Praxis
Workflow und Verarbeitung
Der Microvolt ist zwar sehr kompakt, aber durch die sinnvolle und klare Aufteilung der Bedienoberfläche ziemlich übersichtlich. Der Basis-Workflow ist intuitiv und altbekannt. Lediglich bei den „West Coast“-Features muss man unter Umständen noch einmal schärfer nachdenken, was da jetzt eigentlich wie und wen moduliert und manipuliert. Das liegt aber mehr in der Natur der Features, als an der Bedienoberfläche. Die Fader haben zwar einen angenehmen Widerstand, sind jedoch etwas klein und haben gerade zu den Seiten einen auffälligen Wackel-Spielraum. Hinzu kommt, dass sie nicht markiert/nummeriert sind.
Das erschwert die Rekonstruktion von Patches, was vor allem aufgrund der fehlenden Speicherplätze schade ist. Die Skalierung der winzigen, ebenfalls etwas wackeligen Potis bewirkt schon bei kleinsten Werten teilweise sehr große Intensity-Sprünge, weswegen die beim Microvolt so beeindruckenden Sweet Spots zeitweise schwer zu rekonstruieren und einzustellen sind. Da der Pittsburgh an sich aber schon ein ungewöhnlicher und eher experimentierfreudiger Synthesizer ist, ist es vielleicht in seinem Einsatzgebiet gar nicht allzu oft nötig, ein altes Patch 1:1 nachzubauen.
Klang
Der Grund-Klang des Pittsburgh überzeugt zunächst vor allem durch ein sehr solides Low-End. Das gilt für alle Wellenformen und eignet sich fantastisch für (Sub-)Bass-Sounds. Im Lead-Bereich vermisse ich schnell einen zweiten Oszillator, um dem Microvolt durch leichtes Detuning ein wenig Schwingung zu verleihen. Immerhin kann ich hier mit dem LFO ein wenig nachhelfen. Der Waveform Mixer schafft in diesem Fall nur bedingt Abhilfe, auch wenn er an sich ein erfrischendes Feature ist, welches zu ungewöhnlichen, ungehörten Sounds führen kann.
Richtig zur Sache geht es im Tiefbass, wenn man die Resonanz erweitert und das Filter somit in die Selbst-Oszillation jagt. Allgemein ist das Filter auffällig schneidend und Resonanz-verliebt. Selbst, wenn der Resonanz-Fader auf ‚Null‘ steht, hat man das Gefühl, dass reichlich Resonanz auf dem Filter liegt.
Mithilfe des Low-Pass Gates in Kombination mit der Amp-Hüllkurve lassen sich knackige, präzise Percussion-Sequenzen bauen. Nimmt man den „Pluck“-Button hinzu, wird das Ganze noch knackiger, da die kurze Attack hier hörbar verstärkt wird. Punchige Drum-Sounds sind dank des Noise-Generators ebenfalls ein Ohrenschmaus.
Experimentell und abgefahren wird es dann, wenn man die verschiedenen Modulations-Möglichkeiten miteinander spielen lässt. Dank der intelligenten Vernetzung des LFO und der großzügigen Patchbay sind der Kreativität hier kaum Grenzen gesetzt. Lediglich der „Dynamic Response“ des VCA lässt sich leider nicht wirklich modulieren, was zu extrem lebendigen, abwechslungsreichen Sequenzen geführt hätte. Die erhält man aber auch auf anderen Wegen, die sich durch ein wenig Bastelei und Experimentier-Freudigkeit erschließen lassen.
Wie in diesem Beispiel, wo ich eine einfache sechs Steps lange Sequenz in den Pittsburgh gefüttert habe. Mittels Patchbay lässt sich der Function Generator vom LFO in den Parametern Rise/Fall modulieren, die wiederum auf die Sägezahn-Wellenform und die Filter Frequenz einwirken. Hinzu kommen einige weitere Steck-Verbindungen, die ein wirres, polyrhythmisches Netz ergeben, welches fast so klingt, als würden zwei Synthesizer gleichzeitig spielen. Derartige, arrhythmische Experimente sind auch mit Filter Track-Sounds auf Noise-Basis möglich und erzeugen sperrige Stör-Geräusche.
Für dich ausgesucht
Lässt man die Tonalität mal außen vor, so lassen sich auf Noise-Basis komplexe Drone-Kaskaden kreieren, die Sound Designer aufhorchen lassen dürften. Extrem umtriebig und lebendig zeigt sich bei derartigen Sounds der „Random Complexity“ LFO, den ich dann mal auf das VCA losgelassen habe und mit seltsam Sub-Bass-Texturen belohnt wurde, deren Höhe ich via LFO Rate variieren konnte. Zeigt: Der Pittsburgh macht seine Arbeit gut und scheut sich dabei keineswegs vor unerwarteten Klang-Neuerfindungen. Wenn man so richtig eintaucht in die modulare Patchbay-Welt, vermisst man ab einem gewissen Punkt gewisse Patch- und Modulations-Möglichkeiten, wie beispielsweise einzelne Hüllkurven-Parameter oder schlichtweg einen zweiten LFO. Das ist wohl irgendwo auch ein nachvollziehbarer Kompromiss aufgrund der Größe des Pittsburgh. Außerdem behauptet der Microvolt zu keinem Zeitpunkt, ein Alleskönner zu sein. Er ist vielmehr ein extrem gut klingendes, verspieltes Nischen-Monster.
Auch externen Signalen drückt der Microvolt sofort seinen Stempel auf. So brilliert er mit Leichtigkeit als eigenständige Filter-Bank mit Distortion-Stufe.
Pittsburgh Modular Microvolt 3900 Sound Demo (no talking)
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