aus. Mit an Bord sind Filter, Echo, Chop, Pan, Flanger und Phaser. Chop simuliert einen beatgesteuerten Mute-Button und zerhackt das Audiosignal, Echo erzeugt einen „Widerhall“ und synchronisiert auf Wunsch zum Takt. Für den Phaser stehen die Modulationszyklen 1/32 bis 16/1 Beats zur Verfügung. Der Flanger riecht förmlich nach Kerosin, Pan schickt das Audiosignal zwischen rechtem und linkem Kanal hin und her. Beim Filter selektiert man das Frequenzband (Low/ High/ Mid). Hat sich der DJ für einen Typus entschieden, bringt FX den Stein ins Rollen. Extremwerte sind nicht zugegen, der Sound wabert absolut DJ-tauglich durch den Raum. Um ein vorgegebenes Timing auszuwählen, wird der Parameter-Encoder niedergedrückt und dabei gedreht. Die manuelle Steuerung des Effektes erfolgt, ohne den Regler niederzudrücken. Die Synchronisation ist nicht immer hundertprozentig synchron, bei Schwankungen des Beatcounters während der Laufzeit kann der Effekt schon mal ein wenig aus dem Tritt geraten. Diese Holperer spielen sich jedoch meist in Sekundenbruchteilen ab, die von den Partygängern in der Regel kaum wahrgenommen werden.
Für dich ausgesucht
MIDI-Modus
Beim MIDI-Funktionstest stellt sich heraus, dass lernfähige DJ-Programme anstandslos mit unserem Testkandidaten kommunizieren. Allerdings unterstützt kein Softwarehaus den Achthunderter zum momentanen Zeitpunkt nativ. Ich bin gespannt, wer hier zuerst aktiv wird. Vielleicht ist ja die Umverpackung ein Hinweis. Sicherlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis im Internet erste Konfigurationsdateien in einschlägigen Foren angeboten werden. Wer nicht solange warten will, mappt den Player selbst. Das ist unter Verwendung von Applikationen wie Traktor, Deckadance oder DJAY mit kleineren Einschränkungen recht einfach. Bei Programmen, die einen MIDI-Editor verwenden, wo der entsprechende Notenwert per Hand eingegeben wird, ist die Konfiguration etwas schwieriger, denn Numark liefert keine Noten-Tabelle mit. Hier helfen diverse Freeware-Tools bei Bedarf weiter. Unter Traktor fiel mir auf, dass die Notenwerte der Bedienelemente nicht identisch mit dem gesendeten LED-OUT sein müssen. In meinem Fall leuchtete bei Betätigung der PLAY-Taste der REC-Button auf.
Kurz nach Fertigstellung des Artikels fand ich dann doch eine Traktor-Konfigurationsdatei auf Numarks Website, die nicht nur den Single Player-Betrieb unter Traktor ermöglicht, sondern auch den Dual-Deck-Modus mit nur einem 800er. Das Mapping ist unter anderem mit den folgenden Funktionen ausgestattet: Abspielsteuerung, Loop, Loopcutter, Auto-Sync, Filter, Key, Keycorrection, Navigation, Deckloading, Pitch und Bend.
Die Effektsteuerung gelang nur zum Teil. Der Advanced Mode ist nicht konfiguriert und im verketteten Modus hat der Traktorizer ausschließlich auf einen (und zwar den ersten) Effekt in der Daisy-Chain Zugriff. Das Display zeigt während einer Traktor-Session lediglich den Songfortschritt und den Abspielstatus an. Es liefert weder Track noch Titelinfos, Abspielzeiten oder dergleichen. Auch kann der DJ nicht das interne Audiointerface als USB-Audio-Unit nutzen. Schade, dass es noch nicht zu mehr gereicht hat.