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Play-Alike Pat Martino – Gitarren Workshop

Am 1. November 2021 verlor die Welt mit Pat Martino einen der einflussreichsten Jazzgitarristen der Hard Bop-Ära, der neben seinen Zeitgenossen wie George Benson wie kaum ein anderer die Jazzszene nachhaltig prägte. Geboren wurde er am 25. August 1944 als Patrick Carmen Azzara, wählte jedoch “Martino” als Künstlernamen, um seinen Vater zu ehren, der ebenfalls Musiker war und unter diesem Namen auftrat.

(Credits: © Tom Beetz @ http://home.hetnet.nl/~tbeetz/index.html - Pat Martino)
(Credits: © Tom Beetz @ http://home.hetnet.nl/~tbeetz/index.html – Pat Martino)


Pat galt schon bald als gitarristisches Wunderkind und spielte bereits im zarten Alter von 15 Jahren mit Jazzgrößen wie Red Holloway, Sleepy Henderson, Lloyd Price oder Benny Golson.
1966 stieg er als festes Bandmitglied bei John Handy ein und erreichte damit ein breiteres Publikum. Nach einigen Soloalben wie “Live!”, “Consciousness” und dem Fusionalbum “Joyous Lake”, ereilte ihn 1980 die Nachricht, dass er an einem Gehirn-Aneurysma leidet und dieses operativ entfernt werden muss. Die OP verlief erfolgreich, allerdings verlor Pat einen weitreichenden Teil seines Gedächtnisses und musste sich erneut an seine alten Leistungen herantasten. Das Comeback gelang schließlich 1987 mit dem bezeichnenden Albumtitel “The Return”. Ab den späten 80ern releaste Martino in regelmäßigen Abständen Alben und spielte auch vermehrt live, 2018 jedoch setzte eine chronische Atemwegserkrankung seinem Schaffen ein Ende. Martino starb am 1. November 2021 im Alter von 77 Jahren in Philadelphia.

Pat Martino als Hard Bop Player

Um Martinos Spiel zu verstehen, muss man ihn in das Zeitgeschehen der Jazz-Entwicklung einordnen. Traditionell würde man Gitarristen wie Martino oder auch George Benson zu den klassischen Hard-Boppern zählen. Hatte die Generation davor noch stärkere Einflüsse von Charlie Parker, Dizzy Gillespie und anderen BeBop-Größen in ihrem Spiel, so kommt im Hard Bop neben dem BeBop-Einfluss, das bluesige Element und das Line-orientierte Spiel, bei dem manche Changes auch zusammengefasst werden dürfen, stärker zum Tragen. Diese Entwicklung zeichnete sich bereits bei Playern der vorangegangenen Generation wie Joe Pass oder Wes Montgomery ab. Gitarristen dieser Zeit zeigen eine extreme rhythmische und technische Präzision ihrer Achtellinien, die sie häufig über komplette Chorusse durchspielen und auch oft binär auffassen. Diese neue Spielweise weist allerdings eine interessante innere Dynamik auf. Wie bei Charlie Parker finden sich in den Sololinien bestimmte Noten, die besonders “forte” herausstechen, wohingegen andere Töne fast verschluckt werden, was zu einer sehr lebendigen Phrasengestaltung führt. Pat Martino, der nahezu jede Note anschlägt, zeigt dabei eine herausragende dynamische Kontrolle. Und der durchaus dunkle Gitarrensound trägt mit dazu bei, dass der Anschlag nie aufdringlich wird, sondern einen tollen Flow erzeugt, was ihm auch den Spitznamen “Velvet Hammer” einbrachte.

Pat Martinos Line-Konzeption

Line 1:

Auch wenn Pat Martino in Interviews stets betont, in seinem Spiel mehr auf Melodien als auf ausgeklügelte Line-Konzepte zu vertrauen, kann man doch ein paar grundlegende Muster erkennen, die er in seinen Büchern “Linear Expressions” oder dem zweibändigen Werk “Creative Force” auch sehr gut erläutert.
Martino teilt hier das Griffbrett in fünf “Areas of Activity” ein, die im Prinzip den fünf Pattern des “CAGED”-Systems entsprechen. Damit hat Pat eine unfassbare Anzahl von Lines und Line-Elementen über dorische m7-Akkorde parat, die er in jedem der Pattern spielen und auch frei kombinieren kann.
Zunächst möchte ich euch ein paar Sololinien im Pat-Martino-Stil als Arbeitsgrundlage vorstellen. Die folgenden Beispiele funktionieren über Gm7 und entspringen der dorischen bzw. der Melodisch-Moll-Tonleiter mit einer gehörigen Prise Chromatik und Approach-Notes. Übt diese Licks zum Metronom und strebt eine gerade Achtelphrasierung an, denn ab einem gewissen Tempo werden Phrasen dieser Art nicht mehr im Swingfeel wiedergegeben. Ihr findet fünf Lines, entsprechend dem CAGED-System:

Line 1 - Gm7
Line 1 – Gm7
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Line 1 – Gm7

Line 2:

Line 2 - Gm7
Line 2 – Gm7
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Line 2 – Gm7

Line 3:

Line 3 - Gm7
Line 3 – Gm7
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Line 3 – Gm7

Line 4:

Line 4 - Gm7
Line 4 – Gm7
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Line 4 – Gm7

Line 5:

Line 5 - Gm7
Line 5 – Gm7
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Line 5 – Gm7

So weit, so gut! Eine ordentliche Menge an Lines für m7-Akkorde haben wir damit an der Hand, doch wie verhält es sich mit den anderen Akkordqualitäten?
Pat hat natürlich auch hierfür eine Lösung parat, die daraus besteht, alle erdenklichen Akkordtypen ebenfalls mit diesen dorischen Lines auszuspielen, jedoch auf einer anderen Stufe. Möchte ich z. B. einen C7 bedienen, betrachte ich C7 als Akkord aus der F-Dur-Tonleiter, die auf der zweiten Stufe einen Gm7 hat. Demnach kann ich die obige Gm7-Line auch hervorragend über einen C7 anwenden.
Manchmal muss man vereinzelte Noten oder die Auflösung der Line etwas anpassen, aber prinzipiell funktioniert das System tadellos. Die simple Formel dazu lautet:

AkkordtypStufe der dorischen Line
m7I
Dom7 (mixo)V
Dom7 (alt)bII oder bVII
Maj7VI
m7b5bIII

Oder andersherum ausgedrückt: Die obigen Gm7-Lines funktionieren tadellos über:

  • Gm7: dorischer oder Melodisch-Moll-Sound
  • C7: mixo oder mixo#11 Sound
  • A7/alt: alterierter Dominantsept-Sound (aufpassen bei den Noten c, e, f#)
  • F#7/alt: alterierter Dominantsept-Sound (aufpassen bei den Noten f)
  • Bbmaj7: lydischer Sound
  • Em7b5: lokrischer oder lokrisch9 Sound

Der eine oder andere wird sich nun fragen, warum die Gm7-Line dann nicht über einen Fmaj7 geht, wenn Gm7 doch die zweite Stufe der F-Tonleiter ist? Die kurze Antwort lautet, dass die Note Bb als kleine Terz des Gm7 eine sehr wichtige und zentrale Note ist, jedoch gleichzeitig die Avoid Note zum Fmaj7 darstellt und über diesem sehr seltsam klingt. Möchte ich also das Line-Konzept über einen Fmaj7 anwenden, so muss ich diesen lydisch ausspielen und die obigen Lines auf Dm7 transponieren.
Um euch den Soundeffekt zu verdeutlichen, spiele ich euch nun die obigen Lines 1-5 über die anderen Akkordtypen vor. Selbstverständlich funktioniert jede Line über jeden Akkord!

Audio Samples
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C7 Mixo mit Line 1 A7/alt mit Line 2 F#7/alt mit Line 3 Bbmaj7 mit Line 4 Em7b5 mit Line 5

Repeating Pattern
Pat Martino ist natürlich auch ein Meister der Repeating-Pattern, die er gerne in Stücken wie “Sunny” oder bei Blues- und Rhythm-Changes abfeuert. Bisweilen melkt er diese Pattern regelrecht und kostet sie über sehr viele Takte aus. Dabei stammen diese Phrasen aus pentatonischem oder Bluesscale-Material. Hier zwei Beispiele, die über Gm7, G7 oder auch Bbmaj7 und Bb7 super funktionieren:

Repeating Pattern 1:

Repeating Pattern 1
Repeating Pattern 1
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Repeating Pattern 1

Repeating Pattern 2:

Repeating Pattern 2
Repeating Pattern 2
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Repeating Pattern 2

Und nun viel Spaß mit den Pat Martino-Licks!

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(Credits: © Tom Beetz @ http://home.hetnet.nl/~tbeetz/index.html - Pat Martino)

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Profilbild von Konrad

Konrad sagt:

#1 - 01.12.2021 um 18:38 Uhr

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Klasse, und genial wie immer Heiko, vielen Dank für die coolen Lines. Die sind wirklich rythmisch anspruchsvoll finde ich und der Zauber erschließt sich für mich erst durch das Originaltempo. Echt seltsam, beim langsamen einüben finde ich dies etwas, sagen wir mal unspeektakulär, aber durch den Profi vorgetragen, richtig phrasiert und schnell gespielt wirkt es ?? Danke auch für die Erläuterungen warum, wieso und woher, erinnert mich etwas an den ebenfalls genialen Workshop zur Chromatik. Die Auswahl verschiedener Stile, Gitarristen und Techniken von Heiko finde ich auch super. Nochmal Danke Heiko, in einer Liga mit den Peter Fischer Workshops der git+b, hoffe das wird als Kompliment verstanden ??

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Konrad sagt:

#2 - 01.12.2021 um 18:40 Uhr

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