Dass sich das Peluso P-87 eines der bekanntesten Großmembran-Kondensatormikrofone der Welt zum Vorbild genommen hat, bedarf nur für diejenigen einer Erklärung, die das Neumann U 87 nicht kennen – allen anderen genügt entweder ein Blick auf das Produktkürzel mit einer dieser „Magic Sound Numbers“, nämlich der 87, oder einer auf die Form des Mikrofons.
Wer jetzt mit krauser Stirn vom Ausflug zu Kollege Google zurückkehrt und verkündet, dass es so etwas wie „Magic Sound Numbers“ nicht gibt, der ist natürlich im Recht: Den Begriff gibt es nicht, wenngleich alleine unter den Neumann-Mikrofonen mit 47, 49, 50, 67 und 87 so manche „wichtige“ Zahl dieses Label verdient hätte.
Unbestreitbar ist es das Neumann U 87, eines der verbreitetsten Mikrofone für die Aufnahme von Sprache, aber auch Instrumenten und nicht selten Gesangsstimme, die von der Menschheit jemals gebaut wurden, welches diesem Peluso als Vorbild dient. Zwölf Jahre nach dem ersten Transistormikrofon von Neumann kam 1967 das U77 auf den Markt, welches deutlich später vom ersten U 87 beerbt wurde. Auch in der heutigen Form, nach unter Liebhabern kontrovers diskutierten Änderungen, ist das U 87 ein hervorragendes Werkzeug. Der Nachteil ist, dass sich der Listenpreis auf die „große 3“ zubewegt. Die knapp 2.400 Euro, für die das aktuelle U 87 derzeit zu haben ist, sind kein Pappenstiel. Firmengründer John Peluso will also ganz offensichtlich ein 87er zum halben Preis anbieten, wie er es mit anderen klassischen deutschen und österreichischen Mikros auch schon gemacht hat. Da stellt sich natürlich berechtigterweise die Frage, ob dies gelingt (oder, um genauer zu sein: wie gut es gelingt). Jedoch: Es geht um ein älteres als das aktuelle Neumann-Modell.
Details
Optik des P-87: unauffällig, aber auffällig nah am U 87
Nachdem es in der Einleitung zu diesem Review mehr um das Vorbild aus Deutschland ging, kommt jetzt dem Peluso die Aufmerksamkeit zuteil, die es verdient. Also: Für besondere Optik, Materialien oder irgendwelche Sperenzchen wird man nicht bezahlen, soviel ist klar: Das Mikro macht äußerlich nicht wirklich etwas her, vielmehr glänzt es durch Unauffälligkeit. Obwohl: Nicht einmal glänzen tut es, denn es ist in seidenmattem Silberfinish gehalten. Die Form erinnert klar an die, die bei Neumann (und später auch der restlichen Mikrofonwelt) mit dem U 67 Einzug gehalten hat, ist aber etwas länglicher gehalten, was man durchaus elegant finden kann. Der Drahtgeflechtkorb mit seinem umlaufenden Bügel ist innen mit feiner Metallgaze ausgekleidet und im Profil Neumann-typisch abgeflacht. Von sehr vielen Mikrofonen bekannt sind Ort und Art der Schaltfunktionen: Vorne wird das Pattern zwischen Niere, Kugel und Acht hin- und hergewechselt, rückseitig sind nebeneinander die Aktivierung des 10dB-Pads und des Hochpassfilters. Das Mikrofon wird in eine klassische achtbeinige Spinne mit Gummibandaufhängung montiert, die anders als beim Original zur Standardausstattung gehört. Zu dieser zählt Peluso übrigens auch einen normalen Mikrofonhalter, einen Schaumstoff-Windschutz sowie ein Köfferchen (welches der Hersteller gutgläubig Flightcase nennt – ich sollte an dieser Stelle vielleicht jeweils ein Foto von meinem Rollkoffer vor und nach meinem letzten Flug zeigen und Peluso fragen, ob sie die Bezeichnung nicht noch einmal überdenken wollen: Es ist halt ein normaler Alukoffer, wenn auch ein ordentlicher.).
Mittenkontaktierte Doppelmembran
Um die drei Richtcharakteristiken herzustellen, bedient sich Peluso wie auch Neumann und so gut wie alle anderen Mikrofonhersteller einer Doppelmembrankapsel. Im Hinblick auf die “87” im Produktnamen nicht verwunderlich ist, dass diese 34 mm Durchmesser besitzt und die Kontakte für die jeweils schwingenden Seiten des Kondensators per Verschraubung in der Mitte herstellt – wodurch sich ein etwas anderes Schwingungsverhalten ergibt als bei Randkontaktierung (AKG C12, C414…).
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152 dB SPL maximaler Schalldruckpegel
Innerhalb des Bodys findet man natürlich eine Solid-State-Schaltung, und ebenso natürlich erfolgt die Symmetrierung für den XLR-Ausgang, der auch die Phantomspeisung annimmt, per speziell angefertigtem Ausgangsübertrager. 200 Ohm Impedanz passen zu den heute gängigen Preamps, der Eigengeräuschpegel von 14 Dezibel nach Filterung mit der A-Kurve sind zwar nicht das geringste technisch Mögliche, doch für ein ausgewiesenes Vintage-Mikrofon absolut in Ordnung – und praxistauglich erst recht. Ein grafischer Frequenzgang für die Nierencharakteristik liegt dem P-87 bei, zeigt aber nicht viel mehr als das, was zu erwarten ist, namentlich einen recht geraden Pegelverlauf mit kleinen Überhöhungen zwischen 2 und 4 sowie 8 und 12 kHz und dem Membrangrößen-bedingten Roll-Off der Höhen. Findet eigentlich jemand, dass 10 Dezibel Vordämpfung ein bisschen wenig sind? Nun, wenn man bedenkt, dass Peluso als maximalen Schalldruckpegel 152 dB SPL angibt, sollte es aber passen, selbst, wenn man von 1% THD+N ausgeht statt 0,5. Das wurde “vergessen” anzugeben.