Der Palmer Supreme Soaker in der Praxis
Für die Soundfiles verwende ich zunächst einen Fender Bassman und ein Marshall Plexi Topteil, dessen Speaker-Out ich mit dem Supreme Soaker verbinde. Der Line-Out läuft in mein Audio Interface, eine RME Fireface UFX. An Pedalen kommt ein Wampler Belle zum Einsatz. Um den Mikrofoneingang zu testen, verwende ich ein AKG C414 sowie eine 1×12“ Box mit EV-Speaker. Die Gitarren werden jeweils angegeben.
So klingt die Speakersimulation ohne Cabinet
Der Supreme Soaker liefert für eine rein analoge Speaker-Simulation überzeugende Ergebnisse. Der Sound kommt sehr ehrlich, direkt und liegt definitiv in der Oberliga der filterbasierten Cabsims. Grundsätzlich kann der Supreme Soaker seine analoge Bauweise, vor allem bei verzerrten Sounds, klanglich nicht ganz leugnen, was jedoch völlig wertneutral zu verstehen ist. Ob man diesen durchaus eigenen Sound einer digitalen, IR-basierten Frequenzkorrektur vorzieht, wird sicherlich immer Geschmacks-, aber auch Philosophiesache bleiben. Fakt ist, dass viele namhafte Gitarristen wie Alex Lifeson live auf den Palmer PD-I 03 Speaker Simulator schwören. Wer IRs bevorzugt, kann natürlich die Speakersimulation einfach deaktivieren und immer noch einen großen Nutzen aus der oben genannten Konnektivität und der Lautstärkedämpfung ziehen.
Der Line-EQ emuliert nun verschiedene Boxentypen, ohne diese genau zu spezifizieren. Hier erhält man eine große Fülle an sehr unterschiedlichen Klangfarben. Mir persönlich sagt das „JIMI“-Setting am meisten zu und weist, wie der Name vermuten lässt, klare 4×12“ Greenback-Züge auf. Der Speakertone-Regler ermöglicht zusätzliche Eingriffe in den Klang und ist sicherlich ein selten anzutreffendes Feature bei Power-Attenuatoren. Die fünf Settings simulieren auf Filterbasis unterschiedlich Speaker-Impedanzkurven. Da Endstufen und der angeschlossene Lautsprecher ein reaktives System bilden, besitzen nämlich auch Boxen einen Rückkopplungseffekt auf den Ampsound. Auch wenn für meinen persönlichen Geschmack die natürlichsten Ergebnisse im Bypass-Zustand des Potis geliefert werden, ist diese Option doch sehr clever. Der Tone-Switch funktioniert für mich in der Hard-Position am überzeugendsten, und zwar unabhängig davon, ob das Signal clean oder verzerrt kommt. Das „Soft“-Setting klingt etwas mehr nach einem „Direkt-ins-Pult“-Sound und kommt harscher. Das kann natürlich auch seinen Charme haben, möchte man z. B. Nile Rodgers-artige Funk-Riffs aufs Parkett legen.
Der Palmer Supreme Soaker bietet sinnvoll abgestufte Lautstärkedämpfungen
Die Attenuation-Funktion bietet insgesamt sieben Dämpfungsgrade und kann deaktiviert werden. Die Stufen 1-6 bringen gut abgestufte Lautstärkesettings und der Rechtsanschlag schaltet den Amp stumm. Um einen Eindruck des Sounds, aber auch der Dämpfungs-Level zu erhalten, habe ich euch dieses File in einer normalisierten und nicht-normalisierten Version bereitgestellt. Der Klang bleibt in der ersten Attenuation-Stufen noch relativ konsistent, ändert seinen Charakter bei hohen Dämpfungen jedoch deutlich. Die Verwendung des Einschleifwegs erweist sich als unproblematisch und dank der Stereoauslegung steht der Verwendung von Stereoeffekten wie Delays oder Chorus nichts im Wege. Der Re-Amp Out kann nun genutzt werden, um das Signal abzuzweigen, was neben dem Reamping auch den Betrieb eines zweiten Amps oder eines Modelers erlaubt. Im Klangbeispiel hört ihr das Re-Amp-Signal über ein Fractal Audio AxeFX III, bei dem ich eine Marshall Plexi Simulation gewählt habe.
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So klingt der Supreme Soaker mit einem Cabinet
Bei der Verwendung mit einem echten Cabinet wird der Supreme Soaker über den Amp-In und Speaker-Out einfach zwischen das Topteil und die Box gehängt. Die Lautstärkedämpfung funktioniert auch hier tadellos mit nur geringen Klangeinbußen in den ersten Attenuation-Stufen. Der integrierte Mikrofon-Preamp ist mit seinem Tonregler und dem -20 dB Pad eine sehr luxuriöse Dreingabe. Die Klangqualität der Vorstufe ist gut und das mikrofonierte Signal klingt, wie ich es von meiner Box gewohnt bin. Besonders praktikabel zeigt sich der Blendregler im Line-Out-Feld, mit dem sich das simulierte Soaker-Signal und das mikrofonierte Cab stufenlos regeln lassen. Diese Option eröffnet noch einmal eine Fülle sehr unterschiedlicher Klangschattierungen. Da bei der Verwendung von zwei Setups manchmal Phasenauslöschungen auftreten, lässt sich über den Phase-Button die Wellenform invertieren. Bravo, hier wurde wirklich an alles gedacht!
Rainer sagt:
#1 - 20.04.2024 um 17:43 Uhr
Kein Contra!? DOCH! Ein Blick auf den Signalfluss offenbart das Unglaubliche. Effekte, die im FX-Loop integriert sind, stehen nur im Line-Signal zur Verfügung - NICHT aber im Gitarren-Cabinet. Daher kein Kaufanreiz für mich. Und der Attenuator scheint auch nicht der Bringer zu sein.
Haiko (Bonedo) sagt:
#1.1 - 21.04.2024 um 11:09 Uhr
Hallo Rainer, Danke für den Kommentar! Da das Feature eines voll flexibilisierten Einschleifwegs aus meiner Sicht nicht primär als dediziertes Feature des Attenuators beworben wurde, kann ich das nicht als Contra aufführen - zumal Vergleichsprodukte wie das OX nicht mal einen Loop besitzen. Für Deinen Anwendungsbereich wäre die Fryette Power Station eine Lösung, die den FX Loop auf dem Speaker Out hat, dafür aber wiederum andere Features des Supreme Soakers nicht besitzt. Der Vorteil des FX Loops liegt beim Palmer darin, dass sich auf diesem Wege leicht Wet/Dry Setups fahren lassen und durch den Stereo FX Loop, bzw, den Stereo Line Out sogar Wet/Dry/Wet Rigs unkompliziert möglich sind. Daher ist das sicherlich eine persönliche Abwägungssache, welche Zusatzdreingaben deinem Anwendungsereich stärker entsprechen. Beste Grüße, Haiko
Antwort auf #1 von Rainer
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenRainer sagt:
#1.1.1 - 22.04.2024 um 10:57 Uhr
Hallo Haiko, ja … das kann ich nachvollziehen. Das passt schon. Den OxAmp habe ich lange Zeit genauso genutzt: A) trockenes Amp-Signal über das Cabinet. A) Hall, Delay … über den OxAmp in Richtung DAW mit angeschlossenen AX7 Studiomonitoren. Mittlerweile … A) Power Station PS-2A mit oder ohne Effektweg B) DI-Aushang in Richtung AXE FX 3 Studiointerface mit CabSim mit oder ohne Hall/Delay etc Ich hätte es toll gefunden, wenn man bei dem Palmer die Wahl gehabt hätte, ob man die Effekte über das Cabinet leiten möchte. … falls das überhaupt geht. Aber das sind „Probleme auf hohem Niveau“ 😉 für jemanden wie mich, der im Schall-gedämmten Dachstudio spielt.
Antwort auf #1.1 von Haiko (Bonedo)
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