Es gibt Alben, die nicht nur für die Künstlerin oder den Künstler selbst alles verändert haben, sondern auch großen Einfluss auf die moderne Musikgeschichte genommen haben. Ein Kandidat in dieser Kategorie ist sicher das Album „Reckless“ des kanadischen Sängers Bryan Adams. Nahezu jeder Song dieser Platte wurde ein Welthit, darunter Klassiker wie „Run To You“, „Heaven“, „Somebody“, „Kids Wanna Rock“, „It’s Only Love“ (im Duett mit Tina Turner) – und natürlich das heute schon legendäre „Summer Of ’69“. Das Songwriting, die dynamischen Arrangements und vor allem der unglaublich gute Sound wissen auch nach vier Jahrzehnten noch zu begeistern. Auch auffällig: Die Basslines des Bassisten Dave Taylor auf “Reckless” sind ausgesprochen fantasievoll und harmonisch interessant. Einige Highlights davon möchte ich in diesem Bass-Workshop beleuchten!
- Bryan Adams: „Reckless“ – History
- Bryan Adams: „Reckless“ – Stilmerkmale
- Bryan Adams: „Reckless“ – Basssound
- Bryan Adams: „Reckless“ – Songs
- „One Night Love Affair“ (Bryan Adams) – Bassline
- „Run To You“ (Bryan Adams) – Bassline
- „Somebody“ (Bryan Adams) – Bassline
- „Summer of ’69“ (Bryan Adams) – Bassline
- „Kids Wanna Rock“ (Bryan Adams) – Bassline
- „It’s Only Love“ (Bryan Adams) – Bassline
Bryan Adams: „Reckless“ – History
Bryan Adams hatte bereits drei Studioalben veröffentlicht. Diese erzielten durchaus Achtungserfolge, vor allem in Adams’ Heimat Kanada. Der Vorgänger zu „Reckless“ war „Cuts Like A Knife“, der es sogar in die Top Ten der kanadischen und amerikanischen Charts schaffte.
Für das neue Album hatte Bryan mit seinem Co-Writer Jim Vallace bereits alle Songs fertig geschrieben und war überzeugt, dass diese richtig gut waren. Sein Manager allerdings wollte einen rockigeren Sound als das, was er auf den Album-Demos hörte. Daraufhin überdachten Bryan und Jim noch einmal alles und schrieben zusätzliches Material, darunter z. B. „Kids Wanna Rock“. Auch sollte sich bei der Band von Bryan Adams das Personalkarussell drehen.
Endlich wurde „Reckless“ im Studio aufgenommen. Dabei spielte die komplette Band live, nur Gesang und Soli folgten später. Dies trägt sicher auch zu der unglaublichen Lebendigkeit und Dynamik des gesamten Albums bei. Für den großartigen Sound zeichnete kein Geringerer als Studiolegende Bob Clearmountain verantwortlich.
An Bryan Adams 25. Geburtstag am 05.11.1984 wurde „Reckless“ veröffentlicht – und katapultierte den Kanadier an die Spitze des Pop/Rock-Olymps. Bis heute laufen Songs wie Run To You“, „Heaven“, „Somebody“, „Summer Of ’69“ etc. nach wie vor in Dauerrotation im Radio. Die Tracks des Albums begeistern immer wieder aufs Neue junge wie alte Hörer!
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Bryan Adams: „Reckless“ – Stilmerkmale
Bassist Dave Taylor spielt auf „Reckless“ im positivsten Sinne „unspektakulär“, glänzt aber zwischendurch auch immer wieder mit kleinen Highlights. An erster Stelle sind hier die zahlreichen alternativen Basstöne zu nennen, mit deren Hilfe denen sogenannte „Slashchords“ entstehen. Über mehrere Takte gehaltene Pedaltöne vom Bass erzeugen einen ähnlichen Effekt – beide Stilmittel sorgt für Spannungsaufbau und in der Folge Auflösung.
Ganz allgemein kann man sich auf der gesamten Scheibe enorm viel in Sachen banddienliches Bassspiel, Strukturierung von Songs, Arrangements, Spannungsbögen etc. abschauen.
Hier eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Stilmerkmale:
- auffällig viele Slashchords, fast schon ein eigenes „Thema“ der Platte
- zahlreiche Pedaltöne
- viele kleine melodische Elemente
- Verwendung von Tonleitern, viel Dur-Pentatonik
- wenig bis kaum klischeehafte Verwendung von Moll-Pentatonik
- klassische Rhythmen, wie straighter Viertel- oder Achtelrock, Galopping Horse/Riding Horse, Shuffle
Bryan Adams: „Reckless“ – Basssound
Bassist Dave Taylor konnte man zu Zeiten von „Reckless“ und in den folgenden Jahren stets mit seinem geliebten Fender Precision sehen. Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn dieser nicht auch auf den Aufnahmen zu hören wäre. Der Bass klingt fett, rund und warm aber besitzt stets den nötigen Biss.
Der Basssound sitzt einfach perfekt im Mix, woran sicherlich Bob Clearmountain nicht gerade unschuldig ist. „Nach unten“ lässt der Bass der Bassdrum Platz, in der Mitte den präsenten Gitarren, und „oben herum“ dem Gesang.
Da die Band die Tracks live eingespielt hat, gehe ich stark davon aus, dass hier auch ein Bassverstärker zum Einsatz kam. Eine entsprechende Färbung sowie leichte (Röhren-)Kompression ist jedenfalls gut auszumachen. Mitunter ist der Basssound aber auch erstaunlich transparent, es wurde also eventuell wurde noch ein D.I.-Signal hinzugemischt.
Darüber hinaus gibt es keine weiteren Auffälligkeiten, wie spezielle Effekte etc. An der einen oder anderen Stelle (z. B. bei „Run To You“) könnte man einen dezenten Chorus-Effekt – es waren schließlich die 80er – vermuten, ganz sicher bin ich mir hier aber nicht.
Bryan Adams: „Reckless“ – Songs
„One Night Love Affair“ (Bryan Adams) – Bassline
Schon gleich der Opener von „Reckless“ liefert uns ausgiebig Slashchords und Pedaltöne (s. zweiter Vers).
„Run To You“ (Bryan Adams) – Bassline
Dieser Track ist ein perfektes Beispiel, wie man eine Tonleiter (F#-Moll) als Basis für eine melodische Bassline einsetzen kann.
Alec John Such (1951 – 2022) war bis 1994 Bassist der weltweit erfolgreichen Rockband Bon Jovi. In diesem Bass-Workshop wollen wir uns seinem kraftvollen Bassspiel widmen.
„Somebody“ (Bryan Adams) – Bassline
„Galopping Horse“ lautet hier das Gebot der Stunde! Natürlich gibt es zudem auch mehrere Slaschords, wie z. B. im Chorus sowie in der Bridge.
„Summer of ’69“ (Bryan Adams) – Bassline
Tja, was soll man zu diesem Song noch sagen? Bassist Dave Taylor schafft hier einen wunderbaren Kontrast zwischen dem Vers mit Grundtönen und dem melodischen Pre-Chorus, in welchem er mehr auf das Spielen der Tonleiter setzt.
Der rhythmische Aufbau von Deep Purples “Speed King” wurde für viele Bands des harten Genres eine Art Blaupause. Wir stellen euch den klassischen Bassgroove von Roger Glover vor.
„Kids Wanna Rock“ (Bryan Adams) – Bassline
Die wohl rockigste Nummer des Albums bedient sich ausführlich der E-Moll-Pentatonik, um eine entsprechend dreckig-rockige Stimmung zu etablieren!
„It’s Only Love“ (Bryan Adams) – Bassline
Dieses weltbekannte Duett mit Tina Turner ist ebenfalls ein hervorragendes Beispiel für den Einsatz von Tonleitern sowie der Dur-Pentatonik, um die Bassline mit melodischen Elementen aufzuwerten.
Viel Spaß mit den Basslines von „Reckless“ und bis zum nächsten Mal, euer Thomas Meinlschmidt