Pioneer DJM-900SRT Test

Praxis

Serato DJ führt zusammen, was zusammen gehört und ich installiere frohen Mutes die zum Testzeitpunkt aktuelle Version 1.5 auf meinen Rechner. Die RANE-Interfaces SL1-SL4 und die Mixer SixtyTwo/Eight werden voraussichtlich nicht vor Q1 2014 unterstützt und apropos Interfaces: Auch hier könnte Pioneer noch „Neuland betreten“.  
Die Installation der DJM-900SRT-Treiber und der vergleichsweise schlanken Software, die sich in 32 Megabyte für den Mac-Installer und 18,5 MB schmale Sample-Content für 24 Samples aus der Loopmasters-Schmiede aufteilt, geht schnell vonstatten. Zum Vergleich: Traktor schaufelt inzwischen 1,2 Gigabyte auf die Platte, wohlgemerkt mit einer sehr umfangreichen Sample-Bibliothek. Der Ordner „Content Import“ meiner „Zweipunktsechs“ enthält bereits direkt nach der Installation 774 Audiodateien für die Sample/Remix-Decks und ist „entpackt“ gar 1,7 Gigabyte groß. Doch zurück zu Serato:

Fotostrecke: 7 Bilder Serato DJ Screenshot

Mein erster Ausflug führt mich ins Setup, um genau zu sein in die Audio-Preferences, wo aktuell die Latenzeinstellungen auf zwei Millisekunden stehen – da habe ich nix dagegen. Der Tab hält zwei Schaltflächen für Vinyl- und CD-Timecodes bereit. Kurzerhand drücke ich auf Turntable und sehe die Kalibrierungskreise der Timecodes auf den Schirm, die sich mit den Phasenkorrektur-Werkzeugen „feintunen“ lassen. Vor der ersten Session ist darauf zu achten, dass die Scheiben bei 0% Pitch eingemessen und kalibriert werden. Im Übrigen beinhaltet das DJM-900SRT Edition Handbuch bei Bedarf Tipps zur Optimierung. Die Player liegen an den beiden mittleren Kanälen 2 und 3 an, die jedoch die Bezeichnung Deck 1 und 2 tragen. Deck 3 und 4 finden sich dementsprechend an den Mixer-Kanälen 1 und 4 ein. Ich allerdings möchte ein eigenes Profil anlegen, das nach einem Click auf “Custom” das Pioneer-Routing-Programm hervorbringt:

Fotostrecke: 12 Bilder Deck 1 und 2 liegen auf Kanal 3 und 4 an.

Die Audioroutings für In- und Outputs sind an den entsprechenden Kanälen im Pioneer-Softwarepanel vorzunehmen. Hier werden die Mixer-Eingänge für jeden Kanal angezeigt, wobei verbundene digitale Kanäle mit einem blauen Pfeil gekennzeichnet sind. Analoge Kanäle (LINE- oder PHONO) repräsentiert ein grauer Pfeil entsprechend der grau gemuteten Softwaredecks in SDJ. In Ermangelung von vier Turntables (ich habe nur zwei) und unter Beachtung, dass ich an eine Festplattenaufzeichnung der Performance denke und keinen weiteren Kanal für das aktuell ohnehin nicht mehr unterstützte Bridge-Plugin angedenke, route ich den Sampleplayer auf den Output 3.  
Möchte ich eine Mixsession, wohlgemerkt den Master des Pioneer-Pultes inklusive (!) aller Serato-Aktionen, Pioneer-Ressourcen und der Mikrofonkanäle aufzeichnen, benötige ich dafür einen Rückführungskanal in den Software-Rekorder. Im Softwarepanel des Nexus deklariert man hierzu einen Output als Rec-Out. Dieser kann dann natürlich kein zeitcodiertes Steuersignal an Serato senden, daher bleiben maximal drei Timecode-Inputs für die Decks über. Und wer auf das vierte Kontrollmedium nicht verzichten kann,  greift das Signal halt über den Record-Out mit einem Handy-Rekorder ab und zeichnet es auf SD-Karte auf. Das gilt natürlich auch für Protagonisten, die ohne Laptop mit „normalen“ Schallplatten oder CDs zum Gig auflaufen. Zum Thema Recording ist noch zuzufügen, dass sich die gut klingenden Phono-Inputs in Kombination mit den hervorragenden Wandlern natürlich auch zum Digitalisieren eines Vinyl-Bestandes nutzen lassen, so vorhanden.

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Digital Djaying

Sind alle Einstellungen korrekt vorgenommen, lässt sich mit dem SRT performant und betriebssicher abrocken. Serato/Pioneer legen ja insgesamt vier Kontrollmedien bei, nämlich zwei Vinyls und zwei Silberlinge mit je 15 Minuten Laufzeit und einem Selektions- und Titel-Track. Das Trägersignal für die CD können registrierte User übrigens noch nicht wie bei Scratch Live von der Website herunterladen. Blöd, wenn der optische Datenträger bei einem Gig im finstren Club vergessen wird und man bereits mit den Abreisevorbereitungen beschäftigt ist oder wenn das Scheibchen irgendwann den Geist aufgibt. Aber es gibt ja auch noch zwei Vinyls im Paket, hier in „Meerblau“. Deren Seiten sind im Minuten-Schnittverfahren angelegt. Die verwendete Signalfrequenz beträgt ein Kilohertz Zum Einsatz kommt hier nicht die klassische sequenziell markierte Timecode-Variante, sondern Seratos Noise-Map-Technik, die Seratos Dylan in einem interview mit DJTT mal als eine Art Landkarte einer Insel bezeichnet hat, auf der mann an jedem Punkt genau wisse, wo man sei. Aha. Die neuen „remastered“ Performance Vinyls haben einen 6 dB lauteren Signalträger als die Vorgänger, der laut Herstellerangaben präzises Tracking und das „authentischste“ Vinyl-Handling am Markt ermöglicht. Nachkaufen kann man die Platten in sechs Farben, obendrein gibt es 10-Inches und Sonderausgaben.
Da das Thema „Latenz“ sicher nicht für jeden, aber zumindest für die Profis unter den scratchenden Akteuren der digitalen Deejays sicherlich ein wichtiges Argument ist, habe ich im Test auch die Einstellung von einer Millisekunde gewählt und damit „rumgerockt“ – ohne das Knackser oder dergleichen auftraten. Besonders praktisch: Wegen der Input-Matrix am SRT ist es kein Problem für einen DVS-DJ, mit einem Kollegen zu battlen, der mit CDs oder Platten zum Set kommt oder umgekehrt. Einmal am Schalter gedreht und das Serato-Deck „schweigt“ (graue Wellenform). Schon schwingen die ultra-raren Whitelabels und Rare-Grooves aus dem Schallplattenarchiv im fröhlichen Einklang mit der MP3-Massenware aus dem Download-Store.  
Mit „lediglich“ meinen beiden Vestax-Turntables und dem Mixer bewaffnet, heißt es natürlich manuell „beatzumatchen“ und ich möchte hier auch gar nicht weiter auf das breitgetretene „Sync-Or-No-Sync“-Thema eingehen, sondern nur sagen, dass die automatische Synchronisation gut funktioniert, wenn das Beatgrid sitzt. Beim „Extremfuckeln“ mit Microloops, Nano-Slices, Slipping und Scratching können die Tracks auch gelegentlich mal aus dem Trab kommen, aber ein kurzer Hieb auf Sync und alles ist wieder in Butter. Wer sich nun zu Recht fragt, wie denn dies mit einem DJM-900SRT möglich ist, dem sei gesagt: Pioneer hat mir für diesen Test zudem einen DDJ-SP1 Controller zukommen lassen, mit dem sich allerlei „Zinnober“ oder besser gesagt „Live-Remix-Action“ anstellen lässt, die weder Pioneers Audiointerface, noch meinen Rechner in die Knie zwingt. Das Teil kostet zwar 399 Euro (inklusive Serato Video Lizenz). Aber wer sich einen 2200-Euro-Mixer leistet, ist vielleicht auch bereit, diese Investition zu tätigen.

Fotostrecke: 4 Bilder Zwei, die ein schlagkräftiges Duo bilden: der DJM-900 SRT und der …

Sync-, MIDI- und Setup-Mode

Um der MIDI-Clock-Funktion auf den Zahn zu fühlen, habe ich den DJM mit Arturias Spark, das auf einem zweiten Rechner lief, verbunden. Der DJM bezog die BPM-Werte aus dem zugewiesenen Solo-Kanal, wo eine Deephouse-Nummer ablief. Wer dem Beatcounter nicht traut, kann den Wert auch per Hand eintippen. Nachdem ich der Trommelmaschinen-Software den Slave-Mode zugewiesen hatte, schwang sie im korrekten Tempo mit, allerdings nicht auf den Takt genau, da es aufgrund der jeweilig beteiligten Rechner und Interfaces zu einer minimalen Latenz kommt.  
Für den LFO-Output musste ein Audiokanal mit Overdrive-Plugin in Ableton Live herhalten, bei dem die Filterbandbreite über den Pioneer-LFO variiert. Der Pioneer kann acht unterschiedliche LFO-Wellenformmuster generieren, festgehalten im nachstehenden Audiofile.  
Auch die Bedienoberfläche des DJM sendet auf Wunsch MIDI-Befehle, die sich im MIDI-Chart des Handbuchs genauer studieren lassen. Ich habe mal durchgerechnet und es müssten über 110 Kommandos, meist Control-Change, der Taster, Schalter, Fader, Potis und das Touch-Felds sein, sobald die Taste MIDI-On betätigt wird. Für Serato DJ würde ich eher zum SP1 greifen, aber dennoch ist es natürlich legitim, die Fader im MIDI-Modus mit den Transparenzreglern des Serato Video-Plugins zu verknüpfen, oder was einem sonst noch so in den Kopf kommt.

Audio Samples
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LFO-Overdrive

Zum Abschluss möchte ich noch erwähnen, dass der Setup-Mode beim Booten und der normale Utility-Modus mannigfaltige benutzerspezifische Anpassungen zulassen, wie Talkover-Modus und -Absenkung, das Button-Verhalten im Zusammenspiel mit Software (Trigger/Toggle), das Autostartverhalten oder ganz simpel den MIDI-Kanal. Im „Club-Setup“ hingegen geht es um Ausgabepegel (analog, digital) Sampling-Raten, den Peak-Limiter oder die Ausgabe des Mikrofonsignals zur Monitoranlage.

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