ANZEIGE

Orange O-Bass Test

Praxis

Optisch finde ich ihn sehr gelungen und man kann deutlich erkennen, in welchem musikalischen Lager man bei der Firma Orange den O-Bass ansiedelt. Zweifelsohne werden sich extrovertierte Seelen stärker zu diesem Instrument hingezogen fühlen als solche, die eher auf dezente Erscheinung Wert legen.
Von der Optik abgesehen ist es aber auch das Spielgefühl, dass dazu einlädt, den O-Bass eher der Rock-Tradition als anderen Stilrichtungen zuzuschreiben. Der Hals fühlt sich schmal an und die Art und Weise, wie der Bass am Körper hängt, lädt schon aufgrund der Kopflastigkeit dazu ein, einen Rock’n’Roll “Monkeygrip” auszupacken – also den Hals eher zu umklammern, als ihn mit schulmäßiger Lagengreifhand zu bezimmern.
Negativ muss ich anmerken, dass ich schon deutlich bessere Auslieferungs-Setups gesehen habe. Ich musste die Oktavreinheit neu justieren – und das teilweise sehr drastisch! Das heißt, dass an diesem Bass vermutlich vorher wenig bis gar keine Oktavjustierung vorgenommen wurde. Ausliefernde Musikläden werden also gut beraten sein, diese Arbeit im Sinne der Kunden zu erledigen. Auch die schon angesprochene Sattelkerbung scheint nicht unter ästhetischer Feinabstimmung erfolgt zu sein; zu grob wirken auf mich die Feilspuren. Davon abgesehen kann ich aber keine Fertigungsmängel erkennen.

Den Sattel hätten die Erbauer durchaus etwas sorgfältiger bearbeiten können ...
Den Sattel hätten die Erbauer durchaus etwas sorgfältiger bearbeiten können …

Zweifelsohne erwartet man aufgrund der Pickup-Bestückung einen soliden P-Bass-artigen Sound – und diese Erwartung wird auch voll erfüllt. Und siehe da: Der Sound des O-Basses erscheint mir tatsächlich über alles erhaben! Dabei scheint mir der Frequenzbereich in beide Richtungen hörbar erweitert worden zu sein. Die Bässe reichen besonders tief nach unten und die Höhen sind sehr präsent und aggressiv. Ob man diese Klangeigenschaften mit dem Knurren eines Polizeihundes assoziieren möchte, wie man bei Orange verkündete, sei jedem selbst überlassen.
Mag sein, dass vieles an diesem Bass anders ist, als man es von einem P-Bass gewohnt wäre, aber der Sound katapultiert ihn definitiv vollwertig in eine Liga, in der man normalerweise mehr Geld auf den Tisch blättern muss. Mir gefällt auch die praxisnahe Verwendbarkeit der passiven Tonblende, mit deren Hilfe man den Sound sehr variabel gestalten kann und die selbst ganz zugedreht den Ton nicht stumpf abtötet oder muffig erscheinen lässt, wie dies häufig gerade bei preiswerten Instrumenten der Fall ist.

Einschränkungen muss ich jedoch in Bezug auf den Spielkomfort feststellen – und die sind ganz klar dem Design geschuldet. Durch das fehlende obere Cutaway des Les-Paul-artigen Korpusshaping erhöht sich die Kopflast durch den verlagerten Schwerpunkt, zusätzlich begünstigt durch die Wahl großer Mechaniken an der Kopfplatte. Darüber hinaus ist der Body an den Kanten ohne jegliche Mulden oder Abflachungen gestaltet worden. Im ersten Moment ist das überhaupt kein Problem. Man kommt gut damit klar und kann alle gängigen Spielmethoden anwenden. Nach längerer Spieldauer treten die Komforteinschränkungen dann aber eventuell – je nach individueller Spieltechnik – stärker zutage. Beim Plektrumspiel, aber auch unter Umständen beim Fingerspiel, wird der rechte Unterarm durch die scharfe Korpuskante abgedrückt, was bei längerer Spieldauer schon mal etwas unangenehm werden kann. Besonders begünstigt wird das, wenn man im Sitzen spielt und dabei versucht, durch Auflegen des rechten Unterarmes der Kopflast etwas entgegenzuwirken. Dies verstärkt nämlich abermals den Druck der Korpuskante. Aber wie heißt es so schön: Man kann sich an alles gewöhnen und sicherlich werden geneigte Bassisten auch hier einen “Workaround” finden. Tatsache ist aber, dass es ergonomisch bessere Lösungen gibt.

Das Bild ist Konzept: mit einem gewissen Maß an Kopflastigkeit muss man beim leider O-Bass leben!
Das Bild ist Konzept: mit einem gewissen Maß an Kopflastigkeit muss man beim leider O-Bass leben!

Der relativ schwache Griffbrettradius und ein engeres Stringspacing begünstigen die Verwendung eines Plektrums, worauf der O-Bass mit einem wirklich tollen, drahtigen und kernigen Sound reagiert.
Was der O-Bass aber auf jeden Fall in erster Linie generiert, ist Spaß! Dazu zählt auch die Option der optischen Umgestaltung mittels des mitgelieferten alternativen Pickguards. Das mögen sicher einige Leser als Gimmick abtun, aber es geht schließlich beim Musikmachen um den Fun-Faktor. Ich sehe hier jedenfalls definitiv einen relevanten Mehrwert für den Käufer! Nicht jeder wird davon Gebrauch machen, aber wer weiß schon, ob man nach mehreren Jahren nicht doch einmal die andere Farbvariante des Schlagbretts ausprobieren möchte?
In dem Preissegment, in welchem der O-Bass rangiert, kann man ihn absolut bedenkenlos empfehlen, auch durchaus in professionellen Lagern.

Trotz minimaler Mängel bei der Verarbeitung: Sound und Optik des O-Basse sind erstklassig!
Trotz minimaler Mängel bei der Verarbeitung: Sound und Optik des O-Basse sind erstklassig!

Zuletzt präsentiere ich euch noch einige Soundbeispiele, damit ihr euch einen guten Eindruck vom Orange O-Bass machen könnt:

Audio Samples
0:00
Fingerspiel, Ballade Finger-Groove Fingerspiel, Vintage-Sound Plektrumspiel Slapspiel
Kommentieren
Profilbild von MB

MB sagt:

#1 - 20.09.2016 um 19:40 Uhr

0

Klingt nicht wirklich nach Preci. Hatte ich mehr erhofft. Schade, dass er so koflastig ist.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.