Die Produktionsleitung der erfolgreichsten Michael Jackson Alben hatte Quincy Jones inne – und der schleuste in Jackos Auftrag die Creme de la Creme der LA-Session Musiker durch die Studios. Mit von der Party waren Weltstars wie Eddie Van Halen, Steve Stevens oder auch Slash. Allerdings spielten diese Herren „nur“ jeweils ein kurzes Solo ein. Das Gros der Arbeit erledigten andere.
Wir finden es an der Zeit, sich mit den Musikern zu befassen, die durch ihr feines Gespür für Sounds und Grooves die Hitsongs der Achtziger massiv mitgeprägt haben – deren Namen der breiten Masse aber in der Regel unbekannt sein dürften.
Doch bevor wir uns um die genialsten Gitarren-Hooks aus dem Michael Jackson Songbook kümmern, wollen wir uns zunächst einmal einige der wichtigsten Spieltechniken zur Brust nehmen.
TECHNIK/ÜBUNGEN
Bei den Gitarrenbegleitungen von Michael Jackson-Songs sind vor allem die typischen Funk-Techniken gefragt. Die Finger der linken Hand müssen keine schnellen Bewegungen machen – von der Motorik her ist das Ganze eigentlich kein schwieriges Unterfangen, aber es gibt da so ein paar kleine Stolperfallen, auf die ich euch aufmerksam machen möchte.
Chickenscratch
Ich weiß nicht, wo die Bezeichnung herkommt, aber so wird es nun einmal genannt. Und so funktioniert es: Man greift einen Ton auf einer beliebigen Saite, in diesem Fall nehmen wir die G-Saite. Die restlichen werden irgendwie mit den Fingern der linken Hand abgedämpft, wobei auch der Daumen gerne aushelfen darf. Dann werden alle Saiten mit der rechten Hand hart angeschlagen. Wenn ihr richtig gegriffen und gedämpft habt, hört man die Note, die ihr greift, in Verbindung mit einem ghostnoteähnlichen Anschlagsgeräusch, erzeugt durch die abgedämpften Saiten.
Diese Technik ist besonders beim „Billie Jean“-Solo wichtig und macht nicht nur bei Funk-Grooves Sinn. Auch mit angezerrten Sounds kann man einer Single-Note-Line mit der Chickenscratch-Technik einen fetten und aggressiven Ton verleihen.
Bei der folgenden Übung spielt ihr den Ton ´A´ im 2. Bund mit dem Zeigefinger, den Ton ´B´ im 4. Bund mit dem Ringfinger und den Ton ´C#´ im 6. Bund ebenfalls mit dem Ringfinger. Greift man mit dem Ringfinger, ist das Dämpfen nicht so dramatisch, denn man kann den Zeige- und Mittelfinger dahinter leicht auf die Saiten legen. Wird aber mit dem Zeigefinger gegriffen, dann wird es etwas knifflig und man muss ein wenig experimentieren. Ich wünsche viel Erfolg …
Hier ist die Übung zum Anhören und das Playback, damit ihr ordentlich mitscratchen könnt.
Oktaven & Ghostnotes
Jetzt wird die Chickenscratch-Technik in Verbindung mit Ghostnotes angewandt; auch ein kleiner Trick aus dem Gitarrenpart von „Billie Jean“. Auf den Zählzeiten ´1´ und ´3´ wird der Ton F# oktaviert gespielt. Gegriffen wird auf der D- und B-Saite, die restlichen müssen abgedämpft werden, denn es wird über alle Saiten angeschlagen. Ab der Zählzeit ´1+´ werden sechs Sechzehntelnoten als Ghostnotes abgefeuert. Dann auf der ´3´ wieder der Oktavgriff. Achtet darauf, dass die beiden gegriffenen Töne sauber und gleichlaut klingen und bei den Ghostnotes auch tatsächlich kein anderer Ton irgendwie mitschwingt.
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Double-Stops mit Abdämpfen
Die nächste Schwierigkeit beim Abdämpfen ergibt sich, wenn man zum Beispiel zwei Töne auf der B- und E-Saite mit einem Finger (kleines Barré) greift und die restlichen Saiten abdämpfen muss. Das folgende Beispiel ist eine kleine Vorübung für den Gitarrenpart von „Bad“, hierbei werden die Töne im 9. Bund mit dem kleinen Finger und die Töne im 6. Bund mit dem Zeigefinger gegriffen. Die restlichen Finger sollen die anderen Saiten abdämpfen. Beim Umgreifen am Taktende wird es dann etwas schwierig, weil Greif- und Dämpf-Finger komplett wechseln. Und immer daran denken: Schön im Groove bleiben! Beim Hörbeispiel habe ich im ersten Durchgang den Part wie notiert gespielt und im zweiten alle Pausen mit Ghostnotes aufgefüllt – klingt etwas runder.
Timing/Shuffle Groove
Die wichtigste Sache – und das nicht nur beim Funk – ist das Timing. Hier muss präzise wie ein Uhrwerk gespielt werden, und das nicht nur zwei Takte lang, sondern über den ganzen Song. Das kann manchmal ganz schön anstrengend werden, wenn man immer das gleiche Pattern zu spielen hat. Die Konzentration lässt nach und in einem unachtsamen Moment hat man schnell danebengegriffen oder man wird langsamer. Da sich die Rhythm-Pattern meist in Sechzehnteln abspielen, ist es natürlich extrem wichtig, dass das Microtiming, also jede einzelne Sechzehntelnote, zur richtigen Zeit gespielt wird, sonst klingt es unrund und groovt keinen Meter. Diese Sache wird noch etwas komplexer, wenn ein Shuffle-Rhythmus gespielt wird, bei dem jede zweite Sechzehntelnote leicht verzögert gespielt wird. Normalerweise ist der Shuffle so definiert, dass man die zweite Sechzehntelnote anstelle der dritten Sechzehnteltriole spielt und die zweite Sechzehnteltriole weglässt. Verstanden? Nö!! Deshalb das Ganze hier etwas übersichtlicher mit Bild und dazugehörigem Audio Beispiel.
Abgebildet ist der Pianoeditor von Logic, auf dem verschiedene Töne (Events) dargestellt sind. Ganz unten bei C1 seht ihr in Rot vier Sechzehntelnoten im gleichen Abstand. Mit einer HiHat gespielt klingt das Ganze folgendermaßen:
Ganz oben bei C2 und in Blau ist der triolische Shuffle. Die zweite und vierte Note rutscht extrem weit nach hinten. Shuffle bedeutet ja weitläufig übersetzt ´hinken´, was man auch sehr deutlich hört, denn die zweite und vierte Note hinken extrem hinterher.
In der schwarzen Musik wird nicht so hart „geshuffelt“. Dort wird die zweite und vierte Note zwar etwas verzögert gespielt, das Ganze soll aber eher lässig hinterherschlurfen. Und das hört sich so an.
Jetzt ist natürlich wichtig, dass die komplette Band diesen Grad des „Hinkens“ gemeinsam spielt. Dann ist der Groove cool und perfekt.