Praxis
Keep it easy
Dass die Bedienung von oeksound soothe 2 grundsätzliche unkompliziert ist, sollte in den Details klar geworden sein. Trotzdem neigen besonders Anfänger zum Übertreiben und erwarten gerne mal 180°-Wendungen – bei Extrem-FX ist das auch sicherlich angebracht, bei Mixing-Tools hingegen meist Quatsch. So kann auch niemand erwarten, dass eine schlechte Handyaufnahme nach der Bearbeitung mit soothe 2 nun nach Multi-Million-Dollar-Production klingt. Shit in – Shit out, daran ändert auch oeksound 2 nichts, es zaubert daraus oftmals nur „less Shit“
Ein guter Mix ist die Summe vieler kleiner und „richtiger“ Entscheidungen. Und dabei kann oeksound enorm helfen. Insofern gilt es, schon allein in einer Instanz nicht zu übertreiben, selbst wenn oeksound überraschend gutmütig mit wilden Vorhaben umgeht. Es ist nur so, dass sich unsere Ohren schnell an Quatsch gewöhnen und uns dann täuschen. Ich habe mich im Folgenden bewusst für etwas homöopathischere Beispiele entscheiden, um zu zeigen, wie das Tool schon mit feinen Änderungen konsequent helfen kann – eine gute Abhörsituation ist also Voraussetzung.
Erstes Beispiel: Eine einfache Monoaufnahme einer Akustikgitarre mit etwas SSL-EQ und Tai Chi Reverb: Klingt schon gut, aber etwas gewollt. Deshalb packe ich soothe 2 im zweiten Beispiel ganz dezent in den Anfang meiner Kette. Ohne, dass man den Effekt direkt greifen kann, klingt es nun schon wohlwollender. Das dritte Beispiel zeigt die Klampfe mit Soothe allein, das vierte die trockene Gitarre – der Unterschied zwischen beiden Files fällt kaum auf, obwohl es sich um die gleichen Settings wie im Beispiel zuvor handelt. Will heißen: Der positive Effekt wird erst im anschließenden Prozess deutlich, bei dem der Reverb eben alles breiter und größer macht, die Unzulänglichkeiten meiner Aufnahme damit aber auch durchaus nach oben holt. Soothe 2 macht also schön heile.
Man sollte soothe 2 nicht nur als EQ betrachten, der Resonanzen automatisch wegdrückt – das Plugin kann durchaus auch als unauffälliger Kompressor arbeiten. Gerade Gitarren entwickeln oftmals nur in schmalen Frequenzbereichen starke Dynamiken und so lohnt es sich, mit soothe 2 vorzuregulieren und erst im Anschluss mit einem dezenten und klangfärbenden Overall-Compressor zu verdichten. Ebenfalls sehr gut gelingt dies bei Saiteninstrumenten, die Greifgeräusche mit der Solo-Band-Funktionen isolieren und somit unterdrücken, ohne dass das Signal bearbeitet klingt bzw. das Gegriffel bei anschließender Compression unangenehm nach oben kommt.
Für dich ausgesucht
Ebenfalls interessant: Ducking mit Soothe – kommt die Kick, geht die Bassline. So kennt man das im EDM und Techno, teilweise sogar so extrem, dass es krass pumpt. Das geht mit soothe 2 jetzt nicht unbedingt, aber das will man ja auch nicht immer. Soothe 2 schafft auch da vor allem dezente Abhilfe, indem es nicht das ganze Signal wegdrückt, sondern nur kurz die dicken Frequenzen zur Seite schiebt. Bösem Kratzen von zu schnellen Attack-Zeiten entgeht man auf diese Weise auch. Wiedermal gilt: Es macht sich kein plakativer Unterschied bemerkbar, aber die Kick puncht durch den dicken Bass schon viel prägnanter durch.
Aufgerissene Amps profitieren ebenfalls von der Heilbehandlung, denn High-Gain-Sounds können ganz schnell unangenehm bitzeln, was einen im Mix manchmal daran hindert, sie ganz nach vorn zu holen – dazu das Metal-Beispiel. Fairerweise muss man aber auch sagen, dass genau solche “Fehler” sie oftmals auch erst erst durchsetzungsfähig machen – alles ein Balance-Akt, wie immer. Und in dem Fall hier, würde man sowieso nochmal anders mischen, wären Vocals dabei. Dass man Soothe auch im Mastering-Kontext verwenden kann, um beispielsweise die mulmenden Probleme eines schwierigen Mixes zu beheben, erklärt sich von selbst. Und das soll das letzte Beispiel verdeutlichen.
Wir werden in einem zukünftigen Feature noch detaillierter darauf eingehen. Es gibt durchaus aber auch andere vergleichbare Plugins, zu denen beispielsweise auch Gulfoss gehört. Die beiden Plugins haben durchaus auch Überschneidungen, allerdings stellt soothe 2, genau wie im Übrigen auch der DSEQ, die bessere Wahl für Einzelsignale dar, da es bei Bedarf deutlich chirurgischer verwendet werden kann. Gulfoss ist eher was für die feineren Anpassungen von Summen oder Bussen. Oder anders ausgrückt: Gulfoss ist mehr Auto-Balancer als Resonance-Suppressor.