Numark Orbit Test

Numarks Wireless-MIDI-Controller Orbit war sicher eines der heißesten DJ-Produkte auf der Frankfurter Musikmesse. Selten waren sich die vor Ort anwesenden Redakteure des DJ-Ressort direkt einig, was die erste Inspektion und den Coolness-Faktor des Funk-Kommandanten angeht. Und eines wurde auch sofort deutlich: Das Konzept geht über die Steuerung mit einer DJ-Software hinaus. Im Nu hallten Zwischenrufe wie „Ableton Live“, „Plug-in Trigger“, „VJ-ing“ oder „Trommelmaschine“ durch die Halle und ließen keinen Zweifel aufkommen, was dem Bonedo-Team hier im Kopf herumspukte. Kein Wunder, denn das akkubetriebene Performance-Tool vereinigt 16 bunt beleuchtete Pads, diverse Druckschalter, zwei Schultertasten, ein Aluminium-Jogwheel und einen X/Y-Neigungssensor auf kleinstem Raum und überträgt seine Steuersignale entweder über eine USB-Verbindung oder eben drahtlos. Wie ein Derwisch durch die DJ-Kanzel oder über die Bühne tänzeln und dabei mit dem Controller in der Hand Samples, Loops und FX abfeuern? Genau! Die Einheit kann sogar am Arm befestigt, als Desktop-Gerät aufgestellt oder um den Hals getragen werden – Erinnerungen an Public Enemys Flavor und seine Markenzeichen-Uhr werden wach.

An den unteren beiden Laschen um den Hals zu tragen.


Pünktlich vor dem offiziellen Verkaufsstart (die eigentümliche Konstruktion wandert für eine unverbindliche Preisempfehlung von 149 Euro über die Ladentheke, was im Vergleich zu den Gerätschaften der Mitbewerber absolut fair erscheint) landet der Orbit nun also in der Bonedo-Redaktion und entfacht die Neugier, inwieweit Konzeption und Praxis-Workflow auseinanderdriften – oder eben nicht. 

Details

Aus dem Karton befreie ich einen mattschwarz gehaltenen, 290 Gramm schweren Numark Orbit, ein Mini-USB-Kabel, einen 2,4-GHz Transmitter samt Verlängerungsadapter, eine Schutztasche nebst Handgelenkriemen, das Handbuch und Serviceheft sowie ein Faltblatt mit Download-Hinweisen zu Numarks DJ-Software „Orbit DJ“, die kostenlos auf der Hersteller-Website zur Verfügung gestellt wird. Bei meinem visuellen Check kann ich keine unangenehmen „Auffälligkeiten“ ausmachen. Weder was das griffige, zartgummierte (!) Kunststoffgehäuse, noch die milchig trüben Gummidruckschalter oder das mit seinem angenehm schwergängigen Drehwiderstand behaftete Handrad angeht. Tatsächlich erinnert die Konsole mit ihren zwei silberlackierten, federnden Plastik-Schultertastern und der grundsätzlichen Form zunächst an Videogame-Handheld wie die Playstation Portable – doch das waren auch schon alle Gemeinsamkeiten.

Fotostrecke: 4 Bilder Der Orbit und sein Gefolge

Ausgehend von der Mitte, wo das Jogdial mit seinem „Füllstand anzeigenden“ Leuchtkranz residiert, sitzen im Norden vier Funktionstaster und im Süden ebenso viele Pad-Bank-Umschalter, flankiert von je acht Pads im Westen und Osten. Ferner schlummert im Inneren ein Neigungssensor, dessen Achsen (X/Y) jeweils einem Parameter pro Bank zugewiesen werden können. Hinten sind die Schultertasten zu finden, unten zwei Haken, um den Orbit um den Hals zu tragen. An der rechten Außenseite vertieft angebracht befinden sich der Einschaltknopf, die Mini-USB-Buchse und eine Power-LED. Nehme ich den Orbit in die Hand, erreiche ich mit dem Daumen alle höchstwahrscheinlich diesem Finger zugedachten Tasten – also mit Ausnahme der gegenüberliegenden Pads und Schultertaste – ziemlich gut. So hatte ich es erwartet.

Fotostrecke: 2 Bilder Das Jogwheel hat leider keinen Touch-Sensor.

An der Unterseite ist eine Metallstrebe verbaut, durch die sich der Klettverschluss-Handriemen ziehen lässt, was in der vertikalen Grundauslegung wackelig und irgendwie „falsch herum“ erscheint. Löse ich jedoch die untere Schnellspannung und rotiere den Schlaufenhalter um 90 Grad, lässt sich das Gerät im Landscape-Format auf den Arm schnallen und ich komme mir vor wie Spock, der den Bordcomputer der Enterprise mit Daten füttert. 

Fotostrecke: 7 Bilder Die Haltevorrichtung abschrauben und dann …

Orbit Editor

Der Orbit Editor ist ein komfortables Konfigurations-Tool, mit dem ihr die gesendeten MIDI-Kanäle und -Befehle sowie die LED-Beleuchtung definieren und fertige Orbit-Mappings als JSON-Datei (JavaScript Object Notation) importieren und exportieren könnt. Selbstverständlich dürft ihr auch den aktuellen Status „over the air“ direkt in den Editor beamen, bearbeiten und zurück in die Maschine schicken. Mit Ausnahme der Pads und Pad Banks, die Notenwerte senden, übermitteln die restlichen Bedienelemente Control Change Parameter. Die Schultertasten senden als Auslöser Note (Global 16) und in der Bewegung CC. Praktischerweise ist es nicht zwangsläufig notwendig, jeden einzelnen Wert „von Hand einzugeben“, denn ihr könnt ebenso gut – ausgehend von einem Pad eurer Wahl – konstante oder aufsteigende Werte automatisch vergeben. Klasse. Das erspart einiges an Arbeit, beispielsweise wenn ihr unterschiedliche Noten für Sampler Pads (oder VSTis) vergeben wollt. Anschlagdynamisch sind die Pads jedoch nicht, daher werden keine Velocity-Werte übermittelt. Änderungen wirken sich nur auf die jeweilige Bank aus, also immer darauf achten, wo ihr gerade „Hand anlegt“. In Bezug auf das Jogwheel legen die Pad Banks den MIDI-Kanal fest und die Druckschalter K1 bis K4 den gesendeten Control Change. K3+PB3 ergibt also CC3 auf CH3. K1+PB4 ergo CC1 auf CH4. In Stellung K1 bis K3 arbeitet das Jogdial ähnlich eines EQ-Potis, also mit 270 Grad Regelbereich, wohin gegen K4 „Encoder typische“ volle 360 Grad nutzt und sich daher ideal zum Browsen der Musikbibliothek etc. empfiehlt. Schade finde ich allerdings, dass der Teller nicht zwischen Seiten- und Oberflächenkontakt unterscheidet. Hier hätten ein leicht verbreiterter Rand und ein Touch-Sensor einen Push-Encoder ersetzen können. Bei kanalübergreifenden Tellerbewegungen kommt es übrigens nicht zu Parametersprüngen. Gut so. Wer mit einer MIDI-Learn-Software arbeitet, kann eigentlich unverzüglich mit dem Mapping beginnen. Die Möglichkeit, im Editor Veränderungen vorzunehmen, ist indes besonders wichtig für Programme, die über keine Lernfunktion verfügen. Ich hatte das Thema vor Kurzem schon einmal bei der iMPC-App fürs iPad angesprochen, wo die MIDI-Noten von C#1- F2 den Pads fest auf Kanal 12 zugeordnet sind. Eine MIDI-Tabelle und der Numark-Editor helfen in so einem Fall also auch ohne „Learn“ weiter. Wichtig: Bevor ihr mit der (Re-)Konfiguration der Hardware beginnt, legt euch ein Backup des Auslieferungszustands an, denn wenn ihr die Noten und CC-Befehle verstellt, funktioniert möglicherweise die mitgelieferte Software Orbit DJ nicht mehr. Das geht am schnellsten via „Manage Mappings >> Retrieve >> Save“, beispielsweise als „orbit_default.json“. Vielleicht kann Numark in Zukunft ein Werks-Preset beilegen oder als Download zur Verfügung stellen.

Fotostrecke: 3 Bilder Text: Der Orbit Editor ist ein Konfigurationstool …
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