DETAILS
Aus Wikipedia – Ergo (nomie): Der Begriff setzt sich aus den griechischen Wörtern Ergon (Arbeit, Werk) und Nomos (Gesetz, Regel) zusammen. Die Entwicklung eines Produktes nach ergonomischen Gesichtspunkten resultieren in guter Handhabbarkeit und einem komfortablen und effizienten Workflow, der möglichst wenige Fehlerquellen und Störfaktoren in sich birgt.
Hehre Ziele, fürwahr. Befreit man den Testkandidaten aus seiner Kartonage, bemerkt man sofort, dass die Damen und Herren an den Skizzenbrettern andere Wege gegangen sind, als das Gros des Konkurrenzfeldes. Zum einen verzichten die Japaner auf ein spiegelsymmetrisches Layout, zum anderen schält sich hier statt einer kleinen Flachkonstruktion ein Arbeitsgerät aus der Verpackung, das dem Anwender in einem Winkel von etwa 25 Grad entgegenblickt. Zwei große, abschraubbare Standfüße sind dafür verantwortlich.
Doch die Konsole ist nicht nur hübsch aufgebockt, sondern sie kann auch durch formschöne Rundungen und dezente Farbgebung entzücken. Ihr Innenleben sitzt in einem Panton-artigen, weißen Hochglanz-Chassis, welches eine leicht angeraute, schwarzgraue Faceplate ziert. Adrett. Neueinstiger mag die Heerschar von Bedienelementen vielleicht im ersten Augenblick ein wenig Respekt einflößen, aber alles ist eindeutig beschriftet, sodass die Bedienung innerhalb kürzester Zeit klar sein sollte. Hat man zuvor bereits mit einer DJ-Software, analogem Equipment oder einem anderen Controller gearbeitet, findet man sich sofort zurecht. Jetzt wollt ihr sicherlich noch wissen, was alles im Sample-Paket lag: der Pioneer DDJ-Ergo-V-Controller, ein USB-Kabel und eine Treiber/Software CD.
Play everywhere
Der futuristisch anmutende Controller misst 55 Zentimeter in der Breite und 28 in der Tiefe. Sein Gewicht fällt mit drei Kilo relativ gering aus, was natürlich auch dem Plastikkorpus geschuldet ist. Maße und Material fordern daher auf Reisen eine adäquate Gigbag ein. Es ist nicht immer leicht, den richtigen Kompromiss zwischen unkaputtbar und federleicht zu finden. Manch eine Hersteller schwört auf einen Vollmetallpanzer wie beim Vestax VCI-400, mancher auf Kunststoff wie beim VCI-100 MK2 oder eben dem Ergo. Insgesamt vereint der Prüfling 55 Buttons, 23 Drehregler, fünf Fader, fünf Push-Encoder und zwei Jogwheels auf seiner Oberfläche. Da lässt sich einiges mit anstellen.
Front und Backpanel
Ein Blick auf die Vorderseite zeigt je eine 3,5- und 6,3-Millimeter-Klinkenaufnahme für den Kopfhörer. Das spart den Adapter ein.
S1- & T1- User müssen Einschnitte hinnehmen, wenn sie ihre Kontrolleinheit via USB statt mit dem Netzteil betreiben (sie schalten je nach Typus Beleuchtung, Eingangsrouting oder Pegel runter – nachzulesen hier S1 und hier T1), der Ergo hingegen ist komplett auf USB-Betrieb ausgelegt. Dementsprechend kommt die hintere Anschlussleiste auch ohne Netzteilbuchse aus, hat aber schlauerweise einen Einschaltknopf verbaut, um die USB-Stromzufuhr zu unterbinden. Trotzdem ist auch hier ein Emergency-Modus implementiert: Sollte der USB-Port aus irgendeinem Grund dennoch zu wenig Saft bieten (etwa wenn noch weitere USB-Geräte am Computer betrieben werden), schaltet der Pioneer die Kopfhörerlautstärke und Beleuchtung runter. Neben dem Power-Switch schützt eine Aussparung für ein Kensington-Schloss vor Diebstahl.
Auf der linken Seite sehe ich einen Master-Ausgang in zweifacher Ausführung. Ein separat regelbarer Monitor-Out ist nicht zugegen, der Master liegt geklont vor. Für die professionelleren Anwender stehen symmetrische 6,3-mm-Klinken bereit. XLR-Buchsen sind nicht vorhanden. Die heimische HiFi-Anlage kann per Cinch-Kabel besaftet werden.
Rechts daneben sind je eine separat regelbare 6,3-Millimeter-Mikrofonaufnahme und ein Stereo-Aux-Eingang platziert. Der Quellwahlschalter befindet sich in ihrer Mitte. Möchte der DJ also vom Mikrofon zum Hilfseingang wechseln, heißt es hinterm Controller rumzufummeln. Nicht ideal gelöst, aber aufgrund des aufgebockten Panels besser als bei flachen Lösungen und im tatsächlichen Praxiseinsatz vielleicht verschmerzbar.
Untergetaucht
Ein ergonomischer Deejay-Controller sollte in jedem Fall eine Performance ohne Maus und Tastatur ermöglichen. Warum also nicht gleich das Notebook-Keyboard unter den Controller schieben. Im Falle des Testobjekts ist dies durch die hinteren Standfüße kein Problem. Jedoch macht das Ganze nur bis zu einem gewissen Grad Sinn, denn man möchte ja auch den unteren Teil des Bildschirms noch gut sehen können. Ferner kommen ja auch noch die Kabel aus dem Backpanel. Doch wer nur begrenztes Platzangebot auf dem Schreibtisch hat oder auf beengtem Raum hinterm Tresen einer tanzorientierten Großstadtbar arbeitet, wird um so manchen Zentimeter „kämpfen“ müssen und froh über diese Option sein. Wer seine Musikalien mittels Tastatur durchsucht, kann auf einen bewährten Laptop-Stand zurückgreifen und vielleicht die Füße abschrauben. Ab zum Oberflächenrundflug.
Aufbau
Zentrales Element ist der Zweikanal-Mischer mit seinem Dreiband-Kill-EQ nebst Gain-Regler. Diese sind aus hartem Kunststoff gefertigt und weisen einen natürlichen Drehwiderstand auf. Ich hätte sie gern gummiert gesehen, damit sie sich etwas griffiger anfühlen. Zwischen den mittengerasterten Equalizern sind die Regler für den Cuemix- und die Kopfhörerlautstärke beheimatet, die mir persönlich zu klein und fummelig ausgefallen sind. Darüber thront der Browser-Encoder mit Ladebuttons, die Deckswitches AC und BD, sowie eine Taste für das Preview-Deck und den Performance-Rekorder, welcher eine Mixsession – so die Software dies unterstützt – mitschneidet. Aux- und Master-Level sind oben rechts auf 13 Uhr angesiedelt. Schaut man in das Zentrum, bemerkt man links unter dem Kanalfilter einen Encoder für‘s Sample-Volume, rechts unter dem Kanal-Filter indes eine Loop-Abteilung. An der linken Außenflanke findet sich die Schleifeneinheit für Deck A, wohingegen am rechten Rand Sample-Volume arrangiert wurde. Das ist in meinen Augen nicht gut gelöst. Man ist zunächst geneigt, sich zu vergreifen.
Für dich ausgesucht
Die Vorhörtasten befinden sich nördlich über den Kanalfadern, die 45 Millimeter messen und mit einem angenehmen Gleitverhalten aufwarten- was auch der leichtgängige Crossfader von sich behaupten kann. Eine physische Einstellmöglichkeit des Andrucks oder der Kurvencharakteristik ist bei den Flachbahnreglern nicht angedacht, auch bemerke ich ein wenig seitliches Spiel. Allerdings bietet die Software eine zweistufige Umschaltmöglichkeit für die Crossfader-Curve (hart/weich). Sowohl Cross- als auch Linefader sind mit P-Lock-Faderkappen ausgestattet, was den Vorteil hat, dass sich diese während einer wilden Performance nicht lösen können. Und auch Langfinger haben keine Chance, die Kappen während einer Toilettenpause vom Stift zu rupfen.
Angelehnt an die CDJ-Reihe präsentieren sich die Player mit extragroßen Jogwheels und Transport-Tasten auf prominenter Linksposition. Eine Shift-Taste auf jeder Seite dient zum Abruf der Zweitbelegungen. Die Teller messen satte 115 Millimeter im Durchmesser und legen die von den Desktop-Modellen der Einsteiger CDJ-Klasse bekannten „hass mich oder lieb mich“ Eigenschaften an den Tag. Die rot-blau beleuchteten laut schnarrenden Räder liegen vom Betrachtungswinkel eines Mix-Deejays recht angenehm unter den Fingern, zeigen einen korrekten Rundlauf und kommen nach einem Spin schnell zum Stehen. Ihre drucksensitive Oberfläche ist zweifarbig gehalten. Sie eigen sich gleichfalls für präzise Pitchbends und für die zielgenaue Navigation im Musikstück.
Scratcher könnten sich allerdings daran stoßen, dass die Teller nicht groß genug für manche Technik sind und sich zudem die Button-Oberfläche beim Scratchen wenige Millimeter ins Innere senkt – was für manchen sicherlich ein ungewohntes Feeling darstellt. Der beleuchtete, transparente Kunststoffkranz ist mit praktischen, fingerführenden Mulden besetzt. Setzt man ein Deck in Bewegung, beginnen die Linefader im Takt zu pulsieren und der rote Viertelkreis läuft in Abspielrichtung um das Rad.
Pulse-Mode
Die Pulse-Modi sollen den Deejay in seiner Performance visuell unterstützen. Im Mix-Pulse wird der Tempo-Offset durch eine blaue Beleuchtung der Wheels ausgedrückt. Je unterschiedlicher die Tempi sind, desto schwächer glimmt es blau. Beim Beat Pulse ist die Intensität der im Takt blinkenden Kanalfader von den Audiopegeln der Decks abhängig. Der Launch-Pulse ändert kurz die LEDs der Wheels, wenn ein Track ins Deck geladen wird. Beim FX Pulse ändert sich die Beleuchtung des Jogwheels mit dem Effektparameter.
Um ehrlich zu sein: Der Pulse-Mode ist nicht mein Fall, da ich mich beim Beatmatching aufs Pitching, Bending und den Sound konzentriere und somit eher nicht auf die Lightshow der Konsole achte. Mir gefällt der Ego besser, wenn der Pulse-Mode deaktiviert ist, weil es schon ein wenig an Kirmes erinnert. Klassische Pegelmeter im Ampel-Farbcode sind nicht zugegen, was für mich ein echter Minuspunkt ist. Es gilt, die Lautstärken per Gehör oder Beleuchtungsintensität abzuwägen.
Pitch
Der Pitchfader sitzt rechts vom Dial und wird von einer Sync-Taste mit Masterdeck-Funktion sowie Keylock und Vinyl-Tasten eingefasst. Das entspricht dem Abbild eines analogen DJ-Systems, ist aber nicht jedermanns Sache, weil der linke Pitch-Fader somit unmittelbar neben dem Linefader liegt und weniger Abstand zu diesem aufweist, als der benachbarte Channel-Fader (!) Andere Hersteller setzen hier zum Teil auf spiegelsymmetrisches Layout, was auch ich persönlich bevorzuge und positionieren die Temposchieber an den äußeren Controllerflanken. Über die Länge von 60 Millimetern kann man sicherlich geteilter Meinung sein, wenngleich sich auf dem niedrigsten Arbeitsbereich im Hundertstel-Bereich manövrieren lässt. Die Griffigkeit der Potikappen und das seitliche Spiel finde ich verbesserungswürdig. Mal ganz abgesehen davon, dass der Pitch in Zeiten automatischer Tempo- und Taktsynchronisation sogar bei einigen Gralshüter elektrodigitaler Tanz-Bespaßung an Relevanz verloren haben dürfte! Im Mainstream wird sowieso eher naturbelassen gespielt, insofern ist die individuelle Arbeitsweise bei dieser Betrachtung der Maßstab.
Über den Jogwheels warten die Kreativ-Abteilungen auf ihren Einsatz. Je vier Schaltflächen kümmern sich um Loops und Samples, ein weiteres Quartett befehligt in Kombination mit ebenso vielen Drehreglern die Effekt-Bataillone. Die Plastik-Buttons fühlen sich etwas hart an, vor allem wenn man intensives Cuejuggle- und Samplefeuerwerk betreibt, zudem sind sie mir zu klein. Womit wir auch direkt in die Praxis, und zwar in das Zusammenspiel zwischen Konsole, PC und Software einsteigen.
Niels sagt:
#1 - 11.02.2013 um 22:59 Uhr
Kann man das als Einsteiger-Set nehmen? Will nämlich in die Branche einsteigen. :)
Peter sagt:
#2 - 13.02.2013 um 10:37 Uhr
Hallo Niels,
ja, das geht ;)Gruß
Dennis sagt:
#3 - 30.07.2013 um 21:52 Uhr
Hallo, funktioniert das Teil der Traktor-Software oder gibt es hier Einschränkungen? Danke