PRAXIS
Sein erster Weg führt den Mixer rauf auf den DJ-Tisch zwischen die beiden Vestax-Plattenspieler und CDX-Player (übrigens hat Bonedo Autor Detlef Rick letztens den aktuellen PDX-Turntable getestet – Hier!). Dort erfolgt zunächst die Verkabelung des Equipments. Danach gilt es, den Mischpult-Treiber und die 616 Megabyte Software auf das Notebook zu spielen. Native Instruments packen eine Factory-Library mit rund 130 Samples aus den Bereichen Drums, Percussions, Synths, Vox und Loops auf die CD, sodass der Besitzer nach der Online-Aktivierung gleich losrocken kann. In Traktor sind die Controller-Einstellungen manuell oder mit dem Wizard vorzunehmen. Die Inputs/Outputs sind wie bei jedem gängigen TSP-Interface zu routen. Allerdings ist zudem noch ein Ausflug in Pioneers mitgelieferte Konfigurationssoftware für den Mixer nötig, wo das anliegende Timecode-Signal eingestellt werden muss. Die Ausgabe der Traktor Sample-Decks erfolgt über die USB-Kanäle 5 /6 und wird per Software reguliert. Das Handbuch hilft hier bei Unklarheiten kompetent weiter.
Die mitgelieferte Traktor Scratch Duo 2 Software unterscheidet sich logischerweise ein wenig vom großen Bruder. So wurde der Loop-Rekorder weggelassen, die Effektracks sind von vier auf zwei reduziert und von mehr als dreißig Soft-FX sind lediglich sechs übrig geblieben. Ferner fehlt Internet Broadcasting, Maschine-Synchronisierung und der Anwender muss Einschnitte beim Software-Layout in Kauf nehmen. Aber wie schon erwähnt kostet das Update beim Händler eures Vertrauens 69 Euro, falls ihr überhaupt jemals nachrüsten wollt. Denn eigentlich bietet schon Duo ziemlich viel. Nebenbei bemerkt: Das certified-mixers Mixer Upgrade Kit (TSP2, 2 Vinyls, 2CDs) kostet normalerweise 299 Euro.
Performance
Der Praxistest wurde auf einem Core2Duo MacBook abgehalten, das mit 4 GB Arbeitsspeicher bestückt ist und eine Taktfrequenz von 2,13 GHz an den Tag legt. Da wir bei einem Traktor Scratch Mixer mit Interface niedrigste Latenzen einfordern, damit das viel zitierte Vinylfeeling möglichst authentisch wirkt, wurde das Interface direkt mal auf 128 Samples eingestellt und verrichtete anstandslos seinen Dienst, ohne dass Audioaussetzer auftraten – selbst wenn ich alle Register zog.
Klangeigenschaften
Der Sound des Pioneer DJM-T1 ist hervorragend. Die Master-Ausgänge machen ordentlich Druck, das Klangbild ist sehr präzise ohne einen bestimmten Frequenzbereich überzubetonen. Der Kopfhörerausgang spielt einen sauberes und genügend lautes Signal aus. Wie man so schön sagt, ist er definitiv uneingeschränkt clubtauglich. Ich habe auch nichts anderes erwartet. Die USB-Soundkarte arbeitet mit einer Samplingrate von maximal 48 kHz. Analoge Eingangsignale werden von den A/D-Wandlern mit 24 Bit digitalisiert. Die Entzerrer-Vorverstärker klingen druckvoll, keine Spur von Bassmatsch oder Höhenangst. Damit ihr einen direkten Vergleich anstellen könnt, haben wir für euch im folgenden Audio-CD, Schallplatte und Traktor-Playout bei Nullstellung aller Equalizer aufgezeichnet und die Phono-Preamps einigen Konkurrenzmodellen gegenübergestellt.
Die Mikrofongruppe teilt sich ihren Kanal mit dem AUX-In. Die Mikrofonvorverstärker arbeiten authentisch und rauscharm. Phantomspeisung ist, wie so oft bei einem Clubmixer, nicht zugegen. Der Aux-Weg klingt ebenfalls sehr sauber. Falls also mal die Software oder das Notebook abschmiert, ließe sich hier ein Notfall-iPod anschließen. Ein nachgelagerter Zweibänder übernimmt in jedem Fall die klangliche Anpassung. Der Cut/Boost liegt bei +/- 12 dB. Die Grenzfrequenzen sind zweckdienlich eingestellt. Was ich jedoch vermisse, ist eine Talkover-Funktion mit einstellbarem Schwellwert und variabler Kanaldämpfung.
FX
Der DJM-T1 kommt ganz ohne eingebaute Effektprogramme auf der Platine und setzt stattdessen auf Traktors Software-Derivate. Links und rechts neben der EQ-Abteilung sind die Baugruppen zur Steuerung beheimatet. Je vier Regler und Buttons kümmern sich um Beatmasher, Delay, Flanger, Filter, Gater und Reverb. Die Anordnung ist ähnlich, wie man es vom Native-Instruments Kontrol X1 her kennt und geht schnell in Fleisch und Blut über. Master FX sind nicht zugegen. Wer auf die Traktor Pro-Version aufrüstet, bekommt noch einmal zwei Dutzend Klangverbieger und zwei weitere Effektracks dazu. Was ich leider nicht ausmachen konnte, ist ein Steuerknopf für das bipolare Kanalfilter. Das ist wirklich schade, gibt es doch gerade in elektronischen Genres einige Deejays, die ihn während jeder Mixsession mehrfach einsetzen.
Via Shift schaltet der Deejay von Single- auf Gruppenmodus. Im Gruppenmodus bedient er einen Parameter pro Effekt, dem Solist stehen drei Attribute eines Typus zur Klangveredelung bereit. Ein besonderer Leckerbissen für Freunde automatisierter Parameterfahrten: Der T1 hat eine MIDI-LFO Funktion für jeden Effekt, was bedeutet, dass er im Single- und im Gruppenmodus Modulationen automatisch steuern kann. Die Geschwindigkeit wird vom Anwender mit dem Parameterregler festgelegt. Und so man möchte, tweaken sich die FX wie von Geisterhand selbst. Am besten kann dies ein kleiner Videoclip veranschaulichen. Und danach folgen ein paar Hörproben der Berliner Soundschredder sowie ein Vergleich mit einer Auswahl der internen Effekte des DJM-900 Nexus.
Loops, Cues, Sampler
Die Loop-Abteilung besteht eigentlich nur aus einem Push-Encoder (der ist jedoch gleich vierfach belegt). Eine Funktionstaste mit zwei Status LEDs aktiviert den Hotcue- oder Sample-Modus und befiehlt somit auch weitere Belegungen des Encoders. Grundsätzlich setzt die integrierte Button-Funktion einen Autoloop, der zuvor per Drehung eingestellten Länge. Ist dieser Loop aktiv, verdoppelt oder halbiert sich je nach Drehrichtung die Schleifenlänge. Leuchtet nun die gelbe LED (Sample-Modus) bestimmt der Encoder die gemeinschaftliche Lautstärke der Samples. Das grüne Lämpchen hingegen (Hotcue-Modus) zeigt Move-Bereitschaft an, womit der zuvor gesetzte Loop als Ganzes um den voreingestellten Wert im Musikstück versetzt wird. Der Loop-Encoder beendet die Schleife, wird er erneut niedergedrückt. Zusätzlich ist am Fuße des Mixers die Active-Taste platziert. Darüber sitzen je vier Schaltflächen, die im Hotcue-Modus auf einem Trecker-Deck vier Markierungen setzen und ansteuern. Gelöscht wird via Shift. In Sample-Stellung triggern sie stattdessen die Abspieltasten für die einzelnen Sample-Slots. Delete löscht, erneutes Play entnimmt einen Audioschnipsel aus dem aktuellen Deck. Der Play-Modus lässt sich von der Hardware aus von One-Shot auf Loop umschalten. Traktors neue Modifier-Conditions sind schon sehr praktisch. Mittels Crossfader-Control (Shift+Select) ist obendrein das Einstarten von Tracks, Samples oder Hotcues über den Crossfader möglich.
Möchte der der DJ mit einer anderen Software als Traktor arbeiten, kann er die Standard-MIDI-Funktionalität der Mixersektion der Kanäle ½ aktivieren oder deaktivieren. Somit können Equalizer- und Fader-Befehle unabhängig vom Rest der Konglomerates (Transport, Effekte, Cue, Sampler) behandelt werden. Die Mischpult-Funktion bleibt dabei grundsätzlich erhalten.
Traktornomie
Trotz zahlreicher Doppelbelegungen ist das Layout des T1 übersichtlich geblieben. Sämtliche Steuerknöpfe wurden praxisgerecht angeordnet und weisen genug Raum zueinander auf, damit man im Eifer des Gefechtes nicht ungewollt einen benachbarten Regler in Mitleidenschaft zieht. Auch die Positionierung der einzelnen Baugruppen halte ich für sehr effizient, wenngleich ich persönlich besser mit einer horizontalen Leiste für´s Cuejuggling arbeiten kann – was allerdings Geschmacksache und bei den Ausmaßen einer Battlemixer-Konstruktion eher schwierig umzusetzen ist. Die Browser- und Decksektionen in den Kopfteil zu packen, finde ich angesichts der Tatsache, dass gerade Scratch-Aktivisten viel im unteren Zentrum arbeiten, hervorragend gelöst. Mit den Encoder ist die Navigation im Datenbestand ein Kinderspiel. Er browst durch Playlisten, Verzeichnisstrukturen, er öffnet und schließt Unterverzeichnisse und maximiert auf Wunsch das Browser-Fenster.
Ganz klar profitiert der Mixer von der nahezu spiegelsymmetrischen Aufteilung, welche eine eindeutige visuelle Trennung der beiden Kanäle zur Folge hat und während der Mixsession effizienter zum Tragen kommt, als hätte man einen speziellen Loop- oder Effektcontroller neben dem Pult positioniert. Der vorderseitige Mikrofonanschluss kann gerade bei einer Festinstallation Punkte verbuchen, denn so kann sich der MC oder die House-Röhre schnell einstöpseln, ohne dass der DJ zuvor stundenlang unter oder hinterm Tisch rumfummeln muss. Überhaupt macht er sich in Club und Bar bestimmt gut, denn Traktor-User und Nutzer von Softwares wie Virtual DJ, Mixvibes, RMA oder MIXXX können ohne den sonst üblichen Verkabelungsaufwand einfach die interne Audio-Lösung nutzen. Da freuen sich der Betreiber und der Deejay. Eins ist jedoch klar festzuhalten. Was das Hardware-Layout angeht profitieren, Treckerfahrer am meisten vom T1.
Etwas gewöhnungsbedürftig könnte zu Beginn für manchen vielleicht die mittlere Cuemix-Sektion sein, hat man sich doch über die Jahre daran gewöhnt, dass die Regler auf 7 Uhr, vereinzelt auch mal auf 5 Uhr anzutreffen sind. Gerade wer viel Cuemixing betreibt und einen älteren Pioneer-Mixer ersetzen will, wird sich daher zunächst eingewöhnen müssen. Man greift halt instinktiv nach links unten.
Mit den langen LED-Ketten hat der DJ die Pegelverhältnisse von externen Zuspielern, Softwaredecks und Masterausgang jederzeit fest im Griff. Mikrofon und Aux sind dem Summenpegel zu entnehmen. Dass sie keine separate Anzeige haben, auch nicht mit einer Clipping-LED berücksichtigt wurden, ist ein wenig schade.
Ein Wechsel zwischen unterschiedlichen Tonträgern und Signalwegen ist jederzeit ohne Komplikationen möglich. Von USB zu Line, zu Phono und zu USB zurück. Alles läuft wie geschmiert und wird durch die Möglichkeit unterstützt, zwischen dem internen und externen Play-Modus in Traktor vom Pult aus hin und her zu schalten. So kann der DJ bei Bedarf auch beide Timecodes gegen Schallplatten tauschen, ohne dass die Softwaredecks stoppen. Die Eingänge sind gut aufeinander abgestimmt – egal ob ein Traktor Deck spielt, eine Schallplatte eingebracht wird oder eine CD läuft. Lediglich wenn man ein externes Signal durch Traktor schleift (Live-Input), um zum Beispiel von den internen Effekten Gebrauch zu machen, dann ist ein deutlicher Pegelabfall wahrzunehmen. Autogain greift hier nicht. Apropos Gain. Selbst bei weit aufgerissenen Reglern gibt sich der T1 ziemlich übersteuerungsfest – der hat wirklich Luft nach oben.
Auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: aus ergonomischem Blickwinkel bietet der Pioneer kaum Anlass zur Kritik. Selbst die Doppelbelegungen für Traktor wurden absolut passend gewählt, die beleuchteten Bedienelemente geben jederzeit Aufschluss, was gerade wie gesteuert wird oder aktiv ist. Es ist wirklich alles nah bei der Hand und macht eine Menge Spaß.
Ich wollte den DJM gerade zur Post bringen, da kommt mir das Firmware-Update 2.0 auf den Tisch, welches einen erweiterten Shift-Modus bietet und unserem Kandidaten 75 (!) neue Funktionen einhaucht. Das lässt den Befehlsumfang in Kombination mit Traktor Duo 2 auf 220 anwachsen. Kurz entschlossen wurde der T1 also wieder aus- und erneut auf den Tisch gepackt, um die wichtigsten Funktionen im Praxiseinsatz zu überprüfen. Ein Ausflug zur Internetpräsenz des Herstellers brachte Firmware und zudem ein erweitertes Traktor-Mapping an den Start. Keine fünf Minuten nach dem Hardwareupdate ist der Mischer wieder startklar.
Firmware Update 2.0
Der erweiterte Shift-Modus erzeugt einen dritten Arbeits-Layer und wird durch dreimaliges Antippen der Shift-Taste eingeschaltet, woraufhin diese zu blinken beginnt. Er ist nur aktiv, solange die Taste festgehalten wird. Mit dem Update halten die Cuepoints 5-8 Einzug (anlegen und abspielen, löschen ist mir nicht gelungen). Für die Sampleslots lassen sich One-Shot und Loop-Modus nun separat bestimmen. Besonders hervorzuheben ist auch die Option, den Pegel für jeden Slot einzeln zu bestimmen. Schließlich weiß man aus Erfahrung, dass Samples schon mal in puncto Lautstärke voneinander abweichen. Allerdings müssen dafür Shift, die jeweilige Sample-Taste und der Encoder gleichzeitig bedient werden.
Für Traktor Pro User wurden zudem die FX-Racks drei und vier integriert, was das gleichzeitig einsetzbare Arsenal auf zwölf Effekte erhöht. Hier stellt sich heraus, dass die MIDI-LFO-Funktion für Unit drei und vier nicht mit von der Partie ist und der Wechsel von Gruppen zu Solo-Modus nicht gelingt (hat wohl – wie beim Löschen der den Hotcues sechs bis acht – damit zu tun, dass die Shift-Funktion niedergedrückt gehalten werden muss). Die Belegung der Buttons und Regler ist ansonsten analog zu den ersten Einheiten gewählt. FX1 schaltet FX3 scharf, FX2 demnach FX4. Ferner lässt sich das Waveformdisplay über die Cue-Buttons zoomen, um akkurate Marker zu setzen. Die Snap-Taste startet den Harddisk-Recording Prozess, die Favoriten werden mit den Load-Buttons durchgeschaltet, der Deck-Encoder darf zum Spulen verwendet werden. Insgesamt ein durchaus sinnvolles Update, auch wenn manche Aktionen nun ein wenig Fingerakrobatik einfordern. Das Update ist nicht für Jedermann ein Muss, aber ein prägnantes Kann.
Olli sagt:
#1 - 19.11.2011 um 18:00 Uhr
Schöner Bericht! Weckt Lust, das Gerät mal zu testen ;)
holtz sagt:
#2 - 08.04.2012 um 20:33 Uhr
Top Bericht, der zum Kauf anregt.:-)So macht eine Beschreibung Spass und ich denke ich komm um einen Test nicht mehr drum zu.
mfg