Pioneer DJM-Tour1 Test

Praxis

Da ich persönlich sehr gerne Pioneer Mixer einsetze und die Anordnung der Regler, Fader und Buttons recht gut kenne, fällt es mir leicht, direkt loszulegen. Ich fühle mich direkt heimisch. Das Layout ist bekannt, alle Bedienelemente sind sehr solide verbaut und leicht zu handhaben. Die Regler liegen beim DJM-TOUR1 angenehm weit auseinander, sodass ich mit beiden Händen auch gut und gerne nebeneinander liegende Drehregler verstellen kann, ohne mich selbst dabei zu stören. Aber das sind wir ja schon von dem DJM-900NXS2 gewohnt. Die einzelnen Fader-Blöcke lassen sich herausnehmen und können bei einem Defekt separat ausgetauscht werden.

Wer den 900NXS2 kennt, fühlt sich hier sofort heimisch.
Wer den 900NXS2 kennt, fühlt sich hier sofort heimisch.

Sound und Haptik

… des TOUR1 sind großartig, so viel schon mal vorweg. Der Sound gefällt mir noch besser als bei meinem 900nexus, denn er ist ausgewogener und hat vor allem mehr Headroom. Der neue digitale Ausgang ist wirklich der Höhepunkt des Mischers. Denn hierüber wird der Klang wirklich exzellent übertragen. Der Vergleich mit den analogen Ausgängen meines „alten“ Mixers ist absolut hörbar. Sogar der direkte Vergleich mit dem analogen Master-Out des TOUR1 fällt wesentlich positiver aus. Gerade im oberen Mitten- und Höhenbereich fühlt sich der Sound des Digitalausgangs des TOUR1 viel klarer, mächtiger und vor allem „aufgelöster“ an. Trotzdem wirkt der allgemeine Sound nicht kühl, wie man es vielleicht von einigen digitalen Übertragungen erwartet. Vorsicht bei der Ausgangslautstärke, die über den AES/EBU-Anschluss um einiges lauter ist als bei den analogen Pendants.
Die Kopfhörerausgänge machen richtig Druck. So soll das sein! Das wünscht sich jeder DJ in einem lauten Club. Auch über die Effektsektion kann ich nur Gutes berichten. Klanglich und von der Auswahl her ist sie dem Vorgängermodell DJM-900nexus Version 1 überlegen, denn die Effekteinheit mit Delay, Echo, Filter, Helix, Phaser, Ping Pong, Pitch, Slip Roll, Spiral, Reverb, Roll, Trans und Vinyl Brake, verfügt über drei Frequenz-Buttons „Lo, Mid und Hi“, mit denen ihr auswählen könnt, auf welchen Frequenzbereich der Effekt angewendet werden soll – oder eben nicht. Einzelne Parameter könnt ihr über ein Touch-Bedienfeld einstellen. Details findet ihr hier in unserem DJM-900NXS2 Test.
Ziemlich interessant finde ich neben den Send- und Return-Anschlüssen auf der Bedienoberfläche die zweite eigenständige Cue-Sektion für Back-2-Back-Sets oder Live-Acts, die den DJM-TOUR1 als Hauptmischer für ihr Setup nutzen. Das würde ich mir auch in den kleineren Modellen wünschen. Hoffentlich sehen wir diese Neuerungen in den nächsten Produkt-Updates.

Send- und Return-Anschlüsse befinden sich auf der Oberfläche.
Send- und Return-Anschlüsse befinden sich auf der Oberfläche.
Audio Samples
0:00
Echo Reverse Pingpong Flanger Phaser Helix Filter Dub Echo

Der Bildschirm

Der 13-Zoll Touchscreen ist die Hauptattraktion des TOUR1-Mischers. Leider hat eine Verbindung des rekordbox-fähigen Bildschirms mit meinen „alten“ CDJ 2000nexus nicht funktioniert und wie sich herausstellte, harmonieren die beiden gar nicht miteinander. Das ist mehr als schade, denn ein wenig Abwärtskompatibilität hätte ich mir bei diesem Preis gewünscht. Pioneer DJ wird sich wohl gedacht haben, wer sich den TOUR1 Mixer in den Club oder auf die Bühne stellt, nimmt gleich noch die die TOUR1 CDJ-Player oder zumindest die aktuellen CDJ-2000NXS2 mit dazu. Darauf kommt es bei diesen Preisen auch nicht mehr an!
Angeschlossene CDJ-2000NXS2 verbinden sich dagegen sofort mit dem System und werden direkt und ohne Probleme angezeigt. Dafür müsst ihr lediglich ein Ethernet-Kabel in beide Geräte stecken, dürft aber die Audioverbindung nicht vergessen.
Hier habt ihr die Wahl zwischen digital und analog. Wichtig ist, dass ihr die Nummerierung der Anschlüsse gleich haltet. Das heißt, der Player, der mit Ethernet „1“ verbunden wird, muss in den digitalen oder analogen Anschluss „1“. Ansonsten ist die Anzeige auf dem Bildschirm nicht identisch mit der Soundausgabe.
Leider ist der TOUR1 Mixer etwas höher und angeschrägter neben den NXS2-Playern, so dass ich nicht mehr angenehm alle Regler des Players bedienen kann. Die TOUR1-Player sollten aber ähnlich hoch gebaut sein.
Das Display an sich ist sehr gut aufgelöst und mit 13 Zoll hinreichend groß für die Bühne. Die Helligkeit ist sehr gut und die Oberfläche spiegelt kaum. Sind trotzdem störende Lichter oder Sonneneinstrahlungen von oben oder der Seite vorhanden, könnt ihr den 19 Zentimeter langen, angeschraubten Sonnenschutz über den Bildschirm fahren. Der Screen lässt sich zudem ebenso in frei einstellbaren Winkeln feststellen – von zusammengeklappt direkt über dem Mischer-Bedienfeld bis hin zu komplett nach hinten, also horizontal über dem DJ-Tisch. Im zugeklappten Zustand rastet eine Arretierung ein, die ihr erst lösen müsst, bevor der Bildschirm bewegbar wird. Dieser Schutz dient vor allem dazu, dass das Display beim Transport nicht auf die Mixer-Regler gedrückt wird.

Fotostrecke: 2 Bilder Der Höhenunterschied von NXS2 Player und TOUR1 Mixer ist erheblich.

Bildschirmmenüs

Das Booten des Rekordbox-Systems des Bildschirms benötigt rund 25 Sekunden (bei der hier installierten Version 0.93). Der Mixer an sich ist natürlich direkt nach dem Einschalten bereit. Auf dem Screen begrüßen mich nun sehr übersichtlich ein leeres Browser-Fenster, zwei weitere Reiter für weitere Ansichten (Waveform (horizontal), Waveform (vertikal)), vier Options-Buttons (Artwork (einzeilig oder zweizeilige Ansicht der Tracks), Filter 1, Filter 2 und Search), ein Info-Button (für die erweiterte Anzeige der ausgewählten Tracks), Menu (zum Löschen von Titeln) und Utility. Letzteres bringt euch zu den Einstellungen des Systems. Dieses wird in die beiden Sektionen „DJ Setup“ und „Engineer Setup“ unterteilt.
Im DJ-Setup könnt ihr folgende Parameter verändern: Touch Display Lock (schützt vor einer Eingabe über das Touch-Bedienfeld), Systemsprache, LCD- und OLED-Helligkeit, Mikrofon Low Cut on/off, Talkover-Modus, Talkover-Level, MIDI-Kanal, MIDI-Buttontyp, About-Sektion.
Das Engineer-Setup ist tatsächlich nur für Techniker bestimmt und kann zur Sicherheit mit einem Passwort geschützt werden. Hier wird die Lautstärke der verschiedenen Ausgänge sowie deren Limiter eingestellt. Zusätzlich kann in diesem Menu ein PC-Utility und Auto-Standby aktiviert werden.
Die untere Reihe des Displays zeigt vier Player. Angeschlossene Geräte werden hell markiert und erhalten das hineingeladene Cover-Symbol sowie einen Load-Button (zum Laden eines Tracks). Oben rechts gelangt ihr über das KUVO-Logo in das KUVO-Infofenster, in dem alle Einzelheiten zu dem Service angezeigt werden.

Fotostrecke: 4 Bilder DJ Setup Menu

Der Touchscreen reagiert erstaunlich gut und exakt auf meine Bedienung. Fingerabdrücke sind fast nicht erkennbar, auch nach längerem Betatschen des Displays. Das ist sehr erfreulich! Nach dem Einstecken meines rekordbox USB-Sticks in einen der CDJs wird der Katalog sofort auf den Monitor des TOUR1 gespielt. Leider dauert die Übertragung mit zirka 8 Sekunden recht lange, Cover und Wellenformen kommen sogar erst einige Zeit später an. Ob das mit der aktuellen Firmware beschleunigt wurde, kann ich nicht sagen. Die CDJs dagegen zeigen den Katalog des Sticks kurze Zeit nach dem Einstecken an, was ich mir auch an dem TOUR1 Mixer wünschen würde.
Ist der Katalog übertragen, kann ich direkt loslegen und via Finger-Touch durch meine Playlisten, Artists, Hot Cues und Tracks scrollen – so wie wir es von rekordbox und den CDJs gewohnt sind, nur ein wenig komfortabler und vor allem größer. Die Sortierreihenfolge wird per Klick auf einen Pfeil neben der gewünschten Spalte geändert. Scrollen ist sowieso kinderleicht. Hierfür müsst ihr lediglich wie beim Tablet oder Smartphone den Finger auf dem Screen halten und in eine Richtung ziehen. Ein Touch auf den ausgesuchten Titel bringt die Load-Taste zum Aufleuchten. Wird diese gedrückt, liegt der Track abspielbereit in dem ausgewählten CDJ. Angenehmer geht es nicht.

Fotostrecke: 4 Bilder Filter 1 zeigt das erste Filter-Menu zum besseren Auswählen der Tracks.

Das Menu „Waveform“ (horizontal) zeigt mir momentan geladene Titel der vier Player in horizontaler Wellenformansicht an sowie nochmals alle vier Player mit einer vergrößerten und durchscrollenden Wellenform. Wem diese Anordnung nicht passt, der kann auch in die vertikale Ansicht wechseln. Dort zeigt der Bildschirm alle Fader-Kanäle nebeneinander sowie einen Pegelmeter, dessen Ausganglautstärke durch ein sich bewegendes graues Dreieck markiert wird. Hier würde ich mir eine richtige farbige Pegelanzeige für mehr Übersicht wünschen.
Darüber findet ihr die Laufzeit des Tracks mit einer Markierung, wo sich der abgespielte Song gerade befindet. Rechts außen wird zusätzlich die Historie der gespielten Tracks abgebildet, die ihr jederzeit über den Button „All Delete“ zurücksetzen könnt. In beiden Anzeigemodi sitzt oben am Bildschirmrand ein Waveform-Zoom-Regler, mit dem ihr euch durch die Wellenform zoomt, also quasi von der Gesamtansicht bis hin zur Mehrtakt-Ansicht.
Außer einem Menü, in dem ihr die Laufrichtung der Wellenform verändern und den Ansicht-Mittelpunkts von der Seite zur Mitte verschieben könnt, gibt es keine anderen Funktionen in dieser Sektion.

Fotostrecke: 2 Bilder Waveform (horizontal) lässt alle Wellenformen der angeschlossenen Player durchscrollen.

Leider bietet der Bildschirm keine weiteren Funktionen. Vielleicht werden in den kommenden Updates hier und da Menüs freigeschaltet oder weitere Messwerkzeuge integriert. Hier müssen wir uns gedulden und auf den Hersteller warten.
Ein anderes Thema: Viele DJs wollen eigentlich heutzutage keine Laptops in den DJ-Kanzeln und auf Bühnen nutzen, da die Sicht zum Publikum erheblich eingeschränkt wird. Und diese wird mit dem TOUR1 Display sogar verstärkt behindert, da der Bildschirm nicht abgenommen werden kann. Das ist in kleineren Clubs sicherlich ein absolutes No-Go.

Mit dem ausgeklappten Bildschirm wirkt der Mixer ziemlich wuchtig.
Mit dem ausgeklappten Bildschirm wirkt der Mixer ziemlich wuchtig.

Auf Festivals dagegen siehst du den DJ eh nur auf Leinwand und dort soll der TOUR1 ja auch stehen. Deswegen wird hier der Bildschirm eher weniger stören. Der größte Vorteil des DJM-TOUR1 Bildschirms ist für mich die Track-Übersicht, also alle angeschlossenen CDJs auf einem Display im Auge zu behalten. Aber ist das ein Aufpreis gegenüber dem 900NXS2 von über 3.500 Euro wert? Ich glaube nicht. Zumindest nicht für den Heim-User, sogar Clubbesitzer werden sich sträuben. Auf großen Festivals dagegen könnte ich mir vorstellen, die TOUR-Modelle zu sehen, denn hier spielt Geld und Größe meist keine große Rolle.

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