Numark Redphone Test

Praxis

Die grundsätzlichen Vorteile eines Handhörers kann eigentlich jeder, der schon mal aufgelegt hat, bereits vom Erscheinungsbild erraten. Kein umständliches Gewurschtel mit dem klapprigen Kopfhörerbügel, der, wenn man eine Seite der Ohrmuschel wegdreht, oft unbequem sitzt und auch gerne mal komplett runterfällt. Auch die Möglichkeiten, das Kabel zu verdrehen oder daran hängen zu bleiben, sind dramatisch reduziert. Nicht zuletzt profitiert der DJ von einer insgesamt wesentlich höheren Bewegungsfreiheit und offeneren Kommunikation mit der Umwelt. Denn einen Stereo-Kopfhörer setzt man prinzipiell weitaus seltener ab als einen Handhörer, den man, immer wenn er gerade nicht gebraucht wird, einfach zur Seite legt. Und das ist beim Auflegen ja in 50 und mehr Prozent der Zeit der Fall. Insgesamt kann der Einsatz eines Sticks deshalb auch für einen „besseren“ Sound des ausführenden DJs sorgen, der so nämlich viel öfter und umfassender dem Klanggeschehen in der Räumlichkeit ausgesetzt ist, als wenn er sich akustisch in seine Kopfhörer „verkriecht“. Unbestreitbare Vorteile also, wenn, ja wenn man es mag. Denn das Stick-Prinzip hat natürlich auch seine Nachteile. Allen voran die Tatsache, dass man eben
a.) immer nur mit einem Ohr vorhört, was besonders am Anfang etwas ungewohnt ist und
b.) immer ein Ohr frei hat und somit unweigerlich dem Außenschall ausgesetzt ist.
Das Vorhören an sich, also das „Erhören“ von Tonart und Tempo des nächsten Titels, kann dadurch in kritischen Situationen anstrengender sein als mit einem beidseitig ohrumschließenden Kopfhörer, wo man – je nach Modell – von einer durchaus kräftigen Außengeräuschabschirmung profitiert. Der Natur der Sache geschuldet ist natürlich auch, dass man eben nur Mono hört. Tonart und Rhythmus lassen sich so gut identifizieren, das gesamte Stereofeld und damit auch die Anmutung eines Tracks (direkt, zurückgenommen, trocken, hallig) lässt sich so eher schlecht beurteilen. Nicht zu vergessen, dass sich ein normaler Stereo-Kopfhörer auch einfach zum Musikhören verwenden lässt, wobei der Redphone eher wenig Freude bereitet.
Zwar mochte mir der Numark beim ersten Anfassen aufgrund des ausschließlichen Einsatzes von Plastik und der daraus resultierenden Haptik nicht sofort ans Herz wachsen, doch beim Mixen, wo man den Stick automatisch ständig aufhebt und wieder ablegt, macht sich die Leichtgewichtigkeit durchaus positiv bemerkbar. Das gilt dann auch beim Tragen oder besser gesagt beim „Ans-Ohr-Halten” und Einklemmen. Besonders in der letzten Position bewirkt das geringe Gewicht, dass sich der Redphone sehr unaufdringlich ans Hörorgan kuschelt. Ein leichtes Abknicken des Kopfes zur Seite und ein unangestrengtes Anheben der Schulter genügen bereits, damit der Hörer eine relativ stabile Position einnimmt, bei der man sich noch gut und ungezwungen bewegen kann.

Sieht vielleicht auf den ersten Blick anstrengend aus – ist es aber nicht.
Sieht vielleicht auf den ersten Blick anstrengend aus – ist es aber nicht.

Ob man den Handhörer nun lieber in der klassischen „Telefonhaltung“ verwendet oder dem Einklemmen den Vorzug gibt, ist natürlich Geschmackssache und nicht zuletzt davon abhängig, ob man gerade beide Hände oder nur eine Hand freihaben muss. Besonders aber den situationsbedingten Wechsel zwischen beiden Positionen empfand ich beim längeren Arbeiten als ergonomisch sehr angenehm. Tatsächlich hatte ich nach einer zweistündigen Mixsession mit dem Redphone ein weitaus entspannteres Gefühl im Hals und Nackenbereich (und auch auf den Ohren) als mit meinem Stereo-Kopfhörer.

Fotostrecke: 2 Bilder Wahlweise hält man sich den Redphone seitlich ans Ohr …

Was das Cueing selbst angeht, erfordert das Vorhören mit einem Ohr ein gewisses „Umlernen“. Vor allem, wenn man es bevorzugt, den Kopfhörer während des Mixens eigentlich immer ohraufliegend zu tragen – die Stereosumme also nicht durch das Wegschieben einer der Ohrmuscheln und das Hören des On-Air-Signals überprüft, sondern durch das Einspielen des Main-Out in die Kopfhörermischung. So konditioniert hat man anfänglich schon sehr den Wunsch, wieder auf beiden Ohren und in Stereo beschallt zu werden. Das Gehirn gewöhnt sich aber recht schnell an die neue Situation und nach einem Dutzend Übergänge ist man gewissermaßen „drin“ im Mono-Stick Pre-Listening.
Was einem der Redphone dabei auf die Ohren sendet, ist zunächst einmal erstaunlich laut. Dies ist nicht allein der Impedanz von 24 Ohm geschuldet, sondern auch der Tatsache, dass hier ja das Summensignal von beiden Kanälen zur Befeuerung einer einzigen Membran zur Verfügung steht (und was sich bei Stereo-Kopfhörern beide Treiber brüderlich teilen müssen). Obwohl stimmt das auch? Ich mache den Test und drehe einen Ton im Stereofeld auf harten Links- und Rechtsanschlag. Tatsächlich bleibt der Klang in beiden Maximalstellungen unverändert und umso mehr man sich der Stereomitte nähert, desto lauter wird das Signal. Ein zweiter Test betrifft das Thema Stereo auf Mono-Konvertierung. Sind die Signale beider Kanäle (links/rechts) identisch, findet eine Summierung der Stromstärke statt. Ist aber einer der beiden Kanäle in der Phase invertiert, müsste es bei der Mono-Konvertierung zu einer vollständigen Auslöschung kommen und genau das ist der Fall. Folglich gibt der Redphone Material, welches sich in der Mischung ganz nah oder in der Mitte des Stereofeldes befindet, wie beispielsweise Schlagzeug und Bass, deutlich lauter wieder als Klänge, die weiter am Rand der Mischung stehen und eine weiter gespannte Phasenlage haben. Für den Musikgenuss ist das natürlich wenig wünschenswert, für die Arbeit des DJs dagegen schon, denn genau auf diese Elemente kommt es bei der rhythmischen Orientierung innerhalb der Musik an.
Womit wir auch schon beim Klang des Solitärhörers wären. Die akustische Betonung liegt hier ganz klar auf dem Bassbereich und schlägt im direkten Vergleich sogar noch den geradezu unanständig laut tieftönenden Aiaiai TMA-1. Überhaupt erinnert die Klangcharakteristik so dermaßen stark an die beiden Stereo-Kopfhörer Electrowave und Redwave, dass ich an dieser Stelle einfach mal die begründete Vermutung anstelle (auch die Impedanz stimmt überein), dass bei allen drei Kopfhörern der aktuellen Serie dieselben Treiber zum Einsatz kommen. Das würde auch erklären, warum der Redphone, genau wie seine Artgenossen, unter einer leichten Schwäche in Bezug auf die Knackigkeit und Präzision der Transientenabbildung leidet. Hier würde ein Quäntchen mehr Agilität der Membran sicherlich nicht schaden. Einen Punktabzug rechtfertigt das allerdings nicht. Unter audiophilen Gesichtspunkten würde ich der Bassabbildung fast schon einen Minuspunkt wegen Unausgeglichenheit geben. Für den DJ-Einsatz dagegen ist ein leicht überzeichneter „Umpf“ goldrichtig.

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Dr. Green sagt:

#1 - 11.07.2014 um 19:18 Uhr

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Spitzenmäßig. Der Lollipop scheint zu überzeugen. Auch die Chef-mäßigen Klemm Bilder von DJ Numinos sind großartig!!

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