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Phonon SMB-02 Test

Praxis

Tragekomfort

Der Kopfhörerbügel lässt sich schön weit einstellen. Ich habe schon japanische Kopfhörer getragen, die für meinen großen Schädel viel zu klein und eng geraten sind. Die SMB-02 sitzen sehr angenehm und sind mit 220 g (ohne Kabel) so leicht, dass ich in einer längeren Studiosession oder beim Promohören am Laptop auch schon mal vergessen habe, dass ich sie eigentlich auf habe.
Als etwas unschön empfand ich es, dass die Ohrmuscheln sich komplett umklappen lassen. Das hat weder beim Transport einen Vorteil noch im Studio. Wenn man die Kopfhörer aber schnell mal absetzt und wieder aufsetzt, kippen sie zwischendurch rasch in diese Position und man legt dann auch schon mal gedankenverloren die harten Außenseiten der Muscheln ans Ohr. Unter diesem Aspekt gefallen mir die kuscheligen Wohlfühl-Ohrwärmer meiner Beyer Dynamic Headphones deutlich besser, die bleiben einfach stur in Position.
Andererseits wird es unter den Beyer Dynamic Puscheln schon ganz schön warm und im heißen deutschen Sommer 2019 verpassen sie einem schnell einen „Satz heiße Ohren“. Da hatte ich die Phonon SMB-02 deutlich lieber auf. Die Hörmuscheln haben einen Überzug aus synthetischem Leder, der viel angenehmer zu tragen ist als Kunststoffbezüge und sich deutlich kühler anfühlt als Textilbezüge.
Obwohl ich zeitweise im schweißnassem T-Shirt vor dem Mischpult schwitzte, verschafften mir die Kopfhörerüberzüge niemals dieses klebrige Gefühl, das man von manchen anderen Headphones kennt. Nur das gummiummantelte Kabel klebte gern mal an den Oberschenkeln fest. Darum mag ich textilüberzogene Kabel einfach so viel lieber.

Fotostrecke: 2 Bilder Der Metallbügel des Phonon SMB-02 ist mit einer schlichten Polsterung überzogen

Klangbild

Die Phonon SMB-02 sind gezielt für das Abmischen von Clubmusik designt worden. Die Kopfhörer haben eine gute Bassauflösung, ohne auf den Ohren „herumzudröhnen“. Der Druck einer Bassdrum ist ohne Ermüdung der Ohren einschätzbar und das Einbetten der Bassline in den unteren Frequenzen auch ohne Analyzer gut möglich.
Auch tiefe Bässe dröhnen nicht, sondern sind in ihrer Tonalität gut zu greifen: Das korrekte Tuning der Bassdrum im Vergleich zur Bassline und den harmonischen Songanteilen fällt einfach. Hier zeigt sich die aus der Erfahrung kleiner und hellhöriger japanischer Wohnungen geborene Notwendigkeit, Clubmusik oft unter dem Kopfhörer und ohne die Hilfe von Subwoofern mischen zu müssen.
Im Vergleich zu meinen beiden Beyer Dynamic DT 990 fällt auf: Der SMB-02 ist sehr viel lauter und klingt härter. Verglichen mit den knackigen Transienten, die der SMB-02 in allen Frequenzbereichen klar konturiert wiedergibt, wirkt die Musik beim DT 990 Pro wie durch einen Weichzeichner.
Meinen DJ-Kopfhörer V-Moda Crossfade nutze ich ebenfalls gern zum Produzieren im Studio, einfach weil ich ihn auch auf Reisen stets dabei habe und daher auch in anderen Produktionssituationen wie im Hotelzimmer oder bei Koproduktionen in anderen Studios mit mir unbekannter Akustik vertraue. Im Vergleich dazu ist der Phonon tatsächlich immer noch etwas lauter und im Bassbereich griffiger. Im Vergleich zum voluminösen Bass des offenen SMB-02 klingt der geschlossene V-Moda etwas knochiger.
Das Panorama-Spektrum des SMB-02 klingt sehr natürlich. Es fühlt sich fast so an, als würde man vor Monitorlautsprechern sitzen und das ganz ohne die Psychotricks von Kopfhörerverstärkern wie der SPL Phonitor-Serie. Einstellmöglichkeiten für einen virtuellen Monitorabstand oder Abhörwinkel bietet der SMB-02 natürlich nicht.

Fotostrecke: 2 Bilder In Sachen Kopfhörerbügeln hat sich Phonon nichts Neues ausgedacht: ganz klassisches, robustes Design

Hörproben

LFO – LFO: Dieses Stück aus dem Jahre 1990 ist für mich immer noch ein Referenztitel. Der berühmt-berüchtigte Bassbreak (erstmals nach ca. 50 Sekunden) hat schon so manches Soundsystem gekillt und die hohen Bleeps und das gephaste Pad decken ein weites Klangspektrum ab. Die Hi-Hats auf meiner bereits leicht abgenutzten Vinylaufnahme schaben schon etwas schäbig. Die Phonon SMB-02 bilden den Bassbreak sehr wuchtig und rund ab! Die DT 990er klingen im Vergleich flacher und der ultratiefe Bassbreak kommt längst nicht so voluminös rüber.  
Die V-Moda klingen im Bass knochiger, der tiefe Bassbreak klingt etwas hohler als im SMB-02. Die tiefen Zaps-Percussionschläge bei Minute 1:20 heben sich sowohl beim Phonon als auch beim V-Moda schön akzentuiert von der Bassdrum und dem mittigen Clonk-Bass ab.  
Nils Frahm – Our Own Roof: Dieses ätherisch-emotionale Stück aus dem Victoria-Filmsoundtrack lullt mit seiner weichen Atmosphäre sowohl auf dem SMB-02 als auch dem DT 990 Pro ein. Der SMB-02 gibt jedoch die weichen perkussiven Bassanschläge des Klaviers muskulöser und prägnanter rüber, während sie im Beyerdynamic fast schon etwas dröhnig klingen.  
Michael Jackson – Billie Jean: Bei dieser Quincy Jones Referenzproduktion wird der Unterschied zwischen den Phonon und den Beyerdynamic Headphones besonders deutlich: Die DT 990 Pro produzieren ein sehr warmes, rundes und schmeichelndes Klangbild.
Die SMB-02 hingegen klingen sehr frisch, fast schon zu spritzig. Die 80er Jahre Soundästhetik liegt den modernen Phonons weniger als dem 80s-Klassiker von Beyer Dynamic. Der kantige Produktionsstil der Achtziger löst sich in den flauschigen Ohrmuscheln der DT 990er einfach fluffiger auf, als in dem analytischen Präzisionsklang der Phonons.  
Zakary&Blange – Mothership: Als Letztes habe ich in eine 2019er Big Room Techno Produktion reingehört, die ich gut aus dem Club kenne, weil oft selbst gespielt. In dieser Nummer treibt neben der voluminösen Bassdrum ein dicker subsonischer Bass an und auch hier konnte ich mit Hilfe der SMB-02 den Tiefbass etwas besser ausloten als mit den V-Modas. Bei den DT 990er ist die Grenzfrequenz zwischen Bassdrum und Bass schwer zu orten, hier würde ich im Studio zum Analyzer greifen oder die Subs anschmeißen.
Die SMB-02 sind also keine Wohlfühlkopfhörer, sondern Präzisionswerkzeuge. Doch darum geht es ja letztendlich beim Produzieren: hören was passiert und dann die richtigen Entscheidungen im Mix treffen. Darum nutzen wir ja auch keine Beats-Kopfhörer im Studio.

Die Vergleichskandidaten von links nach rechts unten: Beyer Dynamic DT 990 Pro, Beyer Dynamic DT 990, Phonon 4000, V-Moda Crossfade II, in der Mitte der Phonon SMB-02
Die Vergleichskandidaten von links nach rechts unten: Beyer Dynamic DT 990 Pro, Beyer Dynamic DT 990, Phonon 4000, V-Moda Crossfade II, in der Mitte der Phonon SMB-02

DJ-Use?

Wegen der kompakten Bauweise und der hohen Lautstärke könnte der SMB-02 theoretisch auch am DJ-Pult verwendet werden. Hierfür erschien mir aber die Kabellänge von drei Metern viel zu lang. Im Studio ist das wunderbar, am DJ-Pult hängt es jedoch ständig im Weg herum oder man tritt sogar drauf. Außerdem lässt sich der SMB-02 nicht kompakt zusammenklappen oder zusammenfalten, ein durchaus wichtiger Faktor auf Reisen. Seine Domäne ist das Studio.
Der Phonon 4400, Nachfolger des Phonon 4000, ist mit dem gleichen 40-mm-Treiber ausgestattet wie der SMB-02, kleiner, faltbar, noch etwas lauter und mit einem kürzeren Kabel, also ideal für die DJ-Booth.   Dennoch gibt es viele namhafte DJs, die auf den SMB-02 schwören, wie Dixon, Âme, Jeff Mills, Laurent Garnier und Carl Craig sowie Top-Engineers wie Tom Lord-Alge, Chris Gehringer und Daito Manabe. Gerade Kollegen, die viel unterwegs sind, oft Skizzen, Edits oder komplette Songs „on the road“ produzieren müssen, schätzen den Phonon für seinen Tragekomfort, seine gute Bassauflösung und neutrale Transparenz.
Sie verdienen mit ihrer Musik jedoch meist auch gut genug, um den recht saftigen Preis von 356,- Euro nicht scheuen zu müssen. Wer in Berlin wohnt und sich selbst ein Bild machen möchte, kann dies im Muting The Noise Store tun.

Fotostrecke: 2 Bilder Der große Klinkenstecker ist robust und mit einer Metallspirale vor dem Umknicken geschützt
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