Die Paul Reed Smith RS P22 im bonedo-Test – Keine Zeit zum Verschnaufen lässt Paul Reed Smith seinem Kreativteam, könnte man meinen, wenn man die Schlagzahl sieht, in der in den letzten Jahren neue Gitarren-Variationen die heiligen Hallen der Edelschmiede verließen. Dass sich darunter auch Neuentwicklungen finden, die sich an Kundenwünschen orientieren, ist selbstverständlich. Schließlich handelt es sich trotz aller Eleganz und Handwerkskunst immer noch um Instrumente, die den Anspruch haben, in der Hand eines Musikers auf der Bühne und im Studio zu überzeugen und nicht ihr Dasein in einer Vitrine hinter Glas verbringen zu müssen.
Unsere Kandidatin, die PRS P22 ist eines dieser Modelle, das zwar ganz in der Tradition der Marke steht, aber ihren Teil zum innovativen Geschäft beiträgt: Ihr hat man als erstem Solidbody-Modell der Marke einen Piezo mitgegeben, der ihre akustischen Seiten ins rechte Licht rücken soll. Wir sind gespannt.
Details
Konzept & Besonderheiten
Die P22, die sich zum bonedo-Test eingefunden hat, kann außer auf ihre Standard-Humbuckerbestückung auf zusätzliche, in der Brücke integrierte Piezoelemente zurückgreifen. Mit ihrer Hilfe sollen sich auch Akustikgitarrensounds realisieren lassen und zumindest der Name des Zulieferers steht für weltweites Renommee: Niemand geringeres als LR Baggs zeichnet für diesen Teil der Gitarre verantwortlich, ein Name, der in der Akustikgitarrenwelt einen sehr hohen Stellenwert genießt. Aber ganz neu ist auch für Paul Reed Smith die Kombination von magnetischen und Piezo-Pickups nicht, denn schon die PRS-Semiakustik-Gitarren sind damit ausgestattet.
Piezoelektrische Tonabnehmer bestehen aus einer speziellen Keramik, die auf mechanischen Druck oder auf Körperschall reagieren. Deshalb bietet das System einen völlig anderen Klang als magnetische Pickups. Sinnvoll ist bei E-Gitarren, die beide Systeme beherbergen, beide mischen zu können. Auch die P22 bietet diese Möglichkeit, zusätzlich erlaubt sie dank zweier Ausgangsbuchsen das separate Abgreifen der Tonabnehmersignale. Einer der bekanntestenP22-Spieler ist John Wesley. Der Gitarrist von Porcupine Tree benutzt die P22 live als Hauptgitarre und mischt bei einigen Songs verzerrte Sounds mit dem Piezosignal.
Konstruktion
Während sich die meisten Hersteller im Laufe der Geschichte an den beiden großen Vorbildern Fender und Gibson orientierten, bewegen sich die Instrumente von PRS gekonnt zwischen den Welten und haben es geschafft, ein eigenständiges Konzept zu verwirklichen, das mittlerweile seinen festen Platz im Gitarrenolymp eingenommen hat. Die P22 ist eine massive Solidbody-Gitarre mit den traditionellen Zutaten Mahagonikorpus und Ahorndecke. Die Korpusform ist unverkennbar PRS und tendiert dank der Sunburst-Lackierung optisch in eine schöne gibsonartige Vintagerichtung, während sich die Mensur mit 635 mm in besagter Zwischenwelt bewegt. Das klassische Tremolo mit Federkasten und Sechspunktverschraubung bringt dagegen einen gewissen Fendertouch in die Optik und die Klangwiedergabe.
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Der Hals
Die P22 ist mit einem verleimten Mahagonihals ausgestattet, das Griffbrett aus Palisander beheimatet 22 Medium-Bünde. Eingelassene Bird Inlays und kleine Punkte auf der Oberseite des Halses dienen der Orientierung. Die Halsrückseite ist deckend lackiert und schützt das Holz vor Feuchtigkeit und Schmutz. Paul Reed Smith bietet eine Reihe unterschiedlicher Halsprofile an und arbeitet zusammen mit seinem Team und einem speziellen Computerprogramm ständig an der Optimierung der Bespielbarkeit. Das Pattern Regular Profil der P22 ist dem Halsprofil der Instrumente aus den 80er Jahren nachempfunden. Für Leute wie mich, die noch eine alte PRS ihr Eigen nennen, bietet die Gitarre ein perfektes Spielgefühl. Der Hals ist weder zu klobig noch zu dünn und es macht einfach Spaß, die Gitarre in die Hand zu nehmen. Die charakteristische, unsymmetrische Kopfplatte ist mit offenen Klemmmechaniken aus eigenem Hause ausgestattet. Hier werden die Saiten durch den Schaft der Mechanik gesteckt und mit einer Schraube auf der Vorderseite fixiert. So hält das gute Stück die Stimmung auch bei massivem Tremologebrauch nahezu perfekt.
Die elektronische Schaltung
Die PRS P22 ist mit zwei 57/08 Pickups bestückt. Diese Tonabnehmer zählen neben Dommenget Humbuckern zu meinen absoluten Favoriten. Die Teile klingen einfach unglaublich dynamisch und ausgeglichen, aber dazu später mehr. Sie werden mit einem 5-Positionen Schalter angewählt, der folgende Wegpunkte markiert: 1. Steg HB, 2. Steg HB & Hals innere Spule, 3. beide Humbucker, 4. beide Pickups innere Spulen, 5. Hals HB. Neben den beiden Humbuckern besitzt die PRS P 22 die bereits erwähnten sechs einzelnen, im Tremolo integrierten Piezoelemente, die über eine eigene aktive Schaltung verfügen. Zu diesem Zweck befindet sich in der rechten unteren Zarge ein Batteriefach für einen 9-Volt-Block.
In direkter Nachbarschaft hierzu findet man nicht, wie sonst üblich, eine einzelne Klinkenbuchse, sondern gleich zwei, um die Signale vom Piezo- und Humbucker getrennt abgreifen zu können. An der unteren Mix/Mag-Buchse liegen bei Bedarf beide Signale gleichzeitig an und können mit dem Mix-Regler gemischt werden. Der Piezopickup wird mit einem Drei-Positionen-Miniswitch geschaltet und aktiviert: In der Stellung nach rechts arbeitet die P22 wie eine „normale“ Gitarre, die mittlere Position aktiviert zusätzlich den Piezosound, der mit dem etwas höher gelegenen Poti stufenlos beigemischt werden kann. In der dritten Position ist ausschließlich der Piezosound zu hören. Belegt man beide Klinkenbuchsen, liegt das Signal des Piezotonabnehmers immer an der oberen Buchse an. So kann man beide an unterschiedliche Verstärker schicken.