Hochwertige Studio-Prozessoren zu fairen Preisen: So kann man das Angebot von Malcolm Tofts neuer Firma Ocean Audio zusammenfassen. Die neuen 500-Module der „two“-Serie setzen hier noch einen drauf – beziehungsweise drunter. Natürlich haben wir uns den Lunchbox-Mikrofonvorverstärker zum Test bei bonedo kommen lassen.
Seinen Einstieg in die Produktion von Studiotechnik feierte die britische Ingenieurslegende um 1970 mit der legendären A-Range-Mischpultserie von Trident. Von diesen nicht nur für die Verhältnisse der damaligen Zeit ausgesprochen luxuriös ausgestatteten Konsolen wurde nur ein gutes Dutzend Exemplare hergestellt. Wahrscheinlich hat diese Seltenheit den Legendenstatus der A-Range noch beflügelt, aber es handelt sich hier auch in rein technischer Hinsicht zweifelsohne um eines der legendärsten Designs diskreten analogen Studiotechnik. Schon die nachfolgende B-Series, die Mischpultlinie, die Toft etwas später als Nachfolger auf den Markt brachte, folgte etwas anderen Gesichtspunkten. Auch diese Konsolen wurden gerade im Rock-Sektor gerühmt und geliebt, allerdings waren sie etwas einfacher konzipiert, setzen beispielsweise durchaus auf integrierte Operationsverstärker und andere Mittel, die halfen, den Fertigungsaufwand nicht ausufern zu lassen. Kurzum: Die B-Series-Pulte waren und sind keineswegs von schlechten Eltern, galten aber durchaus als preisgünstigere Alternative zu Neve und Konsorten.
Details
Made In England
Diesen Trend, die Zuwendung zu einem Gerätesegment, das deutlich unterhalb der „Kosten spielen keine Rolle“-Liga rangiert, hat Malcolm Toft in den letzten Jahren immer konsequenter verfolgt; zunächst mit seiner Firma Toft Audio Designs, zuletzt mit seinem jüngsten Brainchild Ocean Audio, eines Herstellers, der sich sehr konsequent der 500-Technologie verschrieben hat. Schon die erste Ocean-Audio-Linie, die 2013 auf den Markt kam, war neben den klanglichen Qualitäten preislich sehr konkurrenzfähig. Diese Entwicklung wird mit den „two“-Modulen nun auf die Spitze getrieben, günstiger werden sich 500-Module kaum anbieten lassen. Doch trotz des günstigen Preises kann und will sich Toft von bestimmten Merkmalen nicht trennen. Die Module werden weiterhin England gefertigt und in konventioneller „Through-the-Hole“-Bauweise produziert. Dies bedeutet einen höheren Anteil an (teurer) Handarbeit, aber beispielsweise auch, dass die Geräte im Servicefall viel leichter und ohne teures Spezialwerkzeug repariert werden können.
Tofts Schaltungen
In den Grundzügen orientiert sich auch der MicPre two an den von Malcolm Toft bereits bekannten Schaltungen. Hier gibt es eine lange Tradition, da kann man wohl eher von Evolutionen als von Revolutionen sprechen – und letztere sind auch gar nicht nötig. Wie auch der bereits seit einem Jahr erhältliche Vorgänger-Preamp von Ocean Audio beziehen sich die Schaltkreise des Vorverstärkers auf das Innenleben der MTA-Pulte der 90er-Jahre, welche ihrerseits dort weitermachten, wo Toft vorher mit den Trident-Pulten aufgehört hatte. In technischer Hinsicht bedeutet dies, dass der MicPre two aus sehr soliden, aber nicht übertrieben luxuriösen Industriestandards besteht. Mit Hinblick auf den Preis wurde das Design des MicPre one hier nun an einigen Stellen vereinfacht, allerdings handelt es sich beim MicPre two keineswegs bloß um eine abgespeckte Variante: Hier und da wurden auch Features hinzugefügt, die der andere nicht hat.
Gute Standardausstattung – und ein Extra
Mit einer Verstärkung von -10 bis +60 dB deckt der Mic-Eingang einen weiten Bereich ab, der für die meisten Anwendungen ausreichen sollte. Wer speziellere Aufgaben wahrnehmen möchte, die eine weitere Spezifikation benötigen, der wird aller Wahrscheinlich nach auch auf spezialisiertes Equipment verfügen. Dass der MicPre two hier keine Rekordmarken setzt, wollen wir ihm also nicht ankreiden. Die Verstärkung wird stufenlos mit Potis durchgestimmt, wobei der Lunchbox-XLR-Eingang für die Mic-Signale sowie die frontseitige Klinkenbuchse für D.I.- bzw. Line-Signale über getrennte Potis verfügen. Daneben stehen nicht weniger als fünf Schaltfunktionen zur Verfügung: Phantomspeisung, Phaseninvertierung (für den Mic-Input), Aktivierung des hochohmigen Instrumenteneingangs, sowie ein Trittschallfilter, das im Gegensatz zum extrem flexiblen Hochpass des MicPre one fest bei 80 Hz greift. Dieser Filterpunkt ist jedoch sehr vernünftig gewählt, da das Filter so bei vielen Signalen die Nutzfrequenzen intakt lässt, jedoch unnötiges Rumpeln eliminieren kann. Für Vocals beispielsweise ist diese Abstimmung ideal. Alle Schalter verfügen über eingebaute LEDs, welche den Schaltzustand anzeigen. Diese sind bonbonbunt, was möglicherweise nicht jeden Geschmack trifft. In funktionaler Hinsicht ist das aber eine sehr gute Sache, da man so beispielsweise kaum die für angeschlossenes Equipment potenziell gefährtliche Phantomspeisung versehentlich aktivieren wird.
Doch der MicPre two kann nicht nur Signale verstärken, sondern in gewisser Weise auch für die Klangformung eingesetzt werden. Hierzu dient der Attitude-Switch, welcher für eine recht sanfte 3dB-Anhebung um 2,8 kHz herum sorgt. Diese Hochmitten sorgen speziell bei Vocals für Sprachverständlichkeit und Durchsetzungsfähigkeit. Hier kann man den Signalen also auch ohne externen EQ einen kleinen Kick geben.
Servicability: Note 1
Dem Modul offener Bauform sieht man durchaus an, dass es sich nicht um ein Edelgerät von der Sorte handelt, bei denen der gesamte Kaufpreis des MicPre two allein in kosmetische Extravaganzen gesteckt wird. Der Ocean-Audio-Pre präsentiert sich schlank, geradlinig und funktional auf jeden Fall auf dem Niveau ernstzunehmender Studiotools. Die Potis drehen sich angenehm schwergängig, auch ansonsten lässt sich die Fertigungsqualität nicht kritisieren. Diese schlichte aber eben funktionale Ausstattung findet auch ihre Entsprechung im Innenleben der Kassette. Das Modul wurde konventionell ohne SMD-Bauteile gefertigt und bedient sich größtenteils der Power der TL072-OpAmps, die nicht nur für Malcolm Toft seit Jahrzehnten als solider Industriestandard gelten. Im Servicefall wird es auch deswegen kaum Probleme mit dem Gerät geben, da beispielsweise alle OpAmps gesockelt montiert wurden und deswegen leicht getauscht werden können – mit SMD-Bauteilen wird sowas schon schwieriger! Anders als beim MicPre one werden die Ein- und Ausgänge des Gerätes elektronisch symmetriert. Der Verzicht auf Audio-Übertrager ist ein weiterer schlüssiger Faktor, um Fertigungskosten zu sparen. Allerdings ist die kritische Eingangsstufe des Preamps sogar diskret aus Einzeltransistoren aufgebaut, es handelt sich also mitnichten um eine komplette IC-Schaltung.