Praxis
Um den PLX-1000 in Betrieb zu nehmen, bedarf es nicht vieler Handgriffe. Natürlich führe ich zunächst den einzeln verpackten, massiven Plattenteller vorsichtig in die Spindel des Chassis. Der Blick auf den nach dem patentierten Technics-Prinzip aufgebauten Motor verspricht eine direkte und schnelle Übersetzung.
Das Cinchkabel und die Erdung sind ausschließlich mit dem Phono-Eingang meines Mixers, einem Rane Sixty Two, zu verbinden, denn auf einen zweiten Line-Ausgang mit entsprechendem Entzerrer wurde verzichtet. Zum Schluss gilt es noch, das mitgelieferte Kaltgerätekabel an den Plattenspieler und das Spannungsnetz anzuschließen.
Um den Testkandidaten auch akustisch beurteilen zu können, bedarf es zunächst der Wahl und der entsprechenden Montage eines DJ-Systems. Schließlich beeinflussen die Tonabnehmereigenschaften samt einhergehender Tonarmeinstellung die Performance eines Plattenspielers maßgeblich. Um einen Turntable optimal bewerten zu können, bringe ich für meine Tests zwei unterschiedliche Tonabnehmer zum Einsatz. Zum Überprüfen der DJ-affinen Eigenschaften, wie Tracking und Skipping, kommt das sphärische Ortofon Qbert Concorde ins Spiel, ein System konzipiert für den Scratch-DJ. Für die Einschätzung des Playback-Betriebs und seines Klangbilds hingegen bevorzuge ich das elliptische Ortofon Nightclub MK2 Concorde.
Da ich zunächst mit dem „Qbert“ teste, verstaue ich das Nightclub zunächst einmal in der vorgesehenen System-Halterung links neben der Tonarmaufhängung. Für beide Tonabnehmer empfiehlt Ortofon ein Auflagegewicht von drei Gramm. Nachdem das Qbert am SME-Verschluss angedockt ist, befestige ich es wie gehabt durch Festzurren des Rings und verschiebe anschließend das Gewicht auf dem Tonarm bis sein ausbalancierter Schwebezustand erreicht ist. Steht die Antiskating auf null, hält der Tonarm in seiner waagerechten Lage straight die Position. Nach Drehen des Auflagegewichtkranzes auf die Narbe des Tonarms ist dieser geeicht. Abschließend noch das Gewicht im Uhrzeigersinn auf drei Gramm gestellt, beim Antiskating die Hälfte des Auflagegewichts (Wert: 1,5) gewählt und den Kranz für die Tonarmhöhe auf das Minimum gedreht und arretiert – und es ist an der Zeit, den Teller drehen zu lassen.
Auf „On“ gibt Pioneer blaues Licht,
…sei es mit dem auf die Spiegel des Plattentellers gerichteten Stroboskops, den Speed-Tasten oder der gewählten Pitch-Range. Den Start des Tellers bestätigt der Knopf ebenfalls mit einem blau beleuchteten Ring. Warum Pioneer allerdings für den Pitch Reset eine grüne oder für das Popup Light eine weiße LED gewählt hat, weiß ich nicht? Sicherlich hätte ihnen das Blau auch gut gestanden.
Ich möchte aber nicht oberflächlich sein, sondern vielmehr die technischen Qualitäten des Plattenspielers sprechen lassen. Beim Start des Plattentellers fällt sofort das dreifache Drehmoment ins Auge und auch ins Ohr. Im Vergleich zum Referenzgerät, dem Technics SL-1210 M5G, zieht der PLX-1000 deutlich stärker an, sodass die Platte fast einen Kick-Start hinlegt. „Dropt“ man die Platte per Hand, gibt mir der Plattenteller fühlbar zusätzlichen Schub. Bevorzugt man allerdings eher ein weniger starkes Drehmoment oder ein softeres Start- beziehungsweise Stopp-Verhalten des Plattentellers, bleibt einem hier nichts anders übrig, als sich diesen Einstellungen zu beugen. Denn eine manuelle Feinjustierung dieser Parameter sieht Pioneer erst gar nicht vor – ziemlich kompromisslos eben.
Nun gut, Turntables, die bloß ein Rädchen für die Justierung von Start- und Stoppverhalten bieten, sind eben kompromissbehaftet. Grundsätzlich gilt: Ein harteingestelltes Brake-Verhalten verspricht zwar den schnellstmöglichen Start, aber auch einen sehr abrupten Stopp. Der Plattenteller solcher Turntables federt mitunter sogar leicht zurück. Eine weiche Brake lässt den Plattenteller beim Start hingegen nur langsam in Fahrt kommen. Kompromisslos einstellbar sind dagegen nur all jene Turntables, die sowohl für das Start- als auch für das Stoppverhalten separate Rädchen bereithalten. Ich persönlich bevorzuge dann doch lieber die von Pioneer vorgegebene Lösung: harter Zug beim Start, dagegen softer gebremst beim Stopp und das alles ohne Schnickschnack. Der Plattenteller läuft nach dem Stopp circa eine Zwölftel Umdrehung nach und erzeugt damit einen gut klingenden Auslaufeffekt.
Gleichlauf
An die Stärke des Drehmoments muss man sich als Technics-User erst gewöhnen, denn vor allem beim Pitch-Bending ist bedeutend mehr Kraft aufzubringen, um den Plattenteller zu bändigen. Leider bleiben Korrekturen durch die Gleichlaufschwankungstoleranz von 0,1 Prozent nicht aus. Ein mittlerweile üblicher Standardwert, der aber kein Grund zum Rühmen gibt. Obwohl akustisch nicht bemerkbar, lässt sich die Schwankung bei Gebrauch eines DVS auch messen. Bei einem Track von 100 BPM pendelt das Tempo zwischen 99,9 und 100,1 BPM. Überraschend ist, dass, wenn man den Pitch-Fader resetet, sodass der Quarz-Lock aktiviert wird, der Gleichlauf nicht besser wird. Schade, denn ich hätte mir gegenüber anderen Plattenspielern mittlerweile doch eine bessere Gleichlaufstabilisierung gewünscht. Ergo, auch mit dem PLX-1000 entfernt sich der perfekt „beat-gematchte“ Track irgendwann im Mix. Damit liegt das Argument der sauberen Synchronisation im Mix auch weiterhin ausschließlich bei den multimedialen Playern und DJ-Controllern. Aber gewiss würde es uns auch völlig langweilen, wenn wir während der Arbeit nicht mehr ständig die Hand am Plattenteller anlegen müssten…
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Scratchen
…Apropos Hand am Plattenteller. Dies bringt mich zu meinem nächsten Test-Kriterium: dem Scratchen! Kurz und knapp: dank sehr stabilem Plattenteller und einem ausgereiften Tonarm bringt den PLX-1000 nichts so schnell aus der Spur. Da wackelt nichts. Auch Einflüsse auf das Tracking durch die beobachtete Flucht des Tonarms schon beim Antiskating von null, sind hier nicht zu spüren. Sein starkes Drehmoment erweist sich auch hier als großer Vorteil. Die Platte zieht nach den Drops schnell wieder an. Auch ein etwas stärkerer Druck auf den Plattenteller, bringt ihn dabei nicht zum Bremsen, sodass die von der Hand geführte Platte oberhalb der Slipmat trotzdem ordentlich rutscht.
Sound
Pioneer bewirbt den PLX-1000 auch mit seinen herausragenden Klangeigenschaften. Nur eine allgemeine Werbefloskel? Keineswegs! Im direkten Vergleich mit meinem Referenzgerät, dem Technics SL-1210 M5G und dem gleichen, neuwertigen Tonabnehmer, Nightclub MK2, samt der gleichen aufgelegten Schallplatte, lässt sich unter meinem Studiokopfhörer kein eindeutiger Sieger erkennen. Sei es hinsichtlich der Brillanz, der Detailtreue oder auch des Pegels: beide Teller drehen auf dem gleichen Level. Selbst beim Grundrauschen ohne Signal liegen beide auf Augenhöhe.
Zum Audiobeispiel:
Da hört man keinen Unterschied – Alle vier Takte erfolgt der Wechsel zwischen SL-1210 M5G und PLX-1000
Michael Gehrt sagt:
#1 - 05.06.2020 um 11:38 Uhr
Schwanke zwischen dem Reloop RP 7000 und dem Pioneer PLX 1000. Sind beide gleichwertig ? Ist der Pioneer besser ? Suche einen guten Plattenspieler mit Langzeitqualität und mit Line in/Aux in Eingang. Integrierter Vorverstärker ist nett, aber kein muß (siehe Pioneer PLX 1000 ohne).
Daniel Wagner sagt:
#1.1 - 07.06.2020 um 14:16 Uhr
Hi Michael!
Pioneer hat seinerzeit für die Serienfertigung des PLX-1000 die Lizenzen für den 1210mk2 von Technics eingekauft und das merkt man im Betrieb in jedweder Hinsicht. Darüber hinaus haben sie die Aspekte, die verbesserungswürdig waren (Nadellicht->LED, feste Strom- und Signalkabel und stärkerer Motor) in die Hand genommen. 1210er Look and Feel ist verblüffend ähnlich.Ich besitze nun seit 4 Jahren 2 Stück davon und ich kann den hochprofessionellen Nachbau von Pioneer uneingeschränkt empfehlen. Einziges Manko der PLX-1000 vor vier Jahren war die kardanische Aufhängung des Tonarms, die im Original Auslieferungszustand nicht korrekt war, denn der Tonarm hat spürbar ein wenig "geschlackert".Wie das mittlerweile ist, kann ich dir leider nicht sagen. Ich habe aber damals beide direkt zum Pioneer-Service geschickt und dort nachjustieren lassen. Nach einer Woche waren beide wieder da und seither - keine Probleme.Ob die Turntables in 10 Jahren noch genauso gut funktionieren, kann ich dir aber natürlich nicht sagen. Wir werden sehen. Für den Pioneer spricht zudem, dass es hier so gar keinen Schnickschnack gibt und die gut 200 Euro, die er mehr kostet als der Reloop RP 7000 mk2 in besserer Technik stecken.Hinsichtlich des Reloop habe ich persönlich keine Erfahrungswerte, vertraue aber dem Urteil unseres Autoren Mijk van Dijk, der den 7000er getestet hat. Er kam zu dem Urteil, dass der 7000er hinsichtlich Look & Feel dem Technics 1210er mk2 hinterherhinkt, aber natürlich auch Vorzüge hat. Die Frage ist, ob dir diese Vorzüge wichtig sind beim Kauf eines TT.Ich hoffe, du kannst mit meinen Infos etwas anfangen.
Greetz,Daniel
Antwort auf #1 von Michael Gehrt
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenMantec128 sagt:
#2 - 18.07.2021 um 19:35 Uhr
Noch ein Negativ: Keine Line-Option.
Und in Anbetracht der generell limitierten Funktionen wie Brake-Adjust viel zu teuer im Vergleich zu den technisch baugleichen anderen Super-OEMs. Was Daniel unten schwurbelt ist Marketing-Blödsinn. Der PLX ist genauso ein Hanpin 5500 wie die Reloops auch. Man zahlt nur extra für den Namen und fancy Optik.