Praxis
Als ich das erste Mal am Set Platz nehme, bin ich natürlich gespannt, was aus dieser geballten Dichte an offensichtlichen Innovationen nun heraus kommt. Man sitzt durch die Position des Pedals nicht direkt hinter dem Set, sondern in einer Ebene mit dem Pedal leicht seitlich dahinter. BOOOOM macht die schmächtige Maple-Bassdrum mit fettem Sound und tollem Sustain, und ich bin wirklich baff. Durch die Lederbänder bewegt sich der Kessel leicht im Gestell vor und zurück. Das mutet zwar am Anfang etwas seltsam an, bietet für die Klangentfaltung und das Spielgefühl allerdings eine Menge Vorteile, allerdings nur, wenn man mit aufgesetzter Ferse spielt und den Beater direkt nach dem Schlag wieder aus dem Fell nimmt. Dazu später mehr.
Auffällig ist, dass der Kessel nicht durch Halterungen oder Kontakt zum Boden im Klang gebremst wird. Durch das leichte Schwingen der Trommel entsteht bei mir im Fuß der Eindruck, ich würde auf einer viel größeren Trommel spielen. Das könnte eindeutig der Grund dafür sein, warum diese Bassdrum so viel besser klingt als alle anderen Mini-Sets, die ich bisher gespielt habe. Aber hört doch am besten selbst:
Aufgrund der Tatsache, dass die Opus IV Bassdrum so nahe am Spieler steht, bekommt man beim Spielen noch einen zusätzlichen Bass-Schub mit. Mit dem fest installierten Dämpfungskissen im Inneren der Trommel, dem doppellagigen Schlagfell und den Dämpfungsstreifen entlang der Felle ist die Bassdrum eher für druckvolle Sounds prädestiniert, aber auch hohe, jazzige Sounds sind kein Problem, wie die Hörbeispiele zeigen. 16 Zoll große Tomfelle sind im Gegensatz zu Bassdrum-Fellen noch halbwegs bezahlbar, da kann man es sich also durchaus leisten, auch noch ein wenig mit dem Sound zu experimentieren.
Interessant sind auch die Reaktionen meiner Kollegen auf das Opus IV Set. Von erstaunten Blicken und Kopfschütteln bis hin zu Gelächter ist alles dabei. Spätestens nach den ersten Schlägen auf der Bassdrum überwiegt aber das Erstaunen, und ein Katalog von Fragen prasselt auf mich ein. Mein Kollege Uwe Petersen ist bei einem Besuch so begeistert, dass ich ihn nicht lange überreden muss, spontan ein paar Video-Sounds für den Test einzutrommeln.
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Mehr InformationenEigene Optik und Spielgefühl: die Fußmaschine
Die Fußmaschine sieht nicht nur anders aus, sondern läuft auch etwas anders als ein gewöhnliches Kettenpedal. Geräuschlos, direkt und sehr leichtgängig sind die Attribute, die mir spontan in den Sinn kommen, alle Dynamikstufen von sehr leise bis laut kann ich optimal und sehr flüssig umsetzen. Für Spieler, die nur mit Ferse in der Luft spielen funktioniert sie allerdings nicht so gut, da der Klang des Kessels stark gebremst wird, hier ist also ein Umgewöhnen (oder ein kleines Loch im Resonanzfell) nötig. Um Abpraller auf dem Schlagfell bei schnellen Doppelschlägen zu umgehen, kann man die Beweglichkeit des Kessels an den Schrauben der vorderen Lederschlaufen etwas eindämmen. Mit der Einstellung der Feder und des Beater-Winkels experimentiere ich eine Weile, bevor ich eine sehr gut handhabbare Einstellung finde. Auch das gesamte Übersetzungsverhältnis der Maschine lässt sich anpassen, hier ist allerdings der Rat des Erfinders oder ein Mehr an technischem Verständnis gefragt. Mein einziger Verbesserungsvorschlag bezieht sich auf die Befestigung des Beaters, hier wäre an Stelle der Inbusschraube eine Vierkantschraube praxisgerechter.
Wie klingen die übrigen Kessel?
Nachdem mich die Bassdrum schwer begeistert hat, sind die optisch passende Snare und das Free Floating Tom an der Reihe. Die 12 x 5er Maple-Snare klingt in hohen Lagen sehr ansprechend, in anderen Stimmungen teilweise etwas rappelig. Besonders viel Bauch ist konstruktionsbedingt nicht zu erwarten. Auffällig ist – und das gilt nicht nur für diese Snare -, dass durch die Positionierung über der Bassdrum der Teppich stärker zum Rascheln angeregt wird. In Aufnahme- und Live-Situatutionen hat mich das allerdings nicht gestört, denn in ruhigen Passagen oder Pausen spanne ich den Snareteppich grundsätzlich ab.
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Free Floating Tom
Das Free Floating Tom ist eine weitere Besonderheit und Option im Opus IV Portfolio. Mit ihm kann man quasi im „Flügelmutter-Umdrehen“ vom Klang eines kleinen Floortoms in Timbale-artige Höhen gelangen. Das ist ohne Zweifel toll, besonders wenn man für verschiedene Sounds kurz umstimmen will. Allerdings ist die Spannung beider Felle immer identisch, was zu einem langen und ausdauernden Sustain führt – hört es euch mal auf den Aufnahmen an. Das ist wahrscheinlich in vielen Fällen schon zu viel des Guten, allerdings steht es ja jedem Käufer frei, die Trommeln seiner Wahl zum Einsatz zu bringen.
Stave Zebrano Kessel vs. Maple Kessel
Im Vergleich zu den dünnen Maple-Kesseln klingen die Vollholzkessel des Zebrano Sets in Spielerpostition noch etwas vollmundiger und durch die höhere Materialstärke subjektiv auch lauter. Dafür sind sie natürlich auch wesentlich gewichtsintensiver, was die Transportvorteile geringfügig schmälert. Die 13“ x 5“ Snare des Zebrano Sets hat gegenüber der kleineren Maple-Snare eindeutig die Nase vorn. Für den Testlauf bringe ich auch meine 14 x 5er Rogers Luxor und eine 13 x 7er Olive Stave Snare mit passenden Haltern an den Start. Diese ausgewachsenen Trommeln bringen noch mehr Spaß und schließen jetzt auch klanglich die Lücke zu den überragend klingenden Bassdrums. Im Folgenden hört ihr das Set mit den drei Zebrano Kesseln in unterschiedlichen Stimmungen. Einen Eindruck vom Stimmumfang des 12“ x 8“ Free Floating Zebrano Toms könnt ihr euch im letzten Soundfile verschaffen.
Ein weiterer Pluspunkt: wenig Platzbedarf und blitzschneller Aufbau
Für einen etwas längeren Praxistest darf ich einen der Rahmen – das leichteste Gestell aus Aluminium – noch eine Weile behalten. Zwei Auftritte in kurzer Folge stehen im Kalender – beste Gelegenheit, das Opus IV Set auszuführen. Ich spiele bei beiden Gigs zu 60% mit Besen, daher genügt mir die Zweier-Ausführung mit Bassdrum, einer Snare und einem Becken. Dazu brauche ich noch eine Hi-Hat Maschine und einen Sitz, denn für das Spielen im Stehen ist das Opus IV Set nicht gemacht. Nach dem Packen ist im Kofferraum noch reichlich Platz, und ich kann durch die geringe Packhöhe sogar die Kofferraumabdeckung zuziehen.
Das Aluminiumgestell wiegt mitsamt Bassdrum gerade mal 6966 Gramm. Zum Vergleich: Ein Yamaha Maple Custom Absolute Floortom in 14×14 Zoll, das ich hier stehen habe, wiegt 6590 Gramm. Durch das geringe Gewicht kann ich das Aluminiumgestell bei beiden Gigs auch ohne Probleme ein paar hundert Meter vom Parkplatz zum Venue tragen. Ein zweiter Gang, und alles weitere ist an Ort und Stelle. Jetzt muss ich nur noch die beiden Halter am Gestell befestigen, Snare und Becken einhängen und die Hi-Hat aufstellen, und tatsächlich steht das Set bereits drei Minuten später spielfertig auf der Bühne. Damit ist die Legende vom Schlagzeuger, der immer als erster aufbauen muss und am Ende als letzter fertig ist, eindeutig Geschichte.
Somit ist das Opus IV vor allem interessant für pragmatisch veranlagte Musiker, die ein gut klingendes Schlagzeug für mobile Einsätze brauchen oder ihr Set ohne viel Aufwand auf die kleine Bühne des Firmen- oder Kneipengigs stellen wollen. Auch für Bildungseinrichtungen könnte das Opus IV Set interessant sein, wenn der Musiklehrer oder Orchesterleiter statt des langwierigen Aufbaus eines Schlagzeugs einfach eine fertig montierte Opus IV-Version auf Rädern in den Unterrichtsraum rollen kann.
Udo Matthias sagt:
#1 - 10.03.2017 um 08:13 Uhr
coole sache!!
bonedo Chris sagt:
#1.1 - 10.03.2017 um 09:00 Uhr
Danke dir!
Antwort auf #1 von Udo Matthias
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