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Play-Alike Billy Sheehan – Bass Workshop

Billy Sheehan im bonedo Workshop-Interview – Nur wenige Bassisten haben es geschafft, ihr Instrument vollkommen eigenständig zu interpretieren und radikal neu zu definieren – und zwar so weitgehend, dass sie die Rolle des Basses für alle Zeiten veränderten.

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Einer dieser Bassisten ist der aus Buffalo/New York stammende Billy Sheehan. Obwohl er schon zehn Jahre mit seiner eigenen Band Talas durch die Clubs der Welt getingelt war und während ca. 2.000 Gigs seine virtuose Spieltechnik rein intuitiv entwickelte, kannte man ihn Mitte der 1980er Jahre bestenfalls in den USA, und auch dort nur als Geheimtipp. 1986 allerdings war das Jahr, in dem er quasi über Nacht berühmt wurde. Gemeinsam mit dem Gitarristen Steve Vai hatte er “Eat Em and Smile” eingespielt, das Solo-Debutalbum des gerade frisch von Van Halen getrennten Sängers David Lee Roth, das die Rock´n´Roll Welt auf den Kopf stellen sollte. Viele Skeptiker dachten zu jener Zeit voller Häme, ohne eine Band wie Van Halen wäre Mr. Roth so gut wir nichts mehr wert. Angesichts der virtuosen Bass- und Gitarreneskapaden, die auf diesem Album zu hören waren, blieb jedoch sogar den größten Kritikern die Spucke weg. Der Rest ist Geschichte. Mit seiner Band Mr. Big erklomm Billy Sheehan die Spitzen aller Charts, und mit dem Projekt Niacin tobte er sich virtuos an der Seite von Drummer Dennis Chambers aus. Außerdem tauchte er immer wieder als Sideman bei außergewöhnlichen Projekten auf, wie zum Beispiel bei der japanischen Supergroup B’z, einem der erfolgreichsten Rockacts Asiens. Billy Sheehan avancierte zu einem der beliebtesten Bassisten auf dem Planeten, wurde mit zahlreichen Auszeichnungen überhäuft, und seine Strahlkraft ist bis heute ungebrochen. Eigentlich könnte er sich mit nunmehr 60 Jahren locker auf seinen Lorbeeren ausruhen, aber das entspräche absolut nicht seinem Charakter.
Wir trafen das gut gelaunte Energiepaket im legendären und preisgekrönten Liveclub “Colos-Saal” in Aschaffenburg vor seinem Auftritt mit dem neuen Projekt “The Winery Dogs”, und konnten ihm einige Geheimnisse entlocken.
Bevor wir uns auf die Songs stürzen, erzählt uns Billy zunächst noch ein paar Details über die Entstehung der Winery Dogs:

WORKSHOP

Billy Sheehan auf seine Spieltechnik zu reduzieren, würde ihm nicht gerecht. Natürlich kann man die Elemente aufzählen, die sie ausmacht: Dreifingertechnik der Anschlaghand, Twohand-Tapping, Stringbending, Vibrato, Triller, Slides, Slapping, Harmonics (Flageoletts) …, kaum eine Technik, die er nicht beherrscht und auch einsetzt. Was den entscheidenden Unterschied zu allen anderen Bassisten ausmacht und ihn deswegen so einzigartig macht, das ist sein Vokabular im musikalischen Zusammenhang. Die spielerischen Nuancen, die er permanent variiert, die innerhalb eines einzigen Taktes häufig mehrere tonale Texturen und Phrasierungen miteinander verknüpfen und kombinieren, geschehen dabei mit einer bemerkenswerten Leichtläufigkeit und Virtuosität. Man merkt es Billy Sheehan an, dass er während des Spielens nicht nachdenkt. Alles, was er seinem Instrument abverlangt, ist der intuitive Ausdruck des Moments. Dabei formt er seine Töne wie gesprochene Vokale, mit einem immensen Arsenal an klanglichen Färbungen. Man kann den Eindruck gewinnen, dass kein einziger Ton klingt, wie der nächste, oder besser gesagt, dass Wiederholungen niemals identisch sind. Und tatsächlich könnte man zehn Liveaufnahmen eines Songabschnittes (selbst wenn es nur wenige Takte wären), miteinander vergleichen, und man käme stets zu unterschiedlichen Ergebnissen. Das bedeutet aber auch, dass wir bei unserem Workshop an die Grenzen dessen stoßen, was Erklärungen und Notation/Tabulatur zu leisten vermögen. Vieles von dem, was Billys Spiel ausmacht, lässt sich nicht in Noten darstellen und ebenso wenig mit Worten erklären. Man muss sich einfach von den Videos leiten und inspirieren lassen. Eine hundertprozentige Imitation ist ohnehin nahezu unmöglich und per se auch nicht erstrebenswert. Gleichwohl bietet das, was Billy Sheehan schon in wenigen Takten zu sagen hat, jede Menge Inspiration für die eigenen Ideen. Wie wir auch weiter im Verlauf des Workshops feststellen werden, ist es für einen Musiker, der nahezu 100% intuitiv spielt, mitunter schwer zu erklären, “was” er unter bestimmten Umständen “wie” tut – es passiert schlichtweg. Es ist – wenn wir es mit der beliebten Terminologie eines Victor Wooten beschreiben wollen – wie bei einer Sprache, die man intuitiv erlernt und meisterhaft beherrschen kann, auch ohne sich jemals mit Grammatik auseinandergesetzt zu haben. Ein kleiner Trost mag dabei sein, dass es selbst Billy Sheehan schwerfällt, sich seine eigenen Basslinien herauszuhören, nachdem er sie intuitiv auf einer Aufnahme verewigt hat. Spontaneität lässt sich halt nicht auf Kommando reproduzieren.
Doch wie heißt es so schön: Bilder sagen mehr als tausend Worte. Im folgenden Video erklärt Billy seine exzellente Rechte-Hand-Technik. Viel Spaß!

ELEVATE

“Elevate” ist der Einleitungssong auf dem Album “The Winery Dogs”. Ein großartiger Cocktail aus unverblümter Spielfreude, tollem Songwriting und ohrwurmverdächtiger Hookline. Billy erklärt uns im nachfolgenden Clip die Elemente seines Bassparts.

Intro-/Strophenriff

Das Hauptriff von “Elevate” besteht aus einem Unisonopart, der sich gemeinsam mit der Gitarre durch einen treibenden Achtelgroove bewegt. Schon die erste Note des Riffs enthält ein typisches Stilelement von Billys Basslinien: Stringbending! (Saiten ziehen) Wie wir im Verlauf des Workshops bemerken werden, zieht Billy die Saiten ungewöhnlich häufig, manchmal über einen Ganzton und darüber hinaus. Und das oftmals gepaart mit einem starken Vibrato, also einem schnellen Auf- und Abwärtsziehen der Saiten. Im “Elevate” Riff zieht er die Saite um einen Halbton vom A (5. Bund E-Saite) auf das Bb und lässt den Ton sofort wieder zum A hinuntergleiten. Das nächste typische Element sehen wir unmittelbar auf der Zählzeit “4 +” des nächsten Taktes, wo wir einen schnellen Slide vom G (3. Bund E-Saite) zum B “natural”, dem ursprünglichen H, (7. Bund E-Saite) sehen. Die Saite wird vor dem Slide auf das B Natural neu angeschlagen, gleitet also nicht vom G gebunden in den neuen Ton. Zwar verwendet Billy eine sensationell schnelle Dreifingertechnik der Anschlagshand, dieses Riff lässt sich jedoch auch hervorragend mit Standard-Zweifingertechnk bewerkstelligen. Selbst die maschinengewehrartige Sechzehntelgruppe auf der “1” von Takt 5 ist durchaus zu meistern. In Takt 8 begegnet uns dann das dritte typische “Sheehan Trademark”: Eine “Twohand Tapping”-Figur mit absteigenden Achteltriolen. Beim ersten Hinhören klingt das Lick schwer reproduzierbar. Nach kurzer Analyse ist es jedoch relativ schnell zu erlernen, was nicht heißen soll, dass es simpel ist. Der größte Haken an der Sache ist die Tatsache, dass es ungleich schwerer wird, sobald man es im Songzusammenhang spielt. Das, was bei Billy so spielerisch, ungezwungen und intuitiv wirkt, basiert tatsächlich auf über 40 Jahren Spielroutine, die man nicht unterschätzen sollte. Das Riff endet – das Ganze um eine weitere Sheehan-Tradition erweiternd – mit einem Oktavgriff, bei dem zur leeren E-Saite gleichzeitig die Oktave des E auf dem 2. Bund der D-Saite gespielt wird. Im Song folgt dann ein gezogener Ton vom D (7. Bund G-Saite) hinein in das E. Diese Note tappt Billy allerdings mit dem Zeigefinger der Anschlagshand und verwendet die Greifhand dahinter als Unterstützung, um den Ton so weit nach oben zu ziehen und lange unter kontinuierlichem Vibrato zu halten, bis er sich zusammen mit Kompression, Overdrive und Amp zu einem Feedback entwickelt.

Hier die Noten des Main-Riffs zum Downloaden:

Refrain/Chorus

Wenn der Chorus einsetzt, verwendet Billy fast durchgehend Oktavgriffe. Diese Technik verwendet er relativ häufig, speziell in Triobesetzungen, um dem Bandsound mehr Fülle zu geben. Dabei schlägt er manchmal die Oktaven nacheinander an, also getrennt voneinander (so wie in Takt 1 und 13) oder aber gleichzeitig, wobei die Anschlaghand sie dann mit Zeige- und Mittelfinger anreißt (siehe Takt 1, 2, 5, 6 jeweils auf Zählzeit “4 und”).

C-Teil

Im C-Teil folgt dann schließlich ein Basssolo. Billy baut hier einige seiner maschinengewehrartigen Sechzehntelläufe ein, die zwischendurch immer wieder kurz von der Gitarre gedoppelt werden. In Takt 17 der Transkription setzt dann ein neues viertaktiges Thema ein, das während des darauffolgenden Gitarrensolos im Bass weiterläuft. Dieses Riff arbeitet mit betonten Pull-Offs auf der E-Saite, wie in den Takten 17 und 21 dargestellt. Auch hier finden wir typische Ganzton-Bendings auf der Zählzeit 4 in den Takten 18 und 22.

DESIRE

Main Riff
Die Basis ist ein funkiges Riff in der Tradition von “Sly and the Family Stone” (Das war die Band, aus der der legendäre “Godfather of Slap” Larry Graham hervorging). Billy verwendet hier vor allem live durchgehend viele Deadnotes und am Ende jeder Viertaktperiode improvisierte Fills. Vor allem aber streut er ziemlich wild Harmonics/Flageoletts in den Part ein. Im Video könnt Ihr genau sehen, wie das funktioniert, und dass das gelegentliche Greifen über das Griffbrett von oben mehr ist als nur ein Gimmick.

Und die Noten des Main-Riff zum Downloaden:

Solo

Das kurze Solo, das in der Mitte des Songs einsetzt, ist sehr kniffelig zu notieren. Speziell die im Timing sehr frei interpretierte Passage in Takt 5 und die Tappingfigur in Takt 7 sollte man sich daher im Song genau anhören. Vom reinen Höreindruck her ergeben die Passagen wesentlich mehr Sinn. Alle gezogenen Töne auf der G-Saite in den Takten 1, 2 und 5 werden angerissen (Pull), wie bei der Slaptechnik, was dem Ton in Verbindung mit der Verzerrung einen schrillen Charakter verleiht. In Takt 5 spielt Billy ein Rock’n Roll Lick, bei dem ein Ton mit der darunterliegenden tieferen Saite gedoppelt wird, allerdings so, dass der Ton auf der tieferen Saite hineingezogen wird. In unserem Fall greift man also das A mit dem Zeigefinger auf dem 7. Bund der D-Saite. Der doppelnde Ton wird dann mit dem kleinen Finger auf dem G am 10. Bund gespielt und in das A hineingezogen – ein kleiner Kraftakt!
Genau genommen ist das in Takt 7 notierte Tappinglick nicht im 12/8 Takt, es ist nach wie vor ein 4/4 Takt. Dies ist lediglich ein Versuch, den Lauf einfacher und nachvollziehbarer zu notieren. Wenn man das Lick jedoch intuitiv spielt, nachdem man sich den Ablauf und die Töne mit den Noten verdeutlicht und den Song angehört hat, wird auch hier relativ schnell klar, was gemeint ist. Darum also die Bitte, sich von den Noten nicht abschrecken zu lassen.
Die Noten des Solo-Parts als PDF:

YOU SAVED ME

Main-Riff
Bei diesem Song wird die Bassfigur mit der Greifhand getapped. Obwohl sie nicht sonderlich schwierig ist, stellt sie in puncto Exaktheit und Timing doch eine beachtliche Herausforderung dar. Zusätzlich ist die Kondition der Greifhand relevant, die durch das Tapping eine ungewohnte Bewegung ausführen muss. Zuerst sollte man also das Riff für sich alleine üben, bis man es ausreichend verinnerlicht hat und ohne Schwankungen durchhalten kann. Danach kann man nun beginnen, die zweitaktig wechselnden Grundtöne mit dem Zeigefinger der Anschlaghand zusätzlich zu tappen. Nebenbei ist dieses Thema eine sehr schöne Fingerübung für die Greifhand.
Aber lassen wir doch Billy zu Wort kommen:

Hier die Noten des Main-Riff zum Downloaden:

NOT HOPELESS

Main-Riff
Das Riff steht in einem 7/4 Takt. Ein straightes Rockthema, mit einer kleinen Variation am Ende jeder viertaktigen Phase auf die Zählzeit 6, wo eine chromatische Sechzentelphrase gespielt wird. Die Bridge und alle anderen Teile mit Ausnahme der Strophe werden im 4/4 Metrum gespielt. In der Bridge begegnen wir wieder einigen Bendings, bei denen die Saite um einen Ganzton gezogen wird. Der Refrain wird mit einer geraden Achtelrockbasslinie gestaltet.

Und die Noten:

Solo

Hat sich der Song bis zur Mitte hin geradlinig fortgepflanzt, so kommt es in der Mittelpassage zur Masterclass dessen, was an Bassperformance so alles möglich ist. Ich erhebe hier mit meiner Transkription weder Anspruch auf 100% Korrektheit noch auf Vollständigkeit, aber ich bin guter Hoffnung, dass die Notation dem nahe kommt, was Billy auf dem Album so meisterhaft und locker zelebriert. Sie soll zumindest eine Hilfestellung bieten, das zu analysieren, was sich da an Magie vor den Augen des Betrachters auf dem Griffbrett von Billys Yamaha Attitude Bass vollzieht. Beachtet, dass Billy bei der zweihändigen Tappingpassage mit der rechten Hand meistens den Zeige- und den Ringfinger verwendet. Den Ringfinger unterstützt er zusätzlich, indem er den Mittelfinger über ihn legt. Noten, die er mit der linken Hand tapped, spielt er häufig mit dem Mittelfinger, mit dem man auch die effizienteste Anschlagstärke erreicht. Das Staffelholz gebe ich nun weiter an den Meister persönlich zur Erläuterung der einzelnen Abschnitte, die sich in drei Sektionen aufteilen:

  1.  ein improvisierter Teil
  2. ein ausgefuchster Twohand-Tapping Teil 
  3. ein Arpeggioteil mit interessanter Akkordzerlegung über E-Moll

Hier die Noten des Solo-Teils als PDF-Download:

Gear Talk

So, das war doch mal was, oder? Nachdem wir uns eine ordentliche Portion Inspiration abgeholt haben, ist es jetzt an der Zeit die Equipment-technische Seite des Phänomens Billy Sheehan zu beleuchten. Los geht es mit den Saiten, den Bünden – und ein paar grundsätzlichen Infos zum Thema “Gesundheit” gibt es gratis oben drauf.

Und jetzt der Gear-Talk in Reinkultur. Also Billy, wie sieht es aus mit deinem Stuff?

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John sagt:

#1 - 05.12.2013 um 05:36 Uhr

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This is probably the best video footage I have seen with Billy Sheehan. Very insightful. Lots of great information, playing, camera closeups, transcriptions. What more can you ask for? Brilliant. Thanks so much !

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