Praxis
Nachdem ich den Crush Bass 100 aus dem Karton gehoben hatte, entschied ich mich für einen ersten Testdurchlauf bei normaler Zimmerlautstärke, um zu sehen, wie sich der kräftige Combo als Übeamp bei moderater Lautstärke macht. Größere Combos oder Boxen benötigen ja nicht selten einen bestimmten Pegel, um ihren satten Sound zu produzieren.
Der große Orange-Combo klingt allerdings bereits in Zimmerlautstärke sehr voll und macht daher auch als etwas überdimensionierter Übecombo eine wirklich gute Figur. Als sehr angenehm klingend empfand ich auch die Boxensimulation, die auf dem Kopfhörerausgang liegt. Der Bass wirkt auf eine natürliche Art räumlich und präsent, sodass auch lange Übe-Sessions mit dem Kopfhörer richtig Spaß machen und die Ohren nicht zu stark belasten.
Mit seinem großen 15-Zöller und der 100 Watt starken Endstufe ist der größte Vertreter der Crush-Serie natürlich eigentlich weitaus mehr als nur ein Übecombo. Er ist durchaus kräftig genug für Proben und Gigs mit Bands, die in moderaten Lautstärken agieren. Die Tiefbass-Entwicklung des kompakten Würfels ist wirklich enorm und der Sound wirkt überaus griffig und solide. Und: obwohl der Combo keinen Hochtöner an Bord hat, wird der Bass erstaunlich detailreich und definiert abgebildet.
Klar, der 15-Zöller schiebt vor allem Tiefbässe und Tiefmitten deutlich in den Vordergrund. Wer auf Hifi-mäßige Schmatzesounds steht, ist hier sicherlich an der falschen Adresse. Probleme mit der tonalen Definition hatte ich mit dem Combo aber zu keinem Zeitpunkt, weil die kräftigen Mitten stets dafür sorgen, dass der Sound ortbar und durchsetzungsstark bleibt.
Zudem arbeitet der Equalizer des Crush Bass außerordentlich effektiv. Gerade die semi-parametrische Mittensektion erweist sich in der Praxis als überaus potentes Klangwerkzeug. Nölige Tiefmitten in schwierigen Räumen lassen sich mit einem Sweep durch die Mitten schnell aufspüren und anschließend mit einer Absenkung eliminieren.
Genauso leicht kann man auch den Bass mit der passenden Hochmittenfrequenz im Mix nach vorn holen oder mit einer ordentlichen Portion “Attack” versorgen. Ich bin ja prinzipiell ein großer Fan von parametrischen Mitten-EQs in Bassamps, weil der Mittenbereich für die Praxistauglichkeit und den Charakter des Basssounds wirklich ausschlaggebend ist. Deshalb: Sämtliche Daumen hoch für Orange, dass der Crush Bass 100 mit einem derart flexiblen Mitten-EQ ausgestattet wurde!
Trotz meiner Begeisterung sollte ich natürlich auch noch die zwei verbleibenden EQ-Bänder erwähnen, denn sowohl der Bass- als auch der Höhenregler liefern wirklich tolle praxistaugliche Ergebnisse. Der Combo entwickelt von sich aus Low-End ohne Ende, und somit habe ich den Bassregler in der Regel zur “Verschlankung” des Sounds verwendet.
Wer allerdings auf ultrafette Reggae- oder Dub-Sounds steht, kann den Bassbereich damit freilich noch weiter aufblasen, ohne direkt im Dröhn-Nirvana zu landen – sofern dies die Räumlichkeiten zulassen! Für mehr Attack und einen etwas aggressiveren Slap- oder einen schmutzigen Fingerstyle-Sound mit schmatzenden Bundgeräuschen reicht ein beherzter Dreh am Höhenregler.
Als richtiges Highlight würde ich den Blend-Regler in der Eingangssektion des Crush-Combos bezeichnen. Die mittels Gain-Regler eingestellte Verzerrung kann mit dem Blendregler beliebig stark dem cleanen Sound beigemischt werden – jeder wird sich vorstellen können, dass im Zusammenspiel der beiden Regler schier unendlich viele Overdrive-Variationen möglich sind. Mit etwas Feingefühl und dem richtigen Setting kann man den Basssound beispielsweise für Begleitsounds nur subtil anrauhen, und selbst bei stark verzerrten Overdrive-Orgien behält man mit dem Blend-Regler stets die Kontrolle über die Durchsetzungskraft.
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Wirklich undifferenziert klingt die Verzerrung allerdings selbst mit weit aufgerissenem Gain-Regler nicht, weil hauptsächlich die höheren Bereiche des Signals bearbeitet werden. Das Zusammenspiel von Gain- und Blend-Regler könnt ihr euch im Video auf der Detail-Seite anschauen und anhören, für die nachfolgenden Audioclips habe ich den Orange Crush 100 einmal komplett ohne EQ und danach mit dezenten EQ-Anpassungen für unterschiedliche Soundvarianten aufgenommen.