Praxis
Klang und Spielpraxis
Die OV 1627 mit flacher Schale schmiegt sich am Gurt angenehm nah an den Körper an und ist deshalb im “Handling” z.B. auf der Bühne dem bauchigen Schwestermodell OV 1771 “überlegen”. Die obere Korpuskante drückt sich im Sitzen nicht so sehr in den Oberarm und die rechte Hand muss sich nicht übermäßig strecken. Auch der Blick auf das Griffbrett wird zumindest partiell freigesetzt.
Der schmale Hals mit wenig ausgeprägter Griffbrettwölbung gibt auch dem Daumen der linken Hand eine Chance. Ansonsten lässt er mit seinem ultradünnen Profil und einem Umfang von nur 11,3 cm Raum für alle möglichen Spieltechniken. Die bereits erwähnte längenkompensierte Stegeinlage ermöglicht eine saubere Intonation und volle Zusammenklänge lassen sich auch im oberen Drittel noch ohne Anstrengung greifen.
Die Saiten (Adamas 1818 NU mit ultradünner Nano-Beschichtung) in den Stärken 012, .015, .023w, .032w, .044w, .053w sind bereits sehr “dick”, sodass man den erwünschten Volumenzuwachs nicht unbedingt über noch stärkere Saiten generieren sollte. Jedenfalls lässt die Bespannung Bendings (Beispiel 1) und filigrane Single-Line-Einlagen (Beispiel 4) zu. Die beiden blanken Diskantsaiten lassen sich sogar ohne Kraftanstrengung bis zu einem Ganzton ziehen. Für Pickings würde ich eine stärkere B-Saite empfehlen. Und falls die Eigenschaften unserer Testgitarre auf die Serie zutreffen sollten, wäre es angebracht, die Saitenlage im unteren Drittel etwas nachzujustieren, da im Einzelfall auch Störungen auftraten. So schlägt die B-Saite beispielsweise etwas durch. Und auch die hohen dicken Bünde bereiteten mir am Anfang Sorgen. Bei einem Slide hatte ich das eine oder andere Mal “Anlaufschwierigkeiten” und blieb an einem Bund hängen.
Die OV 1627 generiert einen klaren, sauberen Naturton. Zusammenklänge (auch Fingerpickings) werden transparent aufgelöst, ohne zu verwischen. Die Töne kommen mit einem ausgedehnten Sustain, das zu dem einen oder anderen Bending/Vibrato einlädt. Der flache Korpus kann natürlich nicht das Volumen (insbesondere im Bass) generieren, mit dem ein größerer Klangkörper auftrumpfen könnte. Aber genau aus diesem Grund kann man auch im unteren Frequenzbereich mit weniger Feedback rechnen, wenn das Instrument verstärkt wird. Diese “Dispositionen” sprechen natürlich auch für den Einsatz auf der Bühne.
Ein Daumenring verleiht den Basstönen mehr Brillanz und einen kraftvollen “Kick”, und ein Plektrum gibt dem Klang noch mehr Drive” und Brillanz. Trotzdem kann die OV 1627 vor ein Studiomikrofon treten (Beispiel 1). Das Mikrofonsignal lässt sich vorzüglich auch mit dem Piezosignal kombinieren. Man erhält nun noch mehr Volumen (Beispiel 2).
Auch wenn der Retro SKM auf den ersten Blick etwas altmodisch wirkt, so liefert das System einen weichen klaren Ton, mit dem man auch Zusammenklänge transparent auflösen kann (Beispiel 3 und 4). Die ultrahohen Frequenzen habe ich im Studio (stand-alone ohne Mikrofone) mit einem High-Cut Filter aus dem Signalfluss genommen, da der Pickup, ein Ovation OCP-1K, unschöne Frequenzen im Obertonbereich produziert, die aber im Vergleich mit anderen Piezo-Pickups nicht sehr ausgeprägt sind. Jedenfalls kommt ein vergleichsweise dynamischer Ton aus den Boxen.
Im Bassbereich macht das System jedenfalls richtig Druck, sodass man dem Signal schon vor der Aufnahme die “überschüssige Energie” nehmen sollte, indem man die Bassanteile am SMK reduziert.
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Der Firmengründer Kaman konstruierte seine Gitarren für große Bühnen und in erster Linie sollten sich die Gitarren auch dort profilieren. Im Live-Betrieb machte das System über zwei Yamaha-Aktivboxen auch einen grundsoliden Job. Mit dem Single-Knob-Tonregler kann man leben. Ganz auf der sicheren Seite ist man, wenn man die Möglichkeit hat, die Feinabstimmung an einer Aktivbox oder an einem Akustikverstärker vorzunehmen. Einen Hochtöner sollte das System aber haben.