Die Qualität eines Fünfsaiters steht und fällt mit der tiefen H-Saite (Im Englischen spricht man von der “B String”, da das englische “B” dem deutschen “H” entspricht). Diese sollte hinsichtliche ihres im Klangcharakters möglichst nicht gegenüber den anderen Basssaiten abfallen und einen ebenso stabilen und transparenten Ton liefern. Doch selbst manche hochwertige Boutique-Instrumente kommen mit lasch klingenden H-Saiten daher. Die Dicke der H-Saite passt nämlich physikalisch gesehen nicht so recht zu der standardisierten Mensur von 34 Zoll (86,4 cm) eines E-Basses. Die Lösung: Mit einigen wenigen Schritten und etwas Glück lässt sich eine schlaff klingende H-Saite im Sound verbessern, ohne dass man dafür tief in die Tasche greifen muss. Wir haben für euch die gängigen Tricks ausprobiert!
Das Wichtigste: Die H-Saite richtig aufziehen
Wechselt man die Saiten, sollte man unbedingt die folgenden zwei Schritte beachten, denn manchmal sind diese bereits alles, was zur perfekten H-Saite nötig ist: Kurz bevor man die neue H-Saite endgültig festzieht und stimmt, sollte man sie am Sattel zwischen Daumen und Zeigefinger nehmen und an ihr entlang bis zur Brücke fahren.
Diese Vorgehensweise löst eventuelle Verdrehungen der Saite. Manchmal kann man dabei am Ball End sogar sehen, wie sich die Saite regelrecht “entzwirbelt”. Lässt man diesen Schritt aus, kann das zu einer absolut schlaffen H-Saite führen, die beim Anschlagen nicht selten klingt, als hätte man einen Chorus-Effekt dazugeschaltet.
Nach mehrfachem Stimmen sollte man die H-Saite (und nicht nur die) dann kurz vor und hinter dem Saitenreiter an der Bassbrücke beherzt nach unten drücken, so dass die Saite nach ihrem Auflagepunkt auf dem Reiterchen eine absolut gerade Linie bis zum Sattel vollführt. Lässt man diesen Schritt aus, so wird die Steifigkeit der Basssaite wahrscheinlich abermals zum besagten lästigen “Chorus-Effekt” führen. Diese Maßnahme des Herunterdrückens der Saite verbessert die Schwingungsübertragung erheblich – und damit auch den Sound!
Verschieden starke H-Saiten ausprobieren
Eine große Frage bei diesem Thema ist natürlich die Qualität der H-Saite selbst. Hier gibt es definitiv hör- und fühlbare Unterschiede zwischen verschiedenen Herstellern und Preislagen. Zu diesem Thema möchte ich euch unseren großen Basssaiten-Vergleichstest empfehlen, bei dem wir 22 unterschiedliche Sätze für Fünfsaiter verglichen haben.
Für dich ausgesucht
Hat man sich für eine Marke entschieden, ist die nächste Frage die Stärke der H-Saite: “Je dicker, desto fetter der Sound” – so könnte man annehmen! Dem ist aber ganz und gar nicht immer so, denn je dicker die Saite ist, desto höher wird auch die Gefahr der Eigendämpfung durch die erhöhte Auflagefläche an der Brücke. Ihr seht schon: das Thema ist durchaus komplex!
Um Licht ins Dunkel zu bringen, haben wir die drei häufigsten Stärken für H-Saiten (125, 130 und 135) miteinander verglichen. Damit das auch Sinn macht, stammen natürlich alle drei Exemplare vom selben Hersteller. Entschieden haben wir uns für Slinkys des Traditionsherstellers Ernie Ball aus den USA, da man bei diesen auch einzelne H-Saiten unterschiedlicher Stärke im Handel erwerben kann:
Tapered B String
Eine Lösung für die Eigendämpfung der H-Saite an der Bassbrücke sind sogenannte “Tapered-Saiten”. Sie verjüngen sich zum Ball End hin und liegen daher mit deutlich weniger Fläche auf dem Saitenreiter auf, wodurch sie freier schwingen können.
Einige Hersteller gehen dabei sogar so weit, die Saite nur noch auf ihrer Seele (dem dünnen Kerndraht im Saiteninneren) aufliegen zu lassen. Ein positiver Nebeneffekt von Tapered-Saiten ist, dass man beim Spielen weniger Energie benötigt, um die Saite in Schwingung zu versetzen.
Für unseren Test mussten wir auf einen anderen Hersteller zurückgreifen, welcher Tapered-Saiten im Angebot hat. Das verfälscht die Vergleichbarkeit zwar ein wenig, aber einen grundsätzlichen Eindruck kann man sich dennoch machen.
“Trick 17”: H-Saite mit einem simplen Trick verbessern
Ein gängiger “D.I.Y.”-Ansatz aus diversen Bass-Foren ist, die H-Saite mithilfe einer oder mehrerer Hülsen hinter der Brücke zu verlängern. Dabei wird die Saite erst durch die Hülse(n) geführt und dann durch die Öffnung an der Brücke. Das Material der Hülse sollte natürlich einiges aushalten, da ein ordentlicher Zug auf sie wirkt.
Als Kandidat für diesen Test habe ich mich für die goldene Mitte, also die 130er H-Saite entschieden. So sieht das Ganze aus:
Da die Saite ja immer noch auf dem Saitenreiter abgedrückt wird und dieser Punkt letztlich der Beginn der Mensur, also der Länge der schwingenden Saite ist, erscheint mir persönlich der Hülsen-Trick nicht sonderlich logisch.
Natürlich erhöht sich mit einer längeren Saite auch der Saitenzug, was sicher hier der angestrebte Effekt ist und für einen strafferen Ton sorgen soll. Persönlich konnte ich aber weder in Sachen Saitenzug noch bzgl. des Sounds einen wirklichen Unterschied ausmachen.
Video aller vorgestellter H-Saiten-Varianten zum Direktvergleich
Im nachfolgenden Video gibt es alle fünf Varianten im Vergleich zu hören – einmal mit einem Fingerstyle- und einmal mit einem Slapgroove:
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Mehr InformationenVerschiedene Hersteller-Ansätze bei H-Saiten für Bass
Welche Lösungen haben verschiedene Hersteller für gut klingende H-Saiten parat? Ein naheliegender Ansatz ist, die Physik des Instruments in Richtung der H-Saite zu verbessern, d. h. die Mensur zu verlängern.
Einige Hersteller setzen auf generell verlängerte Mensuren. Diese “Long Scale”- oder gar “Extra Long Scale”-Mensuren kommen zwar der H-Saite deutlich zugute, benachteiligen dafür aber wiederum die dünneren Saiten. Hier muss man sich ganz klar nach den eigenen Prioritäten richten. Hier seht ihr ein Foto eines Franz Bassguitars-Fünfsaiters mit 34,5 Zoll und eines Laklands mit 35-Zoll-Mensur:
Ein anderer Ansatz, der in den letzten Jahren enorm an Popularität gewonnen hat, sind Multiscale-Instrumente. Jede Saite besitzt dabei ihre eigene optimierte Mensur – das Resultat ist, dass die Bünde schräg stehen und wie ein Fächer aussehen, weshalb man dieses System auch “Fanned Frets” (gefächerte Bünde) nennt.
Selbst die von uns ausprobierte Hülsen-Lösung haben einige Bassbauer bereits ausprobiert, allen voran Fodera mit ihrem Extended B Headstock, auf welchem die Stimmmechanik der H-Saite ans Ende der Kopfplatte verlegt wurde, um auf diese Weise die Saitenlänge zu erhöhen. Doch auch dieses Verfahren verlängert letztlich ja nicht die Mensur, sondern nur den Saitenzug.
Gleiches gilt für Yamaha, welche für ihr 425X-Modell eine Brücke entwarfen, bei der die Aufhängung für die H-Saite ein Stück nach hinten versetzt war. Beide Lösungen konnten sich am Ende jedoch nicht durchsetzten und sind heute nahezu verschwunden.
Viel Erfolg mit der Optimierung eurer H-Saite und bis zum nächsten Mal,
euer Thomas Meinlschmidt