Praxis
Serato DJ (Intro) gehört ja inzwischen zu den „Stammgästen“ bei Bonedos DJ-Controller-Tests. Neben essenziellen Basiswerkzeugen zum Abspielen, manuellen und automatischen Beatmatchen und Mixen gehören bei Verwendung des DDJ SR vier virtuelle Player mit Wellenformgesamtansicht und horizontaler oder vertikaler Ausschnittbetrachtung zur „Grundausstattung“. Grid-Werkzeuge zum Anlegen oder Nachbessern des Taktrasters, das als Synchronisationsgrundlage herangezogen wird, sind ebenfalls mit an Bord. Für verspieltere Naturen oder Mashup-Magier gibt es reichlich Tools zur Track-Verwurstung, darunter Loops, Hotcues oder den SP6-Sampleplayer und natürlich die Performance-Pads. Serato beinhaltet ebenfalls eine Musikverwaltung mit iTunes-Integration und virtuellen, optional selbstbefüllenden Plattenkisten sowie Such- und Sortierfiltern. Hier ist ein vollständiger Test der Software zu lesen.
Die Installation des knapp 30 MB großen Datenpakets, die zudem den Audio-Treiber enthält, ist schnell erledigt. Verbinde ich danach das Gerät mit dem MacBook und starte Serato DJ erfolgt die Plug & Play-Erkennung sowie ein automatischer Refresh, sollte das Gerät versehentlich vom Notebook getrennt und danach wieder verbunden werden. Ein Wort zu den Mindestanforderungen an den Rechenknecht: Unter Mac OSX 10.6.8 soll es ein Core2 Duo ab zwei GHz Taktung sein sowie ein GB RAM für 32 Bit-Systeme – das halte ich ehrlich gesagt für knapp bemessen. Ein Arbeitsspeicher von vier Gigabyte und eine 2,4-Gigahertz CPU werden für 64-Bit-Systeme empfohlen, das trifft es wohl schon eher. Für Windows 7 gilt das Gleiche, nur dass unter der 32-Bit-Version zwei Gigabyte RAM eingefordert werden und auch hier rate ich, den Arbeitsspeicher zu verdoppeln.
Bevor ich näher auf das Handling der Unit eingehe, möchte ich vorwegnehmen, dass das von Pioneer verbaute USB-Audiointerface bei einer Wortbreite von 24 Bit mit einer Samplingfrequenz von 44,1 Kilohertz arbeitet und den Sound druckvoll und transparent auf die symmetrisch angeschlossenen Pioneer SDJ-05 DJ-Monitoren schickt. Der Kopfhörerausgang ist ebenfalls satt, glasklar und laut. Voll aufgerissen zerrt es ein wenig auf meinen Kopfhörer, aber da ist der Pegel schon in einem Bereich angelangt, dem man besser nicht zu lange ausgesetzt sein sollte. Oder in kurz: „uneingeschränkt clubtauglich“. Bezüglich der Performance kann ich bestätigen, dass Serato DJ in der Version 1.5.2 ressourcenschonend und stabil auf meinem Testrechner läuft und zudem niedrigste Latenzeinstellungen ermöglicht. Vier Decks und Effektfeuerwerke bei zwei Millisekunden auf einem „betagten“ Core2Duo MacBook 2009? – Kein Problem!
Im Gegensatz zum großen Bruder DDJ SX handelt es sich beim SR jedoch nicht um ein echtes Mischpult, an dem ich Turntables oder CDJs anschließen könnte, sondern um einen reinen MIDI-Mixer mit Soundkarte, der allerdings einen eigenständigen, von der Software unabhängigen Aux-Input und einen Mikrofonanschluss besitzt. Erstgenannter könnte demnach eine Warm Up-Beschallung per MP3-Player im Vorfeld einer Party sicherstellen oder als Notfalleingang im Falle eines Software-Crashes herhalten. Ein optionaler Netzteilanschluss wäre hier aus professionellem Betrachtungswinkel wünschenswert, um eine Beschallung sicherzustellen, selbst wenn der Computer abraucht. Davon abgesehen muss ich allerdings feststellen, dass selbst ein „leistungsschwaches“ iPad am Aux-In auf Augenhöhe mit den Software-Decks operieren kann und der Sound des Audiointerface wie schon gesagt überzeugt. Das Mikrofonsignal ist ebenfalls nachstehend zu begutachten, wobei ich hier anmerken möchte, dass ich ein minimales Störgeräusch vernommen habe, wenn kein Signal anlag, was laut Support wohl am Sample liegen muss.
Handling
Obwohl der Pioneer-Controller eine Vielzahl von Mehrfachbelegungen mitbringt, ist die grundsätzliche Bedienung auch für den ambitionierten Laien nicht schwer zu erlernen. Die Track-Auswahl erfolgt standesgemäß über den Browser-Encoder im Zentrum des Mixers und das Beladen der Decks geschieht über die Load-Tasten. Sie leuchten rot für die Player 1 und 2 oder gelb für die Player 3 und 4. Landet ein Titel im Deck, stehen mir dort alle für die Mixsession relevanten Informationen wie ID3-Tags, BPM, Laufzeiten und Pitch zur Verfügung, was sich recht gut dem Screenshot entnehmen lässt. Drücke ich den Encoder und Shift nieder, schaltet er durch die Panels (REC, SP6, Video, FX). „FWD“ und „Back“ manövrieren komfortabel durch tiefere Ordnerverschachtelungen. „Shift“ + „Area“ schaltet durch „Files“, „Browse“, „History“ und „Prepare“. „Shift“ + „View“ durch diverse Layouts der grafischen Benutzeroberfläche (Horizontal, Vertikal, etc). Vor allem, wenn ich die Wellenformen zugunsten einer vergrößerten Library-Ansicht verkleinere, wird es in der Playliste recht übersichtlich. An die Decks 3 und 4 gelange ich über die Deck-Tasten. Die Software bietet an, sämtliche vier Decks gleichzeitig anzuzeigen oder – so der DJ mehr Überblick über die Library haben möchte – nur zwei Player simultan darzustellen, wobei die Software erkennt, wenn ich umschalte und dann das entsprechende Deck austauscht.
Beim Umgang mit vier Decks und lediglich zwei Kanalzügen ist es besonders wichtig, dass es nicht zu ungewollten Wertesprüngen kommt, wenn man einen Regler bewegt hat und dann zurück auf das vorherige Deck schaltet, das eigentlich eine andere Fader/Poti-Position als die aktuelle hatte. Beim DDJ SR verändert sich der Wert jedoch erst, wenn ich die alte Position „abgeholt“ habe. So soll es sein. Apropos Fader: Mittels „Shift“ könnt ihr einen Faderstart ausführen, der am temporären Cuepoint einsetzt. Coole Sache.
Zur Ermittlung der Geschwindigkeit eines Titels besitzt SDJ einen integrierten Beatcounter, ein Offline-Analyse-Werkzeug und einen Tap-Button zur manuellen Tempoeingabe. Nun steht es mir frei, die Player manuell oder automatisch mit ihren Gegenübern zu „beatmatchen“, wobei Serato zwischen Tempo-Synchronisation und Beatgrid-Synchronisation unterscheidet. Die automatische Synchronisation via „Sync“-Knopf funktioniert deckübergreifend, wobei das zuerst „gesyncte“ Deck das Mastertempo vorgibt. Zu diesem marschieren dann (hoffentlich, sonst Beatgrid angleichen) alle weiteren Player im Takt. Eine Master Clock mit optionaler Tempoangabe bietet Serato DJ nicht an, was ich ziemlich schade finde. Etwas unvorteilhaft gelöst finde ich die Deaktivierung der Synchronisation mittels Shift, wobei natürlich festzuhalten ist, dass es sich so nicht mal eben versehentlich „entsyncen“ lässt. Interessant für das Überblenden der Titel ineinander ist, dass ich mit dem Dreiband-EQ, der zwei unterschiedliche Ausprägungen annehmen kann, die drei Frequenzbänder komplett herausdrehen kann, um so nur bestimmte Frequenzbereiche zu mixen. Der Boost kann 6 dB oder 12 dB betragen. Ferner hat sich auch der Filter im Mix etabliert, der hier wirklich respektabel klingt.
Im Beat-Mix kommt es immer wieder mal vor, dass zwei Titel im Tempo voneinander abweichen und man sich beim Pitchen mit den sogenannten Mickey Maus-Effekten rumplagen muss. Bei unliebsamen Tonhöhenschwankungen kann daher ein Keylock, der die Tonart beibehält, recht nützlich sein. Dass dies auch über weitere Strecken gut funktionieren kann, soll das nachstehende Beispiel verdeutlichen, wo der Pitch auf bis zu plus (minus) 16 Prozent geschoben wird, mit kurzen Pausen bei 4, 8, 10 und 12 Prozent.
Effektsektionen
Serato DJs Effekte stammen aus der Feder von iZotope, die in Produzentenkreisen für ihre hochwertigen Audiosuites und -plugins bekannt sind. In SDJ gibt es eine zehnköpfige Basisausstattung an „Brot und Butter“ – Effekten wie Phaser, Flanger, Tremolo, Repeater, Reverser, Braker, Crusher, Delay, Echo, Reverb, HPF und LPF, zudem können effektverliebte Naturen eine kostenlose Erweiterung laden und gegen einen Obolus von 19 Euro pro Pack zusätzliche FX-Zusammenstellungen erwerben, um ihre Racks aufrüsten. Gerade wenn man mit Plattenreiten einen Teil seines Lebensunterhalts bestreitet und Serato DJ (semi-) professionell einsetzt, ist dies sicherlich ein vertretbarer Preis, selbst vor dem Hintergrund, dass die Berliner Konkurrenz ihr Programm mit 43 „schwergewichtigen“ Klangmanipulatoren bestückt. Jedenfalls schlagen Serato/iZotope bei den Extensions durchaus auch experimentellere Richtungen ein und liefert reichhaltig Stoff für dramatischere Build-Ups und Breaks.
Gut, aber das soll hier ja kein Software-Test werden, daher zurück zur harten Ware und die steuert die FX-Racks wirklich sehr grazil. Nach einer kurzen Deadzone von wenigen Grad findet eine präzise Werteänderung statt, wobei die weißen Naben am Poti auch visuell für Durchblick in Sachen Parametertiefe sorgen – anders als bei manchem FX-Encoder, der keine Vermutung über die FX-Stellung zulässt. Die Tastenreihe darunter gibt ebenfalls ein eindeutiges Status-Feedback ab. Der DJ kann im Solo-Modus drei Effekttypen in der Reihe in je einem Parameter justieren sowie das FX-Timing per gerasterten Encoder einstellen. Bevorzugt er stattdessen die detaillierte Kontrolle eines Effektes, verbleiben neben Dry/Wet zwei Parameter plus Tastenfunktionen und Beats-Regler. Das Timing selbst kann automatisch auf Basis der Track-BPM erfolgen. Alternativ lässt sich dies einklopfen. Jede Effekteinheite lässt sich jedem Deck zuordnen, für die Decks drei und vier wie gehabt über Shift. Jetzt noch speicherbare Anwender-Presets, das wäre nicht schlecht.
Performance Pads (Plus):
Kommen wir zuerst zu den Neuankömmlingen unter den Pad-Modi. Über die Pad-Plus-Taste gelange ich an den zweiten Befehlssatz und somit zum Hotcue-Roll, der einen taktsynchronen Roll-Effekt von 1-1/32 Beat, einzustellen über die Parametertasten, am entsprechenden Hotcue einsetzt. Eine Hold-Funktion ist ebenfalls mit von der Partie.
„Combo FX“ – In diesem Modus bediene ich mit einem einzigen Pad den Effektpegel (12, 50, 75, 100 Prozent) und das Filter, wobei ich über den Utility-Modus (gleich mehr dazu) die Effektintensität und das Verhalten des Filtersweeps festlege (schnell, langsam, LFO, aus). Das ganze funktioniert aber nur wie im Multimode beschrieben, wobei die „übrigen Pads“ rechts außen den Beat-Wert verdoppeln/halbieren. Das Timing lässt sich aber auch über die Parametertaste festlegen, woraufhin das Geräte-Display zwar umspringt, aber nicht immer der Anzeige in der Software, also dem tatsächlichen Timing, entspricht. So steht zum Beispiel 1/8 auf dem Display für das Timing 1/8. Steht die Anzeige auf 1/16 entspricht das Timing in der Software jedoch 1/16 T, Display-Anzeige 1 steht für das Timing 2D usw.
„Trans Pad“ erzeugt rhythmische Gate-Sounds, beginnend mit dem Auslösezeitpunkt und entsprechend des voreingestellten Gate-Timings. Ich kann also beispielsweise gezielt die Kickdrum oder die Hi-Hat „gaten“.
„Sampler Roll“ erlaubt einen Roll-Effekt im jeweiligen Sampler-Slot, wobei die Parametertasten die Länge vorgeben.
Daneben gibt es noch die vier Standardmodi der Performance Pads, die wir bereits ausgiebig im Testbericht zum DDJ SX sowie dem Serato DJ-Test besprochen haben, daher hier eine knappe Zusammenfassung:
Der Hotcue-Modus legt bis zu acht Marker an. Belegte Plätze der Schnellstartmarkierungen leuchten blau und lassen sich mittels „Shift“ jederzeit löschen.
In der Betriebsart „Loop-Roll“ rufen die Pads kurzzeitig intervenierende, taktsynchrone Schleifen auf, wobei der Titel im Hintergrund gepuffert wird und nach Loslassen des Pad wieder „normal“ einsetzt. Die Range reicht von 1/32 nach 4/1 bis hin zu ¼ nach 32 und wird über die Parametertasten gesetzt.
Der Slicer teilt im Moment des Auslösens einen Track-Ausschnitt, genannt „Domain“ (mögliche Längen: 2 bis 64 Beats) in acht gleich lange Teilabschnitte (Slices) nach vorn. Diese können dann über die Pads neu zusammengespielt werden. Sobald der Positionsmarker das Ende der Domain erreicht, ohne dass eine Aktion erfolgt ist, wird der Endpunkt als neuer Anfangspunkt deklariert. Die Quantisierung der einzelnen Patterns ist in vier Schritten von 1/8 bis 1 Beat frei einstellbar. 1 steht für die vollständige Wiedergabe eines Patterns, ½ für die Hälfte usw. Betätige ich den Slice-Button ein zweites Mal, wird die Lauflichtdarstellung invertiert und die Domain wandert nicht automatisch weiter, sondern sie loopt.
Im Sampler-Mode lassen sich maximal je sechs Samples auf vier Bänken (A, B, C, D) abspielen. Sie sind auf die ersten sechs Pads verteilt, die wiederum zum Triggern der Audioschnipsel dienen. Dies erfolgt wahlweise mit der in der Software voreingestellten Lautstärke oder über die Anschlagdynamik der Tasten, gemäß vier Kurvenausprägungen. Zudem kann ich über den Utilitymodus die Aftertouch-Funktion einschalten. Den Buttons sieben und acht konnte ich keine Funktion entlocken. Die Bänke werden mit den Parametertasten durchgeschaltet, was die Wiedergabe der Samples-Slots umgehend stoppt. Die einzelnen Sampleslots bieten diverse Widergabemodi von „One-Shot“ über „Trigger“ bis „Loop“ . Pitch und Keylock sind auch dabei. Im Modus „Smart Sync“ laufen die Samples auch synchron. Auf dem Computerbildschirm lassen sich die erweiterten Sampler-Features zugunsten eines übersichtlichen „Simple Modes“ ausblenden.
Trotz der zahlreichen Performance-Modi erfreuen am DDJ SR auch zwei sehr gut funktionierende und zweckdienlich ausgestattete rechts unten liegende Loop-Sektion, die mit Autoloops, Cutter und per Shift zugänglichen manuellen Schleifen nebst Anzeigen punkten. Dass man es hier mit einer sehr durchdachten Unit zu tun hat, lässt sich auch bei den „Shift“-Funktionen erkennen: So bewirkt beispielsweise ein mit „Shift“ gedrückter „Cue“-Button einen Ladevorgang des vorherigen Playlist-Titels, das Jogwheel spult taktgerecht, der „Play“-Button „Stuttert“, der „Pitch“-Button ändert die Tempo-Range und so weiter. Ferner erwähnt das Handbuch, dass Shift in Kombination mit den Padmodes für zukünftige Software-Erweiterungen freigehalten sei. Auch die Utility-Modi sind sehr praktisch: Hier kann ich im „Utility Mode 1“ Faderstart-Einstellungen vornehmen, die Masterdämpfung angeben, die Velocity Curves anpassen und Aftertouch einschalten oder MIDI-Einstellungen vornehmen. Im „Utility Mode 2“ passe ich bei Bedarf die Empfindlichkeit des Berührungssensors der Jog-Scheibe an oder setze Standardwerte der Beats für Sampler und Hotcue Rolls und die Vorgaben für die Combo-FX.