PRAXIS
Jetzt aber zum Härtetest an die Vinyl-Front. Tonabnehmer montiert, Tonarmhöhe optimiert und los geht’s!
Laut der technischen Daten hat der Concorde Pro-S hinsichtlich des Auflagegewichts einen möglichen Arbeitsbereich von 3 – 5 Gramm. Ob das auch für laut gepresste Maxis gilt? Siehe da, selbst beim Minimalwert von 3 Gramm kann auch Ms Dynamite mit ihrem Song „Booo“ den Tonabnehmer nicht aus der Ruhe bringen. Völlig ungestört und ohne hörbare Verzerrungen sucht sich die Nadel ihren Weg durch die Rille.
Schnelle Basic-Scratches (Baby-Scratches) und normal schnelle Backspins sind bei 3 Gramm Auflage möglich. Für schnelle und komplexe Scratches sollte das Gewicht allerdings auf ca. 3,5 Gramm erhöht werden, für schnelle Backspins reichen bereits ca. 2,8 Gramm. Wer das Pro-S nur zum Mixen verwendet, der ist mit der minimalen Auflagekraft von 3 Gramm (Nm) gut beraten. Ein exaktes „Needle-Dropping“ per Augenmaß wäre dank des freien Blicks auf den Nadelträger kein Problem, hätte dieser nicht eine dunkelrote Markierung. Hier fehlt es einfach am farblichen Kontrast zum schwarzen Vinyl. Schade!
Der relativ dünne, aber dennoch erstaunlich robuste Nadelträger des Pro-S verfügt über eine recht steife Aufhängung. So sind die Eigenschwingungen des Tonabnehmers bei Vorwärts- und Rückwärtsbewegungen nur sehr gering. Vernachlässigbar leise sind deshalb auch die dabei entstehenden Störfrequenzen. Top!
Unser Prüfling überzeugt zwar mit sehr guten Mix & Scratch-Eigenschaften, doch vor Freude an die Decke springen kann ich trotzdem nicht. Schließlich ist eine Mindestauflagekraft von 3 Gramm relativ viel. Somit ist der Concorde Pro-S nicht unbedingt der plattenschonendste Kandidat in diesem Teilnehmerfeld.
Klang
Mit einer Ausgangsspannung von 5 mV schafft es der getestete Tonabnehmer leider nur bis ins Mittelfeld. Im Vergleich liegt er etwa 5 dB unterhalb der Testsieger dieser Kategorie, dem Ortofon Concorde S-120 und dem etwa gleich lauten Numark CS-1.
Besonders kraftvoll und ziemlich hoch aufgelöst überträgt er allerdings den tiefen Teil des Frequenzspektrums, selbst im Bereich der Sub-Bässe. Die Reproduktion der Höhen ist angenehm und klar – besonders erwähnenswert, weil es sich beim Pro-S um eine sphärische Nadel handelt. Obwohl der mittlere Frequenzabschnitt einen angenehmen warmen Sound liefert, wirkt dieser gleichzeitig leider auch ein wenig undefiniert.
Im Gesamtbild ergibt sich ein im Hochton- und Bassbereich präziser und generell warmer Klang, der auch in Sachen Stereobreite zu überzeugen weiß. Da es dem Sound gleichzeitig aber ein wenig an Pegel und Durchsetzungsfähigkeit fehlt, landet der Pro-S in der Sound-Kategorie nicht in der Top-Liga, aber immerhin im oberen Mittelfeld.
ZWEITE MEINUNG
(Daniel Wagner, Technics 1210 MKII, UREI 1603)
Ortofons DJ Pro-S war das erste System, das ich mir für meine frisch erstandenen 1210er kaufte. Bei diesem Kurztest schwingt bei mir also ein wenig Nostalgie mit. Diesen Tonabnehmer verwendeten Mitte der Neunziger alle Mix-DJs! Damals war DJ Pro-S ein echter Verkaufsschlager. Quasi der Saurier unter den Concorde-Systemen und ein Wunder, dass er auf der Ortofon-Seite noch nicht in die „Discontinued“-Sparte abgeglitten ist. Man kann es etwa mit der Bedeutung des Shure M44-7 für die scratchende Zunft vergleichen. Doch genug der „Nostalgie“, schließlich haben wir ja einen Test durchzuführen, der zeigen soll, ob Ortofons altes Zugpferd mit aktuellen Tonabnehmern noch mithalten kann.
Beim vorliegenden System handelt es sich um ein Komplettsystem, weswegen sich die Montage an eine Headshell erübrigt. Die Installation an einen 1210er-Tonarm ist somit ein Kinderspiel. Die verwendete Nadel ist sphärisch geschliffen und der Nadelträger relativ stabil. Der Blick auf die Nadel ist frei, weswegen Needle-Dropping kein Problem darstellt. Allerdings hätte ich mir eine gelbe Markierung statt eines roten Farbkleckses gewünscht. Der Griff ist gewohnt rutschig und immer ein wenig abbruchgefährdet, insbesondere beim Transport.
Ortofon gibt hinsichtlich der Auflage einen Arbeitsbereich zwischen 3 und 5 Gramm an und empfiehlt 4 Gramm. Wie immer fange ich mit der Minimalkraft an, die für die reine Wiedergabe völlig ausreicht, weil bei keinem der Vinyls Verzerrungen zu hören sind. Danach probiere ich Standard Scratches und Backspins aus, die ebenfalls problemlos zu realisieren sind. Komplexe Scratch-Einlagen und ultraschnelle Backspins auf welligem 12 Inch machen eine Einstellung von 3,5 nötig. Den empfohlenen Wert von 4 Gramm muss ich gar nicht bemühen. Fein. Der Klang des DJ Pro-S ist grundsolide. Kein High End, aber schon sehr ausgewogen und neutral – so würde ich es bezeichnen wollen. Keines der Frequenzbänder wird überbetont, der Sound ist gut, mir aber nicht plastisch genug. Es fehlt ein wenig an Details und an Räumlichkeit. Doch was will man für 87 Euro erwarten? Nach wie vor ist Ortofons DJ Pro-S ein Allrounder, auf den man zählen kann. Die DJ-Eigenschaften sind überdurchschnittlich gut und der Sound grundsolide. Ein guter Kompromiss zu einem moderaten Preis, an Einfachheit nicht zu überbieten. Nur wer unbedingt geringere Auflagekräfte nutzen will, um sein Vinyl mehr zu schonen, wird bei aktuelleren, aber doch deutlich kostenintensiveren Systemen fündig. Sehr anspruchsvolle Audiophile sollten nach spezielleren Systemen Ausschau halten.