Mit dem Ocean Audio 500 Mic Pre gibt es nicht nur ein neues Modul für den API Lunchbox-Standard, sondern mit Ocean Audio auch ein neues Unternehmen auf dem Markt. Es ist die wohl am meisten diskutierte Neuigkeit dieses Audio-Frühjahrs: Die britische Engineer-Legende Malcolm Toft ist zum zweiten Mal aus der eigenen Firma Trident ausgeschieden und hat mit Ocean Audio eine neues Unternehmen gegründet, welches zunächst vier 500-Module anbietet. Werfen wir einen Blick auf den Preamp!
Und die Geschichte wiederholt sich doch: Während Toft damals, 1994, eine neue Mischpultkonsole unter dem Firmennamen MTA (Malcolm Toft Associates) auf den Markt brachte, folgen heute, 2013, deren Adaptionen für das 500-Format.
Insgesamt vier Module, die auf den alten MTA-Schaltungen beruhen, hat Malcolm Toft nun frisch im Angebot, als Produkt-Grundstock seiner neuen Firma mit dem klangvollen Namen „Ocean Audio“. Es scheint, dass der Brite doch ganz der leidenschaftliche Engineer und Designer geblieben ist, der seine Karriere in den 60er-Jahren in den Londoner Trident-Studios unter anderem mit der Mischung von „Hey Jude“ von den Beatles begann – einer der wenigen Songs der Fab Four aus dieser Schaffensperiode, der nicht komplett im Abbey Road fertiggstellt wurde. Es sieht so aus, als ob sich die Zwänge, denen Design und Produktion von Audiotools unterliegen, wenn Hersteller zu groß und erfolgreich werden, nicht immer mit den Ansprüchen und Ideen solch einer knorrigen Legende vereinen lassen. Zweifelsohne ist Tofts legndäre Mischpultmarke Trident auch in seinem zweiten Frühling in Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Vertrieb PMI extrem erfolgreich, aber es sieht so aus, als ob es Malcolm Toft noch einmal zu neuen Gestaden des Audio-Ozeans getrieben hat: Downsizing mal anders, mit Fokus auf Fertigung nach klassischen Prinzipien – zudem in England und nicht in Fernost!
Details
Malcom Tofts Handschrift
Im Prinzip machten die MTA-Konsolen damals genau dort weiter, wo Trident mit den Konsolen der legendären 80B-Serie aufgehört hatte, deren Produktion um 1990 endgültig eingestellt worden war. Die Schaltungen, die verwendeten Bauteile und weitere Aspekte tragen eindeutig Malcolm Tofts Handschrift, und das gilt ebenso auch für die Ocean-Audio-Module. Hier geht es nicht um den heilige Gral diskreter Class-A-Technik, sondern um solide Workhorse-Technologie, die mit ansprechendem Klang und Funktionsumfang die Produktion nach Hause bringen soll. Für die Ocean-Audio-Module bedeutet dies: Man darf überall eine solide Feature-Ausstattung erwarten, welche nach durchaus klassischen Designprinzipien in Hardware gegossen wurde, nur eben ohne die teuren Insignien der Prä-IC-Ära – wie eben Spulen, Röhren, Übertrager an jedem Ein- oder Ausgang und dergleichen. Aber: Das freut nicht zuletzt auch den Geldbeutel.
Flexibles Hochpassfilter
Der Ocean Audio 500 Mic holt insgesamt 66 dB Verstäkung für Mic-Signale aus seiner IC-Transistor-Schaltung, während er 36 dB Gain für Instrumenten- und Line-Quellen zur Verfügung stellt. Das sollte ausreichen! Dabei verfügt die Kassette über zwei unabhängige Pegel-Potis für beide Aufgaben. Auch hier können wir Phaseninvertierung und Phantomspeisung als Selbstverständlichkeiten durchwinken. Toll ist hingegen der Lowcut, den man gar nicht mehr als reines „Trittschallfilter“ bezeichnen mag, weil das stufenlos durchstimmbare Poti so weit hinaufreicht. Mit einem Frequenzbereich von 30-350 Hz bei einer Flankensteilheit von 12 dB pro Oktave kann das Filter auch zur Klanggestaltung herangezogen werden, beispielsweise allzu wattige Analogsynthflächen wirkungsvoll verschlanken.
Input- und Output-Transformer
Unter der Haube arbeiten Tofts bewährte Schaltungen auf Basis von TL072-Operationsverstärkern, die schon in der Trident-80B-Serie die Arbeit weggeschafft haben. An den Ein- Ausgängen des Vorverstärkers kommen Audio-Übertrager zum Einsatz, die vom britischen Hersteller Oxford Electrical Products (OEP) nach Malcolm Tofts Spezifikationen gefertigt wurden.
Thru-The-Hole-Bestückung
Als 500-Modul mit offener Bauform wird der 500 Mic nach einer kostensparenden Hardware-Konfiguration gefertigt. Ungewöhnlich ist lediglich der L-förmige Metallwinkel, der das Modul nach oben hin abschließt. Wahrscheinlich soll dieses Konstruktionsprinzip die Elektronik vor Staub schützen, falls der 500-Frame – wie etwa diejenigen von BAE – oben über Lüftungsschlitze verfügt. Ansonsten ist gegen eine offene Bauform nichts einzuwenden, denn sie spart Kosten, vereinfacht den Service und hilft, Hitze besser nach außen abzuleiten. Wobei man anmerken muss, dass die IC-Schaltungen von Ocean Audio ohnehin nicht viel Abwärme produzieren. Noch ein Wort zur Servicefreundlichkeit: Malcolm Toft hat beim Design vollständig auf SMD-Bauteile verzichtet, was Reparaturen nicht unwesentlich erleichtert, da diese mit konventionellem Werkzeug ausgeführt werden können.