Auch wenn es in den letzten Jahren etwas ruhiger um Jamiroquai geworden ist, rangiert die britische Band um Frontman Jay Kay bei mir im Bass-Unterricht oder bei Workshops immer noch unter den Top 3, wenn es um Anfragen für Transkriptionen geht. Die ganz besondere Mischung aus Funk, Disco, Jazz, Pop und Latin ist einfach eine nahezu unerschöpfliche Quelle an spannenden Basslines und Grooves. Die Geschichte dieser bemerkenswerten Band teilt sich in zwei Kapitel. Zum einen sind da die ersten drei Alben mit Originalbassist Stuart Zender. Zum anderen die Zeit danach, in der zuerst die Bassisten Nick Fyffe und später Paul Turner den Posten von Stuart übernahm. Auch musikalisch kam es zu einem Paradigmenwechsel, womit sich auch die Grooves und Basslines veränderten. Daher und besonders wegen der Fülle an Material beleuchten wir diese beiden Kapitel und ihre tieffrequenten Protagonisten in zwei getrennten Workshops.

Jamiroquai – History 1992-1999
Jamiroquai wurde 1992 von Frontman Jay Kay gegründet. Zunächst schrieb Jay noch alleine Songs und produzierte Demos, konnte aber immer mehr Bandmitglieder gewinnen. Im gleichen Jahr gab es auch die ersten Gigs in der Londoner Clubszene. Den Song „When You Gonna Learn“ hatte Jay Kay bereits länger im Gepäck, weshalb der Track auch als erste Single veröffentlicht wurde. Kurz danach stieß im Jahr 1993 Bassist Stuart Zender als festes Mitglied zu Jamiroquai.
Durch den Achtungserfolg von „When You Gonna Learn“ kam es zu einem Plattenvertrag mit Sony Soho. Resultat war das Debütalbum „Emergency on Planet Earth“, welches nicht zuletzt bei Musikern schnell in aller Munde war. Die hoch energetische Mischung aus Funk, Jazz, Pop, Latin etc., die zumindest vordergründig nicht auf kommerziellen Erfolg schielte, war erfrischend anders als alles, was sonst zur damaligen Zeit im Radio lief. „Emergency on Planet Earth“ erreichte Platz 1 der Album-Charts im UK. Und auch sein Nachfolger „The Return of the Space Cowboy“ konnte mit Platz 2 an den Erfolg des Erstlings anschließen.
Als Meisterwerk dieser frühen Phase der Band gilt „Travelling Without Moving“, auf dem die manchmal doch recht wilde Anfangszeit hörbar einem deutlich gewachsenen Songwriting wich. Sowohl Singles wie „Virtual Insanity“ als auch die Musikvideos verhalfen Jamiroquai zum endgültigen internationalen Durchbruch. Im Bandgefüge gab es hingegen immer mehr Risse, die durch den massiven Drogenmissbrauch der Mitglieder zusätzlich befeuert wurden.
Während der Arbeit zum vierten Album „Synkronized“ im Jahr 1998 hatte Stuart Zender schließlich genug von den Differenzen mit Frontmann Jay Kay und schmiss kurzerhand das Handtuch. Besonders bitter: Um mögliche juristische Auseinandersetzungen zu vermeiden, wurden Stuarts bereits eingespielte Bassspuren auf den Aufnahmen ersetzt.
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Stuart Zender – Kurzbiografie
Stuart Zender wurde am 18.03.1974 im englischen Sheffield in eine musikalische Familie geboren. Als Stuart sieben Jahre alt war, zog seine Familie in die USA. Stuart kehrte aber mit 15 Jahren nach England zurück und begann mit dem Spielen von Drums und Bass in seiner Schule, aus welcher er jedoch bald ausgeschlossen werden sollte. Die Folge: Mit gerade einmal 17 Jahren verließ Stuart den sicheren Hafen seines Elternhauses und zog alleine in die große weite Welt.
Zum Abschied überreichte Stuarts Mutter ihrem Sohn 2000,- Pfund Startkapital für sein neues Leben. Diese Summe investierte Stuart nahezu vollständig in einen Warwick Streamer Bass, in der er sich in einem Musikladen verliebt hatte. Zunächst spielte Zender in einer Punkband, doch sein elaborierter Bass-Stil mit seinen zahlreichen Ghostnotes und Synkopen passte nicht wirklich zu diesem eher grobschlächtigen Genre, weshalb es schon bald darauf wieder zur Trennung kam.
Über seine Schwester lernte Stuart den Schlagzeuger Nick van Gelder kennen, der zu diesem Zeitpunkt bereits Mitglied von Jamiroquai war. Im Rahmen einer kurzen Audition wurde schnell klar, dass Stuart genau der Richtige für die Band war – “der Rest ist Geschichte”, wie man so schön sagt! Bemerkenswert ist, dass Stuart zu diesem Zeitpunkt gerade einmal 19 Jahre alt war und erst seit 2-3 Jahren (!) Bass spielte.

Stuart Zender – Stilmerkmale
- Basslines prägen häufig den Song
- Viele staccato gespielte Disco-Oktaven
- Perkussive Elemente wie Deadnotes
- Viele Sechzehntel-Rhythmen
- Viele Sechzehntel-Synkopen (Akzente neben den Pulsschlägen)
- Rhythmisch und melodisch „busy“
- Melodik häufig mit Grundton-Quinte-Oktave oder Arpeggio oder Skalen
- Wenig Funk-typische Moll-Pentatonik
- Melodik häufig invers: tief-hoch ↔ hoch-tief oder umgekehrt
- Zitiert oder doppelt gerne die Melodie der Vocals oder anderer Instrumente
- Häufig zweitaktige Groove-Patterns mit Grundton auf 1 im ersten Takt und freigelassenem zweiten Takt
- Nutzt die Range des kompletten Instruments, nicht nur die „Money Position“ in den unteren Bünden
- Zahlreiche Registerwechsel
- Benutzt seltener klassischen Fender-Bassmodelle, sondern einen druckvoll und mittenbetont klingenden Warwick Streamer Bass

Stuart Zender – Equipment
Natürlich benutzte Stuart in seiner mittlerweile über 30-jährigen Karriere viel unterschiedliches Equipment. Daher sind dies nur die wichtigsten Eckpfeiler.
Bässe:
- diverse Warwick Stuart Zender Signature Streamer-Bässe mit P/J-Pickup-Bestückung
- Warwick Streamer 5-String
- Fender Precision Bass
- Alembic Epic 4-string
Verstärker:
- Ashdown Engineering ABM Amplification
Effekte:
- Ashdown Engineering Stuart Zender Funk Face Twin Dynamic Filter Pedal
- Octaver
- Envelope Filter
- Kompressor

Die besten Jamiroquai-Basslines von Stuart Zender
„When You Gonna Learn“
„Too Young Too Die“
„Emergency On Planet Earth“
„Whatever It Is“

„Just Another Story“
„Virtual Insanity“
„Cosmic Girl“

„Travelling Without Moving“
Viel Spaß mit den Basslines von Stuart Zender und bis zum nächsten Mal, euer Thomas Meinlschmidt