Praxis
Verwendungszweck
Der geschlossene Monitor5 ist ein Kopfhörer für alle Fälle! Obwohl Pioneer mit dem SE-Monitor5 anscheinend in erster Linie Musikkonsumenten im Visier hat, zeichnen ihn Wiedergabequalitäten aus, die seinen professionellen Einsatz in Mix und Mastering mehr als rechtfertigen. Aufgrund seiner Bauart und der hervorragenden Dämmung eignet sich der SE-Monitor5 sogar zum audiophilen Monitoring während der Aufnahme, auch wenn die filigranen Designerkabel eher nach Lifestyle als nach Studioalltag aussehen.
Tragekomfort
Mit seinen 480 g, wohlgemerkt ohne Kabel, zählt der Pioneer SE-Monitor5 zu den schweren Jungs unseres Testmarathons. Dennoch wird der Tragekomfort für mein Empfinden hierdurch nicht nennenswert in Mitleidenschaft gezogen, was unter anderem am sehr moderaten Anpressdruck der beiden Ohrmuscheln liegt, der trotzdem einen guten und auch sicheren Sitz des Kopfhörers gewährleistet. Im direkten Vergleich zum noch opulenteren Audeze LCD-X muss man dem Pioneer-Kopfhörer ein eindeutig angenehmeres Tragegefühl bescheinigen. Ausgesprochen gelungen ist die Polsterung der Ohrmuscheln sowohl in der Velours- als auch der Kunstledervariante. Die asymmetrischen Ohrpolster umschließen meine Ohren großzügig, dichten gut ab und auch unter der Kunstledervariante herrscht ein angenehmes Klima, was bei geschlossenen Kopfhörern nicht selbstverständlich ist. Etwas ungewöhnlich ist die starre Ausrichtung beider Ohrmuscheln in der vertikalen Ebene. Nahezu jeder Kopfhörer passt sich durch einen Gelenkmechanismus oder eine vertikal flexible Halterung der Kopfform an, wogegen die Ohrmuscheln des Pioneer-Kopfhörers von vornherein leicht angewinkelt sind. Bei mir passt es perfekt, hoffentlich auch bei anderen Kopfgrößen und -formen.
Klang
Testbedingungen
Über die Notwendigkeit des “Einspielens” von Kopfhörern findet man unterschiedliche Aussagen und selten belastbare Informationen. Einige Hersteller geben beispielsweise an, dass ihre Wandler bereits eingespielt sind, andere bitten darum, den Kopfhörer vor der Beurteilung einzuspielen. Dritte sind der Meinung, dass eine eventuell empfundene Klangverbesserungen nach der “Einspielphase” ein nicht messbarer, psychologischer Gewöhnungseffekt ist. Nichtsdestotrotz habe ich den Pioneer SE-Monitor5 vor diesem Test mehrere Tage an meinen alltäglichen DAW-Tätigkeiten teilhaben lassen und auch während der Arbeitspausen musikalisch beschallt.
Der Test erfolgte an den folgenden Kopfhörerausgängen/Verstärkern:
Für dich ausgesucht
- Lake People G93
- iPhone SE
- SPL 2Control
- UAD Apollo 8
Neben diversen akustischen Experimenten (Sinus Sweeps, übliche DAW-Tätigkeiten) habe ich einen stilübergreifenden Mix vertrauter Eigen- und Fremdproduktionen über den Pioneer-Kopfhörer angehört und analysiert.
Der erste Eindruck
Der erste Hörcheck des SE-Monitor5 fand unter Verwendung der vormontierten Ohrpolster aus Velours statt. Die Klangsignatur dieser Variante hat neben etwas kratzigen Höhen zweifellos Defizite in der Basswiedergabe, sodass ich nach einigen Direktvergleichen zu den anderen Kopfhörern unseres Testmarathons “Referenzkopfhörer fürs Studio” die Ohrpolster aus Kunstleder montiert habe, die eine deutliche Verbesserung der gesamten Frequenzwiedergabe bewirken. Alle weiteren Beurteilungen fanden unter Verwendung dieser Variante statt.
Frequenzgang
Über die musikalisch relevante Bandbreite begeistert mich die natürliche und hervorragend aufgelöste Frequenzwiedergabe des Pioneer SE-Monitor5. Im Vergleich zum ebenfalls geschlossenen Beyerdynamic T 5 p gefällt mir die neutralere Wiedergabe im Bereich Oberbass und untere Mitten, die fein aufgelösten Höhen wiederum befinden sich quantitativ zwischen den den Spitzenkopfhörern Beyerdynamic T 1 und AKG K812 und somit in sehr guter Gesellschaft. Gesangsstimmen und Soloinstrumente werden durch eine detaillierte Mittenwiedergabe natürlich und plastisch dargestellt, ohne dass diese übergebührlich hervorstechen. Der insgesamt ausgewogene Frequenzgang eignet sich gleichermaßen zum Hörgenuss als auch Klangbeurteilungen unter professionellen Gesichtspunkten. Dennoch verfehlt der SE-Monitor ganz knapp eine Höchstwertung in dieser Klangkategorie. Trotz der den Bass begünstigenden Ohrpolster aus Kunstleder hat der Pioneer-Kopfhörer im Vergleich zu anderen Topmodellen immer noch ein kleines Subbass-Defizit. Das ist zwar etwas schade, aber nicht wirklich tragisch, da der betreffende Frequenzbereich durchaus wiedergegeben wird und wahrgenommen werden kann, für meinen Geschmack bloß etwas unterrepräsentiert. Falls Probleme im Tiefbass vorliegen wird man nicht wie bei anderen Modellen mit der Nase darauf gestoßen. Mit etwas Praxis und Hörerfahrung mit dem SE-Monitor5 sind aber auch klangliche Eingriffe und Entscheidungen in diesem Frequenzbereich möglich.
Impulsverhalten
Der Pioneer SE-Monitor5 spielt ausgesprochen impulstreu und lebendig, ohne sich die explizite Darstellung von Transienten über eine plakative Höhenwiedergabe zu erkaufen. Kritische Beurteilungen und tontechnische Eingriffe in die Dynamik sind aufgrund dieser präzisen und unmittelbaren Abbildung von Anschlaggeräuschen und sonstigen Attackphasen von Instrumenten und Schallereignissen problemlos durchführbar.
Räumliche Abbildung
Es passiert immer wieder und auch im Verlauf unseres Testmarathons gelang es bereits geschlossenen Kopfhörern, mit einer annähernd natürlichen Raumabbildung zu überraschen, die man von dieser Bauart nicht erwartet. Der geschlossene Pioneer SE-Monitor5 setzt dem ganzen mit seiner schamlos-transparenten Wiedergabe und natürlichen Stereobühne aber die Krone auf. In Bezug auf Tiefenstaffelung und Separierung einzelner Mixelemente hinkt er den “Raumspezialisten” Audeze LCD-X, AKG K812, HIFIMAN Sundara und STAX SR-202 zwar noch etwas hinterher, allerdings in Maßen, sodass man es nicht als bauartbedingtes Defizit abwerten, sondern positiv anerkennen sollte. Im direkten Vergleich überzeugt der Pioneer-Kopfhörer nämlich mehr als manch ein anderes Modell offener und halboffener Bauart.
Die hochauflösende Darstellung des SE-Monitor5 enthält dem Zuhörer zudem keinerlei Rauminformationen vor, was den kreativen Einsatz und die Beurteilung von Hallräumen, Reflexionen und Delays begünstigt.