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Orange Tiny Terror Test

PRAXIS
Vorab gibt es schon mal ein dickes Lob für das Zubehör des Kleinen. Der wird nämlich in einem Gigbag mit Seitentasche, ausreichend groß für Netzkabel und Lautsprecherkabel, geliefert. Die Tasche ist sehr gut gepolstert, entsprechend gut geschützt kann der Tiny Terror also in der Bahn, dem Auto und dem Bandbus verreisen. Dann gibt es noch ein Netzkabel, eine Bedienungsanleitung sucht man vergebens. Aber die ist auch eigentlich nicht notwendig. Dennoch wäre ein kleiner „Beipackzettel“ gar nicht so verkehrt, denn man sollte  schon wissen, dass ein Röhrenverstärker immer mit Lautsprecherbox (die richtige Impedanz einstellen!) betrieben werden muss und dass man nach dem Einschalten die Röhren vorglühen lassen soll, bevor man  den Standby-Schalter auf „On“ stellt.  Das werde ich jetzt auch tun, damit ich euch die wichtigste aller Fragen – „issser laut genug???“ –  beantworten kann.

15 Watt klingt ja eigentlich nach ziemlich wenig. Wenn man aber bedenkt, dass 15 Watt  auch die Hälfte der Leistung eines AC30 sind, sieht die Sache doch schon anders aus. Hier geht es nämlich um Schalldruck und deshalb sollte die Frage eigentlich etwas präziser formuliert werden. Ich persönlich teile Verstärker grundsätzlich in vier Kategorien ein: 

  1. Amps, die man nur zu Hause spielt.
  2. Amps, die man in Proberaumlautstärke spielen kann, wenn Schlagzeuger und Bassist mitspielen.
  3. Amps, die man auf der Bühne spielen kann.
  4. Amps, die man auf der Bühne spielen kann und die nicht abgenommen werden müssen.

Selbstverständlich sind die Vorstellungen von Zimmer- und Bühnen-Lautstärke je nach Musikrichtung und Mensch unterschiedlich, aber nehmen wir doch einfach mal einen Mittelwert. So, jetzt spanne ich euch aber nicht mehr weiter auf die Folter, sondern lasse die Katze aus dem Sack. Der Tiny Terror gehört zur Kategorie 2-3. Er gibt ein ordentliches Lautstärke-Level ab, mit dem man sich locker gegen Bass und Schlagzeug durchsetzen kann. Allerdings muss man hier und da ein paar Abstriche machen, die ich im Folgenden etwas genauer erläutern werde.

Audio Samples
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Clean

Wir beginnen wie immer mit den Clean-Sounds und arbeiten uns dann in Richtung Verzerrung und HiGain vor. Stellt man den Gain-Regler auf 10 Uhr,  hat man den Punkt erwischt, an dem der Sound gerade noch unverzerrt ist. Der Volume-Regler steht auf 17 Uhr (voll aufgedreht), aber die Lautstärke reicht in diesem Setting leider nicht für den Einsatz in der Band. Für Aufnahmen geht sie allerdings völlig in Ordnung, vor allem, weil der Sound des Tiny Terror immer einen leicht dreckigen Charakter hat. Er liefert nicht diesen typisch crisp und klar klingenden Ton eines Fender Amps, sondern einen eher mittenbetonten Grund-Sound britischer Natur! Das Beispiel wurde mit einer Strat eingespielt.

Jetzt wird der Gain-Regler ein Stück weit höher eingestellt (11 Uhr), und wir erhalten den typischen angezerrten Crunch-Sound, der bei leichtem Anschlag fast clean klingt.

Audio Samples
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Stevie

In dieser Einstellung haben wir  dann auch eine Lautstärke erreicht, mit der wir in der Band mithalten können. Eine Sache fällt aber trotzdem negativ auf: Die Basswiedergabe ist doch recht bescheiden. Ich habe den Verstärker an eine offene 1×12“ Box angeschlossen, und es fehlt etwas Schub untenherum, den ich von anderen Amps über diese Box gewohnt bin. Über eine 4×12“ Box klingt das natürlich schon viel satter, aber wenn man doch mit kleinem (Reise-)Besteck arbeiten möchte, dann muss man dieses Manko leider in Kauf nehmen. Benutzt man den Amp zum Recording, ist das Problem meines Erachtens gar nicht so tragisch, denn beim Abmischen werden die tiefen Frequenzen aus dem Gitarren-Sound doch sehr häufig herausgefiltert, um den Mix etwas schlanker und aufgeräumter klingen zu lassen.

Audio Samples
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Young

Bei gleicher Gain-Einstellung wird jetzt die SG angeschlossen, und der Sound bekommt noch einen Hauch mehr Schärfe. AC/DC lässt grüßen, und man merkt, dass auch die Endstufe jetzt einiges zu tun bekommt. Die Kompression der Endstufe (Volume voll aufgedreht, Gain auf 12 Uhr) greift dezent hörbar ins Geschehen ein. Derartig kompakte Sounds lassen sich mit einem Verstärker, dessen Endstufe nur wenig aufgedreht ist, schwer erreichen.

Audio Samples
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Tele Crunch

Beim nächsten Beispiel wird deutlich, wie harmonisch und geschmeidig der Tiny Terror in die Verzerrung geht. Hier wird wirklich jede Nuance des Gitarrenspiels 1 zu 1 übertragen. Ich habe eine Tele angeschlossen (Halspickup), Gain auf 12 Uhr und den Tone-Regler auf 9 Uhr eingestellt.

Der Tone-Regler hebt bzw. senkt den Höhenbereich im kleinen Rahmen. Mit seiner Unterstützung können also lediglich Feinabstimmungen vorgenommen werden, extreme EQ-Settings, wie der typische Mid-Scoop Sound für den Metal-Bereich sind hier nicht möglich. Wo wir aber schon beim Thema Metal sind… Ihr denkt vielleicht, der kleine Orange ist so ein Amp für Rentner, die in ihren Hobbykeller-Blues spielen möchten, wenige Regler bedienen wollen – und das ganze bitte nicht so sehr laut… Falsch gedacht! Hier ist ein kleiner Wolf im Schafspelz am Start.

Audio Samples
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Heavy Riff

Beim nächsten Beispiel wird der Gain-Regler voll aufgedreht. Mit der entsprechenden Humbucker-Power einer Les Paul lässt sich aus dem kleinen Giftzwerg ein sehr ordentlicher Distortion-Sound herauskitzeln, sehr gut geeignet für tiefe Riffs. Selbst bei hohen Gain-Einstellungen wird der Klang niemals matschig, und die Verzerrung bleibt immer harmonisch und dynamisch.

Auch heruntergestimmte Gitarren-Sounds verkraftet der Kleine ohne Mühe. Die Wiedergabe von Akkorden ist auch in diesem Verzerrungsbereich außerordentlich gut. Wir hören die SG in Drop D-Tuning bei voll aufgedrehtem Gain.

Audio Samples
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SG Riff

Mit angeschlossener Les Paul und Gain auf Rechtsanschlag wird die Akkordverständlichkeit überprüft. Die Akkorde E, G, D, A werden nacheinander angeschlagen und sollten auch noch als solche zu erkennen sein (Chords).

Audio Samples
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Chords Dyna Poti

Sehr gute Verzerrung und sehr gute Akkordverständlichkeit! Als nächstes kommen noch die Tests zum Thema Dynamik. Wiederum ist der Gain-Regler voll aufgedreht und ich spiele eine kleine Passage mit zurück gedrehtem Volume-Regler an der Gitarre (Strat). Anschließend wird der Volume-Regler voll aufgedreht (Dyna Poti).
Alle Achtung, der Verstärker hat eine sehr große dynamische Bandbreite. Hier kommen Blues-Spieler und Vintage-Tone-Liebhaber voll auf ihre Kosten und werden garantiert ihren Spaß haben.

Weiter geht es mit der Anschlagsdynamik. Wie reagiert der Amp, wenn man leicht mit den Fingern und dann  hart mit dem Pick anschlägt. Wir hören!

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Dyna Pick

Respekt! Alle Anschlagsstärken und Klangnuancen werden hundertprozentig übertragen. So will man das hören. Keine weiteren Fragen!

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Lead

Zum Schluss noch ein Beispiel für einen Lead-Sound mit der Les Paul. Auch hier zeigt der Tiny Terror seinen eigenen Charakter. Der Hochmitten-Bereich ist angehoben, der Sound etwas aggressiv und bissig, aber von sehr guter Durchsetzungskraft – und das ist schließlich sehr wichtig beim Solo.

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