Um eine gelungene Darbietung am Klavier hinzulegen, muss man kein Klavierstudium abschließen. Viel wichtiger ist es, dass man das Klavier eindrucksvoll zum Klingen bringt. Schließlich hat jedes Instrument ein paar Eigenarten, die ganz besonders typisch oder besonders dankbar sind. Hinzu kommen Spielweisen von besonderen Künstlern, die das Instrument und Musikstile nachhaltig geprägt haben. Vielen bekannten Pianisten ist gemein, dass sie regelmäßig bestimmte Piano Tricks verwenden, um ihren musikalischen Fingerabdruck zu hinterlassen.
In diesem Workshop zeigen wir, wie man sich mit den richtigen Piano Tricks von Amateuren abhebt, und wie man sein Spiel mit wenig Aufwand deutlich aufwerten kann. Dazu zählen Verzierungen, Pedaltöne, der richtige Einsatz des Haltepedals, sowie weitere Hilfsmittel. Wichtig dabei ist, dass man diese Tricks gekonnt einsetzt, um eindrucksvoll zu klingen. Es geht hier keinesfalls um Effekthascherei oder viele Noten. Mit den passenden Tricks kann man klingen wie ein echter Meister, der sein Handwerk versteht. Mit diesem Workshop geben wir dem ambitionierten Pianisten ein paar wichtige Hilfsmittel an die Hand, mit denen man am Piano einfach gut klingt. Dabei ist es völlig egal, ob man Anfänger oder bereits Fortgeschrittener ist!
Was sind eigentlich Piano Tricks und wozu dienen sie?
Unter Piano Tricks versteht man Spielweisen und musikalische Klischees, die jedem Pianisten als nützliches Werkzeug dienen. Dabei kann es sich um musikalische Motive, typische Patterns und Tonfolgen handeln. Viele solcher Tricks können beispielsweise als kleine Motive verwendet werden. Man setzt sie sparsam und nach Belieben ein, um eine persönliche Note hinzuzufügen. Zugleich sind sie ein klares Statement, denn wer solche stilisierenden Mittel gezielt einsetzt, der kennt sich aus. Im Grunde sind die hier vorgestellten Piano Tricks als „Gewürze“ zu verstehen, um dem eigenen musikalischen Vortrag das gewisse „Etwas“ zu verleihen. Darüber hinaus lassen sich viele Piano Tricks direkt von einzelnen Künstlern und Songs ableiten. Wer möchte, baut diese Tricks dann als musikalische Zitate in sein eigenes Spiel ein. Ebenso ist es möglich, diese Spielweisen nach Belieben abzuwandeln und weiterzuentwickeln.
Wer Klavier spielen lernen möchte, hat viele Optionen. Wie man vorgeht und was man benötigt, erklären wir in unserem Artikel.
Piano Trick 1: Optionstöne und „Wandertöne“
Als ersten wichtigen Piano Trick zeige ich einige Möglichkeiten, Akkorde mit optionalen Tönen zu „verschönern“ und zu modernisieren. Eine besonders wichtige Rolle spielt dabei die Sekunde bzw. None, die zusätzlich zu Dreiklängen hinzugefügt oder alternativ zur Terz verwendet werden kann. Spielt man Terz und None gleichzeitig, klingen die Akkorde deutlich voller und farbiger. Fehlt dagegen die Terz, klingt der Akkord etwas moderner und kann vielseitiger eingesetzt werden. Im ersten Beispiel hören wir zunächst vier Akkorde, in denen sowohl Terz als auch None vorkommen. Diese „Add 9“-Akkorde gehören zu den beliebtesten Piano Tricks der Profis.
Für dich ausgesucht
Weiter geht es mit einer Abwandlung der ersten Übung. Hier wird jeder Akkord in zwei Varianten aufgeteilt. Zuerst erklingt der klassische Sus2-Akkord ohne Terz, in der zweiten Variante wird der Akkord mit der Terz aufgefüllt. Der Grundton in der rechten Hand kann dafür nach Belieben weggelassen werden. Mit diesem Piano Trick erzeugen wir etwas Bewegung zwischen den Tönen – eine willkommene Bereicherung für Balladen!
Der folgende Piano Trick ist einer meiner liebsten Klaviertricks. Dabei spiele ich klassische Dreiklänge und lasse einen zusätzlichen Ton „wandern“. Hier wandert zum Beispiel ein Ton von der Terz über die Sekunde zum Grundton. Das klingt bei Moll-Akkorden besonders schön. Bei Dur-Akkorden eignet sich beispielsweise eine „Wanderung“ von der Oktave über die Septime und Sexte zur Quinte. Bei Dominanten hingegen lasse ich hier Terz und Quinte gleichzeitig wandern: über die Quarte und die Sexte landen sie dann schließlich auf der Quinte und der Septime.
Was ist ein Akkord, wie ist er aufgebaut und welche Typen gibt es überhaupt? Lerne alles, was man über Akkorde wissen muss und wie man sie verwendet.
Piano Trick 2: Noten-Vorhalte: Umspielung der Terz
Starten wir jetzt mit einigen Verzierungen, die zu den wichtigsten Tricks eines Pianisten gehören. Diese Verzierungen sind besonders effektiv, um Akkorde lebendiger klingen zu lassen. Dazu verwenden wir zunächst nur Dur-Akkorde in der Grundstellung. Bei diesem Piano Trick wird vor dem Spielen der Terz die Sekunde als Vorhalt gespielt. Während also der Grundton und die Quinte liegen bleiben, spielt man kurz die Sekunde und dann die Terz.
Natürlich ist es ebenfalls möglich, die Quarte als Vorhalt zu verwenden. Im nächsten Beispiel erweitern wir unseren Piano Trick durch abwechselnde Vorhalte mit Sekunde und Quarte. Die Terz wird hier regelrecht umspielt, was besonders abwechslungsreich klingt. Auch mit einem Moll-Akkord funktioniert das hervorragend!
Jetzt wird es etwas anspruchsvoller, denn wir wenden unseren Piano Trick nun in anderen Umkehrungen an. Dabei hat jede Umkehrung ihren eigenen Charme: Liegt die umspielte Terz tiefer, klingt es etwas mehr nach Soul und Blues. In dieser Umkehrung erinnert mich der Akkord besonders an ein Gitarren-Voicing, bei dem die Terz mit einem „Hammer-On“ gespielt wird. Liegt die umspielte Terz aber oben – und ist damit der Melodieton – klingt sie besonders bei Moll-Akkorden sehr dramatisch.
In der abschließenden Übung für Vorhalte setzen wir gezielt das Haltepedal ein. Mit diesem Piano Trick kann man die Töne nicht nur länger halten, sondern auch miteinander „vermischen“. So vermischt sich die gehaltene Sekunde mit der Terz, wenn wir das Haltepedal nur einmal pro Takt anheben. Der Klang erinnert sofort an typische Piano-Balladen und ist ein echter Klassiker unter den Piano Tricks.
Spricht man von Dur und Moll in der Musik, ist von Tongeschlechtern die Rede. Wie man diese geschickt in Kompositionen einsetzt, um Stimmungen auszudrücken, beschreiben wir detailliert.
Piano Trick 3: Pedaltöne einsetzen
Ein besonders reizvoller Piano Trick ist der Pedalton, ein liegender Ton, über den sich verschiedene Akkorde bewegen. Als Pianist spielt man mit der linken Hand den Basston, während die rechte Hand die darüber liegenden Akkorde variiert. Mit diesem Trick kann man einen besonders schönen Effekt erzielen, der schon in vielen Popsongs verwendet wurde. Zu hören ist er beispielsweise im Intro von Elton Johns „Your Song“ und Billy Joels „Piano Man“. Viele Songs erhalten dadurch einen besonders hohen Wiedererkennungswert. Wir beginnen mit drei typischen Akkorden: C-Dur, F-Dur und G-Dur. Das Besondere daran ist, dass wir diese Akkorde alle über dem Pedalton C spielen, also über demselben Grundton. In der modernen Popmusik werden diese Akkorde oft als „Slash-Chords“ notiert: Der Basston (linke Hand) wird unter dem Strich notiert, der Akkord (rechte Hand) über dem Strich. Auf diese Weise lassen sich diese komplexen Akkorde leicht aufschreiben.
Selbstverständlich passen auch andere Dur-Akkorde über den Pedalton. Streng genommen sind hier keine Grenzen gesetzt. Erlaubt ist alles, was gut klingt. Deshalb sei an dieser Stelle auch gesagt: Ausprobieren lohnt sich. Besonders spannend klingt beispielsweise der B-Dur-Akkord über dem Pedalton C. Noch interessanter wird es im dritten Takt: Hier wird auch Ab-Dur verwendet. Diesen Klaviertrick sollte jeder Pianist unbedingt in der Hinterhand haben, denn er garantiert einen besonders tollen Klang!
Spannung erhöhen
Im nachfolgenden Beispiel setzen wir das Prinzip des Pedaltons fort. Wir erhöhen jetzt den Spannungsbogen, indem wir den Pedalton vier Takte lang halten. Dann wechselt die linke Hand zu einem anderen Pedalton, was die Spannung weiter erhöht. Die linke Hand wandert vom C zum Eb und hält diesen Ton, während die darüber liegenden Akkorde weiter wechseln. Schließlich löst sich der Pedalton über ein G wieder in ein C auf. In der Praxis gehört der Pedalton zu jenen Piano Tricks, mit denen man auf eindrucksvolle Weise Spannung in der Musik aufbauen kann.
Frei Klavierspielen ist eine Kunst, die man lernen kann. Wie man den Einstieg findet, eklären wir ausführlich in diesem Workshop.
Piano Trick 4: Pedalton umgekehrt!
Jetzt haben wir die Pedaltöne kennen gelernt. Aber was passiert, wenn wir diesen Piano Trick einfach umkehren? Im nächsten Beispiel verwenden wir nur zwei Töne in der rechten Hand, und zwar möglichst ohne Veränderung. Damit es nicht langweilig wird, geben wir diesen beiden Tönen eine rhythmische Bewegung. Diese wiederkehrende rhythmische Figur nennt man übrigens Ostinato. Die interessanten Veränderungen finden jetzt in der linken Hand statt.
Das Ostinato mit wechselnden Basstönen
Dieser Piano Trick erzeugt einen erstaunlichen Klang. Im ersten Beispiel verwenden wir eine Quarte aus G und C. Die Terz fehlt also absichtlich, was uns viel Interpretationsspielraum bietet. Erst durch den dritten Ton – also den Basston in der linken Hand – entsteht nun ein voller Akkord. Die „unprätentiöse“ Quarte erhält also erst im Zusammenspiel mit den Basstönen eine klare harmonische Bedeutung. Rhythmisch gesehen wird die Quarte im Viertelrhythmus gespielt, wobei in jedem Takt der Basston wechselt. Dieser raffinierte Zug funktioniert ganz einfach: Erst durch den Basston erschließt sich der Kontext!
Im nächsten Beispiel gehen wir einen Schritt weiter und verwenden ein komplexeres Ostinato. Dieses besteht nun aus Akkorden, bei denen die Terz von einer Sekunde und einer Quarte umspielt wird. Unser Piano Trick besteht in der Komposition mit der linken Hand. Hier gesellen sich verschiedene Basstöne zum Ostinato, welche die Akkorde in einen neuen Kontext stellen. Durch die Kombination mit verschiedenen Basstönen entstehen völlig neue und sehr kreative Akkorde, die vor allem in der Popmusik gerne verwendet werden. Auch hier sind der Gestaltung keine Grenzen gesetzt: Man kann alles kombinieren, was gut klingt!
Im letzten Beispiel verwenden wir ein Ostinato, das abwechselnd Terzen, Quarten und Quinten verwendet. Darunter werden jetzt ganze Akkorde in weiter Lage gespielt. Fast scheint es, als hätten wir die Rollen der beiden Hände vertauscht, denn die linke Hand hat nun deutlich mehr Verantwortung. Tatsächlich klingen die Akkorde in der weiten Lage besonders kraftvoll. Das darüber liegende Ostinato sorgt im Gegenzug für eine Reibung, die sich immer wieder auflöst. Auch das ist ein sehr effektvoller Piano Trick!
Du hast immer wieder mit dem Rhythmus deiner Stücke zu kämpfen und möchtest endlich lernen, wie man Rhythmus richtig liest und ihn umsetzt? Hier geht es zur Schritt-für-Schritt-Anleitung.
Piano Trick 5: Synkopen
Zu meinen persönlichen Favoriten unter den Piano Tricks zählen die Synkopen. Dabei handelt es sich um rhythmische Akzente in der linken oder rechten Hand, die oft gegen die schweren Zählzeiten gespielt werden. Im Englischen gibt es dafür einen passenden Begriff: Off-Beats. Solche „Off-Beats“ machen den Rhythmus interessanter und erzeugen rhythmische Reibung. Für alle Groove-Pianisten ein absolutes Muss! Interessante Synkopen hört man beispielsweise im Piano-Intro des berühmten „Love Song“ von Sara Bareilles. Natürlich gehört auch eine Portion Selbstbewusstsein dazu. Die kraftvollen Oktaven im Bass liefern besonders interessante Synkopen, während die linke Hand dazu gleichmäßige Viertelrhythmen „hämmert“.
Jetzt werden wir noch etwas mutiger und lassen die Basslinie noch etwas selbstbewusster klingen. Zusätzlich zu den knallenden Oktaven füllen wir die linke Hand mit weiteren Verbindungstönen. Mit diesem Piano Trick wird’s richtig groovy!
Umgekehrt geht es natürlich auch. Im zweiten Beispiel ist der Bass das rhythmisch konstante Element, während die Akkorde der rechten Hand synkopische Akzente setzen. Der Bass betont hier eher den Viertelrhythmus, während die Akkorde im Gegenzug die Off-Beats akzentuieren. Auch hier gilt: Es darf ordentlich in die Tasten gehauen werden. Schließlich handelt es sich um rockige Riffs, die laut gespielt werden sollten!
Zum Schluss
Für einen authentischen und eindrucksvollen Auftritt am Klavier gibt es eine Vielzahl von Piano Tricks, mit denen man mit etwas Übung wie ein echter Profi klingt. Dieser Workshop zeigt aber nur einen kleinen Ausschnitt der vielen Möglichkeiten, die einem Pianisten zur Verfügung stehen. Mit den verschiedenen Beispielen möchte ich ein paar Werkzeuge an die Hand geben, mit denen man möglichst schnell Erfolge erzielen kann. Wichtig ist, dass man die Übungen in vielen Zusammenhängen ausprobiert und sich genügend Zeit dafür nimmt. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Auch beim Üben gilt: langsam beginnen und sich langsam steigern.