Der Donk-Bass ist nicht nur ein Sound, sondern gilt ähnlich wie die typische 303-Acid-Bassline mittlerweile als Oberbegriff für einen Musikstil. Er wird meist off-beat gespielt, klingt hohl und voluminös und ist im aktuellen 90s Rave-Revival-Fieber wieder sehr aktuell. Schon der Name „Donk“ selbst beschreibt lautmalerisch sehr gut den Klangcharakter, ebenso wie die manchmal auch genutzte Bezeichnung „Bamboo Bass“. Donk-Experten sind sich einig, dass das niederländische Trio Klubbheads mit „Kickin‘ Hard“ den ersten Donk-Track produzierte.
Kickin’ Hard
Es kommt durchaus öfter vor, dass kommerzielle Dance-Tracks genreprägende Sounds erfinden, denken wir nur an den „Cher-Autotune“-Effekt oder den Hoover-Sound.
Die Klubheads-Producer Koen Groeneveld, Andy van der Zwan und Jan Voermans hatten bereits einige veritable Clubhits gelandet, als sie 1998 auf ihrem eigenen Label Blue Records bei „Kickin Hard“ einen selbstprogrammierten Yamaha TX81Z-Bass einsetzten, der fortan als Donk-oder auch Bamboo-Bass in der Hardhouse-, Trance- und Hardbass-Szene Karriere machen sollte.
Video: Klubheads – Kickin‘ Hard
Auch die 2003er Klubheads-EP „Bamboo Sessions #1“ ist vom Introtrack „Countdown“ bis zum Ende eine Hommage an den Donk/Bamboo-Bass.
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Video: Klubheads – Countdown (Bamboo Sessions #1 EP)
Put a donk on it
So richtig Fahrt nahm das Genre aber erst 2008 wieder auf. Die Blackout Crew aus Bolton schuf mit „Put a donk on it” nicht nur einen lustigen, sondern auch Genre-bildenden Track. Initiiert durch BPM-schnelle Styles wie Happy Hardcore und Hardhouse eroberten 150 bpm schnelle Bouncebeats mit Rap und Donk-Bass den Norden Englands.
Während in Berlin minimal-klickige Electrobeats und düster-drückende Berghain-Bässe regierten, drehten die Working Class Lads und Girls im Norden Englands zu Donk durch. Der Wigan Pier Club war das unumstrittene Donk-Epizentrum. Im Gegensatz zum buntgemischten House-und Techno-Publikum war Donk eine sehr heterosexuelle Angelegenheit mit uniformen Dresscodes: die Jungs in Trainingsanzügen und Sneakern der angesagten Marken, die Girls in knallengen Tops und superkurzen Röcken. Die kurzweilige Dokumentation „Donk: 150 Beats per Minute“ zeichnet ein gutes Bild der Szene.
Video: Donk – 150 Beats per Minute
Japan – na klar …
Wo könnte man den Donk noch verrückter machen? Natürlich in Japan, wo sonst? Völlig überdrehte Videospielmusik trifft auf hochgepitchte Girlie-Vocals und darunter bollert der Bass. Japanische Pop-Musik klingt für europäische Ohren oft total überladen. Und der Donk wurde zum gerngenutzten Off-Beat-Bass-Sound des Denki-Genki-Sounds. In Kombination mit einer tonal getunten Bassdrum war das Bass-Fundament schon mal abgehakt und die Produzenten konnten sich um die übrigen tonalen Elemente kümmern. Hier am Beispiel von Nyan Cat, die musikalische Umsetzung eines Internetphänomens aus dem Jahre 2011.
Nyakina Cat
Hardbass
Die größte Popularität hat der Donk-Bass aber in Osteuropa. Speziell in Russland ist Hardbass das dominierende Underground-Dance-Genre. Hier rappt man russisch, tanzt im „gopnik-style“, aber in Adidas-Trainern und mit Donk im Bass. Auch in der Ukraine, Belarus, Polen, Litauen, Serbien, Tschechien und der Slowakei ist Hardbass ein großes Thema. Die Hardbass-Szene ist zum allergrößten Teil weiß, heterosexuell und die Texte sind rauh, gern grob und manchmal auch militärisch-nationalistisch, letzteres teilweise ironisch, aber nicht immer. Hardbass ist wahrscheinlich das House-Music-Genre, das sich am weitesten von der Ursuppe der schwarzen, queeren Clubs der USA entfernt hat.
Video: XS Project – Bochka, Bass, Kolbaser
Donk und Clonk
Donk-Bässe können auch anders klingen, so wie die Bassline von Green Velvet, immerhin aus dem Jahre 1995. Donk ist übrigens nicht mit „Clonk“ zu verwechseln, einem fast vergessenen Mini-Genre von 1990, für das der Act Sweet Exorcist auf Warp Records fast im Alleingang verantwortlich war und das sich durch hohe Bleeps und abgrundtiefe Bässe auszeichnete.
Green Velvet – I want to leave my body
Tipp: Bau dir deinen eigenen Donk-Bass in Ableton
Don’t blame the Donk – denn er kann alles sein, von Hardbass bis Green Velvet. Hier erklären wir euch, wie ihr einen Donk in Ableton Live programmiert.
Gerade mit Abletons Operator-FM-Synth ist es ein Kinderspiel, einen Donk-Bass zu bauen, der zudem noch herrlich modulierbar ist.
Wir laden eine Operator-Instanz, belassen Op A auf der voreingestellten Sinusschwingunbg und tunen den Coarse-Pitch lediglich eine Oktave tiefer auf Stellung 0,5. Level auf 0,0 dB
Für Op B wählen wir fürs Erste die Triangle-Waveform und belassen Coarse auf 1.
Die Decay-Werte der beiden Operatoren sollten bei ca. 500 bis 600 msec liegen. Wenn wir jetzt das Level von Op B langsam anheben, donkt es schon schön typisch hohl. Und nun wird rumgespielt: probiert verschiedene Schwingungsformen für Op B aus, der Operator-Synth bietet verschiedenste Sägezahn- und Rechteckformen an. Je nachdem, wie laut wir Op B drehen, wird Op A mehr oder weniger krass moduliert. Wenn wir mit Level und Decay von Op B herumspielen, klingt es schon fast nach frühen Green Velvet Produktionen (siehe unten). Ebenfalls gewinnbringend ist die Umkehr der Phasen bei einem oder beiden Operatoren. Das Tiefpassfilter benötigen wir lediglich zum dumpfermachen.
Saturator und Reverb
Schließlich schmecken wir den Sound noch mit Abletons Saturator und Reverb ab. Beim Saturator bringen Drive und Base noch mal zusätzlichen Smack. Dann donkt es auch nicht mehr, sondern bratzt schon gewaltig. Wer will, hängt noch einen Kompressor hinter das Reverb, um den Hall zu verdichten. Am Ende der Kette lohnt sich dann immer noch der Ableton-Utility-Effekt, um den Bassbereich unter 120 Hz strikt mono zu halten und Phasenschweinereien zu vermeiden.
Natürlich sind die beschriebenen Techniken auch auf andere frequenzmodulationsfähige Synths übertragbar, wenn dort die Schwingungsform der Operatoren frei wählbar sind.
Wer den Donk nicht maschinenhaft statisch durchballern lassen, sondern maximal modulieren möchte, kreiert aus Operator, Saturator und Reverb ein Instrument-Rack und mappt die Lieblingsparameter auf die Makroregler. Nun haben wir mit den zumeist acht Reglern einer Ableton-kompatiblen Bedienoberfläche maximalen Zugriff auf die wichtigsten Parameter unseres Donk-Basses und können nach Herzenslust schrauben, präzise Automationen aufzeichnen oder komplett durchdrehen. Viel Spaß!
Donk-Bass Audiobeispiele
Wenn Ihr alles richtig geschraubt habt, dann klingt euer Donk-Bass so wie in den Audiobeispielen, einmal mit 150 bpm, einmal mit 125.