Praxis
Wie bereits erwähnt lässt sich die P22 hervorragend bespielen und klingt schon unverstärkt ausgeglichen und relativ laut. Trotz knackigem Anschlag bewegt sich die Gitarre klanglich nicht in Fenderregionen. Die Holzauswahl entspricht der einer Gibson Les Paul, was man auch deutlich heraushört, während Tremolo und Mensur in eine andere Richtung weisen. Dieser besondere Mix hat einen ganz eigenen Charakter, für den PRS-Gitarren bekannt sind. Am deutlichsten hört man ihn bei den cleanen Sounds. Hier wird es einerseits nie so knackig wie bei einer Strat oder Tele, andererseits bleibt der Ton schlanker als der einer Les Paul. Im ersten Audiobeispiel hört man die fünf Positionen der P22, angefangen mit der ersten Position des Fünfwegeschalters über den clean eingestellten Gitarrenamp.
Bei den 80er Custom 22 Modellen gab es einen Fünfweg-Roatry Switch der als zweite Position einen Out-Of-Phase-Sound im Angebot hatte, den ich immer mal wieder benutzte. Hier unterscheiden sich die Zwischenpositionen 2 und 4 klanglich nur marginal voneinander. Mit zunehmender Verzerrung verschwinden dieseminimalen Unterschiede fast komplett. Im folgenden Beispiel habe ich mir die drei mittleren Positionen noch einmal separat vorgenommen. Dieses Mal ist der Amp leicht angezerrt, um die Zwischenpositionen mit etwas mehr Gain zu testen.
Im ersten Drittel hört man die Stellung 2 des Pickupwahlschalters, die den Steg-HB und die innere Spule des Halstonabnehmers aktiviert. Es folgt die mittlere Stellung, die beide Pickups im Humbuckermodus abnimmt und der Standard-Zwischenposition einer Les Paul entspricht. Die letzte Position hebt sich etwas von den beiden vorherigen Sounds ab, denn hier werden nur die beiden inneren Spulen aktiviert, wobei mit ein wenig Vorstellungskraft ein leicht stratiger Sound durchscheint.
Der Piezo-Pickup kann wahlweise über einen Gitarrenverstärker oder direkt in die Soundkarte bzw. die PA gespielt werden. Der Soundunterschied ist natürlich groß, da ein Gitarrenamp den Sound im Obertonbereich massiv beschneidet, was aber auch seinen besonderen Reiz hat. Benutzt man allerdings einen Akustikverstärker, unterscheidet sich der Sound kaum von dem einer guten Akustikgitarre mit Piezopickup.
Die beiden 57/08 Treble & Bass Humbucker klingen herausragend und gleichzeitig klassisch und offen. Die Sounds sind ausgewogen und die Saitentrennung erste Sahne – selbst mit viel Gain bewahrt der Sound immer Klarheit und Definition. Gleichzeitig reagiert die Gitarre sensibel auf die Spielweise und den Anschlag. Hier zwei Beispiele mit einer bluesigen Anzerrung und mit HighGain.
Im folgenden Audiobeispiel gibt’s mehr Gain als die Polizei erlaubt. Bei vielen Gitarren wirkt der Sound bei so hohen Verzerrungen schnell plastikmäßig überbraten. Nicht so bei der P22, sie bleibt weit entfernt vom unbrauchbaren Gleichmachersound. Man hört immer noch den Anschlag durch, was längst nicht mit allen Pickups so gut funktioniert wie hier.
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Beide Buchsen gleichzeitig generieren einen Sound, der fast so klingt, als hätte man sich selbst gedoppelt. Zum ersten Mal habe ich diesen Effekt bei einem Konzert von The Who gehört. Pete Townshend spielte damals eine modifizierte Stratocaster mit Piezopickups und schickte beide Sounds getrennt zur FOH. Es entstand der Eindruck, als wäre irgendwo hinter der Bühne noch ein zweiter Gitarrist, der mit einer akustischen Gitarre seine Parts doppelt. Bei meinem nächsten Audiobeispiel habe ich den Piezosound direkt in die Soundkarte gesteckt und den Humbuckersound über den HighGain-Kanal auf einer weiteren Spur aufgenommen. Beide Spuren sind im Panorama weit gespreizt.
Zum Schluss noch ein Audiobeispiel mit dem Halspickup und einer bluesig/rockigen Verzerrung. Gegen Schluss wird es leicht fuzzig, was den Ton gleichzeitig sehr lebendig macht. Man kann hier alleine schon mit dem Anschlag jede Menge Klangnuancen erzeugen, was besonders die Freunde des gepflegten Blues ansprechen dürfte.